„Keine Ahnung“: Trump lehnt in NBC-Interview Rechtsstaatlichkeit und Verfassung ab

Donald Trump und Kristin Welker bei Meet the Press am 4. Mai 2025 [Photo: NBC News]

Die NBC-Sendung Meet the Press zeigte am Sonntag ein einstündiges Interview mit US-Präsident Donald Trump, in dem er in Frage stellte, ob alle Menschen in den Vereinigten Staaten Anspruch auf den Schutz der Verfassung haben, einschließlich des Rechts auf einen ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren. Er beschwerte sich, die Möglichkeit, dass Einwanderer vor Gericht erscheinen dürfen, behindere seine Pläne zur Abschiebung von Millionen von ihnen als Teil eines umfassenden und brutalen Durchgreifens, das auch die Abschiebung in ausländische Gulags vorsieht.

Als NBC-Moderatorin Kristen Welker fragte, ob er glaube, dass „alle Menschen“ in den USA einen Anspruch auf ein ordnungsgemäßes Verfahren haben, antwortete Trump: „Keine Ahnung. Ich bin – ich bin kein Anwalt. Ich habe keine Ahnung.“

Welker antwortete: „Nun, das steht so im 5. Zusatzartikel.“

Trump antwortete:

Keine Ahnung. Scheinbar – könnte sein, dass es das sagt, aber das hieße ja dann, es müsste eine Million, oder zwei oder drei Millionen Prozesse geben.

Genau wie bei allen öffentlichen Auftritten verunglimpfte Trump auch diesmal alle Einwanderer als Gewaltverbrecher:

Wir haben hier Tausende, manche sind Mörder, einige Drogendealer und einige die schlimmsten Menschen auf der Welt.

Trump argumentierte, er sei „gewählt worden, um sie endlich wegzuschaffen, und die Gerichte hindern mich daran“.

Daraufhin fragte Welker:

Müssen Sie als Präsident nicht die Verfassung der Vereinigten Staaten verteidigen?

Trump antwortete:

Keine Ahnung. Ich muss nochmal sagen, dass ich brillante Anwälte habe, die für mich arbeiten, und sie werden sich offensichtlich daran halten, was der Oberste Gerichtshof gesagt hat.

Gemäß dem „Amtseid“, wie er in Artikel II Abschnitt 1, Klausel 8 der US-Verfassung festgelegt ist, muss der Präsident vor seinem Amtsantritt erklären:

Ich [Name], schwöre (oder bekräftige) feierlich, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich ausführen und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften wahren, schützen und verteidigen werde.

Später klagte Trump:

Wenn die Gerichte uns nicht erlauben, Leute abzuschieben, und wir für jeden einzelnen ein Gerichtsverfahren haben müssen – überlegen Sie mal. Jeder einzelne von ihnen, wir haben Millionen davon. Wenn Sie Millionen von Gerichtsverfahren haben ... das würde 300 Jahre dauern.

Tatsächlich widersetzt sich Trump direkt den Gerichten, einschließlich des Obersten Gerichtshofs der USA. Dieser hatte die Regierung angewiesen, die Rückkehr von Kilmar Abrego Garcia aus El Salvador zu „ermöglichen“.

Auf Welkers Frage, ob jemand in der Regierung in Kontakt mit El Salvador stehe, um Abrego Garcia zurückzuholen, antwortete Trump erneut: „Keine Ahnung. Diese Frage müssen Sie dem Justizminister stellen.“ Als er später im Interview erneut gefragt wurde, ob er „die Macht“ habe, „Abrego Garcia zurückzuholen, wie es der Oberste Gerichtshof angeordnet hat“, antwortete Trump:

Nun, ich habe die Macht, um seine Rückkehr zu bitten, wenn mir der Justizminister bestätigt, dass es legal ist. Aber die Entscheidung, ob er zurückkommen sollte oder nicht, obliegt dem Regierungschef von El Salvador.

Trump lobte den von den USA unterstützten Diktator als „einen sehr fähigen Mann“.

Trumps offene Zurückweisung des Obersten Gerichtshofs, der amerikanischen Verfassung und ihrer wichtigsten Schutzmechanismen ist nicht einfach das Schwadronieren eines immer verrückteren Reaktionärs. Sie ist der offenste Ausdruck der politischen Einstellung der amerikanischen herrschenden Klasse. Wie die World Socialist Web Site bereits zuvor erklärt hat, stellt Trumps Wahlsieg „eine gewaltsame Neuausrichtung des amerikanischen politischen Überbaus dar, die den wirklichen gesellschaftlichen Verhältnissen in den Vereinigten Staaten entspricht“.

Trump steht an der Spitze einer Regierung der Oligarchie, die auf den wachsenden Widerstand mit den Methoden der Diktatur reagiert. Demokratische Rechte sind unvereinbar mit einer Gesellschaft, in der die 19 reichsten Familien über 2,6 Billionen Dollar verfügen, während Krankenhäusern und Schulprogrammen, die von zehntausenden Arbeitern und ihren Familien in Anspruch genommen werden, die Mittel gestrichen werden.

Die „gewaltsame Neuausrichtung“ kommt noch deutlicher in Trumps Haushaltsantrag zum Ausdruck, der letzten Freitag veröffentlicht wurde. Die Regierung brüstet sich damit, dass der so genannte „schlanke Haushalt beispiellose Erhöhungen für Verteidigung und Grenzschutz“ vorsieht, während Sozialprogramme, wissenschaftliche Forschung und Bildung um ebenso „beispiellose“ 163 Milliarden Dollar gekürzt werden.

Sein Vorschlag sieht eine Erhöhung des Militäretats um mehr als 13 Prozent vor, von der bereits astronomischen Summe von 848,3 Milliarden Dollar im Jahr 2025 auf eine Billion Dollar. Davon sollen mehrere Milliarden für F-47-Kampfflugzeuge und Trumps geplantes Raketenabwehrsystem „Golden Dome“ verschwendet werden.

Die größte prozentuale Erhöhung in Trumps Haushaltsantrag ist für das Heimatschutzministerium (DHS) vorgesehen, dessen Agenten derzeit Einwanderer und US-Staatsbürger ohne ordentliches Verfahren verschwinden lassen und abschieben.

Trump hat vorgeschlagen, den Etat des DHS von 65,1 Milliarden Dollar im Jahr 2025 auf 107,4 Milliarden Dollar im Jahr 2026 zu erhöhen. Von diesen Mitteln würde der Ausbau der Infrastruktur für Massenabschiebungen und Diktatur finanziert werden, einschließlich der Einstellung zusätzlicher CBP-Agenten und des Baus neuer Haftzentren.

Der Haushaltsplan sieht umfangreiche Kürzungen in den Bereichen Wissenschaft, Gesundheits- und Bildungswesen und anderen wichtigen Sozialprogrammen vor. Dazu gehört eine vorgeschlagene Kürzung beim Gesundheitsministerium (HHS) um 35 Milliarden Dollar, von denen 27 Milliarden bei den National Institutes of Health (NIH) gekürzt werden sollen – was die Erforschung von Krankheiten beeinträchtigen wird – und weitere vier Milliarden Dollar bei den Centers for Disease Control and Prevention (CDC).

Trumps Vorschlag sieht vor, den Etat der Umweltschutzbehörde EPA um mehr als 50 Prozent zu kürzen, von 9,1 Milliarden auf 4,2 Milliarden Dollar – 500 Millionen Dollar weniger als ihr Etat im Jahr 1980. Die Kürzungen umfassen u.a. 254 Millionen beim Superfund-Programm für die Beseitigung von Giftmüll und 235 Millionen Dollar beim Office of Research and Development, das die Folgen von gefährlichen Chemikalien auf die Umwelt untersucht.

Der Etat der NASA soll um fast 25 Prozent oder sechs Milliarden Dollar gekürzt werden. Im Rahmen der Bestrebungen der Regierung, das Bildungsministerium abzuschaffen, sollen dort zwölf Milliarden Dollar gekürzt werden – vor allem die Mittel für Title I, das Schüler aus einkommensschwachen Familien unterstützt.

Der Haushaltsentwurf sieht die Abschaffung des Programms Low Income Home Energy Assistance (LIHEAP) sowie der mehr als 4.000 damit verbundenen Arbeitsplätze vor. Im Jahr 2024 hatte LIHEAP etwa 6,7 Millionen einkommensschwache Haushalte im ganzen Land bei ihren Energiekosten unterstützt, darunter Rentner, Familien mit Kleinkindern und Behinderte.

Trumps Haushaltsvorschlag ist eine Kriegserklärung an die Arbeiterklasse. Seine Verachtung für demokratische Rechte ist Ausdruck des anhaltenden und endgültigen Niedergangs der amerikanischen Demokratie. Weniger als 25 Jahre nach der gestohlenen Wahl von 2000 erklärt Trump – der nach dem gescheiterten Putsch vom 6. Januar 2021 dank der Komplizenschaft der Demokraten ungehindert kandidieren konnte – nun offen seine Absicht, das zu zerstören, was von den demokratischen Rechten in den Vereinigten Staaten noch übrig ist.

Im Interview mit Welker wiederholte Trump die „große Lüge“, die Wahlen von 2020 seien „manipuliert“ worden:

Da besteht kein Zweifel. Die Wahlen waren manipuliert. Die Fakten liegen vor. Und es finden noch immer Prozesse statt.

Der Höhepunkt seiner Lügen über die Wahlen war die Erstürmung des US-Kapitols durch die mit Trump verbündeten Milizgruppen und Faschisten.

Am Samstag veranstaltete Trump eine Spendenveranstaltung auf seinem Anwesen Mar-a-Lago, bei der der ehemalige Anführer der Proud Boys und Regierungsinformant Henry „Enrique“ Tarrio auftrat. Tarrio postete später in den sozialen Medien, er habe Trump persönlich für die vollständige und bedingungslose Begnadigung gedankt, die er Anfang des Jahres vom Präsidenten erhalten hatte und die Tarrios 22-jährige Haftstrafe für seine Rolle bei der Belagerung des Kapitols vom 6. Januar beendete.

Tarrio schrieb:

Er wusste, wie oft sie mich verlegt haben. Und er sagte, er arbeite daran, die Sache in Ordnung zu bringen. Ich habe mich bedankt, dass er mir [mein] Leben zurückgegeben hat. Darauf antwortete er... Ich liebe euch, Jungs.

Tarrio erklärte, Trump habe ihn und andere führende Proud-Boy-Anführer gewürdigt, die zuvor wegen Verschwörung zum Umsturz verurteilt wurden, darunter Joseph Biggs, Ethan Nordean, Zachary Rehl und Dominic Pezzola.

Ein hochrangiger Vertreter der Regierung bestätigte gegenüber der New York Times, dass Trump am Samstag etwa zehn Minuten lang mit dem faschistischen Milizführer gesprochen hatte.

Einen Tag bevor Tarrio von Trump in Mar-a-Lago mit offenen Armen begrüßt wurde kündigte das Justizministerium an, es habe eine geheime Einigung mit der Familie von Ashli Babbit erzielt, einer QAnon-Anhängerin, die beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar erschossen wurde. Die Familie und die bekannte konservative Aktivistengruppe Judicial Watch hatten eine Zivilklage in Höhe von 30 Millionen Dollar gegen die Regierung eingereicht.

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