Die Amtseinführung von Donald Trump wird als obszönes faschistisches Spektakel in die Geschichte eingehen. Der neue Präsident ließ eine abscheuliche Hasstirade los gegen die scheidende Regierung, gegen Zugewanderte, gegen weite Teile der US-Bevölkerung, die er als Feinde betrachtet, gegen die Menschen in Lateinamerika und schließlich gegen die Weltbevölkerung außerhalb der westlichen Hemisphäre.
In einem grotesken Beispiel dafür, wie das Leben die politische Fiktion imitiert, erschien Trump selbst als die Inkarnation von Präsident Buzz Windrip, dem brutalen Medienbetrüger und Demagogen, den sich der große amerikanische Schriftsteller Sinclair Lewis in seinem antifaschistischen Roman „It Can't Happen Here“ vorgestellt hatte.
Lewis' dystopischer Roman wurde 1935 veröffentlicht und war als Warnung vor dem Aufkommen des Faschismus in den Vereinigten Staaten gedacht. Zur Verteidigung eines krisengeschüttelten Kapitalismus und im Streben nach Profiten und unbegrenztem Reichtum würde die amerikanische herrschende Klasse ihre eigene nationale Version des deutschen Hitler an die Macht bringen. Neunzig Jahre später hat die groteske Amtseinführungszeremonie vom 20. Januar 2025 die Warnung von Lewis bestätigt.
Trump hat nicht versucht, die faschistische Inspiration seiner Antrittsrede zu verbergen. Die Rede lehnte sich in Ton und Inhalt ausdrücklich an die erste Rundfunkansprache an, die Hitler am 1. Februar 1933 gehalten hatte, zwei Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler. In seiner Rede prangerte Hitler die Weimarer Republik und ihre Führer an, denen er vorwarf, das mythische deutsche „Volk“ zu verraten. Alle Verräter würden hinweggefegt, und Deutschland würde wieder groß werden.
Trump hat sich Hitlers Perspektive des „Tausendjährigen Reiches“ zu eigen gemacht und sie in sein gelobtes „Goldenen Zeitalter“ Amerikas überführt. „Golden“ wird dies allerdings nur für Trump und die anderen milliardenschweren Oligarchen sein, die bei seiner Amtseinführung anwesend waren, darunter Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg, die drei reichsten Amerikaner. Zu ihnen gesellten sich Trumps internationale faschistische Verbündete wie Italiens Premierministerin Giorgia Meloni und Argentiniens Präsident Javier Milei.
Ehemalige und gegenwärtige Repräsentanten der Demokratischen Partei, darunter der scheidende US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris, die ehemaligen Präsidenten Clinton und Obama sowie führende Kongressabgeordnete wie Charles Schumer, Bernie Sanders und Hakeem Jeffries nahmen ebenfalls an der Feier teil. Sie hörten still und respektvoll zu, als Trump sie öffentlich beschimpfte. Keiner von ihnen hatte den politischen Mut, geschweige denn ein Gespür für Geschichte und ein Bekenntnis zu den demokratischen Grundsätzen, um die Sitzung zu verlassen und die Amtsübernahme eines faschistischen Präsidenten öffentlich anzuprangern. Stattdessen beglückwünschen sie sich selbst zur „friedlichen Machtübergabe“ an die reaktionärste Regierung in der amerikanischen Geschichte.
Trump bekräftigte seine Pläne für den amerikanischen Expansionismus und sagte, seine Regierung werde den Panamakanal „zurückerobern“. Er kündigte einen Erlass an, mit dem kriminelle Banden in Mexiko, El Salvador und Venezuela als „ausländische terroristische Organisationen“ eingestuft werden – ein Status ähnlich dem von ISIS und Al-Qaida, der eine pseudo-legale Rechtfertigung für US-Angriffe auf diese Länder bieten würde.
Trump würdigte die Verdienste von Präsident William McKinley (1897-1901), der im Spanisch-Amerikanischen Krieg Kuba, Puerto Rico, Guam und die Philippinen erobert hatte, und versprach, den Denali in Alaska, den höchsten Berg Nordamerikas, wieder nach McKinley zu benennen. Er rief auch dazu auf, den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umzubenennen, während er seine Forderungen der letzten Wochen nach der Übernahme Grönlands durch die USA und der Annexion Kanadas als 51.Staat unausgesprochen (aber eindeutig implizit stehen) ließ.
Trump kündigte an, er werde unverzüglich einen Erlass unterzeichnen, mit der er den „nationalen Notstand“ an der Grenze zwischen den USA und Mexiko ausrufen und das Militär einsetzen werde, um das abzuwehren, was er wiederholt als „Invasion“ der Vereinigten Staaten durch einen ausländischen Feind bezeichnet hat. Dies ist Teil eines Pakets migrantenfeindlicher Erlasse, zu denen u.a. die Wiedereinführung der völkerrechtswidrigen Politik namens „Verbleib in Mexiko“ gehört, bei der alle Asylbewerber ausgewiesen werden. Zudem soll der Polizei- und Militärapparat aufgestockt werden, um eine Serie von Razzien in Vierteln und Betrieben mit hohem Anteil an Zugewanderten vorzunehmen. Im Wahlkampf wurde ein striktes Vorgehen gegen Millionen Menschen angekündigt, die in den USA leben und arbeiten.
Dieser Angriff auf die demokratischen Rechte wird sich bald auf die gesamte Arbeiterklasse ausweiten, und sich neben den zugewanderten Menschen auch gegen lang Ansässige richten. Trump versucht, jegliche Opposition und erst recht jeden Widerstand gegen sein umfassendes Programm zum Abbau von Sozialleistungen zu unterbinden. Letzteres ist wichtig, um eine Verlängerung seiner 2017 beschlossenen Steuersenkungen für Reiche - die dieses Jahr auslaufen - wie auch eine weitere massive Ausweitung des US-Militärapparats zu finanzieren.
Trump hat verlautbart, dass er den Alien Enemies Act, eine berüchtigte Maßnahme aus dem Jahr 1798, als Grundlage für seine Pläne für Massenverhaftungen und Deportationen nutzen wird. Demnach würden Millionen Zugewanderte, die vor Krieg und Armut fliehen, als Invasionsarmee betrachtet. Das Gesetz wurde zuletzt während des Zweiten Weltkriegs angewandt, um die demokratischen Rechte der deutschen, italienischen und japanischen Einwanderer in den Vereinigten Staaten zu verletzen. Im Rahmen des Gesetzes wurden diese Personen je nach Grad der Bedrohung registriert, überwacht, umgesiedelt oder interniert.
Ziel ist es, Migranten-Communities zu terrorisieren und die Arbeiterklasse zu spalten, um so die Voraussetzungen für weitere Repressionen gegen jegliche Opposition zu schaffen.
Der diktatorische Charakter dieses Programms ist der Subtext von Trumps expliziter messianischer Selbstbeschreibung: Er behauptet, er sei im letzten Sommer der Kugel eines Attentäters entkommen, weil er „von Gott gerettet wurde, um Amerika wieder groß zu machen“. Der Prunk und die Zeremonie der Amtseinführung waren durchdrungen von religiöser und militaristischer Rhetorik und Symbolik, passend zur Darstellung Trumps als christlicher Nationalist, der von Gott auserwählt wurde.
Trump verkündete sogar das „Manifest Destiny“ (wörtlich etwa „offenkundige Bestimmung“) der Vereinigten Staaten, die ersten Astronauten zum Mars zu schicken und die amerikanische Flagge auf einem anderen Planeten zu hissen. Es besteht kein Zweifel daran, dass Regierungen in der ganzen Welt diese Sprache zur Kenntnis nehmen werden, insbesondere in Lateinamerika und Kanada.
Der Begriff „Manifest Destiny“ suggeriert ein gottgegebenes Recht der Vereinigten Staaten, auf Kosten der schwächeren Nachbarn zu expandieren. Es wurde erstmals von der Demokratischen Partei, die damals von den Sklavenhaltern des Südens dominiert wurde, bei den Wahlen von 1844 propagiert. „Manifest Destiny“ war die Rechtfertigung für eine aggressive Haltung der USA im Grenzstreit mit Kanada im pazifischen Nordwesten, dann für die Annexion von Texas 1845 als Sklavenstaat und schließlich für den Krieg von 1846-1848, in dem die USA die Hälfte Mexikos eroberten und annektierten. Abraham Lincoln wies diesen Slogan als Kriegsruf der expansionistischen Sklavenhaltermacht zurück. Trump macht ihn sich als Kriegsruf der kapitalistischen Oligarchie zu eigen.
Der selbstherrliche Charakter der Antrittsrede von Führer Trump war evident. Er gab sich autoritär und direktiv, und er kündigte unter dem Vorwand eines nationalen Notstands weitreichende Maßnahmen an, die einseitig umgesetzt werden sollten. Im Gegensatz zu Roosevelts „100 Tagen“, die aus Gesetzesvorschlägen an den Kongress bestanden, welche dann als New Deal in Kraft traten, kündigt Trump „100 Befehle“ an, die er eigenmächtig erteilt. In seiner Rede ging er weder auf den Kongress noch auf die Republikanische Partei ein und betonte stattdessen seine einzigartige und einmalige Rolle.
Doch bei allem nationalistischen Getöse und bei aller Feigheit und Komplizenschaft der Demokraten zeigt Trump in seiner Rede, dass er die Macht des amerikanischen Imperialismus weit überschätzt und den Widerstand unterschätzt, den das faschistische Programm von Trump und den Republikanern sowohl innerhalb der Vereinigten Staaten als auch weltweit hervorrufen wird.
Trump mag sich auf William McKinley berufen, aber McKinley war Präsident von 1897 bis 1901, zu Beginn der imperialistischen Epoche, als die Vereinigten Staaten eine aufstrebende Weltmacht waren. Trumps Präsidentschaft kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der Kapitalismus sowohl in den USA als auch international in eine Sackgasse geraten ist.
Hätte irgendein anderer Staatschef im Jahr 2025 eine Rede gehalten, in der er ein solch grandioses Programm internationaler Aggression und globaler Dominanz verspricht, würde man nicht nur sein Urteilsvermögen, sondern auch seinen Verstand in Frage stellen.
Trumps Perspektive ist eine Illusion, aber deswegen nicht weniger gefährlich. Seine Regierung wird rücksichtslos und gewaltsam vorgehen, sowohl gegen den unvermeidlichen Widerstand anderer kapitalistischer Regierungen, welche die Interessen ihrer eigenen herrschenden Klassen verfolgen, als auch und vor allem gegen den Widerstand der Massen arbeitender Menschen im In- und Ausland.
Die Demokraten sind sich der Gefahren durchaus bewusst. In den letzten Stunden seiner Amtszeit begnadigte Präsident Biden Mitglieder seiner eigenen Familie und vorsorglich Persönlichkeiten wie den General im Ruhestand Mark Milley, den ehemaligen Gesundheitsbeamten Dr. Anthony Fauci sowie die Mitglieder und Mitarbeiter des Ausschusses im Repräsentantenhaus, der Trumps Putschversuch vom 6. Januar 2021 untersucht hatte. Biden äußerte die Befürchtung, dass die Trump-Regierung ihre Drohungen wahrmachen und Racheakte gegen ihre politischen Gegner begehen wird.
Den Demokraten geht es darum, sich vor dem Zorn Trumps zu schützen, aber sie haben keinen Finger gerührt, um Millionen Migranten und andere Angehörige der Arbeiterklasse zu schützen, die jetzt von einem faschistischen Präsidenten bedroht werden. Von den Demokrat ist auch zukünftig nichts anderes zu erwarten.
Trump zieht als Vertreter einer geldgierigen Oligarchie ins Weiße Haus ein, deren schwindelerregender Reichtum in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen sozialen Basis steht. Die Tatsache, dass die Zeremonie in der Rotunde und nicht außerhalb des Kapitols in Anwesenheit der Öffentlichkeit stattfand, verdeutlichte die tatsächliche Isolation der herrschenden Elite.
Elon Musk konnte sich nicht beherrschen und feierte Trumps Amtseinführung mit zwei wilden Hitlergrüßen. Doch die Begeisterung der Oligarchen für die Diktatur wird von der Arbeiterklasse nicht geteilt. Die eigentliche Bedeutung des 20. Januar 2025 besteht darin, dass er eine Ära unerbittlicher Klassenkonflikte von einem Ausmaß und einer Intensität eingeläutet hat, die in der amerikanischen Geschichte ohne Beispiel sind.