Grünenparteitag in Karlsruhe: Flüchtlingshetze, Militarismus und Diktatur

In der Außenpolitik haben sich die Grünen längst als aggressivste imperialistische Partei positioniert. Ihre führenden Vertreter überbieten sich regelmäßig mit Forderungen nach einer Verschärfung der Nato-Kriegsoffensive gegen Russland und nach mehr Waffenlieferungen für die Ukraine. Und auch bei der Unterstützung von Israels Genozid an den Palästinensern tun sich die grünen Spitzenpolitiker besonders hervor. So lehnte etwa Außenministerin Annalena Baerbock die Forderung nach einem Waffenstillstand in Gaza bis zuletzt kategorisch ab.

Robert Habeck, deutscher Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (rechts), und Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrer Ankunft für ein Familienfoto während eines Treffens der deutschen und der rechtsextremen italienischen Regierung im Kanzleramt in Berlin am 22. November 2023 [AP Photo/Markus Schreiber]

Die gleiche reaktionäre Rolle spielen die früheren Pazifisten nun auch in der Flüchtlingspolitik. Der Grünen-Parteitag am vergangenen Wochenende in Karlsruhe legte davon beredtes Zeugnis ab. Er gipfelte in einer „Asyldebatte“, in der sich die gesamte Grünen-Führung für die Verschärfung der Angriffe auf Flüchtlinge und Migranten, für mehr Abschiebungen und für die weitere Schleifung des Asylrechts einsetzte.

Zunächst wurde ein Antrag der Grünen Jugend, der sich gegen weitere Asylrechtsverschärfungen aussprach, von der großen Mehrheit der Delegierten abgeschmettert. Stattdessen wurde ein Antrag des Parteivorstands verabschiedet, in dem es im Duktus der extremen Rechten heißt: „Steuerung, Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.“

In der vom Parteivorstand aggressiv geführten Debatte verurteilten die wiedergewählten Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omnid Nouripour, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Baerbock den Antrag der Grünen Jugend als Angriff auf die Bundesregierung. Die Botschaft war unmissverständlich. In Zukunft werden die Grünen die Umsetzung der Flüchtlingspolitik der extremen Rechten weiter forcieren.

Erst in der vergangenen Woche fanden in Berlin deutsch-italienische Regierungskonsultationen mit dem rechtsextremen Kabinett der italienischen Regierungschefin und Mussolini-Verehrerin Giorgia Meloni statt. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz beschwor Bundeskanzler Olaf Scholz das gemeinsame Ziel, „die irreguläre Migration und auch die kriminellen Organisationen, die damit viel verdienen“, zu „bekämpfen“.

Das bedeutet konkret: Massenabschiebungen, militärisch organisierte Internierungslager für Flüchtlinge in Europa und Afrika und den weiteren Ausbau der „Festung Europa“. Die Folgen sind inhuman und tödlich. Seit 2014 ertranken etwa 30.000 Menschen im Mittelmeer und viele weitere starben an den mit Mauern und Stacheldraht gesicherten EU-Außengrenzen.

Die Spezialität der Grünen besteht darin, die massenmörderische EU-Politik mit einigen „humanitären“ Phrasen und Maßnahmen zu schmücken – was das Ganze nur noch abstoßender macht. So trägt der verabschiedete Antrag den zynischen Titel „Humanität und Ordnung“ und verspricht, die berüchtigte Grenzschutzagentur Frontex – die für ihre brutalen Pushbacks von Flüchtlingen berüchtigt ist – „rechtsstaatlich weiter[zu]entwickeln“. Die Deportationen sollten zudem mit einer „deutlich besseren psychosozialen Begleitung vor und während der durchgeführten Abschiebungen“ erfolgen.

Das vom Parteitag verabschiedete Wahlprogramm der Grünen macht dabei deutlich, dass sich die Angriffe auf Flüchtlinge und Migranten gegen die gesamte Arbeiterklasse richten. Auf die wachsende Opposition gegen Militarismus, Krieg und soziale Angriffe reagiert die herrschende Klasse mit der Errichtung eines Polizeistaats. Und die Grünen treten dafür ein, diesen europaweit auszubauen.

„Moderne und effiziente Polizei- und Justizarbeit muss in einem vereinten Europa ebenfalls grenzüberschreitend stattfinden“, heißt es im Abschnitt „Polizeiliche Zusammenarbeit stärken“. Auch die Geheimdienste sollten europaweit agieren. Konkret fordern die Grünen die Gründung einer „europäischen Nachrichtendienstagentur“ für die „bessere Zusammenarbeit“ der europäischen Dienste.

Die Errichtung eines autoritären Regimes geht Hand in Hand mit der Explosion imperialistischer Gewalt, die von den Grünen ebenso vehement unterstützt wird. So verabschiedete der Parteitag eine Resolution, die sich voll hinter den Genozid Israels an den Palästinensern im Gazastreifen stellt. Israel habe „wie jeder andere Staat das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich … zu verteidigen, und die israelische Regierung die Pflicht, ihre Bürger*innen dauerhaft zu schützen“.

Tatsächlich hat das israelische Vorgehen nicht das Geringste mit „Selbstverteidigung“ oder gar „Schutz“ der jüdischen Bevölkerung zu tun. Die rechtsextreme Netanjahu-Regierung verfolgt eine gezielte Politik der ethnischen Säuberung und Zerstörung, die der mittlerweile aus Protest zurückgetretene Leiter der New Yorker Vertretung des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Craig Mokhiber, als einen „Genozid wie aus dem Lehrbuch“ bezeichnet.

Die aktuelle Feuerpause hat das gewaltige Ausmaß des Genozids in Gaza nur noch sichtbarer gemacht. Nach einer inoffiziellen Zählung des Informationsministeriums in Gaza haben bereits 14.352 Menschen ihr Leben verloren – darunter mehr als 6.000 Kinder und 4.000 Frauen. Andere Schätzungen gehen sogar von 20.000 Toten aus. Mehr als 1,7 Millionen Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben und 233.000 Wohneinheiten zerstört. Auch Schulen und Krankenhäuser wurden systematisch bombardiert.

Die von den Grünen unterstützte imperialistische Gewalt beschränkt sich nicht auf den Nahen Osten. Auf dem Parteitag positionierten sich die Grünen einmal mehr als aggressivste Vertreterin der Nato-Kriegsoffensive gegen Russland. Man werde „unser gegebenes Wort halten und der Ukraine weiter zur Seite stehen in ihrem Kampf um Freiheit – mit Waffen, mit Geld, mit Wiederaufbau“, rief Habeck unter dem tosenden Applaus der Delegierten.

In seinen weiteren Ausführungen stellte der Wirtschaftsminister dann selbst klar, dass es in der Ukraine und anderswo nicht um „Freiheit“ und „Demokratie“ geht, sondern um imperialistische Großmachtinteressen. Mächte wie die USA und China führten den Wettbewerb um „Schürfrechte an Rohstoffen“ mit „großer Entschlossenheit“, und Europa und Deutschland müssten sich darin ebenso „behaupten“. Zu lange sei „die Frage weggewischt worden, ob Deutschland, ob Europa genug für diese Selbstbehauptung tut“.

Die „Klimapolitik“ der Grünen dient ebenfalls der Durchsetzung deutscher Kriegs- und Großmachtinteressen. Auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds kämpfe er um die geplanten Maßnahmen, erklärte Habeck. Denn jetzt werde „der Wettbewerb um Klimatechnologien“ geführt. Während sich andere „Hufeisen in die Handschuhe“ wickelten, könne Deutschland nicht mit „auf den Rücken gefesselten Händen“ in „einen Boxkampf“ ziehen, den es gewinnen wolle. Es gehe um nichts weniger als die „Kampfkraft dieser Republik“ und die „Selbstbehauptung Deutschlands“.

Der Ruf nach mehr deutscher und europäischer Führung dominiert auch das Wahlprogramm. „Das ist unsere Perspektive, das ist unser politischer Auftrag: die globale Handlungsfähigkeit der EU zu verteidigen und zu stärken“, heißt es in Kapitel C zur Außenpolitik. Man trete „deshalb für ein souveränes und selbstbewusstes Europa ein, das nicht abwartet, sondern das Heft des Handelns in die Hand nimmt; ein Europa, das sich aus seinen Abhängigkeiten löst und global Verantwortung übernimmt“. Man benötige „eine starke und souveräne EU, die als weltpolitische Akteurin agieren kann“.

Das Militärische steht dabei im Zentrum. Das Programm fordert eine bessere „europäische und transatlantische Integration und Interoperabilität unserer Streitkräfte“, um die „europäische Verteidigungsfähigkeit“ – d.h. Kriegsfähigkeit – „wirksam sicher[zu]stellen“. Gleichzeitig wolle man „die verstärkte Zusammenarbeit der Streitkräfte, zum Beispiel innerhalb von permanenten EU-Einheiten, […] ausbauen“ und „die gemeinsame EU-Kommandostruktur und europäische Militärkooperationsinitiativen vertiefen“.

Die Aggressivität, mit der die Grünen in allen Politikfeldern auftreten, wurzelt in den Klasseninteressen der wohlhabenden Mittelschichten, für die sie sprechen. Ihr Reichtum und ihre Privilegien sind direkt mit der Durchsetzung kapitalistischer und imperialistischer Interessen verbunden. Die wachsende Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen betrachten sie als tödliche Gefahr, die unterdrückt werden muss.

In seiner Karlsruher Rede erinnerte Habeck an den Gründungsparteitag der Grünen 1980 in der gleichen Stadt und erklärte mit dem ihm eigenen Zynismus, man habe sich damals zwar „als Antipartei“ gegründet, aber dann „Verantwortung übernommen“ und sich damit auch „verändert“. Politik präge und sei „nicht das Runterbeten von hehren Lehren“.

Mit dem Parteitag in Karlsruhe hat die Verwandlung der Grünen in eine rechte und militaristische Law-and-Order-Partei – eine Entwicklung, die von Anfang an in ihrer kleinbürgerlichen DNA angelegt war – einen neuen Höhepunkt erreicht. Ihre „Lehren“ heißen Flüchtlingshetze, Krieg und Diktatur.

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