Massendemonstration in London fordert sofortigen Waffenstillstand in Gaza statt „operativer Pause“

Am Samstag demonstrierten in London Hunderttausende und forderten ein Ende des israelischen Angriffs auf den Gazastreifen.

Die Demonstration war die erste in der britischen Hauptstadt seit der Vermittlung des Geiselabkommens zwischen Israel und der Hamas und dem Beginn der viertägigen Pause bei den Luftangriffen durch die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) am Freitag.

Demonstrationsteilnehmer hören den Reden der Londoner Kundgebung am 25. November zu

In London und weltweit beteiligten sich große Menschenmengen an den Protesten und wiesen die Behauptung der westlichen Regierungen zurück, Israels Feuerpause bedeute einen Schritt zu einem möglichen Waffenstillstand und Frieden. Viele der Demonstranten in der britischen Hauptstadt trugen selbst gefertigte Plakate, auf denen sie die Kriegsverbrechen der israelischen Regierung verurteilten, die von den Vereinigten Staaten, Großbritannien und anderen imperialistischen Mächten vollständig unterstützt werden, darunter die Bombardierung von Flüchtlingslagern, Krankenhäusern und Schulen. Ein Transparent zeigte eine Nachbildung von Pablo Picassos erschütterndem Gemälde Guernica, womit Israels Kriegsverbrechen mit den Zerstörungen der deutschen Streitkräfte im April 1937 während des Spanischen Bürgerkriegs verglichen wurden.

Die Demonstration wurde von massiven staatlichen Einschüchterungsversuchen überschattet. Die Metropolitan Police erhielt Unterstützung durch Polizeikräfte aus dem ganzen Land, die durch Abkommen zur gegenseitigen Hilfe aus so weit entfernten Gegenden wie Northumberland, Durham und Wales mobilisiert wurden.

Entlang der Demonstrationsroute von der Park Lane nach Whitehall verteilten Polizeibeamte einschüchternde Flugblätter und setzten Beobachter ein, um nach vermeintlich kriminellen Aktivitäten Ausschau zu halten. In dem Flugblättern hieß es: „Wenn Sie nicht in unseren Zellen landen wollen, benutzen Sie KEINE Worte oder Bilder, die rassistisch sind oder zum Hass gegen irgendeine Religion aufstacheln... die Hamas oder eine andere verbotene Organisation unterstützen... Im Zweifelsfall entsorgen Sie alle Plakate oder Schilder, die gegen diese Regeln verstoßen könnten.“ Es wurde außerdem vor „bedrohlichen Worten oder aggressivem Verhalten, das als Einschüchterung gelten könnte“ gewarnt.

Sky News berichtete, dass Polizeibeamte auch „über Sprechchöre unterrichtet werden, die die Grenze zur Kriminalität überschreiten könnten, und dass Anwälte und arabischsprachige Personen zur Verfügung stehen“.

Die Polizei verhaftete 18 Demonstranten, darunter vier Mitglieder der maoistischen Communist Party of Great Britain (Marxist–Leninist), die einen Stand bei Whitehall unterhielten. Die Polizei beschlagnahmte Literatur, und in einer Stellungnahme der Polizei hieß es dazu: „In den sozialen Medien wurden Bilder geteilt, die zeigen, dass Literatur verteilt wurde, auf der ein Hakenkreuz in einem Davidsstern zu sehen ist“, was „wahrscheinlich Rassenhass schürt“.

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Am Sonntagmorgen um 3 Uhr wurden die Wohnungen von vier Mitgliedern der CPGB (M-L) durchsucht, während sie sich noch in Haft befanden.

Vor zwei Wochen wurde eine Demonstrantin nach einer Hexenjagd der Polizei und der Medien verhaftet, weil sie ein Plakat mit dem gleichen Bild trug: ein Hakenkreuz verflochten mit einem Davidsstern.

Die Organisatoren der Demonstration, darunter die Stop the War Coalition (STWC) und die Palestine Solidarity Campaign, bestehen seit Wochen darauf, Israels Angriff auf den Gazastreifen könne nur beendet werden, indem bürgerliche Politiker wie Premierminister Rishi Sunak und der Parteichef der oppositionellen Labour Party Sir Keir Starmer unter Druck gesetzt werden, damit sie ihre Unterstützung für Tel Aviv beenden. Diese Argumentation wurde auch am Samstag fortgesetzt.

Auffallend war, dass kein bekannter Vertreter der Labour-„Linken“ aus der Socialist Campaign Group (SCG) und kein identifizierbarer, nominell linker Gewerkschaftsführer bei der Demonstration in dieser Woche anwesend war. In den vorangegangenen Wochen, u.a. bei der Demonstration mit 800.000 Teilnehmern vor zwei Wochen, waren der ehemalige Labour-Parteichef Jeremy Corbyn, sein ehemaliger Schatten-Finanzminister John McDonnell und SCG-Sekretär Richard Burgon als Redner aufgetreten. Jeremy Corbyn sitzt heute nach seinem Hinauswurf aus der Parlamentsfraktion durch Starmer als Unabhängiger im Parlament und hat seit Beginn des Völkermords auf jeder landesweiten Kundgebung gesprochen.

Aber Bell Ribeiro-Addy, eine von nur zwei Labour-Abgeordneten, die am Samstag in London sprachen, erklärte: „Eine viertägige Pause ist gut. Die Freilassung der israelischen Geiseln und der palästinensischen Gefangenen ist gut, aber das reicht nicht... Die westlichen Regierungen sollten aufhören, zu behaupten, sie könnten nichts tun. Sie sollten alle diplomatischen Kanäle bemühen, um einen Waffenstillstand zu erreichen.“

Bell Ribeiro-Addy spricht auf der Demonstration in London

Zuletzt erklärte sie: „Also müssen wir den Druck international aufrechterhalten. Wir müssen weiter demonstrieren, Lobbyarbeit betreiben, Sitzblockaden organisieren, weil wir damit die Pause erzwungen haben – durch die Macht des Volkes – und ein Ende des Blutvergießens fordern. Das wiederum beginnt mit einem echten und dauerhaften Waffenstillstand, denn Frieden ist letztendlich die einzige Option.“

Weder Ribeiro-Addy noch ihre Kollegin Apsana Begum gingen darauf ein, dass sie Mitglieder einer Partei sind, die den Völkermord unterstützt und in der sich drei Viertel der Abgeordneten noch vor zehn Tagen in einer Abstimmung gegen einen Waffenstillstand ausgesprochen haben. Doch auch hier – wie bei allen Labour-Abgeordneten und Corbyn – war Parteichef Sir Keir Starmer der große Unerwähnte, da die „Linke“ entschlossen ist, jeden Konflikt mit der Labour-Führung zu vermeiden, die den Völkermord unterstützt.

John Rees, ein führendes Mitglied der pseudolinken Gruppe Counterfire, sprach im Namen der „Stop the War Coalition“. Er verteidigte die Amnestie für die Labour- und Gewerkschaftsbürokratie und erwähnte die Worte „Labour“, „Starmer“ und „Gewerkschaften“ nicht einmal.

John Rees bei seiner Rede auf der Demonstration in Whitehall (London)

Rees erklärte: „Es wird einen Waffenstillstand geben, es wird keine Rückkehr zum Massaker der IDF an Palästinensern geben. Wenn diese Pause nicht zu einem vollständigen Waffenstillstand führt, werden wir eine Demonstration von einer Größe erleben, wie sie die Hauptstadt dieses Landes noch nie gesehen hat.“

Er erklärte in vollmundiger Rhetorik, nichts werde die Demonstranten davon abhalten, zu demonstrieren und die von ihnen gewählten Parolen zu skandieren, „mit dem Ziel, jede Regierung zu Fall zu bringen, die sich nicht für die Freiheit Palästinas einsetzt, ob nun diese oder die nächste Regierung“.

Der STWC geht es nicht darum, die Arbeiterklasse für den Sturz der Regierungen zu mobilisieren, die Israels Völkermord im Gazastreifen unterstützen. Sie werden nichts unternehmen, was ihre gemütlichen Beziehungen zur Labour- und Gewerkschafts-„Linken“ beschädigt. Ihr ausdrückliches Ziel ist lediglich ein Politikwechsel in den herrschenden Kreisen, auf dass der britische Imperialismus nicht so eng an den US-Imperialismus gebunden sei und eine friedlichere Orientierung verfolgen möge.

Letzte Woche sprach Rees bei einer Demonstration vor Starmers Wahlkreisbüro. Er erklärte, nach der Demonstration von 800.000 Menschen „am letzten Mittwoch standen [die Abgeordneten] Schlange, um auf unserem Podium vor dem Unterhaus zu sprechen. Und jetzt haben wir die Liberaldemokraten dazu gebracht, sich für einen Waffenstillstand auszusprechen, wir haben die Tory-Regierung gespalten, wir haben in der Labour Party die größte Rebellion seit der Rebellion gegen Blair wegen des Irakkriegs ausgelöst, wir haben das walisische Parlament dazu gebracht, sich für einen Waffenstillstand auszusprechen, wir haben den Vorsitzenden des schottischen Parlaments dazu gebracht, sich für einen Waffenstillstand auszusprechen... Meine Botschaft an Keir Starmer lautet: Schwimmen Sie mit dem Strom. Fordern Sie einen sofortigen Waffenstillstand.“

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