Scholz auf Kriegsmission in den USA

Keine 24 Stunden nachdem die Republikaner im US-Senat zusätzliche Militärhilfen für die Ukraine ein weiteres Mal blockiert hatten, flog Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag nach Washington. Scholz ist in Kriegsmission unterwegs. Er will Präsident Joe Biden den Rücken stärken und dafür sorgen, dass der verlustreiche und gefährliche Krieg gegen Russland unter allen Umständen fortgeführt wird.

Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz bei ihrem letzten Treffen in Washington am 3. März 2023 [AP Photo/Susan Walsh]

Einen Tag vor seiner Reise erklärte Scholz in einem Gastbeitrag für das Wall Street Journal: „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um einen Sieg Russlands zu verhindern.“ Direkt an die milliardenschweren Investoren der größten Börse der Welt gewandt, schrieb er: „Wenn Putins Aggression nicht Einhalt geboten wird, würden die langfristigen Konsequenzen und Kosten alle unsere heutigen Investitionen bei Weitem übersteigen.“

Scholz brüstete sich, dass „die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten mit einem Beitrag von über 91 Milliarden US-Dollar seit Kriegsbeginn die größten finanziellen Unterstützer der Ukraine sind, gefolgt von den USA und Deutschland“.

Deutschlands militärische Unterstützung folge an zweiter Stelle nach derjenigen der USA: „Seit Kriegsbeginn hat meine Regierung militärische Ausrüstung einschließlich Panzer, Artillerie und hochwertige Flugabwehrsysteme im Wert von über 30 Milliarden US-Dollar bereitgestellt, beschafft und geliefert.“ Hinzu komme Deutschlands nichtmilitärische Unterstützung, wie die Aufnahme von über einer Million ukrainischer Flüchtlinge, und der deutsche Anteil an der Unterstützung durch die Europäische Union.

Scholz trifft sich in Washington mit Politikern beider Parteien und Wirtschaftsvertretern, um Druck für weitere US-Milliarden für den Ukraine-Krieg zu machen. Diese Arbeit soll in der kommenden Woche auf der Münchner Sicherheitskonferenz fortgesetzt werden, zu der hochrangige US-Regierungsvertreter und rund 70 Kongressmitglieder erwartet werden.

Am Freitagnachmittag führt Scholz dann ein Vieraugengespräch mit Präsident Biden, dem – wie einem ähnlichen Treffen im März 2023 – keine Pressekonferenz folgen soll. Scholz und Biden wollen nicht, dass die Öffentlichkeit erfährt, was sie heimlich vereinbaren.

Scholz‘ Kriegsmission ist moralisch, politisch und juristisch kriminell. Er setzt sich für die Eskalation eines Kriegs ein, der auf ukrainischer wie auf russischer Seite bereits Hunderttausende Soldaten getötet und verkrüppelt hat und Europa nuklear zu vernichten droht.

Den Gedanken an eine Verhandlungslösung oder einen Waffenstillstand deutet Scholz noch nicht einmal an. Wie Hindenburg, Ludendorff, Joffre, Pétain und andere Generäle des Ersten Weltkriegs, die bereit waren, den letzten Mann zu opfern, um ihre imperialistischen Ziele zu erreichen, nimmt die Nato heute jedes Risiko in Kauf, um Russland zu unterwerfen. Nur dass es im Ersten Weltkrieg noch keine Atomwaffen gab!

Scholz behauptet im Wall Street Journal, ein russischer Sieg in der Ukraine würde „das Ende der Ukraine als freier, demokratischer und unabhängiger Staat bedeuten“ und „wäre ein schwerer Schlag gegen die liberale Weltordnung“. Wen will er damit täuschen?

Dass die Ukraine weder frei und demokratisch noch unabhängig ist, beweist allein schon die Tatsache, dass ihr Staatshaushalt und der Krieg vollständig von den Nato-Mächten finanziert werden. Korrupte Oligarchen beherrschen ebenso wie in Russland Wirtschaft und Politik. Die Regierung errichtet Denkmäler für Faschisten und Nazi-Kollaborateure, wie Stepan Bandera. Medien und Parteien, die auch nur die geringste Kritik am Krieg üben, werden verboten und unterdrückt.

Auch im Falle eines militärischen Siegs wäre die Ukraine nicht „frei“. Sie müsste jahrzehntelang Kriegsschulden an internationale Banken zurückzahlen, ihre billigen Rohstoffe und Arbeitskräfte würden von globalen Konzernen ausgebeutet und sie wäre ein militärischer Stützpunkt für die weitere Expansion der Nato nach Osten.

Was die Bedrohung der „liberalen Weltordnung“ betrifft, so steckt in Scholz‘ Aussage ein Kern Wahrheit, wenn man das Wort „liberal“ durch „imperialistisch“ ersetzt. Der Krieg gegen Russland reiht sich in 33 Jahre imperialistischer Kriege ein, mit denen die USA und ihre europäischen Verbündeten nach der Auflösung der Sowjetunion große Teile des mittleren Ostens und Nordafrikas zerstört haben.

Es geht dabei, wie im Ersten und im Zweiten Weltkrieg, um die Neuaufteilung der Welt unter den imperialistischen Großmächten, für deren Wirtschaft das bestehende Nationalstaatensystem zu eng geworden ist. Die USA versuchen den Verlust ihrer wirtschaftlichen Hegemonie durch militärische Gewalt wettzumachen, während Deutschland zu seiner alten Großmachtpolitik zurückkehrt.

Frank-Walter Steinmeier, damals Außenminister und heute Bundespräsident und wie Scholz Mitglied der SPD, hatte bereits 2014 verkündet, Deutschland sei „zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren“. Er war persönlich an der Organisation des Umsturzes beteiligt, der in Kiew im selben Jahr ein Pro-Nato-Regime an die Macht brachte und die Weichen zum derzeitigen Krieg stellte.

Und der Ukrainekonflikt ist nicht der einzige Krieg, in dem Deutschland und die USA eng zusammenarbeiten. Scholz wird mit Biden auch über zwei weitere Themen sprechen, wie es auf der offiziellen Website des Bundeskanzlers heißt: Über die Lage im Nahen Osten und die Zukunft der Nato, die im Juli in Washington ihr 75-jähriges Bestehen feiert.

Washington und Berlin sind die wichtigsten Unterstützer Israels, das ohne ihre militärische, finanzielle und politische Hilfe den Genozid an den Palästinensern in Gaza nicht verüben könnte. Deutschland unterstützt die USA auch dabei, den Krieg gegen den Iran und seine Verbündeten auszuweiten und in der ganzen Region einen Flächenbrand zu entfachen.

Wenige Stunden, bevor Scholz nach Washington flog, stach das größte deutsche Kriegsschiff, die Fregatte „Hessen“, Richtung Rotes Meer in See. Es soll sich an der EU-Militärmission Aspides beteiligen, die bisher weder Brüssel noch der Bundestag endgültig beschlossen haben, und die Bekämpfung der Huthis im Jemen unterstützen. Die Abfahrt wurde bewusst so früh gewählt, um Scholz‘ Position in den USA zu stärken.

Beim Thema Nato geht es vor allem darum, die Zukunft des Militärbündnisses abzusichern. „Offiziell wollen Scholz und Biden bei ihrem Treffen nicht über den ‚Elefanten im Raum‘ sprechen,“ schreibt das Handelsblatt dazu. „Also was passiert, wenn Trump die Wahl gewinnt, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, insbesondere innerhalb des Nato-Bündnisses. Doch wird sich das Gespräch auch um diese Fragen drehen, sagen Insider.“

Sollten die USA ihre Unterstützung für die Ukraine zurückfahren, so das Handelsblatt, „käme auch Scholz eine völlig neue Rolle zu. Alle Augen im westlichen Verteidigungsbündnis würden sich auf den Regierungschef des größten europäischen Landes richten, insbesondere was die Unterstützung der Ukraine anbetrifft.“

Scholz hat bereits deutlich gemacht, dass Deutschland bereit ist, noch wesentlich höhere Summen in den Krieg gegen Russland zu stecken, und andere europäische Regierungen aufgefordert, dasselbe zu tun. In einem Gastbeitrag für die Financial Times schrieb er am 31. Januar: „Wir müssen unsere Entschlossenheit verstärken und unsere Anstrengungen verdoppeln, um sicherzustellen, dass wir unsere Unterstützung so lange aufrechterhalten, wie dies nötig ist.“

Dieser verheerende Kurs kann nur durch eine unabhängige Bewegung der internationalen Arbeiterklasse gestoppt werden, die sich gegen Krieg und seine Ursache, den Kapitalismus, richtet. Die gewaltigen Kosten für Krieg und Aufrüstung werden bei den Ausgaben für Bildung, Gesundheit, Umwelt und Soziales eingespart. Die Arbeiterklasse und die Jugend tragen die Hauptlast des Militarismus – in Form von Lohnsenkungen, Sozialabbau und Entlassungen, als Kanonenfutter und Kriegsopfer. Der Kampf dagegen muss zu einer bewussten sozialistischen Bewegung entwickelt, die Sozialistische Gleichheitspartei und die Vierte Internationale müssen als Partei der internationalen Arbeiterklasse aufgebaut werden.

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