In britischen Städten und Gemeinden ist es zu mehrtägigen Ausschreitungen rechtsextremer Kräfte gekommen. Der Vorwand war, dass am vergangenen Montag (29. Juli) in Southport drei Kinder erstochen wurden. Asiatische Arbeiter wurden verprügelt, Moscheen angegriffen und Asylbewerberheime von Mobs belagert, die Parolen gegen Immigranten und Muslime skandierten.
Am Dienstag nach der Tat reisten Hunderte von Faschisten nach Southport, belagerten die Stadt und attackierten eine örtliche Moschee. Um Stimmung gegen Immigranten zu schüren, behaupteten die Faschisten, ein muslimischer Immigrant habe die drei Kinder getötet und weitere verletzt. Später wurde bekannt, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um Axel Rudakubana handelt, einen in Cardiff (Wales) geborenen 17-jährigen Christen, dessen Eltern aus Ruanda eingewandert sind.
Der mit dem Fall befasste Vorsitzende Richter Andrew Menary erklärte, wenn der Name des Beschuldigten unbekannt geblieben wäre, hätten „andere mit bösen Absichten weiterhin in einem Vakuum Desinformationen verbreiten können“. Rudakubana befindet sich in Jugendarrest. Er ist wegen dreifachen Mordes, zehnfachen versuchten Mordes und des Besitzes eines Messers angeklagt.
Am Mittwoch randalierten mehrere tausend Faschisten in London vor dem Wohnsitz des Premierministers in der Downing Street unter dem Motto „Genug ist genug“. Sie skandierten u. a. „Rule Britannia“, „Stoppt die Boote“ und, an die Adresse der Polizei: „Ihr seid nicht mehr englisch.“
Auch in Hartlepool, Manchester und Aldershot zogen Rechtsextreme durch die Straßen. In Aldershot marschierten 200 Faschisten auf. In Manchester waren es nur 40 Personen, die Hotels umstellten, in denen Asylsuchende untergebracht sind; in Hartlepool wurde eine Moschee angegriffen. Auf den Plakaten war u.a. zu lesen „Unterstützt sie nicht, schiebt sie ab“ oder „Keine Wohnungen für Illegale“.
Die Ausschreitungen der Faschisten, die auch Polizisten angriffen, wurden überwiegend mit Nachsicht behandelt, obwohl die Polizei über umfangreiche Befugnisse verfügt, solche Proteste aufzulösen. Bisher wurden nach den Randalen in Southport nur neun Personen verhaftet, in Hartlepool acht und in Manchester zwei. In Aldershot wurde niemand festgenommen, stattdessen veröffentlichte die Polizei Fotos von sieben Personen aus dem Mob, die befragt werden sollen.
Die einzige Ausnahme war London, wo 111 Personen verhaftet wurden, nachdem laut Angaben der Polizei „Flaschen, Fackeln und andere Gegenstände auf Beamte geworfen wurden. Fünf Polizisten wurden verletzt: Einer unserer Kollegen wurde auf die Brust geschlagen, einer bekam einen Ellenbogen gegen den Kopf, einer einen Tritt in den Rücken, einem wurde gegen das Handgelenk getreten, und ein anderer wurde mehrfach getreten, alle erlitten Verletzungen.“
Einer derjenigen, die wegen Waffenbesitzes verhaftet wurden, hatte sieben Messer, eine Schleuder mit Munition und einen Nunchaku bei sich.
Im Vorfeld der Demonstrationen hatte die Londoner Metropolitan Police Auflagen nach dem Gesetz über die öffentliche Ordnung (Public Order Act) verhängt. 60 Personen wurden verhaftet, weil sie sich nicht an die Beschränkungen gehalten hatten.
Für das Wochenende wurden 35 rechtsextreme Demonstrationen angekündigt. Mindestens 19 haben stattgefunden, darunter in London, Liverpool, Glasgow, Lancaster, Blackburn, Newcastle, Birmingham, Sunderland, Dover, Middlesborough, Leeds und Hull. Moscheen haben bekannt gegeben, dass sie ihre Sicherheitsmaßnahmen verschärfen.
Als Reaktion auf die Unruhen berief Labour-Premierminister Sir Keir Starmer am Donnerstag eine Pressekonferenz ein, um die Gründung einer neuen nationalen Polizeieinheit bekanntzugeben, die „gegen gewaltsame Unruhen vorgehen soll“.
Starmer erklärte: „Ich habe mich gerade mit hochrangigen Polizei- und Strafverfolgungsbeamten getroffen... wir werden eine nationale, übergreifende Polizei-Einheit aufbauen, um gegen gewaltsame Unruhen vorzugehen. Diese Gangster sind mobil. Sie ziehen von einer Gemeinde zur nächsten. Und wir brauchen eine Polizei, die auf gleiche Weise reagieren kann.“
Die Einheit hätte Zugang zu „gemeinsamen nachrichtendienstlichen Informationen“, außerdem gebe es „einen umfassenderen Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie“.
Dass alle diese Befugnisse in künftigen Kämpfen gegen die Arbeiterklasse eingesetzt würden, war in Starmers Erklärung implizit enthalten. Starmer erklärte, das Treffen mit den Polizeichefs sei „eine Reaktion sowohl auf die unmittelbare Bedrohung, die eindeutig von rechtsextremem Hass getrieben wird. Aber auch auf alle gewaltsamen Unruhen, unabhängig von der augenscheinlichen Ursache oder Motivation. Wir machen keine Unterschiede. Verbrechen ist Verbrechen.“
Labour-Abgeordnete haben sich an der Hexenjagd beteiligt, die in Politik und Medien gegen die Proteste betrieben wird, die sich gegen den Völkermord Israels an den Palästinensern richten. Sie haben diese Proteste als „Hassmärsche“ verurteilt und die Teilnehmer als Antisemiten verleumdet. Teilnehmer der Umweltproteste Just Stop Oil wurden bespitzelt und zu Haftstrafen zwischen einem und fünf Jahren verurteilt.
Hinzu kommt, dass der Premierminister, der die neuen Polizeimaßnahmen ankündigt, einen Krieg gegen Russland führen will, den Völkermord in Gaza unterstützt und im Namen der „wirtschaftsfreundlichsten“ Regierung der Geschichte, die mit erklärten Bewunderern Margaret Thatchers besetzt ist, einen brutalen Sparkurs durchsetzt.
Die Arbeiterklasse muss Starmers Law-and-Order-Kurs zurückweisen und die Immigranten und Asylbewerber verteidigen. Dies muss unabhängig von der Labour Party und dem gesamten staatlichen Unterdrückungsapparat organisiert werden, den Starmer deshalb aufrüstet, weil es seine Regierung absehbar mit Millionen wütenden Arbeitern aufnehmen muss.
Starmers Behauptung, rechtsextreme Ausschreitungen seien dem etablierten Politikbetrieb fremd, ist eine Lüge. Die Faschisten können nur deshalb mobilmachen und ihren Schmutz verbreiten, weil nach 15 Jahren brutaler Sozialkürzungen so viele Menschen ins Elend gestürzt wurden und unter Bedingungen auswegloser sozialer Ungleichheit ein leicht entflammbarer Bodensatz der Gesellschaft entstanden ist.
Die Faschisten sind zwar zahlenmäßig schwach, werden jedoch vor allem durch die vergiftete politische und kulturelle Atmosphäre gestärkt, in der bösartige immigrantenfeindliche Stimmungen geschürt werden. Sie ist seit Jahren zentraler Bestandteil der politischen Agenda beider Parteien der herrschenden Klasse – von Labour und den Konservativen.
Besonders die Islamfeindlichkeit wird seit Jahrzehnten geschürt. Eine zentrale Rolle spielten dabei die Labour-Regierung von Tony Blair sowie die Bush-Regierung im Rahmen des so genannten „Kriegs gegen den Terror“, der mit dem illegalen Krieg gegen den Irak einherging. Labour verabschiedete Gesetze wie „Prevent“, die Muslime dämonisieren.
Im Wahljahr 2015 versprach Labour unter Ed Miliband eine Politik zur „Kontrolle der Einwanderung“ (eingraviert auf dem „EdStone“, einer 2,5 m hohen Steintafel) sowie die Einstellung von zusätzlichen 1.000 Grenzschutzbeamten.
Labour reagierte damit auf die damalige konservative Innenministerin und spätere Premierministerin Theresa May, die im Jahr 2012 erklärt hatte: „Das Ziel ist es, hier im Vereinigten Königreich ein wirklich feindseliges Umfeld für illegale Immigranten zu schaffen.“ Zu diesem Zweck hatte sie in Städten mit großem Immigrantenanteil Busse herumfahren lassen, auf denen die Drohung stand: „Illegal im Vereinigten Königreich? Geht nach Hause, oder ihr werdet verhaftet.“
Im Jahr 2017 betonte die Labour Party – unter ihrem nominell „linken“ Parteichef Jeremy Corbyn – in ihrem Wahlprogramm: „Labour glaubt an faire Regeln und eine vernünftige Steuerung der Zuwanderung.“
Starmer übernahm das Amt des Regierungschefs auf der Grundlage eines Manifests, auf dem der Union Jack prangte und das eine Regierung versprach, die auf dem Grundsatz basiert: „Zuerst das Land, dann die Partei“. Labour und die Tories wetteiferten darum, wer am härtesten auftritt, um „die Boote zu stoppen“, in denen verzweifelte Asylsuchende über den Ärmelkanal die gefährliche Fahrt nach Großbritannien wagen.
Innerhalb von 48 Stunden nach ihrer Amtsübernahme setzte Innenministerin Yvette Cooper die Zusagen des Wahlprogramms in die Tat um, ein Border Security Command im Stil der Gestapo aufzubauen und eine „Rückführungs- und Vollstreckungseinheit mit zusätzlichen 1.000 Stellen zu gründen, um Menschen, die kein Recht haben zu bleiben, schnell in sichere Länder abzuschieben“.
Zudem hat Labour angekündigt, die vorübergehende Unterbringung von Asylsuchenden in Hotels zu beenden, wie es die extreme Rechte seit langem fordert.
Während Faschisten randalieren, gegen Immigranten hetzen und ihre Abschiebung fordern, hat Cooper am 20. Juli „für den Sommer massive Razzien gegen illegale Immigranten“ angekündigt, an denen mehr als 1.000 Beamte der „Immigrant Enforcement“ des Innenministeriums beteiligt sein werden.