Verdi unterstützt Kriegspolitik der Regierung

In der letzten Woche übte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf ihrem Bundeskongress den Schulterschluss mit der Kriegspolitik der Bundesregierung. Die Delegierten machten deutlich, dass sie die ständige Eskalation des Ukrainekriegs und die horrende Aufrüstung unterstützen und dafür sorgen werden, die dafür nötigen Milliarden den Arbeitern aufzubürden.

Der Kongress wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eröffnet. Er verteidigte in seiner Rede die Waffenlieferungen an die Ukraine und erteilte jeder Verhandlungslösung des Kriegs eine Absage. Grundlage für Verhandlungen dürfe nur sein, „dass der russische Präsident einsieht, dass er Truppen zurückziehen muss“. Der Krieg soll also so lange auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung verschärft werden, bis der Atommacht Russland eine vollständige militärische Niederlage beigebracht wird.

Vier Tage später, während der Kongress noch lief, verschärfte Scholz diese Position in der UN-Generaldebatte mit einer wütenden Tirade gegen Russland, auf die selbst Hitler stolz gewesen wäre. Scholz machte deutlich, dass Deutschland direkt an seine Kriegsziele in den beiden Weltkriegen anknüpft und die Kontrolle über Osteuropa, Russland und deren reichen Ressourcen anstrebt, wenn es den Krieg in der Ukraine unaufhörlich befeuert.

Die Verdi-Bürokraten stellten sich hinter diese wahnsinnige Kriegspolitik und unterstützten uneingeschränkt die Linie, die der Regierungschef in seiner Rede vorgegeben hatte. Im Leitantrag mit dem verlogenen Titel „Perspektiven für Frieden, Sicherheit und Abrüstung in einer Welt im Umbruch“ erklärte der Bundesvorstand, es sei „grundsätzlich richtig“, „der angegriffenen Ukraine auf vielfältige Weise zu helfen wie auch Sanktionen zu verhängen“. Dies schließe auch „Waffen aus den Reihen der NATO-Mitglieder“ ein.

Auch die größte Aufrüstungsoffensive seit dem Zweiten Weltkrieg trifft bei der Gewerkschaft auf Zustimmung. Der Antrag bedauert, dass die deutsche Armee selbst nach der Verdoppelung des Wehretats in den letzten Jahren angeblich „Infrastrukturdefizite und Ausrüstungsmängel bis hin zu unzureichender persönlicher Kleidung von Soldat*innen zu beklagen“ habe. „Die Behebung der bestehenden Mängel bedarf finanzieller Mittel,“ heißt es im Leitantrag. Selbst das Sondervermögen von 100 Milliarden für die Aufrüstung lehnt Verdi nicht ab, sondern kritisiert lediglich, dass dies „ad hoc“ entschieden worden und nicht durch ähnliche Programme in anderen Bereichen ergänzt worden sei.

Der Antrag wurde mit 657 zu 170 Stimmen deutlich angenommen. Die Mehrheit der Delegierten verhinderte per Geschäftsordnungsbeschluss sogar eine vollständige Debatte zum Thema, um jeden Widerspruch im Keim zu ersticken.

Die Gewerkschaft stellt sich damit nicht nur hinter den brutalen Stellvertreterkrieg in der Ukraine, der schon Hunderttausenden das Leben gekostet hat und täglich die Gefahr eines Atomkriegs erhöht, sondern unterstützt auch die Militarisierung der ganzen Gesellschaft. Während Gesundheit und Bildung zusammengestrichen werden, sollen im nächsten Jahr mindestens 80,5 Milliarden Euro in die Bundeswehr fließen. Hinzu kommen noch die Ausgaben für die zugesagten Waffenlieferungen in die Ukraine, die allein in den ersten 18 Monaten des Kriegs laut IfW Kiel 17,1 Milliarden Euro betrugen.

Diese horrenden Summen werden aus den Arbeitern herausgepresst. Verdi spielt eine zentrale Rolle dabei, diese brutale Politik ins Werk zu setzen. Sie hat in den letzten Monaten massive Reallohnkürzungen gegen die Beschäftigten durchgesetzt.

Im Februar würgte sie einen von den Beschäftigten der Post beschlossenen Streik kurzerhand ab und drückte einen Abschluss durch, der weit unter der Inflationsrate liegt und für die Arbeiter damit erheblichen Kaufkraftverlust bedeutet.

Ähnlich agierte die Gewerkschaft bei den Beschäftigten des Bunds und der Kommunen, denen sie ebenfalls Lohnkürzungen verordnete. Die Millionen Euro, die den Arbeitern angesichts rasant steigender Lebenshaltungskosten aus der Tasche gezogen werden, dienen direkt dazu, neue Waffen zu kaufen und den Krieg in der Ukraine immer weiter zu verlängern und zu verschärfen.

„Diese systematische Senkung der Löhne ist gewollt und eine bewusste politische Entscheidung“, kommentierten wir den Abschluss in Bund und Kommunen auf der WSWS. „Der Verdi-Ausverkauf muss deshalb in größerem politischem Zusammenhang gesehen werden. Er ist direkter Bestandteil der Kriegspolitik der Bundesregierung, die den Ukrainekrieg ausnutzt, um die größte militärische Aufrüstung seit Hitler durchzuführen.“ Das bestätigt sich mit dem Kriegsbeschluss des Bundeskongresses.

Verdi folgt damit der Linie, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schon im Mai 2022 auf seinem Bundeskongress vorgegeben hatte. Damals hatte der DGB im Namen seiner Mitgliedsgewerkschaften, zu denen auch Verdi gehört, Putins Vorgehen als eine „auf Vernichtung ausgerichteten Kriegslogik“ bezeichnet und damit den reaktionären Überfall auf die Ukraine auf eine Stufe mit dem Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion gestellt.

Diese bodenlose Verharmlosung der Nazi-Verbrechen diente den Gewerkschaftsbürokraten dazu, sowohl die Sanktionen gegen Russland als auch die Waffenlieferungen an die Ukraine zu unterstützen. Der DGB rief die Bundesregierung und die „Nato-Verbündeten“ auf, „umfassende Hilfe für die Ukraine zu leisten und dabei auch zu ihrer Fähigkeit beizutragen, ihr Recht auf Selbstverteidigung wirksam wahrzunehmen“.

Einen Monat später trafen sich Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände im Kanzleramt, um die sogenannte „Konzertierte Aktion“ ins Leben zu rufen. Die Gespräche dienten dazu, „die horrenden Kosten der militärischen Aufrüstung sowie die Folgen der Nato-Offensive und des Wirtschaftskriegs gegen Russland auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen und gleichzeitig zu verhindern, dass es zu Widerstand dagegen kommt“, wie wir auf der WSWS kommentierten. Das Ergebnis waren die üblen Abschlüsse, die den Arbeitern horrende Reallohnverluste brachten.

Die Opposition unter Arbeitern gegen dieses Kürzungsdiktat und die verheerende Kriegspolitik ist enorm. Bei der Post, im öffentlichen Dienst, in der Autoindustrie und bei der Eisenbahn haben sich an der Basis unabhängige Aktionskomitees gebildet, die sich gegen den Militarismus und die Reallohnsenkungen wenden. Sie rufen Kolleginnen und Kollegen auf, sich international zusammenzuschließen und den Kampf gegen die gemeinsame Front aus Gewerkschaften, Unternehmen und Regierungen aufzunehmen.

Die Gewerkschaftsbürokraten betrachten das mit Nervosität. Deshalb haben pseudolinke und stalinistische Gruppen innerhalb der Bürokratie vor und auf dem Kongress einige lauwarme Protestaktionen organisiert. Sie stellten eine Petition mit dem Titel „Sagt nein! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden“ online und hielten während Scholz’ Rede ein paar Transparente hoch.

Die Gruppen, die den Protest organisierten, sind tief in die Gewerkschaftsbürokratie integriert und haben die massiven Reallohnsenkungen durch die Bank unterstützt. Die pseudolinken Grüppchen haben ihre Kritik nur aufgebracht, um den Anschein zu erwecken, es gebe in der Bürokratie eine Opposition zu dem rechten und militaristischen Kurs der Gewerkschaftsführung. Dass dem nicht so ist, zeigte schon die Wiederwahl des Verdi-Vorsitzenden Frank Werneke, der für die Kriegspolitik verantwortlich zeichnet, mit überwältigenden 92,5 Prozent.

Tatsächlich boten sich die Gewerkschaften schon vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg dem deutschen Imperialismus als Helfer an. Mit der Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten am 4. August 1914 verpflichteten sich die Gewerkschaften auf die Politik des Burgfriedens gegen die Arbeiter und sicherten der deutschen Armee die Unterstützung an der Heimatfront zu. Sie waren für das folgende Massenschlachten direkt mitverantwortlich.

Selbst nach Hitlers Machtübernahme 1933 sicherte der ADGB den Nazis volle Unterstützung zu. Die Gewerkschaften seien „im Verlaufe ihrer Geschichte aus natürlichen Gründen mehr und mehr mit dem Staate selbst verwachsen“ und „unerlässlicher Bestandteil der sozialen Ordnung selbst“. Dies gelte „gleich welcher Art das Staatsregime ist“, so der Gewerkschaftsbund. In Kriegszeiten verteidigten die Gewerkschaftsbürokraten den Kapitalismus stets bis zur völligen Selbstaufgabe.

Damals handelte es sich bei den Gewerkschaften allerdings noch um Arbeiterorganisationen, die von Millionen als Instrumente gesehen wurden, ihre Interessen durchzusetzen. Das hat sich in den letzten 30 Jahren gründlich verändert. Die Globalisierung der Produktion und die tiefe Krise des Kapitalismus haben den Gewerkschaften ihre Geschäftsgrundlage des nationalen Ausgleichs entzogen. Sie haben sich in Co-Manager verwandelt, die eng mit Unternehmen und Regierungen zusammenarbeiten und ihren Apparat als Polizeitruppe nutzen, um den Beschäftigten Lohnkürzungen und Arbeitshetze aufzuzwingen.

Deswegen nehmen die Kämpfe der Arbeiter immer offener die Form einer Rebellion gegen die Apparate an. In den USA haben die 160.000 Arbeiter der großen drei Autokonzerne gerade mit überwältigender Mehrheit für Streik gestimmt und sind entschlossen, die Reallohnkürzungen der letzten Jahre rückgängig zu machen. Doch die Autogewerkschaft UAW sabotiert den Streik und arbeitet mit den Unternehmen und der Biden-Regierung zusammen, um ihn abzuwürgen.

So wie in den USA entwickelt sich auf der ganzen Welt eine mächtige Bewegung der Arbeiterklasse, die sich nicht nur gegen die verheerenden Lohnkürzungen richtet, sondern ganz objektiv im Widerspruch zu der Kriegspolitik und letztlich dem kapitalistischen System steht, das sie hervorbringt. Der Verdi-Kongress hat einmal mehr verdeutlicht, dass diese Bewegung nur im Kampf gegen die Apparate international zusammengeschlossen und aufgebaut werden kann. Arbeiter müssen die gewerkschaftliche Zwangsjacke durchbrechen, unabhängige Aktionskomitees aufbauen und sich einer sozialistischen Perspektive zuwenden. Dafür kämpfen die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre Schwesterorganisationen auf der ganzen Welt.

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