Slowakei: Rechter Sozialdemokrat gewinnt Präsidentschaftswahl

Nach dem Erfolg bei der Parlamentswahl im Oktober hat das Lager um Regierungschef Robert Fico nun auch das Präsidentenamt der Slowakei zurückerobert. Bei der Stichwahl am 6. April setzte sich der regierungsnahe Kandidat Peter Pellegrini mit 53 Prozent deutlich gegen seinen Kontrahenten aus dem liberalen Lager durch.

Ficos SMER, die der sozialdemokratischen Sozialistischen Internationale angehört, aber teilweise rechtspopulistische Standpunkte vertritt, hatte die Macht 2018 nach Massenprotesten gegen die brutale Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten verloren.

Peter Pellegrini [Photo by Xavier Lejeune / EU / CC BY 4.0]

Pellegrinis Wahlerfolg ist ein verzerrter Ausdruck der weitverbreiteten Ablehnung des Kriegs gegen Russland, den die führenden EU-Mächte stetig weiter eskalieren. Bei einer mit 61 Prozent ungewohnt hohen Wahlbeteiligung stimmten 1,4 Millionen Slowaken für Pellegrini. Nur der erste direkt gewählte slowakische Präsident Rudolf Schuster hatte 1999 mehr Stimmen erhalten.

Der Präsident hat in der Slowakei überwiegend repräsentative Aufgaben. Allerdings kann er das Kabinett nach seinen Vorstellungen einsetzen, wie es die derzeitige Präsidentin Zuzana Čaputová nach dem Sturz der Regierung Eduard Hegers im letzten Jahr getan hatte.

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl im März gewann der unabhängige Ivan Korčok mit rund 42 Prozent. Pellegrini kam auf 37 Prozent. Korčok, der für die rechts-liberalen Oppositionsparteien antrat, hatte im Wahlkampf versprochen, ein Gegengewicht zur Regierung von Ministerpräsident Robert Fico zu bilden. Politisch steht der ehemalige Außenminister strikt auf Seiten der Europäischen Union. Korčok tritt für eine massive Eskalation des Kriegs gegen Russland in der Ukraine ein.

Dieser Krieg ist in der slowakischen Bevölkerung zutiefst unpopulär. Im Verlauf des Krieges stieg die Inflation astronomisch an. Noch Ende des letzten Jahres lag die Teuerung bei Lebensmitteln bei über 30 Prozent. Vor allem im von Armut und Arbeitslosigkeit gebeutelten Osten des Landes sind die Auswirkungen zu spüren. In allen Grenzregionen zur Ukraine lag Pellegrini weit vor den anderen Kandidaten.

Auch das Ergebnis des rechtsextremen ehemaligen Justizministers Stefan Harabin, der die NATO ablehnt und als ausgesprochen prorussisch gilt, sind ein verzerrter Ausdruck der Opposition gegen den Kriegskurs. Harabin erzielte im ersten Wahlgang über 11 Prozent der Stimmen, obwohl er als ehemaliger Weggefährte Ficos diskreditiert ist.

Pellegrini trat im Wahlkampf bewusst als Gegner des Ukraine-Kriegs auf und vermischte dies mit nationalistischen Parolen. „Ich werde niemals erlauben, dass die Slowakei in einen Krieg hineingezogen wird,“ erklärte er auf Facebook. Er versprach, dass unter seiner Präsidentschaft keine Soldaten in die Ukraine geschickt würden. „Die Slowakei wird für mich immer an erster Stelle stehen,“ so Pellegrini.

Der Wahlsieg Pellegrinis stieß in Deutschland und der Europäischen Union auf Empörung. Die Kriegstreiber in Berlin und Brüssel sind nur so lange für „Demokratie“, wie die Wähler ihnen genehme Kandidaten wählen.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warf Pellegrini und Fico vor, sie sympathisierten offen mit Wladimir Putin. Das sei ebenso wenig vereinbar mit der Mitgliedschaft in der EU, wie die Haltung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, der „das trojanische Pferd Putins in der EU“ sei. „Die EU darf und kann das nicht weiter tolerieren“, sagte Röttgen der Funke Mediengruppe. Wer sich auf die Seite des Aggressors stelle, gehöre nicht in die EU.

Der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter, ein notorischer Kriegstreiber, verlangte, „dass die slowakische Regierung ein deutliches Warnsignal aus Berlin und Brüssel erhält“. Wenn Fico und Pellegrini „die Axt an den slowakischen Rechtsstaat setzen und der Korruption Tür und Tor öffnen, darf kein Geld mehr aus EU-Töpfen fließen“.

Figuren wie Röttgen und Hofreiter wissen natürlich, dass Pellegrini und Fico in ihrer Opposition gegen die EU nicht zu weit gehen. Wirtschaftlich ist das Land, ebenso wie Ungarn, auf die EU angewiesen. Sie reagieren derart aggressiv, weil ihr Kriegskurs in der Bevölkerung auf breiten Widerstand trifft. Sie verlangen, dass auch die slowakische Regierung diesen Widerstand mit aller Härte unterdrückt, anstatt sich daran anzupassen.

Pellegrini ist nämlich alles andere als ein Gegner des Krieges. Seine Partei Hlas regiert seit Oktober letzten Jahres gemeinsam mit Ficos Smer und der rechtsradikalen SNS. Fico hatte die Parlamentswahl mit dem Versprechen gewonnen, „keine Patrone“ an die Ukraine zu liefern und für Friedensverhandlungen mit Russland einzutreten.

Doch dies waren nur leere Worte. Seine Anti-Kriegs-Rhetorik diente lediglich der Verschleierung seiner extrem rechten Politik, die bisher in der EU größtenteils mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen wurde.

Bei einem Treffen mit dem ukrainischen Regierungschef Denys Shmyhal vergangene Woche in Bratislava erklärte Fico seine ungeteilte Unterstützung für den Nachbarn. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte er: „Russlands Einsatz militärischer Gewalt in der Ukraine war ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht.“ Er fügte hinzu, dass die Ukraine Hilfe und Solidarität benötige. „Wir sind hier, um zu helfen.“

Shmyhal bestätigte die politische Übereinstimmung. Er würdigte das „konstruktive Treffen“. Die Slowakei stehe „sehr entschieden auf der Seite der Ukraine“ und verurteile die russische Aggression.

Obwohl er im Wahlkampf versprochen hatte, dass „keine einzige Kugel“ die Grenze passieren werde, versprach Fico auch weitere Waffenlieferungen von slowakischen Unternehmen. Er stimmte sogar stillschweigend einer Zusammenarbeit bei der Waffenproduktion zu. Außerdem sollen slowakische Unternehmen beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur in der Ukraine zum Zuge kommen, und man plane eine direkte Zugverbindung zwischen der ostslowakischen Großstadt Košice und der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

Auch Pellegrini bemühte sich nach seinem Wahlsieg sofort, alle Bedenken zu zerstreuen, man werde sich gegen den politischen Willen Brüssels und Berlins stellen. Man stehe fest zur Nato und zur EU.

Der 48-Jährige ist ein politischer Zögling Ficos und war von 2018 bis 2020 zwei Jahre lang Ministerpräsident. Die Spaltung seiner Partei Hlas von der Smer war nicht auf politische Differenzen zurückzuführen. Nachdem Fico unter Korruptionsverdacht geraten war und nach dem Mord an Kuciak zurücktreten musste, spaltete sich Pellegrini 2020 mit seiner Partei ab, weil er sich bessere Chancen ausrechnete.

Fico und Pellegrini vertreten beide eine extrem rechte Politik gegen Flüchtlinge und Migranten und treten für eine massive innere und äußere Aufrüstung ein, die durch drastische Sparmaßnahmen finanziert werden soll. Zu diesem Zweck sollen im Öffentlichen Dienst des Landes 30 Prozent der Kosten eingespart werden. Zudem soll es empfindliche Steuererhöhungen geben. Das Haushaltsdefizit des Landes steigt in diesem Jahr vermutlich auf 6,3 Prozent.

Um die Opposition im eigenen Land zu unterdrücken, hat die Regierung nach ungarischem Vorbild weitgehende Angriffe auf die Pressefreiheit und das Justizsystem eingeleitet. Fico hat bereits die Führungskräfte der Polizei und anderer Behörden ausgetauscht. Ebenso versucht er, die vollständige Kontrolle über die staatlichen Medien zu erlangen und kritische Medien zu unterdrücken.

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