Argentinien: Faschist Milei lässt Parteizentrale der Partido Obrero durchsuchen

Die Durchsuchung der Parteizentrale der Partido Obrero (PO, Arbeiterpartei) in Buenos Aires am Montag durch die argentinische Bundespolizei (Policia Federal) war ein offener Akt politischer Unterdrückung seitens der Regierung des faschistischen Präsidenten Javier Milei.

Die militarisierte argentinische Bundespolizei [Photo by Victor Pileggi / CC BY 4.0]

Bereits letzten Monat hatten 27 Razzien und eine massive Überwachungsoperation gegen als „Piqueteros“ bezeichnete Protestorganisationen stattgefunden. Angeblich ging es dabei um die Sammlung von Beweisen für Nötigung und andere fingierte Vorwürfe.

Die World Socialist Web Site verurteilt diese Razzien und ruft die Arbeiter in Argentinien und international auf, aktiv gegen die staatliche Verfolgung der PO und der Piqueteros Widerstand zu leisten. Dies gilt ungeachtet unserer politischen Differenzen mit der PO, über die wir ausführlich geschrieben haben.

Das Vorgehen der Polizei gegen die Parteizentrale der PO und andere Organisationen zielt darauf ab, künftige Proteste einzuschüchtern und einen juristischen und politischen Präzedenzfall für die massive Unterdrückung jeglichen Widerstands der Arbeiterklasse zu schaffen. Das hat weitreichende globale Auswirkungen.

Bereits am 10. April waren Polizei und Gendarmerie mit Massenverhaftungen, Knüppeln, Tränengas, Gummigeschossen und Wasserwerfern gegen eine von den Piqueteros organisierte friedliche Demonstration von Arbeitern und Jugendlichen vorgegangen, die Lebensmittellieferungen für Suppenküchen forderten.

Die argentinische herrschende Klasse betrachtet ihren offenen Kurswechsel zur Errichtung einer faschistischen Diktatur als Voraussetzung für die Umsetzung der äußerst unpopulären Kürzungs- und Verarmungspolitik, die Milei plant. Diese Maßnahmen wurden vom Internationalen Währungsfonds (IWF), Bidens Finanzministerin Janet Yellen, Elon Musk und anderen Vertretern der kapitalistischen Oligarchie auf der ganzen Welt als vorbildlich gepriesen.

Eine solche Wirtschaftspolitik gilt in den Zentren der Finanz- und Wirtschaftsmächte als unverzichtbar, um aus der Arbeiterklasse weltweit die Profite herauszupressen, die notwendig sind angesichts der unhaltbaren Berge von fiktivem Kapital und Schulden, die über Jahrzehnte angehäuft wurden. Zudem soll auf diese Weise der sich rapide anbahnende dritte Weltkrieg und der erneute Wettlauf der Großmächte um Märkte, Rohstoffe und billige Arbeitskräfte finanziert werden.

Milei selbst hat die wirtschaftliche Schocktherapie und die massive Unterdrückung linker Organisationen unter den faschistischen, von den USA unterstützten Diktaturen von General Jorge Rafael Videla in Argentinien, und von General Augusto Pinochet in Chile verteidigt.

Die Piquetero-Organisationen, gegen die sich sein Vorgehen richtet, sind Polo Obrero (Arbeiterpol), ein Flügel der PO; die peronistische Barrios de Pie (Stadtviertel stehen auf); und die Frente de Organisaciones en Lucha (Front der Kampforganisationen, FOL)

Die Piqueteros entstanden Ende der 1990er Jahre in den großen marginalisierten Vorstädten. Sie verbinden die Verwaltung von staatlichen Sozialprogrammen, Suppenküchen und Berufsausbildungen mit häufigen Kundgebungen und Straßensperren, bei denen sie mehr Geld für Arbeitslose sowie informell und prekär Beschäftigte fordern.

Die Razzien sind Teil eines Verfahrens, das Sicherheitsministerin Patricia Bullrich im Dezember kurz nach Mileis Amtseinführung und dem gesetzlichen Verbot von Straßensperren, Streikposten und anderen Protestformen eingeführt hatte.

Die Regierung behauptet ohne jegliche Beweise, sie habe „Tausende von Anrufen“ von Empfängern des Arbeitsförderungsprogramms „Promoting Work“, des wichtigsten staatlichen Hilfsprogramms für Arbeitslose und prekär Beschäftigte erhalten. Die Anrufer sollen behauptet haben, die „Hilfsorganisationen“ hätten gedroht, ihnen die Zahlung von Leistungen vorzuenthalten, um sie zur Teilnahme an Demonstrationen zu zwingen. In Wirklichkeit wird diese Art von Nötigung von der Regierung praktiziert, um die Hilfeempfänger von der Teilnahme an Protesten abzuhalten.

Dennoch erlaubte ein Bundesgericht der Regierung, monatelang die Telefone der Anführer der Gruppen abzuhören, sie von Agenten überwachen zu lassen und ihre Geschäftsräume zu durchsuchen.

Die Gruppe Polo Obrero betont, sie sei Opfer politischer Vergeltungsmaßnahmen, weil sie letzten Dezember die erste Demonstration gegen Bullrichs offen verfassungswidrige und diktatorische Gesetze gegen Streiks und Proteste organisiert hat.

Der PO-Abgeordnete Guillermo Kane aus Buenos Aires erklärte gegenüber Somos Télam: „Das ist eine schlecht getarnte politische Verfolgung. Zunächst war die Rede von einer unrechtmäßigen Beitragserhebung im Rahmen der Organisation Polo Obrero und anderer Piquetero-Gruppen. Dann ging es um die Abrechnung der Subventionen, die die Genossenschaften von der Vorgängerregierung erhalten hatten, und jetzt stürmen sie den Sitz der Partido Obrero, einer Partei mit jahrzehntelanger Geschichte, die allen, die sich für das politische Leben des Landes interessieren, bekannt ist.'

Im Vorfeld der Razzia bei der PO hatte ein Bundesrichter eine Voruntersuchung gegen PO-Parteichef Eduardo Belliboni eingeleitet. Ihm wurde vorgeworfen, seine Organisation habe Quittungen gefälscht und staatliche Gelder, die für das Programm der Arbeitsförderung vorgesehen waren, zur Finanzierung der Partei verwendet.

Die PO kündigte an, sie werde vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte, dem juristischen Arm der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), eine formelle Klage wegen politischer Verfolgung durch die Milei-Regierung einreichen.

Die Behauptung, die ärmsten Schichten der Arbeiterklasse müssten bestochen oder erpresst werden, um an Protesten teilzunehmen, ist im derzeitigen Kontext geradezu lächerlich. Immerhin droht die Regierung vor dem Hintergrund einer Rezession, dem Verlust von hunderttausenden Arbeitsplätzen, einer Inflation von fast 300 Prozent und der anhaltenden Corona-Pandemie mit der Einstellung überlebensnotwendiger Sozialprogramme.

Die Katholische Universität Argentiniens (UCA) schätzte auf der Grundlage von Daten bis Ende Januar, dass die Armutsquote landesweit 57,4 Prozent beträgt, während die Quote für Sozialhilfeempfänger bei 85,5 Prozent liegt – und dass die Situation sich seitdem drastisch verschlechtert hat. Sie stellte außerdem fest, dass 32 Prozent der Kinder unter Ernährungsunsicherheit leiden.

Milei hat das Sozialministerium aufgelöst, das für diese Programme zuständig war, und das Arbeitsförderungsprogramm gestrichen, von dem 1,5 Millionen Menschen abhängig waren. Als Ersatz hat er zwei minimale Programme eingeführt, von denen die Sozialorganisationen der Piqueteros gänzlich ausgeschlossen sind. Dies bedeutete den Ausschluss von Zehntausenden von Leistungsempfängern und die Begrenzung der Leistung auf lächerliche 78.000 Pesos (86 US-Dollar) pro Monat, die nicht einmal an die Inflation angepasst werden.

Die Regierung hat außerdem die Belieferung von mehr als 50.000 Suppenküchen verschiedener Hilfsorganisationen in den ärmsten Stadtvierteln mit Lebensmitteln eingestellt. Stattdessen hortet sie 5.000 Tonnen Nahrungsmittel in Lagerhäusern, während Millionen hungern.

Die Ähnlichkeiten mit der Blockade von Hilfslieferungen an die hungernden Palästinenser im Gazastreifen im Rahmen des amerikanisch- israelischen Völkermordes haben objektive Bedeutung. Die herrschenden Eliten auf der ganzen Welt normalisieren Massensterben und Hunger, auch in völkermörderischem Ausmaß, sowie faschistische Herrschaftsformen als Methoden der Klassenkriegsführung und zur Durchsetzung geopolitischer Ziele.

Milei war persönlich nach Israel gereist, um den Völkermord zu unterstützen. Er ist verantwortlich für eine deutliche Verschärfung der Kürzungspolitik und die Hinwendung zur Diktatur. Sein Wahlsieg letztes Jahr war hauptsächlich eine Abfuhr an die arbeiterfeindliche Politik seiner peronistischen Vorgängerregierung. Jeder Versuch, die sozialen und demokratischen Rechte zu schützen durch eine Orientierung auf andere kapitalistische Institutionen wie die peronistischen Parteien, einschließlich derjenigen, welche die größten Piquetero-Gruppen anführen, würde die Arbeiterklasse politisch entwaffnen.

Der Zusammenbruch demokratischer Herrschaftsformen in Argentinien und im Rest der Welt bestätigt die Warnungen und die Perspektive, welche die World Socialist Web Site in ihrer Neujahrserklärung dargelegt hatte:

Alles Gerede über die Verteidigung der Demokratie und den Kampf gegen den Faschismus ist zynische und politisch impotente Demagogie, solange die grundlegende Frage der Klassen und der wirtschaftlichen Macht – und damit der Notwendigkeit, die Arbeiterklasse auf globaler Ebene für den Sturz des Kapitalismus zu mobilisieren –ignoriert wird. Der Reichtum der Milliardäre muss enteignet werden, und die gigantischen Konzerne müssen ohne Entschädigung der Großaktionäre in demokratisch kontrollierte Betriebe umgewandelt werden, die auf der Grundlage sozialer Bedürfnisse und nicht des privaten Profits geführt werden. Die antidemokratischen Institutionen und Repressionsorgane des kapitalistischen Staates (Militär, Polizei und Geheimdienste) müssen abgeschafft und durch Organisationen der Arbeiterkontrolle und -macht ersetzt werden, um eine demokratische und geplante Wirtschaft im Weltmaßstab zu errichten.

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