Die Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an der Amtseinführung des faschistischen neuen Präsidenten von Argentinien, Javier Milei, am Sonntag in Buenos Aires unterstrich die reaktionäre politische Bedeutung der Veranstaltung und den rechtsextremen Charakter der von ihnen geführten Regierungen.
Die Verbrüderung Selenskyjs, des wichtigsten Vertreters der US- und Nato-Stellvertreterkräfte in der Ukraine, mit dem fanatisch arbeiterfeindlichen Agitator und Verteidiger der faschistischen Militärdiktatur, die Argentinien in den 1970ern regiert hatte, entlarvt einmal mehr den Charakter des Kriegs der USA gegen Russland. Er hat nichts mit der Verteidigung von „Demokratie“ oder „Souveränität“ irgendwo auf der Welt zu tun, sondern wird im Bündnis mit den faschistischsten politischen Kräften der Welt geführt.
Obwohl Milei in seiner Amtsantrittsrede eine „neue Ära des Friedens und des Wohlstands in Argentinien“ verkündete, war der Besuch das bisher deutlichste Zeichen, dass er eine Marionette des US-Imperialismus ist und dass die unterwürfigen regionalen Bourgeoisien Lateinamerika in den Strudel eines dritten Weltkriegs geraten.
Ein solches Treffen hätte nicht stattgefunden, wenn Selenskyj es nicht vorher mit Washington und seinen CIA-Hintermännern abgesprochen hätte. Nach seinem Besuch in Buenos Aires traf er sich am Dienstag in Washington mit Biden.
Während seiner ersten offiziellen Reise nach Lateinamerika twitterte Selenskyj in Buenos Aires: „Das ist ein Neuanfang für Argentinien.“ Später erklärte er: „Wir können uns darauf verlassen, dass Milei die Ukraine unterstützt.“
Am Sonntag umarmten sich die beiden zweimal lange und sprachen ohne Mikrofone. Selenskyj hatte Milei bereits zuvor gedankt, weil er sich als Gastgeber einer angeblichen „Friedenskonferenz“ in Lateinamerika angeboten hatte. Der US-Imperialismus will diese Konferenz in Wirklichkeit nutzen, um die Regierungen der Region unter Druck zu setzen, dass sie sich vollständig der US/Nato-Achse gegen Russland, den Iran und China anschließen. Weiter soll sie die Kritik am US-amerikanisch-zionistischen Völkermord in Gaza zum Schweigen bringen.
Das Pentagon hat bisher erfolglos versucht, die Region unter Druck zu setzen, damit sie der Ukraine Waffen liefern. Zudem verfolgt es bereits seit langer Zeit das Ziel, zu verhindern, dass seine Rivalen als Konkurrenten beim Verkauf und der Lieferung von Waffen an lateinamerikanische Regierungen auftreten, um politischen Einfluss zu gewinnen. Dieser Vorstoß richtete sich insbesondere gegen Brasilien, das über den größten Verteidigungsetat verfügt und die größte Rüstungsindustrie besitzt.
Die Veranstaltung entwickelte sich zu einem Treffen des Who’s Who der Rechtsextremisten aus der ganzen Welt. Dazu gehörten der brasilianische Ex-Präsident Jair Bolsonaro, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der spanische Vox-Parteichef Santiago Abascal und der chilenischen Pinochet-Anhänger José Antonio Kast.
Orbán twitterte aus Buenos Aires: „Die Rechte ist auf dem Vormarsch, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt!“ Bolsonaro, der eine Verschwörung angeführt hatte, um am 8. Januar 2023 einen Putsch zu organisieren, erklärte vor der Presse, Mileis Sieg „bedeutet viel für die Welt, die sehr stark zwischen links und rechts gespalten ist. Wir sind die Rivalen; wir sind Feinde.“
Laut der Washington Post soll Donald Trump – der Anführer des Putschversuchs vom 6. Januar 2021 in Washington – seinen Beratern gesagt haben, er wolle an der Amtseinführung teilnehmen, allerdings gebe es „logistische Hürden“. Am vorherigen Samstag hatte er bei einer Kundgebung in Iowa erklärt: „Sie haben gesehen, was passiert ist: Er hat als Trump kandidiert. Es war Trump. ,Make Argentina Great Again‘.“ Mehrere republikanische Mitglieder des Repräsentantenhauses unter Führung von Maria Elvira Salazar (Republikanerin aus Florida) nahmen an der Amtseinführung teil.
Die Biden-Regierung wiederum hat sich große Mühe gegeben, ihre politische Ehrerbietung gegenüber Mileis faschistischer Politik und ihre Begeisterung für seine kompromisslose Ausrichtung auf den US-Imperialismus zu zeigen.
Während seiner ersten Reise nach der Wahl traf sich Milei im Weißen Haus mit dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan und anderen hochrangigen US-Regierungsvertretern sowie mit dem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton. Ein Vertreter der Biden-Regierung erklärte anonym gegenüber der Washington Post, die USA hätten „Mittel zur Verfügung, um [Milei] zu helfen“. Er betonte: „Trump liebt Russland und Putin. Dieser Kerl mag weder Russland noch Putin.“
Am Sonntag schickte die Biden-Regierung eine Delegation unter Führung von Energieministerin Jennifer Granholm.
Ähnlich äußerte sich Damian Merlo, ein republikanischer Lobbyist, der auch den faschistischen salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele berät: „Für Lateinamerikanisten in der Republikanischen Partei ist es großartig, einen Präsidenten zu sehen, der sagt, dass er nichts mit China zu tun haben will...“
Trotz ihrer taktischen Differenzen in außenpolitischen Fragen planen beide Fraktionen des US-Imperialismus, wie bereits im Kalten Krieg, faschistische Regierungen in ganz Lateinamerika einzusetzen, um die revolutionären Kämpfe der Arbeiter niederzuschlagen und die Region gegen die geopolitischen Rivalen der USA auszurichten. Die Verbrüderung von Milei und Selenskyj schafft die Voraussetzungen dafür, dass Argentinien zu einem wichtigen Zentrum dieser Verschwörung wird.
Aber es gibt noch weitreichendere Implikationen. Die Affinität der amerikanischen herrschenden Elite zu Milei wurde vor allem von dem Milliardär Elon Musk zum Ausdruck gebracht, der mit Milei telefonierte und ein Video teilte, in dem der Argentinier sagt, dass Gleichheit niemals vor Freiheit kommen dürfe.
Die imperialistischen herrschenden Eliten hoffen darauf, einen neuen Präzedenzfall für die Arbeiter weltweit und besonders in den USA selbst zu schaffen, indem sie die von Milei geplante radikale „Schocktherapie“ gegen Sozialausgaben, Reallöhne und Arbeitsplätze unterstützen. Mileis neues Motto ist der Satz geworden: „Es gibt kein Geld.“
Trotz der Behauptungen, Milei habe seine Pläne abgemildert, betonten die in den Mainstreammedien zitierten Analysten, dass die politische und wirtschaftliche Krise in Argentinien so scharf sei, dass sich ein historischer Zusammenstoß mit der Arbeiterklasse ankündige, der möglicherweise revolutionäre Folgen haben werde.
Benjamin Gedan, der Direktor für Argentinien beim Wilson Center, erklärte: „Alle Warnlampen leuchten [in Argentinien] rot auf.“ Alberto Ramos, der Chefökonom für Lateinamerika bei Goldman Sachs, erklärte: „Wir haben es mit Nitroglyzerin zu tun. Es kann sich über Nacht entzünden. Sobald man mit der wirtschaftlichen Anpassung beginnt, kann man die Kontrolle verlieren.“
Am Samstag posierte der französische „Präsident der Reichen“, Emmanuel Macron, für ein Foto, auf dem er ein Fußballtrikot mit Mileis Unterschrift und seinem Motto in der Hand hält: „Lang lebe die Freiheit, verdammt nochmal!“
Es muss betont werden, dass mehrere der Gäste am Sonntag Faschisten sind und langjährige Beziehungen zu neonazistischen und offen antisemitischen Netzwerken unterhalten. Milei und seine Partei La Libertad Avanza bilden da keine Ausnahme.
Wie die israelische Presse berichtete, hat Milei Rodolfo Barra zum Generalstaatsanwalt ernannt. Barra musste 1996 wegen seiner Rolle in der Neonazi-Organisation Tacuara, die Synagogen angezündet und an der Ermordung eines jüdischen Mitglieds der Kommunistischen Partei beteiligt war, als Justizminister zurücktreten. Anfang des Jahres lobte Lilia Lemoine, eine Abgeordnete aus Mileis Partei, den Neonazi Carlos Pampillón als „Patrioten“, entschuldigte sich jedoch später dafür.
Die künftige Vizepräsidentin, Victoria Villarruel, wurde als Verteidigerin der Regierungsvertreter bekannt, die während der faschistischen Militärdiktatur (1976–83) zahllose Verbrechen begangen hatten. Sie besuchte den ehemaligen Diktator Rafael Videla mehrfach im Gefängnis. Unter den Zehntausenden von Folter- und Mordopfern waren Tausende von Juden: Überlebende erzählten, in den Folterkammern und Hafträumen hätten Hitler-Bilder an den Wänden gehangen.
Solche und andere Vorfälle im politischen Umfeld von Milei hinderten die faschistische Netanjahu-Regierung in Israel nicht daran, Außenminister Eli Cohen zu Mileis Amtseinführung zu schicken, ihn zu einem Besuch einzuladen und ihm für sein Versprechen zu danken, die argentinische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.
Wie die World Socialist Web Site bereits erklärte, betrachtet Milei das amerikanisch-israelische Gemetzel im Gazastreifen als „Signal, dass dieselbe Art von völkermörderischer Gewalt auch gegen die verarmte Arbeiterklasse in ihrem eigenen Land unterstützt würde.“
Schließlich war die Anwesenheit des pseudolinken chilenischen Präsidenten Gabriel Boric von Bedeutung, der sich zu dem offen rechten Luis Lacalle Pou aus Uruguay, Daniel Noboda aus Ecuador und Santiago Peña aus Paraguay gesellte. Sie alle führten während der Veranstaltung Gespräche mit Selenskyj.
Der brasilianische Präsident Lula da Silva beschloss, nicht teilzunehmen, nachdem Milei ihn im Wahlkampf als „kommunistischen Dieb“ bezeichnet hatte. Einen Tag vor der Amtseinführung hatte Lula Selenskyjs Bitte um ein Treffen während eines Tankstopps der ukrainischen Präsidentenmaschine auf einer Militärbasis in Brasilia abgelehnt. Dennoch schickte er seinen Außenminister Mauro Vieira nach Buenos Aires.
Die Anwesenheit von Vieira und Boric – ganz zu schweigen von der ausdrücklichen Bereitschaft der peronistischen Führer im Kongress und der Gewerkschaftsbürokratie in Argentinien, mit Milei zusammenzuarbeiten – demonstriert, dass kein Teil der lateinamerikanischen herrschenden Klasse für Demokratie oder Unabhängigkeit vom US-Imperialismus kämpft.
Die Arbeiterklasse ist objektiv die einzige gesellschaftliche Kraft, die dem Imperialismus, dem Krieg und dem Faschismus ein Ende setzen kann. Allerdings muss sie vollständig und kompromisslos mit allen pro-kapitalistischen und nationalistischen Parteien und Gewerkschaftsbürokratien brechen. Für diese Perspektive kämpft das Internationale Komitee der Vierten Internationale.