Israels Lügen über den Überfall vom 7. Oktober fallen in sich zusammen

Israel hat den als „Al-Aqsa-Flut“ bezeichneten Überfall am 7. Oktober als Vorwand für einen völkermörderischen Angriff auf Gaza benutzt. Laut dem offiziellen Narrativ von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, das von seinen imperialistischen Hintermännern getreulich wiederholt wird, hat die Hamas einen unerwarteten und beispiellos barbarischen Angriff verübt und muss dafür um jeden Preis ausgelöscht werden.

Dieses Narrativ verdreht die Wahrheit vollständig. Wie die World Socialist Web Site wiederholt gewarnt hat, hat die Netanjahu-Regierung seit ihrem Amtsantritt Ende 2022 unablässig Provokationen gegen die Palästinenser lanciert, um sie zu einer Vergeltungsaktion, wie sie am 7. Oktober stattfand, zu provozieren. Die „Al-Aqsa-Flut“ lieferte den Casus Belli für einen im Voraus geplanten Massenmord und die ethnische Säuberung der Palästinenser, die im Gazastreifen beginnen und dann auf das Westjordanland und die zwei Millionen arabischen Staatsbürger Israels ausgeweitet werden sollte.

Palästinenser suchen nach einem Bombenangriff im Flüchtlingslager Nusseirat nach Überlebenden, 31. Oktober 2023 [AP Photo/Doaa AlBaz]

Israels völkermörderische Kampagne hat bereits mehr als 14.000 Todesopfer gefordert, hauptsächlich Kinder, Frauen und Alte. Krankenhäuser, Schulen und Wohnblöcke wurden zerstört. Da Israel sich weigert, die Versorgung des Gazastreifens mit Lebensmitteln, Treibstoff, Strom und sogar Wasser zuzulassen, werden noch viele weitere wehrlose Palästinenser einen schrecklichen Tod durch Verhungern, Verdursten und Krankheiten sterben.

Doch Israels gesamtes Narrativ der Ereignisse vom 7. Oktober fällt zunehmend auseinander, da sich die Beweise dafür häufen, dass die Netanjahu-Regierung, das Militär und die Sicherheitsdienste von dem bevorstehenden militärischen Überfall wussten und dass, nachdem er begonnen hatte, eine große Zahl der israelischen Todesopfer eine Folge der massiven Militäroperationen der Israelischen Verteidigungskräfte war.

Diese Enthüllungen wurden von den internationalen Medien weitgehend ignoriert, die zuvor pflichtbewusst und unablässig Israels Behauptungen wiederholt hatten, Hamas-Kämpfer hätten schreckliche Gräueltaten begangen, denen mehr als 1.400 Menschen zum Opfer gefallen seien. Die Kämpfer hätten Menschen mit brutaler Gewalt entführt, Babys geköpft und verbrannt und Frauen vergewaltigt. Die Bewaffneten hätten gezielt das Supernova-Musikfestival angegriffen und dabei Hunderte von jungen Menschen getötet und auch die Bewohner von Kibbutzim abgeschlachtet, hieß es.

Viele israelische Angehörige derjenigen, die am 7. Oktober getötet, verwundet oder als Geiseln genommen wurden, haben eine unabhängige internationale Untersuchung gefordert, die von der Regierung jedoch abgelehnt wurde. Diese Forderung verdeutlicht, dass große Teile der Bevölkerung der Ansicht sind, Netanjahu sei für die Katastrophe verantwortlich und habe nichts getan, um sie zu verhindern. Die Angehörigen fordern Antworten auf zwei grundlegende Fragen:

Was wusste der israelische Militär- und Geheimdienstapparat im Voraus über die Pläne der Hamas? Und was geschah am Wochenende vom 7. und 8. Oktober?

Was wusste Israel über den geplanten Angriff?

Laut der offiziellen – und unablässig wiederholten – Darstellung der Ereignisse vom 7. Oktober hat der berüchtigte israelische Geheimdienst Mossad nicht geahnt, dass ein derartiger Großangriff bevorstand, der monatelange Planung, Ausbildung und die Koordination zwischen mehreren palästinensischen Gruppen wie der Hamas, dem Islamischen Dschihad und individuellen Palästinensern erfordert.

Auch der amerikanische Militär- und Geheimdienststützpunkt in der israelischen Wüste Negev, „Site 512“, der nur etwas mehr als dreißig Kilometer vom Gazastreifen entfernt liegt, sei überrumpelt worden, wird behauptet.

Die staatlichen Vertreter haben nicht erklärt, wie der massive elektronische Grenzzaun mit einfachsten Werkzeugen zerstört werden konnte, ohne dass Alarmsirenen losgegangen oder Militärstützpunkte alarmiert worden wären. Das bedeutet, dass die modernste Armee des Nahen Ostens angeblich Stunden gebraucht hat, um in einem Land, das nicht viel größer ist als der US-Bundesstaat New Jersey, an den Ort des Geschehens zu kommen.

Die Kommentare in den Medien stellten das Versagen des israelischen Sicherheitsapparats größtenteils als Ergebnis seiner Konzentration auf das Westjordanland dar. Die Netanjahu-Regierung hat die Gewalt der Siedler gegen die Palästinenser und die Provokationen von Ultraorthodoxen an der Al-Aqsa-Moschee vorangetrieben, die angeblich die Aufmerksamkeit der IDF und des Mossad in Anspruch nahmen.

In der Vergangenheit hat Netanjahu die Hamas keineswegs als Bedrohung angesehen, sondern sie vielmehr als Gegengewicht zu der von der Fatah dominierten Palästinenserbehörde (PA) gestärkt. Israel hat darauf hin gearbeitet, Spaltungen zwischen den beiden rivalisierenden Fraktionen der Palästinenser zu zementieren und die Entstehung eines palästinensischen Ministaates aus Westjordanland und Gazastreifen zu verhindern.

Ein anonymer israelischer Geheimdienstoffizier erklärte letzten Monat gegenüber der Washington Post: „Das passiert, wenn man vergisst, dass alle Verteidigungslinien irgendwann durchbrochen werden können und in der Vergangenheit durchbrochen wurden. Das passiert, wenn man seinen Feind unterschätzt.“

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei der wöchentlichen Sitzung des Kabinetts in seinem Büro in Jerusalem am 27. September 2023 (AP Photo/Abir Sultan) [AP Photo/Abir Sultan]

Netanjahu hat wiederholt dementiert, von Militär und Geheimdienst irgendwelche Informationen über einen möglichen Angriff erhalten zu haben. Am 29. Oktober twitterte er, dass „Premierminister Netanjahu unter keinen Umständen und zu keinem Zeitpunkt vor den Absichten der Hamas, einen Krieg zu beginnen, gewarnt wurde.“

Vor einigen Tagen wurden seine Lügen widerlegt, als die Zeitung Ha'aretz Briefe des Leiters der Forschungsabteilung des Militärgeheimdienstes vom März und Juli veröffentlichte. Darin warnte er Netanjahu persönlich, dass die gesellschaftspolitische Krise, die das Land erschüttert, den Iran, die Hisbollah und die Hamas ermutigt, einen Angriff auf das Land zu riskieren, und zwar sogar gleichzeitig.

Im März schrieb Brigadegeneral Amit Sa'ar: „Wir sehen, dass über die Frage debattiert wird, ob man weiterhin untätig bleiben soll und Israel sich weiter schwächt, oder ob man die Initiative ergreifen soll und seine Situation verschlimmert.“ Er fügte die Geheimdienstberichte bei, auf denen seine Warnungen beruhten.

Er fügte hinzu: „Nach unserem Verständnis ist diese Erkenntnis die Grundlage für die hohe Motivation der Hamas, derzeit Angriffe aus dem Norden durchzuführen. Sie ermutigt zudem den Iran, die Bestrebungen seiner Stellvertreter, Israel anzugreifen, zu verstärken.“

Als Verteidigungsminister Joaw Galant darauf aufmerksam machte, wurde er von Netanjahu sofort entlassen und erst nach massiven Protesten wieder eingesetzt.

Im Juli, kurz bevor die Knesset den Gesetzesentwurf verabschiedete, mit dem die Regierung die Befugnis erhält, sich über den Obersten Gerichtshof hinwegzusetzen, schickte Sa'ar Netanjahu einen weiteren Brief, in dem er erklärte: „Die zunehmende Krise verschlechtert Israels Ansehen, verschlimmert den Schaden für die israelische Abschreckung und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation.“ IDF-Stabschef Herzl Halevi versuchte, Netanjahu über die Sicherheitslage zu unterrichten, erhielt jedoch keine Audienz.

Das sind nur die jüngsten Enthüllungen, die Netanjahus Behauptungen widerlegen, er habe nichts von dem geplanten Angriff der Hamas gewusst.

Nur zwei Tage nach dem Angriff, am Montag, den 9. Oktober, entlarvte Ägypten Netanjahus Beteuerungen, er habe im Vorfeld nichts gewusst. Ein ägyptischer Geheimdienstler erklärte gegenüber Associated Press, Kairo habe die israelischen Behörden wiederholt gewarnt, dass „etwas Großes“ von Gaza aus geplant sei. Er erklärte: „Wir haben sie gewarnt, dass eine Explosion der Situation bevorsteht und zwar sehr bald, und dass sie groß sein würde. Aber sie haben diese Warnungen unterschätzt.“ Er fügte hinzu, die israelischen Regierungsvertreter hätten die Bedrohung aus dem Gazastreifen heruntergespielt und sich stattdessen auf das Westjordanland konzentriert. Netanjahu hat bestritten, solche Warnungen erhalten zu haben und bezeichnete den Bericht als „Fake News“.

Berichten zufolge sollen auch israelische Soldaten Alarm geschlagen haben, wurden jedoch ignoriert und bedroht. Am 18. November schilderten mindestens zwei Soldatinnen in einer Nachrichtensendung auf Channel 12, dass sie schon Wochen zuvor Bedenken über ihrer Meinung nach verdächtige Aktivitäten an der Grenze zum Gazastreifen geäußert hätten. Sie berichteten ihren Kommandanten von „Training, Anomalien und Vorbereitungen“ nahe der Grenzmauer und erklärten gegenüber Channel 12, sie hätten beobachtet, dass „neue Leute die Farmen entlang der Grenze besuchen“.

Die Soldatinnen erklärten, ihre Berichte seien nicht nur ignoriert worden, man habe ihnen auch mit Militärgerichtsverfahren gedroht, weil sie diese Bedenken geäußert hätten: „Man hat uns gesagt, wenn wir wegen dieser Sache weiter Ärger machen, kommen wir vor Gericht.“ Ein Offizier erklärte ihnen gegenüber: „Die Hamas ist ein Haufen Abschaum, die werden nichts unternehmen.“

Diese Drohungen deuten darauf hin, dass die israelischen Behörden von dem geplanten Angriff wussten und ihn zuließen, auch wenn über das volle Ausmaß des Überfalls der Hamas Unklarheit herrschte. Noch deutlicher gesagt, sie wollten ein Gräuel und haben deshalb ihre Verteidigungs- und Rettungskräfte zurückgehalten. Zudem deutet die uneingeschränkte Unterstützung Israels durch die Biden-Regierung – einschließlich der Entsendung von Kriegsschiffen in die Region bereits am nächsten Tag – darauf hin, dass der 7. Oktober von US-Militärs und Geheimdiensten genutzt wurde, um die seit langem vorbereiteten Kriegspläne zu aktivieren.

Was geschah am 7. Oktober?

Am 7. Oktober wurden Tausende von Raketen als Ablenkung auf Israel abgefeuert, während mindestens 1.500 Palästinenser praktisch in einem Himmelfahrtskommando den befestigten Grenzübergang Erez und, an mehreren weiteren Stellen, den elektronischen Zaun zwischen Gaza und Israel durchbrachen. Ihr erklärtes Ziel war es, Israels Division an der Grenze zum Gazastreifen zu zerstören und Geiseln zu nehmen, die im Austausch für etwa 5.300 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden sollten. Von den inhaftierten Palästinensern werden mindestens 1.500 ohne Anklage oder Prozess auf unbefristete Zeit in Untersuchungshaft gehalten.

Sie griffen den Militärstützpunkt in der Nähe des Grenzübergangs Erez und mehrere Außenposten des Militärs an, zerstörten ihre technische Ausrüstung und legten ihre Kommunikationssysteme lahm, sodass die Soldaten die Angriffe nicht melden konnten. In den darauf folgenden Kämpfen töteten palästinensische Kämpfer zahlreiche Soldaten, nahmen einige davon als Geiseln, bevor sie in die südlichen Städte, Dörfer und Kibbuzim sowie zum Supernova-Musikfestival weiterzogen, das nur fünf Tage zuvor um einen Tag bis zum 7. Oktober verlängert worden war.

Der Platz des Musikfestivals nahe der Grenze zum Gazastreifen am 12. Oktober 2023 (AP Photo/Erik Marmor) [AP Photo/Erik Marmor]

Laut Berichten der israelischen Presse wurden die IDF „unvorbereitet erwischt“ und reagierten nur sehr langsam auf die verzweifelten Hilferufe der von den Angriffen betroffenen Menschen. Dies soll es den Kämpfern der Hamas und anderer palästinensischer Gruppen ermöglicht haben, etwa 1.400 Menschen zu töten und 240 Geiseln zu nehmen, darunter Soldaten, Zivilisten, Ausländer und einen palästinensischen Bürger Israels.

Es dauerte zwei Wochen, bis diese Geschichte sich in nichts auflöste.

Am 20. Oktober veröffentlichte Ha'aretz die Namen und Aufenthaltsorte von 683 Israelis, die während des palästinensischen Aufstands getötet wurden, was etwa der Hälfte der gemeldeten 1.400 Todesopfer entspricht. 331 davon waren Soldaten und Polizisten, viele davon Frauen, dazu kamen 13 Angehörige der Rettungsdienste. (Mittlerweile ist diese Zahl auf 377 Soldaten und Polizisten und 845 Zivilisten gestiegen, so dass sich die Gesamtzahl auf 1.222 verringert hat. In der ursprünglichen Gesamtzahl waren einige der toten Palästinenser enthalten.) Dass sich unter den aufgezählten Toten keine Kinder unter drei Jahren befanden, widerlegt die reißerischen und verlogenen Behauptungen, Babys seien massakriert, geköpft oder, in mindestens einem Fall, sogar in einem Ofen gebraten worden. Sieben Opfer waren den Angaben zufolge zwischen vier und sieben Jahren alt, neun zwischen zehn und siebzehn.

Dass ganze 48 Prozent der Personen auf der unvollständigen Liste israelische Kämpfer sind, lässt auf erbitterte Kämpfe zwischen den israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern schließen. Berichten zufolge wurden etwa 1.500 Palästinenser getötet und kein einziger lebend gefangen genommen. Es dauerte drei Tage, bis die Kämpfe beendet waren und die IDF die Kontrolle wiedererlangten.

Zahlreiche Quellen belegen, dass ein beträchtlicher Teil israelischer Zivilisten in Feuergefechten ums Leben gekommen ist, oder eher aufgrund der berüchtigten Hannibal-Direktive, die während Israels Besetzung des südlichen Libanon im Jahr 1986 eingeführt wurde. Die Direktive soll verhindern, dass Israelis von feindlichen Kräften gefangengenommen werden, selbst wenn dies um den Preis ihres Lebens geschieht. Es bedeutet, dass die IDF Israelis töten sollten, statt zuzulassen, dass sie der Hamas in die Hände fallen.

Der Militärkorrespondent der Ha'aretz, Amos Harel, schilderte, wie die riesige Militärbasis und die Einrichtung zur Koordinierung von Regierungsaktivitäten in den [besetzten] Gebieten (COGAT) am Grenzübergang Erez, die als Nervenzentrum der israelischen Belagerung des Gazastreifens fungiert, von palästinensischen Kämpfern attackiert wurde. Der stellvertretende Kommandant der Einheit beschrieb, wie er und seine Panzereinheit „mit den Panzern innerhalb des Kibbuz von Haus zu Haus kämpften.“

Er erklärte zum Schluss: „Wir hatten keine andere Wahl.“ Er erwähnte nicht, dass IDF-Soldaten bis vor kurzem, als sie in das Westjordanland verlegt wurden, in allen Kibbuzim stationiert waren.

Da viele Soldaten der Einheit getötet oder verwundet wurden, sah sich der Kommandant „gezwungen, einen Luftangriff gegen den Stützpunkt selbst anzuordnen, um die Terroristen zurückzuschlagen.“ In den nächsten Tagen wurden mehrfach Apache-Hubschrauber der IDF eingesetzt, die nicht nur palästinensische Kämpfer, sondern auch israelisches Militärpersonal und Zivilisten töteten. Die Hubschrauberangriffe erklären den beträchtlichen Schaden an Gebäuden, von denen viele ausbrannten, und die große Zahl von ausgebrannten Autos sowie mehrere verbrannte Leichen. Die Regierung behauptete, sie seien von Palästinensern mit Gewehren und Handgranaten verursacht worden, obwohl solche Waffen nicht in der Lage sind, derartige Schäden und in diesem Ausmaß zu verursachen.

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Die israelische Nachrichtenagentur Yediot Aharonoth erklärte in einem Bericht über die Apache-Staffel: „Die Piloten erkannten, dass es äußerst schwierig war, innerhalb der besetzten Außenposten und Siedlungen zu unterscheiden, wer Terrorist, wer Soldat und wer Zivilist ist... Zuerst wurden die Tausenden von Terroristen unter enormen Beschuss genommen, erst später begannen die Piloten, die Angriffe zu verlangsamen und die Ziele sorgfältig auszuwählen.“

Die dreifache Mutter Yasmin Porat (44), deren Partner getötet wurde, erklärte in einem langen Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Sender Kan, das auf Electronic Intifada veröffentlicht wurde, wie sie nach der Flucht vom Supernova-Festival von palästinensischen Aufständischen gefangengenommen und als Geisel im Kibbuz Be'eri festgehalten wurde. Sie sagte, sie sei gut behandelt worden, und widerlegte damit die Behauptungen Israels, die palästinensischen Kämpfer hätten ihre Geiseln bewusst brutal misshandelt. Sie fügte hinzu, die Entführer hätten sie und andere Geiseln „menschlich“ behandelt, in dem Glauben, sie könnten sicher nach Gaza zurückkehren, da sie es mit ihren israelischen Gefangenen tun würden.

Allerdings schossen die IDF-Soldaten nicht nur auf die Palästinenser, sondern auch auf die Geiseln: „Sie haben alle getötet, einschließlich der Geiseln. Es gab sehr, sehr schweren Beschuss.“ Sie fügte hinzu: „Nach dem wahnsinnigem Beschuss wurden zwei Panzergranaten in das Haus abgefeuert. Es ist ein kleines Kibbuz-Haus, nichts Großes.“

Quique Kierszenbaum, der im Guardian über seinen Rundgang durch den Kibbuz Be'eri unter dem Schutz der Propagandaeinheit der israelischen Armee berichtete, schrieb: „Ein Gebäude nach dem anderen wurde zerstört, entweder bei dem Hamas-Angriff oder in den darauf folgenden Kämpfen. Die Bäume in der Gegend wurden gespalten und Mauern zertrümmert, wo israelische Panzer die Hamas-Kämpfer, die sich dahinter versteckten, in die Luft jagten. Stockwerk stürzte auf Stockwerk. Dachbalken hingen herum wie offene Brustkörbe.“

Zeugen erklärten auch gegenüber Journalisten der New York Times und des Economist, was in den Kibbuzim Be'eri und Nir Am passiert war. Diese wurden vor Jahren im Wesentlichen als Verteidigungsposten errichtet und haben ihre eigenen Verteidigungskräfte. Sie konzentrierten sich zwar auf die Taten der Palästinenser, beschrieben aber auch anfängliche Kämpfe zwischen bewaffneten Palästinensern und bewaffneten Israelis, bei denen Zivilisten getötet und andere als Geiseln genommen wurden.

Videos zeigen Schießereien zwischen Palästinensern und bewaffneten israelischen Sicherheitskräften, während sich unbewaffnete Israelis dazwischen in Sicherheit bringen. Andere Videos zeigen, wie Kämpfer auf Häuser schießen und Granaten in befestigte Gebiete werfen. Augenzeugen haben ausgesagt, dass Granaten in Schutzbunker geworfen wurden, wobei nicht klar ist, von wem. In der Presse wurde mehrfach von Israelis berichtet, die durch eigenes Feuer getötet wurden, einige behaupteten auch, sie seien vom israelischen Militär und der Polizei beschossen worden.

Israelische Truppen fahren über das Gelände nahe der Grenze zum Gazastreifen in Süd-Israel, auf dem das Musikfestival stattgefunden hat. Aufgenommen am 20. Oktober 2023. (AP Photo/Ohad Zwigenberg) [AP Photo/Ohad Zwigenberg]

Der Ha'aretz-Journalist Nir Hasson veröffentlichte am 20. Oktober sein Interview mit einem Einwohner von Be'eri namens Tuval, der sich zum Zeitpunkt des Angriffs nicht im Kibbuz aufhielt, aber dessen Partnerin getötet wurde. In dem Artikel hieß es: „Er erklärte, erst am Montagabend haben die IDF die Übernahme des Kibbuz abgeschlossen, nachdem die Kommandanten vor Ort schwierige Entscheidungen getroffen hatten – darunter den Beschuss von Häusern, in denen sich noch alle Bewohner befanden, um die Terroristen zusammen mit den Geiseln zu eliminieren. Der Preis war schrecklich: Mindestens 112 Bewohner von Be'eri wurden getötet, weitere wurden entführt. Gestern, elf Tage nach dem Massaker wurden in einem der zerstörten Häuser die Leichen einer Mutter und ihres Sohnes entdeckt. Vermutlich liegen in den Trümmern noch weitere Leichen.“

In den letzten Tagen ergab der Bericht der israelischen Polizei über den Angriff auf das Supernova-Festival, bei dem die meisten Menschen ums Leben kamen – 364 Menschen, darunter 17 Polizeibeamte – und wo 40 Geiseln genommen wurden, dass das Festival entgegen der Behauptungen der israelischen Regierung nicht auf der Liste der Ziele der Hamas stand. Die Hamas konnte den Angriff nicht geplant haben, weil die Organisatoren des Festivals den Veranstaltungsort erst zwei Tage zuvor von Südisrael in die westliche Negev-Wüste verlegt hatten, nachdem der ursprüngliche Veranstaltungsort im Süden Israels ausgefallen war. Palästinensische Kämpfer fanden dies nur durch Zufall heraus, weil das Festival kurzfristig um einen Tag verlängert worden war. Die meisten der 4.400 Teilnehmer konnten vor dem Angriff fliehen.

Laut Ha'aretz fanden Ermittler der Polizei heraus, dass ein Hubschrauber der IDF das Feuer auf die Angreifer eröffnet hatte und dabei einige Gäste des Festivals traf. ABC News hatte zuvor berichtet, dass ein israelischer Panzer auf dem Weg zum Festivalgelände war, und auf Videos ist zu sehen, wie IDF-Truppen das Feuer auf palästinensische Kämpfer eröffnen, die sich in einer Menschenmenge aus unbewaffneten Zivilisten befinden.

Diese Augenzeugenberichte zerstören das ganze offizielle Narrativ Israels und zeigen, dass:

  • die IDF sich gegenüber Palästinensern ebenso wie gegenüber Israelis wie brutale und schießwütige Massenmörder verhalten haben.
  • viele israelische Gefangene am Montag, zwei Tage nach den Ereignissen vom 7. Oktober, noch am Leben waren.
  • die Geiseln nicht nur in Gefechten zwischen den IDF und palästinensischen Milizen am Samstag getötet wurden. Viele wurden als Folge der bewussten Entscheidung der IDF getötet, den Kibbuz aus nächster Nähe mit Panzergranaten und anderen schweren Waffen anzugreifen, obwohl sie wussten, dass sich dort Geiseln und ihre Entführer befanden.
  • nicht die Palästinenser, sondern die IDF für viele der zivilen israelischen Todesopfer verantwortlich sind, mit denen Israel seinen völkermörderischen Krieg im Gazastreifen und die USA die Stationierung von Kriegsschiffen im Nahen Osten rechtfertigen. Auf wie viele Todesopfer dies zutrifft, kann nur durch eine Veröffentlichung der Ergebnisse der Autopsie bestätigt werden, aus denen hervorgeht, welche Geschosse zum Einsatz kamen.
  • Schließlich erklärt es, warum laut Militärsprecher Daniel Hagari eine „beträchtliche“ Zahl von Geiseln, die von der Hamas entführt wurden, Offiziere des Militärs sind.

Die Netanjahu-Regierung und die IDF haben die israelische Zivilbevölkerung nicht geschützt, sondern sie als Kanonenfutter benutzt, um eine Politik des Expansionismus und des jüdischen Chauvinismus durchzusetzen.

Netanjahu hat der kurzzeitigen „operativen Pause“ seines völkermörderischen Angriffs auf den Gazastreifen als Gegenleistung für die Freilassung von 50 Hamas-Geiseln zum Teil mit der Absicht zugestimmt, um die wachsende Wut innerhalb Israels über seine Verantwortung für den 7. Oktober einzudämmen. Allerdings gibt es keinen Grund zur Annahme, dass er damit Erfolg haben wird.

Eine politische Konfrontation mit Netanjahu und seinen faschistischen Verbündeten steht bevor. Dies erfordert jedoch mehr als nur Abscheu über die Ereignisse vom 7. Oktober und Sorge um das Schicksal der Geiseln. Es geht nicht darum, wie es die zionistische Opposition gegen Netanjahu in Israel formulierte, jemanden wie etwa Verteidigungsminister Galant an die Macht zu bringen, der militärisch und politisch „kompetenter“ ist, um Massenmord und ethnische Säuberungen durchzuführen.

Es muss ein sofortiges Ende des Völkermords an den Palästinensern gefordert, der Zionismus zurückgewiesen und ein multinationaler Staat geschaffen werden, in dem Juden und Palästinenser gleichberechtigt sind. Dieser Staat muss Teil der Vereinigten Sozialistischen Staaten des Nahen Ostens sein.

Washington, London, Paris und Berlin wiederholen die Lügen, mit denen der Massenmord und die ethnische Säuberung der Palästinenser sanktioniert werden, weil sie auf diese Weise die Umsetzung ihrer eigenen Pläne voranbringen wollen, im Rahmen eines globalen Kriegs gegen den Iran, Russland und letztlich China die Kontrolle über den rohstoffreichen Nahen Osten zu erlangen. Für Millionen von Arbeitern und Jugendlichen, die den Kampf gegen ihre eigenen verkommenen Regierungen wegen ihrer Zusammenarbeit mit den zionistischen Schlächtern beginnen, bedeutet dies, den politischen Kampf gegen den Kurs des Imperialismus auf Krieg und für den Sozialismus aufzunehmen.

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