Geisel- und Gefangenenaustausch dient Vorbereitung der nächsten Stufe des israelischen Völkermords in Gaza

Am Freitag fand der erste Geiselaustausch Israels mit der Hamas statt. Unter den freigelassenen Geiseln befanden sich 13 israelische Frauen und Kinder sowie 12 thailändische Staatsangehörige, die im Rahmen eines separaten Abkommens freigelassen wurden. Im Gegenzug wurden 24 palästinensische Frauen und 15 Minderjährige aus israelischen Gefängnissen freigelassen. Im Laufe des Wochenendes ließ die Hamas weitere 33 Geiseln frei.

Außerdem wurden mit einem Sonderflug mehr als 100 russische Staatsbürger aus dem Gazastreifen evakuiert, womit sich die Zahl der russischen Evakuierten auf über 750 erhöht.

Palästinenser fliehen zu Beginn des viertägigen „Waffenstillstands“ in den Norden des Gazastreifens, während israelische Panzer die Salah-al-Din-Straße im zentralen Gazastreifen am 24. November blockieren [AP Photo/Mohammed Dahman]

Das Geiselabkommen und die viertägige Aussetzung der Bombenangriffe, die von Katar, Ägypten und den USA ausgehandelt wurden, sehen vor, dass die Hamas 50 israelischen Frauen und Kindern an Israel übergibt im Austausch für 150 palästinensische Gefangene. Für jeweils weitere zehn freigelassene Geiseln würde der Waffenstillstand um einen Tag verlängert werden.

Die World Socialist Web Site schrieb bereits am Donnerstag vorausschauend über das Abkommen, das Israel ausdrücklich nicht als Waffenstillstand, sondern als „operative Pause“ bezeichnete, es würde Israel im Wesentlichen Zeit geben, „um die Waffen für die nächste Phase der ethnischen Säuberung der Enklave zu nachzuladen“.

Vor dem Hintergrund der umfangreichen Berichterstattung über den Gefangenenaustausch haben die obersten militärischen und politischen Führer Israels deutlich gemacht, dass dies ihre einzige Absicht ist.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sah sich gezwungen, etwas für die Freilassung der Geiseln zu tun. Er steht im Inland zunehmend in der Kritik, und die Biden-Regierung beharrt darauf, dass eine kurze Aussetzung des schrecklichen Angriffs auf Gaza und ein Gefangenenaustausch Ägypten, Katar und anderen arabischen Regimes helfen würde, die Wut ihrer Bevölkerung über ihre Weigerung, dem Gazastreifen zu Hilfe zu kommen, zu beschwichtigen. Das bedeutet jedoch kein Abrücken von Israels Ziel des Massenmords und der ethnischen Säuberung des Gazastreifens, um ihn danach dauerhaft zu annektieren.

Verteidigungsminister Joaw Galant erklärte am Donnerstag, sobald die „kurze Waffenruhe“ mit der Hamas ende, werde die Militäroperation „mit Intensität“ für mindestens zwei weitere Monate wieder aufgenommen. Vor Soldaten der Elite-Kommandoeinheit der Marine Shayetet 13 erklärte er: „Diese Atempause wird kurz sein. Sie müssen sich während dieser Pause organisieren, sich bereitmachen, Nachforschungen anstellen, Waffenbestände ergänzen und sich darauf vorbereiten weiterzumachen.“

Der Generalstabchef der Israelischen Verteidigungskräfte, Generalleutnant Herzi Halevi, erklärte später am gleichen Tag gegenüber Kommandanten bei einem Besuch in Gaza: „Wir beenden den Krieg nicht. Wir werden bis zum Sieg weitermachen, vorrücken und in anderen Hamas-Gebieten weitermachen.“

Der Sprecher des israelischen Militärs, Avichai Adraee, erklärte am Freitag auf X (vormals Twitter) in einer auf Arabisch verfassten Botschaft an die Palästinenser: „Der Krieg ist noch nicht vorbei... Der Norden des Gazastreifens ist ein gefährliches Kriegsgebiet, und es ist verboten, sich nach Norden zu begeben.“

Benny Gantz, der als Minister dem Kriegskabinett angehört, erklärte am Freitagabend bei einer Solidaritätskundgebung in Tel Aviv für die Familien der israelischen Geiseln in Gaza: „Wir werden nicht aufhören, sondern unsere Bemühungen und die Militäraktion im Gazastreifen fortsetzen, um die Geiseln zu retten und die Abschreckung wiederherzustellen.“ Gantz war ein selbsternannter Führer der Massenbewegung gegen Netanjahu, der sich jetzt der Regierung angeschlossen hat.

Israels Aktivitäten vor und während des Freitags dienten gänzlich der Vorbereitung einer Eskalation des militärischen Angriffs auf den Gazastreifen.

Der verzögerte Beginn der „Pause“ gab den Israelischen Streitkräften Zeit, nach Belieben zu bombardieren und zu morden. In den Stunden bis zum Beginn der Pause am Freitagmorgen um 7 Uhr wurden über 300 Ziele aus der Luft angegriffen und dutzende Menschen getötet. Laut dem Gesundheitsministerium des Gazastreifens wurden bei einem Angriff auf eine Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA im Flüchtlingslager Dschabaliya 27 Menschen getötet und bei Bombenangriffen auf Nuseirat die gleiche Anzahl.

Das indonesische Krankenhaus im Norden des Gazastreifens wurde tagelang mit Panzern angegriffen, und am Freitag fand dort eine Razzia statt. Es musste den Betrieb einstellen, sodass sich schätzungsweise 550 Patienten, 200 medizinische Mitarbeiter und mindestens 1.500 palästinensische Flüchtlinge in einer verzweifelten Lage befinden.

Die Zahl der Toten liegt mittlerweile bei über 14.500 und der Direktor des Gesundheitsministeriums von Gaza erklärte, dass weitere 6.000 Menschen als vermisst gemeldet wurden und vermutlich unter den Trümmern begraben sind.

Am Freitag konzentrierten sich die IDF auf brutale Angriffe auf Palästinenser, um sie an der Rückkehr in den Norden zu hindern. Seit Israel am 13. Oktober erstmals die Evakuierung des nördlichen Gazastreifens angeordnet hat, sind schätzungsweise 1,7 Millionen der 2,2 Millionen Einwohner der Enklave vertrieben worden.

Israel will keine Rückkehrer, die den Plan erschweren würden, Aufmerksamkeit auf den Süden des Gazastreifens zu lenken und die Bevölkerung in die Wüste zu treiben. Am Freitag wurde berichtet, dass Hunderte oder sogar Tausende aus Chan Yunis mit Kindern und Tieren auf dem Arm zurückkehrten und sich den Anweisungen der IDF widersetzten. Mindestens zwei Palästinenser sollen vom israelischen Militär getötet und elf weitere verwundet worden sein, meist durch Schüsse in die Beine. Mehrere wurden in Krankenhäuser im Süden zurückgebracht.

Zusätzlich haben die IDF ihre Operationen im Westjordanland verstärkt. Laut dem Gesundheitsministerium wurden dort seit dem 7. Oktober mindestens 225 Palästinenser von israelischen Streitkräften getötet und weitere 2.850 verwundet.

Darüber hinaus wurden laut Zahlen der Palestinian Prisoners Society etwa 2.070 Personen verhaftet. Vor dem 7. Oktober befanden sich schätzungsweise 5.200 Palästinenser in israelischen Gefängnissen, von denen mehr als 1.000 ohne Anklage oder Prozess in Untersuchungshaft festgehalten werden. Mittlerweile sind es mehr als 8.300, davon 3.000 in Untersuchungshaft.

Die versprochene Freilassung von 150 Gefangenen ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Allein am Mittwoch wurden 40 Palästinenser bei Aktionen der IDF verhaftet.

Anfangs hatte es den Anschein, als würden trotz der „Pause“ auch die Kämpfe an der Grenze zum Libanon weitergehen. Allerdings scheint der Sirenenalarm, der am Morgen losging, ein Fehlalarm gewesen zu sein.

Einige der aufschlussreichsten Äußerungen darüber, wie weit Israel zu gehen bereit ist, kamen gemeinsam von Netanjahu und Galant. Netanjahu erklärte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz, er habe „den [Geheimdienst] Mossad angewiesen, gegen die Köpfe der Hamas vorzugehen, wo auch immer sie sich befinden.“

Galant fügte hinzu, sämtliche Führer der Hamas würden „mit geliehener Zeit leben“. Er fügte hinzu:

„Es ist ein weltweiter Kampf: Vom Schützen im Feld bis zu denjenigen, die sich an Luxusjets erfreuen, während ihre Abgesandten gegen Frauen und Kinder vorgehen: sie sind ausersehen zu sterben.“

Gantz hatte zuvor erklärt, Israel werde die Hamas-Führer „in Gaza und auf der ganzen Welt“ umbringen. „Wir werden zu den Köpfen der [Hamas-]Regierung genauso vordringen, wie wir zum Zentrum ihrer Regierung vorgedrungen sind.“

Das sind eindeutige Drohungen, den ehemaligen Chef des Politbüros, Khaled Mashaal, und andere, die im Exil in Katar leben, zu ermorden.

Währenddessen gibt es wenig oder gar keine Besserung für diejenigen, die unter Hunger, Wassermangel und fehlendem Strom leiden. Laut Ägypten werden während der Kampfpause täglich etwa 200 Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern, 130.000 Liter Diesel und vier Lastwagen mit Treibstoff in den Gazastreifen gelangen. In Berichten ist jedoch nur von 137 Lastwagen die Rede, während der Gazastreifen unter normalen Bedingungen 400 pro Tag benötigt.

Das hielt US-Präsident Joe Biden jedoch nicht davon ab, in einer Fernsehansprache stolz auf die Rolle der USA beim Aushandeln der „Pause“ hinzuweisen und seine Absicht zu erklären, „mit den Staatsoberhäuptern im ganzen Nahen Osten zusammenzuarbeiten und gemeinsam eine bessere Zukunft für die Region zu schaffen... in der alle Kinder... Juden, Muslime, Christen, Israelis und palästinensische Araber, aufwachsen können und nur Frieden kennen.“

Millionen Menschen weltweit machen sich keine Illusionen darüber, dass die „operative Pause“ ein mögliches Ende der ethnischen Säuberung Israels bedeuten würde oder dass „Völkermord-Joe“ und seine Kollegen in Europa und andernorts etwas anderes als Komplizen des Massenmords sind.

Alles hängt davon ab, dass die globale Massenbewegung zur Verteidigung der Palästinenser auf die Arbeiterklasse zugeht, die als einzige die Produktion und Lieferung von Kriegsgerät an Israel beenden und einen politischen und industriellen Kampf führen kann, um die Regierungen der imperialistischen Kriegsverbrecher zu stürzen.

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