Der enorme Anstieg der Mieten in Deutschland wird für immer mehr Menschen zum Armutsrisiko. Die Übernahme der Deutsche Wohnen (DW) durch den Immobilienriesen Vonovia könnte die Preise für Wohnraum noch weiter in die Höhe treiben. Trotzdem ist die dramatische Lage, in der sich Hunderttausende von Haushalten befinden, in den anstehenden Bundestagswahlen kein Thema.
Allein in Berlin sind die Angebotsmieten im Jahr 2023 um 26,7 Prozent und 2024 um 6,4 Prozent gestiegen. Für Neubauwohnungen liegt die Angebotsmiete somit bei 20,11 Euro pro Quadratmeter. Teurer ist nur noch München mit 25,68 Euro. Bundesweit müssen mindestens 25 Prozent der Haushalte mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden. Eine Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands vom Dezember 2024 kommt zum Schluss, dass die Armutsquote in Deutschland signifikant höher ist, wenn die Wohnkosten mitberücksichtigt werden.
Die endgültige Übernahme der DW durch Vonovia wurde vergangenen Donnerstag und Freitag auf den Hauptversammlungen der beiden Konzerne in Berlin und Bochum beschlossen. Mit der Zustimmung zum „Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag“ untersteht die Deutsche Wohnen nun vollständig der Vonovia.
Die Fusion der beiden Konzerne war bereits 2021 beschlossen worden. Aus steuerrechtlichen Gründen übernahm die Vonovia aber nur 87 Prozent der DW-Anteile. Mit diesem „dreisten Steuertrick“, wie Experten das Vorgehen nannten, vermied der Konzern Steuerzahlungen in Höhe von mindestens einer Milliarde Euro.
Mit der jetzt vollständig vollzogenen Fusion ist Vonovia mit etwa einer halben Million Wohnungen der größte private Wohnungskonzern des Landes und der größte private Vermieter in der Hauptstadt Berlin.
Der Deal erhöht nicht nur den Bestand der Vonovia, er wirkt sich auch günstig auf weitere Zukäufe und Übernahmen aus. Da die DW im Verhältnis zum Immobilienwert einen deutlich geringeren Verschuldungsgrad als Vonovia vorweisen kann, werden Refinanzierungen aller Wahrscheinlichkeit nach künftig über die DW abgewickelt. Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch hatte zuletzt angekündigt, wieder verstärkt Immobilien zu kaufen, um den Marktanteil weiter zu erhöhen.
Diese Stellung wird Vonovia dazu ausnutzen, die Mieten weiter in die Höhe zu treiben, um den Aktionären traumhafte Renditen zu bescheren. Schon im letzten Jahr hatte der Konzern in großem Umfang die Mieten um teilweise 15 Prozent angehoben, teilweise ohne notwendige Begründung. Darüber hinaus wurden die Mieter mit überzogenen Nebenkostenforderungen konfrontiert. Experten und Mieterschützer gehen davon aus, dass durch einen vom Konzern kontrollierten Wärmezulieferer Extragewinne erzielt werden sollen.
Buch hat zuletzt im Tagesspiegel erklärt, der Berliner Mietspiegel, der die ortsübliche Durchschnittsmiete festhält, sei „getürkt“. Damit verband er implizit die Forderung, dass Immobilienkonzerne die Mieten und Mieterhöhungen ohne jegliche Beschränkung festlegen können.
Die Lage für Millionen Mieter hat sich in den vergangenen Jahren ungeheuer verschärft, wie auch der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, erklärt: „Die Mieten steigen unaufhörlich, teilweise sogar im zweistelligen Bereich.“ Dazu komme ein „nie dagewesener Mangel an bezahlbarem Wohnraum“. Mittlerweile sei jeder dritte Mieterhaushalt mit seinen Wohnkosten überlastet. „Tendenz steigend.“ Im laufenden Bundestagswahlkampf finde das Thema aber kaum Beachtung, bemerkt Siebenkotten.
Dies ist kein Versehen. Tatsächlich unterstützen sämtliche etablierte Parteien die unverschämte Bereicherung der Immobilienriesen und ihrer Aktionäre. Auch die Linke, die zaghaft versucht, mit der weit verbreiteten Wut über horrende Mieten Wählerstimmen zu gewinnen, ist da keine Ausnahme.
Unter der Überschrift „Wohnen darf kein Luxus sein“ stellt die Linke zur Bundestagswahl eine Reihe von Forderungen auf, die den weiteren Anstieg der Mieten verhindern sollen.
Die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels und eine Mietpreisbindung für die nächsten sechs Jahre finden sich darin, ebenso ein Verbot von Staffel- und Indexmieten. Eine Obergrenze für Mieten soll festgelegt werden, die von Alter, Zustand und der Lage der Wohnung abhängig ist. Dasselbe soll dann auch für Neuvermietungen gelten.
Im Wahlprogramm erklärt die Partei, sie stehe an der Seite der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen und wolle Wohnbestand von Immobilienkonzernen mit mehr als 3.000 Wohnungen vergesellschaften.
Abgesehen davon, dass die Mehrzahl der Forderungen kaum mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein sind, sind die Wahlversprechen der Linken nicht das Papier wert, auf dem sie stehen.
In Berlin saß Die Linke bzw. ihre Vorgängerin PDS von 2002 bis 2011 und von 2016 bis 2023 in der Landesregierung. In dieser Zeit, von 2002 bis 2023, haben sich die Mieten in Berlin im Durchschnitt fast vervierfacht, von 4,35 auf 16,35 Euro pro Quadratmeter.
Allein zwischen 2009 und 2011 sind die Angebotsmieten in Berlin mit einer Steigerung um 25 Prozent regelrecht explodiert. Der Grund dafür ist vor allem der Verkauf von landeseigenen Wohnungen. PDS und Linke haben 65.000 Bestandswohnungen der GSW zum Spottpreis an die Deutsche Wohnen verscherbelt.
Hinzu kommt, dass unter der SPD-PDS-Landesregierung sehr wenige Wohnungen neu gebaut wurden. Von 2003 bis 2009 lag die jährliche Zahl der Neubauwohnungen unter 4000. 2010 und 2011 waren es jeweils ungefähr 4400. Normalerweise hätten mindestens 15.000, vor allem Sozialwohnungen, jährlich zusätzlich gebaut werden müssen.
Folglich stagnierte das Angebot zwischen 2001 und 2011 fast. Im Lauf von zehn Jahren stieg es lediglich von 1.870.000 auf 1.903.000 Wohnungen. Gleichzeitig erhöhte sich die Nachfrage. Hatte sie 2001 noch knapp unter dem Angebot gelegen, lag der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen 2011 um 92.000 über dem vorhandenen Bestand.
Die Zahl der Sozialwohnungen sank im selben Zeitraum um ein Drittel, von 397.000 auf 265.000. Seitdem hat sich die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin auf knapp 90.000 reduziert.
Am 26. September 2021 fand parallel zur Wahl des Bundestages und des Berliner Abgeordnetenhauses ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne statt, dem 56,4 Prozent zustimmten. Doch die Landesregierung aus SPD, Grünen und Linkspartei zeigte den Wählern, wie die Sozialistische Gleichheitspartei gewarnt hatte, „den Stinkefinger“, ignorierte das Ergebnis und verteidigte weiterhin die Interessen der Miethaie.
Bereits vor dem Volksentscheid hatte die rot-rot-grüne Landesregierung ausdrücklich die Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen unterstützt. Der Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel (Linke), begrüßte die Fusion und bezeichnete die Zusammenarbeit zwischen den Immobilienhaien und dem Senat als „Fortschritt“. Seit 2022 arbeiten die Senatsparteien und Immobilienunternehmen im „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ eng zusammen, um die Taschen der Konzerne auf Kosten der Mieter zu füllen.
In Thüringen, wo die Linke mit Bodo Ramelow von 2014 bis 2024 den Regierungschef stellte, spielte sie eine ähnliche Rolle. Hier sind die Mieten während Ramelows Regierungszeit explodiert. Zwischen 2018 und 2022 stiegen die Mieten in der Landeshauptstadt Erfurt um rund 10 Prozent, und damit mehr als im Bundesdurchschnitt mit 7,25 Prozent.
In Bremen regiert die Linke gemeinsam mit SPD und Grünen. Hier stiegen die Mieten zuletzt innerhalb nur eines Jahres um 6,3 Prozent, ein stärkerer Anstieg als in München oder Berlin. Seit 2022 haben die Mieten um 8,6 Prozent zugelegt.
Wohnen ist ein Grundrecht und darf kein Luxus sein! Dieses Grundrecht kann nicht durch hohle Phrasen und verlogene reformistische Wahlversprechen verwirklicht werden. Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) tritt bei den Bundestagswahlen für die entschädigungslose Enteignung der Immobilienkonzerne ein. In deren Besitz befindliche Wohnungen müssen in öffentliches Eigentum überführt werden. Bezahlbarer und adäquater Wohnraum muss für alle sichergestellt werden.