Israelische Armee riegelt den Gazastreifen ab

Am Sonntag, zwei Tage nachdem palästinensische Kämpfer im Gazastreifen eine Offensive gegen die israelische Besatzung gestartet hatten, kündigte das israelische Regime von Premierminister Benjamin Netanjahu die totale Abriegelung des Gazastreifens an. Netanjahu drohte, den Palästinensern im Gazastreifen einen „noch nie dagewesenen Preis“ in Form von Menschenleben abzuverlangen. Nun bereitet das zionistische Regime eine blutige Massenunterdrückung vor.

Palästinenser an den Trümmern der Yassin-Moschee, die durch einen israelischen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Shati zerstört wurde. Gazastreifen, 9. Oktober 2023 [Photo: Adel Hana/WSWS]

Verteidigungsminister Yoav Gallant brachte die faschistische Einstellung der israelischen Staatsspitze unverblümt zum Ausdruck. Nach einer Sitzung des Südkommandos der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) am Montagmorgen in Beerscheba, das die Bombardierung des Gazastreifens schon begonnen hatte, erklärte Gallant: „Ich habe eine vollständige Belagerung des Gazastreifens angeordnet. Es wird keinen Strom geben, keine Lebensmittel, keinen Benzin. Alles wird abgeriegelt“. Um zu rechtfertigen, warum die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens – über 2 Millionen Einwohner – derart angegriffen werde, verglich Gallant sie mit Tieren: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und handeln entsprechend.“

In einer am Montag landesweit im Fernsehen übertragenen Rede betonte Netanjahu, dass die derzeitigen israelischen Bombenangriffe auf den Gaza „nur der Anfang“ des geplanten Angriffs auf den Gazastreifen seien. Er erklärte: „Ich habe gesagt, dass jeder Ort, von dem aus die Hamas operiert, in Schutt und Asche verwandelt wird. Das ist heute schon der Fall und wird in Zukunft noch mehr der Fall sein.“ Er griff die Sprache von Gallant auf und nannte die Palästinenser „Tiere“.

Netanjahu fügte in einem Beitrag auf Twitter hinzu: „Wir werden einen Preis fordern, an den sie und andere Feinde Israels sich noch Jahrzehnte lang erinnern werden ... Das sind Wilde.“

Arbeiter, Jugendliche und sozialistisch gesinnte Intellektuelle in Israel, im gesamten Nahen Osten und international müssen diese schlimmen Drohungen als Warnung verstehen. Netanjahu beabsichtigt, die rücksichtslosesten Maßnahmen zu ergreifen. Er will einen großen Teil der Bevölkerung des Gazastreifens töten oder vertreiben, um den Widerstand gegen die israelische Besatzung zu brechen. Um der massiven Eskalation des Blutvergießens Einhalt zu gebieten, muss in Israel und auf der ganzen Welt eine Bewegung in der Arbeiterklasse aufgebaut werden, die diesem Ansturm und der Unterdrückung der Palästinenser durch Israel Einhalt gebietet.

Netanjahus rechtsextremes Regime plant einen kriminellen Krieg gegen den Gazastreifen. Am Montag erklärte der Abteilungsleiter für Israel und Palästina von Human Rights Watch, Omar Shakir: „Die Aussagen von Verteidigungsminister Gallant sind abscheulich. Der Bevölkerung in einem besetzten Gebiet Nahrung und Strom zu entziehen, ist eine Kollektivstrafe, die ein Kriegsverbrechen darstellt, ebenso wie der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe. Der Internationale Strafgerichtshof sollte diese Aufforderung, ein Kriegsverbrechen zu begehen, zur Kenntnis nehmen.“

Offizielle Stimmen im benachbarten Ägypten warnen, dass die IDF die gesamte Palästinenserbevölkerung des Gazastreifens umbringen oder vertreiben könnten. Die staatliche Ahram Online schreibt: „Hochrangige ägyptische Quellen warnten am Montag davor, die palästinensische Zivilbevölkerung in Richtung der ägyptischen Grenzen zu treiben und den Ruf nach Massenvertreibung zu schüren ... Ägypten verstärkt seine Kommunikation mit allen relevanten Parteien der internationalen Gemeinschaft, um die Eskalation zu stoppen und das Leben der palästinensischen Bevölkerung zu schützen.“

Tatsächlich sind es die führenden imperialistischen Nato-Mächte, die für den Angriff verantwortlich sind. Sie unterstützen die Netanjahu-Regierung und ermöglichen ihr das kriminelle Vorgehen gegen den Gazastreifen. Am Montag führten der französische Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzler Olaf Scholz, die italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni, der britische Premierminister Rishi Sunak und US-Präsident Joe Biden eine gemeinsame Diskussion über den Gaza-Konflikt. Anschließend gaben sie eine zynische Erklärung ab, in der sie Netanjahu unterstützten und die Hamas-Behörden in Gaza anprangerten.

Die Resolution betont „unsere unerschütterliche und gemeinsame Unterstützung für den Staat Israel und unsere unmissverständliche Verurteilung der Hamas und ihrer entsetzlichen Terrorakte“. Dann folgt die Verpflichtung: „In den kommenden Tagen werden wir als Verbündete und gemeinsame Freunde Israels vereint und koordiniert vorgehen, um sicherzustellen, dass Israel in der Lage ist, sich zu verteidigen ...“

Die Verleumdung der unterdrückten Bevölkerung des Gazastreifens als „Terroristen“ und die Behauptung, die schwer bewaffnete Netanjahu-Regierung „verteidige“ sich lediglich, sind widerwärtige politische Lügen. Massen von Menschen auf der ganzen Welt sympathisieren mit dem Aufstand der Palästinenser. Diese sind seit Jahrzehnten der blutigen Gewalt durch das zionistische Regime ausgesetzt, welches wiederum von den großen Nato-Mächten mit Milliarden von Dollar hochgerüstet wird.

Am Montag rühmte sich die IDF, dass ihre Luftwaffe seit Beginn der jüngsten Kämpfe 2.400 Ziele im Gazastreifen getroffen habe. Israelische Kriegsschiffe führen im Mittelmeer auch Raketenangriffe auf den Gazastreifen durch, und es gibt Berichte, dass die israelischen Streitkräfte weiße Phosphorbomben einsetzen: eine verbotene chemische Waffe, die bei den Opfern zu qualvollen Verbrennungen führt. Mehr als 123.000 Menschen wurden bereits durch die Bombardierungen vertrieben, wie die Behörden des Gazastreifens am Montag mitteilten.

Mohammed Saidam erzählte Le Monde vom Leben unter israelischen Bombenangriffen, da die IDF-Truppen regelmäßig Wohnkomplexe und sogar Krankenhäuser angreifen. Er sagte: „Am Anfang war es wie jede andere Eskalation. Aber danach wurde es erschreckend. Nun hören wir Explosionen, die sehr nah sind, die Wände vibrieren wie bei einem Erdbeben. Wir können nicht schlafen und unsere Nerven sind beim kleinsten Geräusch angespannt.“

Adnan Abu Hasna, Sprecher des UN-Hilfswerks (UNRWA), das sich um die Vertriebenen im Gazastreifen kümmert, sagte, seine Behörde sei überfordert. „Wir haben es immer noch nicht geschafft, die Kriege von 2014 oder 2021 zu überwinden. All dies übersteigt die Möglichkeiten des UNRWA bei weitem“, sagte er.

Seit Beginn der israelischen Blockade des Gazastreifens im Jahr 2007 hat das zionistische Regime wiederholt Krieg gegen die Bevölkerung in dem Gebiet geführt. Im Jahr 2014 wurden bei wiederholten israelischen Bombenangriffen auf den Gazastreifen 2.251 Menschen getötet. 2018 wurden mindestens 270 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet und 7.000 verletzt, viele von ihnen dauerhaft verstümmelt, als israelische Truppen das Feuer auf einen friedlichen Marsch von Menschen aus dem Gazastreifen eröffneten, die das Recht auf Rückkehr in das Land ihrer Vorfahren innerhalb der derzeitigen Grenzen Israels forderten.

Der jetzige Aufstand im Gazastreifen ist kein terroristischer Akt. Er stützt sich auf die große Masse der Menschen im Gazastreifen, die ihn zu Recht als heldenhaften Akt des Widerstands betrachten.

„Dem palästinensischen Widerstand ist es gelungen, ein neues Kräfteverhältnis mit der israelischen Armee zu schaffen, obwohl diese über tausendmal bessere Waffen und Technologien verfügt“, erklärte der Filmemacher Iyad Alasttal aus Gaza einem Le Monde-Journalisten. „Das hat dem Gazastreifen etwas von seiner Würde zurückgegeben – etwas, das uns die arabischen Länder, wie auch die Vereinten Nationen, verweigert hatten.“

Die Hamas erklärt, dass ihre Offensive darauf abziele, die israelische Besatzung und die seit 2007 bestehende Blockade des Gazastreifens zu beenden. Sie greift weiterhin israelische Ziele an. Ihre Raketen sind auf Städte in ganz Israel gefallen, darunter Jerusalem, Tel Aviv, Sderot, Aschdod, Aschkelon, Rishon Lezion und Beerscheba. Zahlreiche Israelis suchen Zuflucht in Luftschutzkellern, und israelische Schulen und Universitäten sind auch am Montag und Dienstag geschlossen geblieben.

Videos im Internet zeigten, wie Palästinenser Sicherheitskameras an der berüchtigten Grenzmauer, die den Gazastreifen von Israel trennt, zerstörten und israelische Panzer mit Drohnen beschossen. Auch an der Nordgrenze Israels zum Libanon kam es zu Gefechten, bei denen israelische Truppen drei Hisbollah-Kämpfer töteten, während Hisbollah-Einheiten das Feuer auf israelische Militärstellungen erwiderten.

Die IDF bereiten eindeutig eine Bodenoffensive im Gazastreifen vor. Sie rufen eine beispiellose Zahl von 300.000 Reservisten ein, bereiten Artilleriestellungen entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza vor und stellen Panzer und gepanzerte Mannschaftswagen auf. Eine solche Offensive in einem winzigen Gebiet mit zwei Millionen Einwohnern wird unweigerlich zu entsetzlichen Opfern unter der Zivilbevölkerung führen. Wäre der Gazastreifen ein Land, dann wäre es das drittdichtest besiedelte der Welt.

Die Eskalation der israelischen Staatsgewalt gegen den Gazastreifen ruft weltweit wachsenden Widerstand und Wut hervor.

Überall im Nahen Osten und international finden Proteste zur Unterstützung der Palästinenser statt. Zehntausende demonstrierten in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa und Tausende in Bagdad, Istanbul und Teheran gegen das harte Vorgehen Israels im Gazastreifen. In New York, London, Sydney, Berlin und anderen Städten gab es kleinere Proteste, und in Paris wurde am Donnerstag zu Demonstrationen zur Verteidigung des Gazastreifens aufgerufen. Der irakische Kleriker Moqtada al-Sadr hat für Freitag in Bagdad zu einem „Marsch der Millionen“ aufgerufen.

Entscheidend ist jedoch letztlich, dass die wachsende Bewegung in der Arbeiterklasse sich mit einer sozialistischen und internationalistischen Perspektive zur Verteidigung der palästinensischen Bevölkerung bewaffnet. Dies muss auch in Israel geschehen, wo die antidemokratische Politik der rechtsextremen Netanjahu-Regierung seit Monaten Massenproteste provoziert.

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