Heidelberger Druckmaschinen im Rüstungsfieber

Um 35 Prozent stieg der Aktienkurs der Heidelberger Druckmaschinen AG (HDM) am 29. Juli, nachdem das Unternehmen bekanntgegeben hatte, dass es in die Rüstungsproduktion einsteige.

Jürgen Otto, der Vorstandsvorsitzende von HDM, verkündete eine langfristige, strategische Zusammenarbeit mit dem bereits in der Sicherheitstechnologie aktiven Unternehmen Vincorion. Das zur ehemaligen Militärtechniksparte des ostdeutschen Technologiekonzerns Jenoptik gehörende Unternehmen stellt unter anderem Generatoren für den Kampfjet Eurofighter her.

„Der Rüstungsmarkt ist ein großer Markt, er ist viele, viele Milliarden Euro schwer, mit der Tendenz wachsend“, frohlockte der HDM-Chef. Es sei das „erste konkrete Projekt aus der Rüstungsindustrie“, in das HDM nun einsteige. In den nächsten drei Jahren werde HDM im Rüstungsgeschäft voraussichtlich mindestens 100 Millionen Euro erwirtschaften.

„Die Heidelberger sicherten sich dadurch aber den Zugang zu einem Segment mit Wachstum und hohen Margen, das in Verbindung stehe mit dem Streben Europas zu mehr Rüstungsautonomie“, schreibt Comdirect, eine Tochtergesellschaft der Commerzbank. „Strategisch richte sich Heidelberger Druck damit auch stärker auf sicherheitskritische Technologien aus, wodurch die Geschäfte längerfristig robuster und werthaltiger würden.“

HDM ist nicht allein. Die fieberhafte Hinwendung vieler Unternehmen des Maschinenbaus zur Produktion von Militärprodukten entspricht den politischen Zielen der um Weltmarktvorherrschaft ringenden imperialistischen Staaten. Getrieben von den Gewinneinbrüchen im zivilen Produktsegment, nicht zuletzt durch den Zollkrieg zwischen Europa und den USA, steigen viele große Konzerne in das Geschäft mit dem Tod ein:

  • ZF Friedrichshafen bietet seine Standorte gezielt für die Rüstungsproduktion an und wandelt Kapazitäten um, beispielsweise für militärische Antriebssysteme.
  • Trumpf setzt erstmals auf die Entwicklung und Produktion von Laserwaffen zur Drohnenabwehr, ein Einstieg in militärische Hochtechnologie.
  • Continental kooperiert mit Rheinmetall und setzt Werke, die früher für Automobiltechnik genutzt wurden, jetzt für Rüstungszwecke (z. B. Waffenkomponenten) ein.
  • Volkswagen (VW) prüft die Umrüstung bzw. Übernahme des Werks in Osnabrück für die Panzerproduktion; ein Einstieg in den Verteidigungssektor ist offiziell von der Konzernleitung bestätigt worden.
  • Bosch-Mitarbeitende werden gezielt für Verteidigungsbereiche abgeworben, und Werke werden für militärische Zulieferungen genutzt.

Außerdem weiten bestehende Waffenproduzenten ihre Produktionsmöglichkeiten strategisch aus:

  • Rheinmetall nutzt ehemalige zivile Fertigungen von Autoteilen (insbesondere in Berlin und Neuss) und baut diese zu Werken für Waffenproduktion und Munitionsfertigung um, um der stark gestiegenen Nachfrage zu begegnen.
  • KNDS (Krauss-Maffei Wegmann) nutzt ehemals bahntechnische Fabriken, zum Beispiel von Alstom, für die Produktion von Panzerkomponenten.
  • Hensoldt sucht aktiv nach Fachkräften aus dem zivilen Maschinenbau zur Ausweitung der Serienproduktion militärischer Elektronik und Radarsysteme.

Außerdem agieren große deutsche Maschinenbauer wie Walter Maschinenbau, Vollmer, Heller und Fein vermehrt als Zulieferer für Industrieanlagen und Komponenten, die in der internationalen Militärindustrie – teilweise auch über Umwege – eingesetzt werden. Hier stehen CNC-Maschinen im Fokus, die für die Präzisionsherstellung von Teilen für Waffen, Fahrzeuge und Munition genutzt werden. Sie werden nicht nur in Deutschland verkauft, sondern teilweise auch in Drittstaaten veräußert.

Die Heidelberger Druckmaschinen AG war weltweit führend in der Herstellung von Druckmaschinen für Akzidenz- und Zeitschriftendruck. Durch die Digitalisierung der Kommunikation, der Online-Verfügbarkeit von Zeitungen und Zeitschriften verringerte sich die Nachfrage nach gedruckten Produkten.

So sank die weltweite Nachfrage nach Zeitungsdruckmaschinen im Zeitraum von 2008 bis etwa 2018 nach Aussagen eines anderen Herstellers von Druckmaschinen, König & Bauer, um rund 70 Prozent. Der wachsende Online-Handel brachte eine Steigerung im Segment des Verpackungs- und Digitaldrucks, doch die ursprünglichen Gewinnmargen der Unternehmen waren Vergangenheit.

Diese Entwicklung im Drucksegment führte zur Diversifizierung der Produktpalette bei HDM. So wurden seit wenigen Jahren bereits neue Produkte eingeführt, wie etwa Verbrauchsmaterialien und Ladeinfrastruktur für E-Automobile, Automatisierungstechnik und Robotik. Doch der Jahresumsatz sank beständig von etwa 3,6 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf 2,25 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2024/25. Die Produktionskapazitäten waren damit nicht voll ausgelastet.

So konnte sich HDM-Chef Otto bei der Bekanntgabe der strategischen Zusammenarbeit mit Vincorion der herausragenden „Skalierungsfähigkeit“ des Unternehmens rühmen, also der Fähigkeit, die Produktion zu steigern, ohne die Investitionskosten gravierend zu steigern. Heidelberg wolle sich zunehmend als verlässlicher Partner in sicherheitsrelevanten Bereichen positionieren, erklärte er.

Warnstreik bei Heidelberg Druckmaschinen in Wiesloch (November 2024) [Photo by IGM Heidelberg]

Die Gewerkschaft IG Metall unterstützt die militärische Aufrüstung Deutschlands und damit auch die Unternehmensziele der HDM. Schon zum Ende des vergangenen Jahres hinterging sie die etwa 3.500 Beschäftigten von HDM beim Tarifkampf um höhere Löhne.

Heiko Maßfeller, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Heidelberg, erinnerte bei einem Streik am 6. November an die Belastungen der Arbeiterfamilien durch die gestiegenen Preise: „Die Beschäftigten zahlen heute deutlich mehr für Lebensmittel, das merken wir direkt im Geldbeutel. Wir brauchen deswegen jetzt mehr Geld, auch um die Wirtschaft in Schwung zu bringen.“

Nur vier Wochen später, am 9. Dezember, verkündete die IG Metall dann, dass sie empfindlichen Reallohnsenkungen und dem Abbau fast jeder achten Stelle zugestimmt hat: „Um die Kosteneffizienz zu verbessern, wird die Entgelterhöhung der jetzigen Tarifrunde durch eine Verrechnung mit dem Leistungsentgelt ausgeglichen. So bleiben die Entgelte konstant und die Beschäftigten verlieren kein Geld.“

Dass die Stagnation der Löhne angesichts der noch kurz zuvor hervorgehobenen gestiegenen Lebensmittelpreise eine Reallohnsenkung bedeuten, davon wollte die IGM nichts mehr wissen. Die Arbeitsplatzvernichtung wurde wie immer mit dem Label „sozialverträglich“ beschönigt: „Bis zu 450 Stellen werden in den nächsten Jahren über alle Bereiche und Ebenen sozialverträglich abgebaut, etwa durch den Renteneintritt von älteren Beschäftigten.“

Wieder einmal versuchte die Gewerkschaft, eine Niederlage als großen Sieg zu verkaufen. Sie steht voll und ganz hinter der Militarisierung der Produktion und Kriegswirtschaft für die sie bereit ist, Hunderttausende von Arbeitsplätzen zu opfern. Doch wen will sie damit täuschen?

Arbeiter machen weltweit die gleichen Erfahrungen: Entlassungen und „Stellenabbau“ durch Altersteilzeit und Einstellungsstopp beim Ausscheiden von Beschäftigten, Preisinflation bei Lebensmitteln, Mieten und Energiekosten, Senkung des Lohnniveaus und des Lebensstandards, Kürzung der Sozialausgaben, Zusammenstreichen der Ausgaben im Gesundheits- und Bildungsbereich usw. Die Milliarden-Einsparungen werden in Aufrüstung und Krieg umgeleitet.

Die Bereitschaft der Arbeiter, gegen diese Umstellung auf Kriegswirtschaft zu kämpfen, nimmt international zu. Es kommt darauf an, diese Kräfte zu organisieren und unabhängig von der kriechenden Gewerkschaftsführung in Aktionskomitees zusammenzuschließen. Daher rufen wir alle Arbeiter im Maschinenbau und darüber hinaus dazu auf, sich der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees im Kampf gegen Massenentlassungen anzuschließen. Nehmt dazu Kontakt mit uns auf. Schreibt eine Whatsapp-Nachricht an die Mobilnummer +491633378340 und registriert euch gleich über das folgende Formular.

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