Mehr als 25.000 Todesopfer in Gaza, Israel droht mit Einmarsch in den Libanon

Wie das Gesundheitsministerium des Gazastreifens mitteilte, ist die bestätigte Zahl der Todesopfer durch den völkermörderischen Angriff der israelischen Regierung am Wochenende auf über 25.000 gestiegen. Ministeriumssprecher Ashraf al-Qudra erklärte am Sonntag, innerhalb der letzten 24 Stunden seien weitere 178 Menschen getötet worden, womit die Zahl der bestätigten Toten auf 25.105 gestiegen ist. Weitere 8.000 Palästinenser werden vermisst und gelten als tot. Dazu kommen 62.681 Verwundete.

Israelische Soldaten blicken von einem Panzer auf den Gazastreifen, aufgenommen von Südisrael aus am Freitag, dem 19. Januar 2024 [AP Photo/Maya Alleruzzo]

Bei Luft- und Panzerangriffen auf die Stadt Chan Yunis im Süden wurde das Nasser-Krankenhaus getroffen, das seit der Zerstörung des Al-Shifa-Krankenhauses durch israelische Truppen das größte noch funktionsfähige Krankenhaus im Gazastreifen ist. Hani Mahmoud von Al Jazeera berichtete aus Chan Yunis: „Scharfschützen haben auf den Dächern von Hochhäusern Stellung bezogen und schießen auf Menschen in den Straßen. Die Menschen im Krankenhaus können nirgendwo mehr hin... Es gibt Kämpfe von Straße zu Straße und von Haus zu Haus.“

Berichten zufolge gab es auch im Norden des Gazastreifens schwere Bombenangriffe, u.a. auf Gaza-Stadt. In Rafah, nahe der Südgrenze des Gazastreifens zu Ägypten, wurden fünf Menschen bei einem Luftangriff auf ein ziviles Auto getötet.

Die letzte Woche, seit Südafrika beim Internationalen Gerichtshof (IGH) Klage gegen Israel wegen Völkermords eingereicht hat, war laut Euro-Med Monitor eine der bisher blutigsten. Wie die humanitäre Organisation berichtete, haben israelische Streitkräfte in der letzten Woche 1.108 Menschen getötet, darunter 208 Frauen und mindestens 390 Kinder. Von den 1.934 bestätigten Verwundeten durch israelische Angriffe während der letzten Woche waren mindestens 70 Prozent Frauen und Kinder.

Das israelische Regime verfolgt mit seinem völkermörderischen Angriff auf wehrlose Zivilisten das Ziel, die palästinensische Bevölkerung zu vernichten und den Gazastreifen unbewohnbar zu machen. Mehr als ein Prozent der 2,3 Millionen Einwohner von Gaza wurden getötet, mehr als vier Prozent sind entweder tot, verwundet oder vermisst. Mehr als 60 Prozent der Wohngebäude sind laut Berichten der Weltbank und der Times of Israel schwer beschädigt, 45 Prozent sind unbewohnbar. Laut Berichten der Vereinten Nationen leidet mindestens ein Viertel der Bevölkerung von Gaza unter extremem Hunger, und mehr als 85 Prozent sind aus ihren Häusern geflohen.

Palästinenser stehen während der anhaltenden israelischen Boden- und Luftoffensive im Gazastreifen für kostenloses Essen an, 9. Januar 2024 in Rafah [AP Photo/Hatem Ali]

UN-Generalsekretär António Guterres kritisierte den israelischen Angriff am Sonntag bei einem Gipfeltreffen von chinesischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Regierungsvertretern in der ugandischen Hauptstadt Kampala. Er erklärte: „Israels Militäroperationen haben zu Massenvernichtung geführt und Zivilisten in einem Ausmaß getötet, wie ich es in meiner Zeit als Generalsekretär noch nie erlebt habe... Das ist herzzerreißend und völlig inakzeptabel. Der Nahe Osten ist ein Pulverfass. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass der Konflikt auf die gesamte Region übergreift.“

Die imperialistischen Mächte signalisieren jedoch ihre uneingeschränkte Unterstützung für Israels Völkermord in Gaza und liefern Waffen, ohne die Israel seinen Krieg nicht fortsetzen könnte. Letzten Monat berief sich US-Außenminister Antony Blinken auf Notstandsvollmachten, um die Lieferung von 155-Millimeter-Artilleriegranaten aus US-Arsenalen im Wert von 147,5 Millionen Dollar an die israelischen Streitkräfte durchzusetzen, und zwar ohne Bewilligung des Kongresses.

Die deutsche Bundesregierung bewilligte letzte Woche die Lieferung von 10.000 Panzergranaten an Israel, die gegen die Bevölkerung von Gaza zum Einsatz kommen werden, und reichte gleichzeitig einen Schriftsatz beim Internationalen Gerichtshof ein, in dem sie die von Südafrika erhobene Anklage wegen Völkermord verurteilte.

Alle europäischen Großmächte sind in den Völkermord in Gaza verwickelt. Die britische Regierung hat Israel seit 2015 Waffen im Wert von 442 Millionen Pfund verkauft. Frankreich, das Israel jedes Jahr Militärausrüstung im Wert von 20 Millionen Euro verkauft und dessen Präsident Emmanuel Macron Netanjahu nach Beginn des israelischen Angriffs auf Gaza als seinen „Freund“ bejubelte, schickt seinen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zu freundschaftlichen Gesprächen nach Israel.

Allerdings wächst unter den Nato-Mächten die Sorge darüber, dass es die israelischen Truppen trotz ihrer beispiellosen Brutalität nicht geschafft haben, die Hamas-Regierung in Gaza zu zerstören. Das Wall Street Journal zitierte am Sonntag aus US-Geheimdienstinformationen über den Krieg in Gaza und schrieb: „Israelische Truppen haben laut Schätzungen der US-Geheimdienste 20 bis 30 Prozent der Hamas-Kämpfer getötet, was jedoch deutlich hinter Israels Ziel zurückbleibt, die Gruppe zu zerstören. Es zeigt zudem, wie widerstandsfähig die Gruppe auch nach monatelangem Krieg und der Zerstörung von weiten Teilen des Gazastreifens ist.“

Da sich die israelischen Regierungsvertreter der Unterstützung Washingtons und seiner imperialistischen Verbündeten sicher sind, brüsten sie sich damit, dass sie die Appelle der Vereinten Nationen und der ehemaligen Kolonialländer ignorieren und den Krieg verschärfen werden.

Am Wochenende betonten sie erneut ihre Absicht, sämtliche besetzten Palästinensergebiete zu erobern. Netanjahu veröffentlichte am Samstag auf X/Twitter einen Post, in dem er die leeren und zynischen Forderungen von US-Präsident Joe Biden nach einer „Zweistaatenlösung“ des israelisch-palästinensischen Konflikts durch die Schaffung eines palästinensischen Staates zurückwies. Er schrieb: „Ich werde keine Kompromisse bei der vollständigen Kontrolle des israelischen Sicherheitsapparats über das gesamte Gebiet westlich des Jordans eingehen. Das steht im Gegensatz zu einem palästinensischen Staat.“

Ebenfalls am Samstag bombardierten israelische Streitkräfte iranische Truppen in der syrischen Hauptstadt Damaskus, die mit der syrischen Regierung in dem seit 13 Jahren andauernden Krieg für einen Regimewechsel in Syrien verbündet sind. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Mehr News Agency sind unter den Toten der „Geheimdienstchef der Revolutionsgarde für Syrien“ und vier weitere Iraner. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, eine vom Vereinigten Königreich unterstützte Gruppe, die in Syrien aktiv ist, behauptete, bei dem israelischen Angriff seien zwölf Menschen getötet worden, darunter vier Syrer, zwei Libanesen und ein Iraker.

Die Washington Post veröffentlichte am Freitag einen Artikel, in dem sie bestätigte, dass US-amerikanische und israelische Regierungsvertreter intensive Diskussionen über Pläne für einen groß angelegten Angriff auf den Libanon Ende Januar führen. Das Hauptziel dieses Angriffs wäre die mächtige, mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz.

Die Post schrieb: „Laut einem westlichen Diplomaten und drei libanesischen Regierungsvertretern hat Israel Washington Ende Dezember mitgeteilt, dass es den Kampf mit der Hisbollah eskalieren wird, wenn in den nächsten Wochen kein langfristiges Grenzabkommen mit dem Libanon erreicht werden kann... Die mit den Verhandlungen vertrauten Beamten gingen davon aus, dass Israel Ende Januar als Zeitpunkt für ein Abkommen ins Auge fasste.“ Sie zitierte einen „hochrangigen US-Regierungsvertreter“, laut dem „das Zeitfenster für Verhandlungen immer kleiner wird“.

Die Post gab zu, dass nicht die Hisbollah, sondern israelische Regierungsvertreter auf eine militärische Eskalation drängen. Sie zitierte „zwei Vertreter der US-Regierung“, laut denen „die Führung der Hisbollah keinen offenen Krieg mit Israel will“. Allerdings fügte sie hinzu: „Innerhalb des israelischen Verteidigungsestablishments herrscht beträchtliche Unterstützung für einen größeren Kampf gegen die Hisbollah. Hochrangige offizielle Vertreter bezeichneten ihn möglicherweise als entscheidend, um die iranischen Ambitionen in der Region einzudämmen.“

Sie zitierte den ehemaligen stellvertretenden nationalen Sicherheitsberater Israels, Chuck Freilich, der für einen möglichst schnellen und umfassenden Krieg mit dem Libanon plädiert: „Wenn man einen Krieg mit der Hisbollah für unvermeidlich hält, wie viele in Israel das tun, dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um ihn zu beginnen.“

Die Kraft, die die von den imperialistischen Nato-Mächten und dem zionistischen israelischen Regime geplante Eskalation aufhalten kann, ist die internationale Arbeiterklasse. Millionen Menschen haben sich bereits an Massenprotesten gegen den Völkermord in Gaza beteiligt. Massendemonstrationen fanden u.a. in London, New York, Washington DC und in Städten im gesamten Nahen Osten, in Asien, Europa und der Welt statt. Nur die Mobilisierung dieser sozialen Kraft im Kampf gegen den Imperialismus und das zionistische Regime kann den katastrophalen Krieg verhindern, den sie in Gang setzen.

Von besonderer Bedeutung sind die Anzeichen für wachsenden Widerstand der Bevölkerung in Israel selbst. Am Samstag demonstrierten in Tel Aviv Tausende gegen Netanjahus Politik und forderten Neuwahlen.

Auch in Haifa, der drittgrößten Stadt Israels, organisierten mehrere hundert jüdische und arabische Israelis eine Antikriegsveranstaltung, nachdem sie beim Obersten Gerichtshof Einspruch gegen ein polizeiliches Verbot ihrer Demonstration eingelegt hatten. Die Demonstranten protestierten friedlich und riefen: „Weigert euch zu töten, weigert euch zu kämpfen, weigert euch zu morden.“ Dennoch griff die israelische Polizei die Demonstration an und nahm einen Demonstranten fest.

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