Perspektive

Biden gibt zu, dass Israel „wahllos bombardiert“: Ein Eingeständnis von Komplizenschaft bei Kriegsverbrechen

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates John Kirby bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus in Washington, Mittwoch, 13. Dezember 2023 [AP Photo/Andrew Harnik]

Am Dienstag machte US-Präsident Joe Biden eine Reihe von vernichtenden Eingeständnissen in Bezug auf den anhaltenden Völkermord in Gaza, die deutlich machen, dass die Vereinigten Staaten bewusst Beihilfe zu den Kriegsverbrechen der israelischen Regierung leisten.

Auf einer Wahlkampfveranstaltung erklärte Biden, dass Israel die Zivilbevölkerung in Gaza „wahllos bombardiert“. Anschließend fügte er hinzu, dass „[der israelische Minister für Nationale Sicherheit] Ben-Gvir und Co. und die neuen Leute, sie... Sie wollen nicht nur Vergeltung üben, was sie für das, was die Palästinenser – Hamas – getan haben, auch sollten, sondern [Vergeltung] an allen Palästinensern.“

Mit anderen Worten: Biden gibt zu, dass Israel keine Anstrengungen unternimmt, um die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung zu begrenzen. Und weiter erklärte er, dass der Grund dafür darin bestehe, dass der Minister für Nationale Sicherheit bewusst Vergeltung übt, d. h. alle palästinensischen Zivilisten, einschließlich unbewaffneter Frauen und Kinder, kollektiv bestraft.

Der amerikanische Präsident hat damit zugegeben, dass er die vorsätzliche Ermordung von Zivilisten einer bestimmten ethnischen Gruppe, d. h. einen Völkermord, mit Waffen versorgt, finanziert und politisch unterstützt. Bezeichnenderweise bekräftigte Biden, obwohl er diese Eingeständnisse bereits gemacht hatte, dass die Vereinigten Staaten ihre bedingungslose Finanzierung und Bewaffnung des israelischen Militärs fortsetzen werden. Biden erklärte weiter, dass „in der Zwischenzeit niemand davon abrücken wird, Israel das zu geben, was es braucht, um sich zu verteidigen und den Job zu beenden.“

Wahllose Angriffe sind nach dem ersten Zusatzprotokoll der Genfer Konventionen von 1977 verboten. Sie stellen nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ein Kriegsverbrechen dar und die Täter können vor internationalen und nationalen Gerichten verfolgt und zur Verantwortung gezogen werden.

Bezeichnenderweise hat die Regierung Biden bei mehreren Gelegenheiten deutlich gemacht, dass die Vereinigten Staaten dem Ausmaß, in dem Israel Zivilisten angreift, keine Grenzen gesetzt hat. Am 7. November antwortete der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, auf die Frage, ob es „immer noch der Fall“ sei, dass die Regierung „keine roten Linien“ in Bezug auf den Tod von Zivilisten ziehe: „Das ist nach wie vor der Fall.“

Bidens Äußerungen vom Dienstag werden in jedem Kriegsverbrecherprozess ein zentrales Beweisstück darstellen, da sie praktisch ein Eingeständnis dafür sind, dass die Vereinigten Staaten bewusst Kriegsverbrechen Israels unterstützen und fördern.

In einer Pressekonferenz am Mittwoch versuchten Kirby und der Sprecher des Außenministeriums, Matthew Miller, den Schaden zu begrenzen, indem sie versuchten, die Äußerungen des Präsidenten zurückzunehmen. Miller erklärte im Wesentlichen, dass Bidens Eingeständnis nicht die offizielle Position der US-Regierung darstelle. „Wir haben noch keine formale Entscheidung in dieser Frage getroffen“, sagte Miller.

Auf die Frage eines Reporters: „Glaubt der Präsident, angesichts dieser Äußerungen, dass Israels bisheriges Vorgehen in diesem Krieg im Einklang mit dem Völkerrecht stand?“ Kirby erklärte dann das Gegenteil von Bidens Aussage, dass Israel „wahllos bombardiert“. Er behauptete: „Wir wissen, dass sie ihre Absicht erklärt haben, die Zahl der zivilen Opfer zu verringern. Und sie haben dem Taten folgen lassen ... indem sie online eine Karte veröffentlicht haben.“

Ein anderer Reporter fragte: „Biden sagte gestern, dass es natürlich wahllose Angriffe gab, was für den Rest der Welt ein Kriegsverbrechen darstellt.“

Darauf antwortete Kirby: „Es gibt eine klare Absicht der Israelis und den Versuch, zu dem sie sich öffentlich bekannt haben, dass sie alles tun, um die Zahl der zivilen Opfer zu reduzieren.“

Er fügte hinzu: „Wir werden sie weiterhin unterstützen... Sie haben jedes Recht, sich zu verteidigen.“

Die offizielle Völkermord-Definition der Vereinten Nationen besagt, dass das Verbrechen des Völkermordes zwei Elemente umfasst: eine Tathandlung („physical element“) und die damit verbundene Absicht („mental element“), wobei entsprechende Handlungen die „Tötung von Mitgliedern der Gruppe“ oder die 'Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe“ umfassen. Israel hat mindestens 10.000 palästinensische Kinder getötet und Zehntausende weitere verletzt.

Laut den Vereinten Nationen sei jedoch „die Absicht das am schwierigsten zu bestimmende Element.“ In ihrer Definition fügt die Organisation hinzu: „Damit eine Tat einen Völkermord darstellt, muss die Absicht der Täter, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe physisch zu vernichten, nachgewiesen werden.“

Doch wie Craig Mokhiber, ehemaliger Direktor des New Yorker Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, erklärte, stellt der israelische Angriff auf den Gazastreifen einen „Völkermord wie aus dem Lehrbuch“ dar, eben weil die „ausdrücklichen Absichtserklärungen führender Vertreter der israelischen Regierung und des Militärs … keinen Raum für Zweifel oder Debatten“ lassen. Giora Eiland, der frühere Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates Israels, rief dazu auf, gezielt palästinensische Zivilisten zu töten und die Bedingungen für die Ausbreitung „schwerer Epidemien“ zu schaffen. Dies ist nur eines von unzähligen Beispielen.

Nun aber hat der wichtigste Geldgeber und Waffenhändler jener Regierung, die den Völkermord begeht, ausdrücklich erklärt, dass diese sich der „Tötung von Mitgliedern der Gruppe“ schuldig macht, eben weil sie die gesamte palästinensische Bevölkerung ins Visier nehmen will.

An entscheidender Stelle wird in der UN-Definition eines Völkermords festgehalten: „Das bedeutet, dass das Ziel der Zerstörung die Gruppe als solche sein muss und nicht ihre Mitglieder als Individuen.“ Wenn Biden zugibt, dass das israelische Verteidigungsministerium „Vergeltung ... an allen Palästinensern' üben will, macht er deutlich, dass Israel genau diese entscheidende Komponente des Völkermords in die Tat umsetzt.

Biden gab diese Erklärungen vor dem Hintergrund eines überwältigenden Votums der Generalversammlung der Vereinten Nationen ab, die einen Waffenstillstand im Gazastreifen forderten.

Aber wie Dutzende weitere, nicht bindende Resolutionen, die von den Vereinten Nationen über Jahrzehnte hinweg verabschiedet wurden, wird auch diese Resolution keine direkte Wirkung haben.

Der Sprecher des Außenministeriums, Matthew Miller, machte dies in einer Pressekonferenz am Mittwoch absolut deutlich: „Es ist nicht das erste Mal, dass Israel bei einer Abstimmung in der UNO nicht gut abgeschnitten hat. Es gab bei der UNO eine Reihe von Abstimmungen mit oftmals ziemlich dramatischen Abstimmungsergebnissen in Bezug auf Israel, wobei wir mit dem Ergebnis dieser Abstimmungen nicht einverstanden waren. Es ist also nicht das erste Mal, dass so etwas passiert.“

Mit anderen Worten: Die Vereinigten Staaten machen deutlich, dass symbolische Abstimmungen in der UN-Generalversammlung sie nicht daran hindern werden, ihre kriminellen Aktivitäten fortzusetzen. Israel hat sich seinerseits offen über das Abstimmungsergebnis hinweggesetzt und am Dienstag eine Reihe von Gräueltaten verübt, darunter die Bombardierung einer Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks in Palästina (UNRWA) und das Fluten unterirdischer Anlagen im Gazastreifen mit Meerwasser, was potenziell das Trinkwasser vergiften und landwirtschaftliche Nutzpflanzen abtöten könnte.

Im Zusammenhang mit der Ankündigung, dass die USA gegen eine Waffenruhe im Gazastreifen stimmen würden, erklärte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield: „Jede Waffenruhe wäre im Moment bestenfalls vorübergehend und schlimmstenfalls gefährlich.“ Sie fügte hinzu: „Israel hat wie jedes einzelne Land der Erde das Recht und die Verantwortung, sein Volk vor Terrorakten zu schützen.“

Arbeiter und Jugendliche müssen die Lehren aus diesen Entwicklungen ziehen. Die imperialistischen Länder, sowohl diejenigen, die wie Frankreich und Australien für den Waffenstillstand gestimmt haben, als auch die, die sich wie Großbritannien, Italien und Deutschland der Stimme enthielten, haben Israels Angriff auf Gaza gebilligt und materielle und logistische Unterstützung geleistet.

Jedes einzelne dieser Länder hat versucht, Demonstrationen gegen den Völkermord zu kriminalisieren und den Widerstand gegen den Völkermord mit Antisemitismus und Unterstützung des Terrorismus gleichzusetzen.

Die arabischen Staaten haben ihrerseits jahrelang die Unterdrückung und den Massenmord an der palästinensischen Bevölkerung durch Israel zugelassen, um sich mit dem US-Imperialismus zu arrangieren.

Wenn es darum geht, den Völkermord in Gaza zu stoppen, kann man sich auf keine dieser Regierungen oder Institutionen verlassen. Die grundlegende Realität besteht darin, dass der Kampf gegen den Völkermord in Gaza ein Kampf gegen die Regierungen ist, die ihn unterstützen.

Aus diesem Grund erfordert die Beendigung des Völkermordes in Gaza die massenhafte Mobilisierung der Arbeiterklasse. Arbeiter sollten den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften unterstützen, für Israel bestimmtes Kriegsmaterial nicht anzurühren. Die weltweiten Demonstrationen von Millionen von Menschen gegen den Völkermord müssen ausgeweitet und mit einer sozialistischen Perspektive bewaffnet werden.

Millionen haben an Demonstrationen und Kundgebungen gegen den Völkermord teilgenommen. Doch wenn diese Bewegung erfolgreich sein soll, ist es dringend notwendig, die wachsende Bewegung gegen den Krieg mit den Kämpfen der Arbeiterklasse zu verbinden und mit einer sozialistischen Perspektive zu bewaffnen. Nur eine solche Perspektive ist darauf ausgerichtet, das kapitalistische System zu beenden, das die Grundursache für Krieg und imperialistische Barbarei ist.

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