Kriegsvorbereitungen gegen Venezuela: US-Militär kapert venezolanischen Öltanker

Teilweise retuschierte Aufnahmen, die von US-Justizministerin Pam Bondi auf X veröffentlicht wurden, zeigt die Kaperung eines Öltankers vor der Küste Venezuelas durch das US-Militär am 10. Dezember 2025 (AP Photo/U.S. Attorney General's Office/X) [AP Photo/U.S. Attorney General's Office/X]

Am Mittwoch kaperte das US-Militär vor der Küste Venezuelas einen großen Öltanker. Dieser dreiste Akt der Piraterie stellt eine deutliche Eskalation der Kriegsvorbereitungen der Trump-Regierung gegen das südamerikanische Land dar.

Bei einer Rede im Weißen Haus erklärte Trump in typischer Gangstersprache zu der Operation: „Wir haben gerade vor der Küste von Venezuela einen Tanker gekapert, großer Tanker, sehr groß, der größte tatsächlich, der je gekapert wurde.“ Auf die Frage, was mit dem Öl passieren werde, antwortete er: „Nun, wir behalten es, schätze ich.“

Die venezolanische Regierung bezeichnete die Aktion als „schamlosen Raub und Akt internationaler Piraterie“, der darauf abziele, dem Land seinen gesamten Ölreichtum zu stehlen.

Nur einen Tag vor der Aktion hatte Trump gegenüber Politico erklärt, dass die Tage des venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro „gezählt“ seien. Zudem weigerte er sich, die Entsendung von US-Truppen nach Venezuela auszuschließen. Auch dem kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro drohte er mit den Worten: „Petro ist der Nächste.“ Die Trump-Regierung hat geheime CIA-Operationen in Venezuela genehmigt und Pläne ausgearbeitet, um Maduro ins Visier zu nehmen und die Ölfelder des Landes zu übernehmen.

Am Dienstag überflogen zwei US-Kampfflugzeuge in einer unmissverständlichen Provokation etwa 40 Minuten lang den Golf von Venezuela und kamen bis auf etwa 20 Seemeilen an venezolanisches Staatsgebiet heran.

Die Kaperung des Tankers ist ein konkreter Schritt in Richtung der Operation für einen Regimewechsel, die Trump offen angekündigt hat. Venezuela verfügt mit mehr als 300 Milliarden Barrel über die größten nachgewiesenen Ölvorkommen und die Trump-Regierung ist dabei, die Wirtschaft des Landes abzuwürgen und ihre Truppen für eine direkte Intervention in Stellung zu bringen.

Justizministerin Pam Bondi veröffentlichte in den sozialen Netzwerken Aufnahmen der Operation, die zeigen, wie sich US-Soldaten aus Hubschraubern auf das Deck des Tankers abseilen. Sie behauptete, das Schiff mit dem Namen „Skipper“ sei von den USA „sanktioniert“ worden, weil es Teil eines illegalen Ölhandelsnetzwerk sei, das zur Unterstützung ausländischer Terrororganisationen diene.

Die Trump-Regierung hat keinerlei Beweise vorgelegt, um die Beschlagnahmung zu rechtfertigen. Der Befehl für die Operation ist versiegelt und US-Regierungsvertreter bestätigten, dass er vor „etwa zwei Wochen“ ausgefertigt wurde. Dies sei auf Grundlage einer angeblichen früheren Beteiligung des Schiffes am Schmuggel von iranischem Öl geschehen. Auf die Frage, ob die USA juristisch befugt seien, das Öl zu behalten, reagierte das Weiße Haus nicht.

Der Vorfall muss im Kontext der kürzlich herausgegebenen Nationalen Sicherheitsstrategie der Trump-Regierung verstanden werden. Das 33-seitige Dokument, das am 4. Dezember veröffentlicht wurde, nennt ausdrücklich als Ziel, die „Vormachtstellung Amerikas in der westlichen Hemisphäre wiederherzustellen“. Weiter heißt es, die USA würden „Wettbewerbern von außerhalb der Hemisphäre die Möglichkeit verweigern, Streitkräfte oder andere Fähigkeiten, die eine Bedrohung darstellen, in unserer Hemisphäre zu stationieren“ oder innerhalb der Region „strategisch wichtige Vermögenswerte zu besitzen oder zu kontrollieren.“

Die Beschlagnahmung von venezolanischem Öl macht deutlich, dass Trumps Behauptung, seine Intervention in Lateinamerika diene der Bekämpfung des Drogenschmuggels, ein offensichtlicher Betrug ist. In Wirklichkeit will Trump die Kontrolle der USA über Lateinamerika zementieren, um eine Machtbasis für einen Krieg gegen China zu schaffen.

In der nationalen Sicherheitsstrategie heißt es ausdrücklich, dass die USA sicherstellen wollen, dass „keine feindliche ausländische Macht in die westliche Hemisphäre eindringen kann“ oder eine solche Macht dort strategisch relevante Ressourcen („key assets“) besitzt, und außerdem „wichtige Lieferketten“ unterstützen. Das Dokument macht deutlich, dass Lateinamerika als exklusive Quelle für Rohstoffe und Arbeitskräfte für amerikanische Unternehmen dienen soll, abgeschirmt von chinesischen Investitionen und Handel.

Derzeit gehen etwa 80 Prozent der venezolanischen Ölexporte nach China. Die Beschlagnahmung der „Skipper“, die laut der Website TankerTrackers.com etwa 1,1 Millionen Barrel venezolanisches Rohöl transportierte, zielt darauf ab, diesen Handel abzuwürgen und Venezuelas Wirtschaft zu zerstören. US-Regierungsvertreter erklärten, sie rechneten in den kommenden Wochen mit weiteren Beschlagnahmungen.

Die Kaperung des Tankers ereignet sich inmitten einer Serie von Drohnen- und Raketenangriffen auf zivile Boote in der Karibik und im Pazifik, durch die seit September mindestens 87 Menschen getötet wurden. Die Regierung behauptet, ohne dafür Beweise vorzulegen, die Boote seien zum Drogenschmuggel benutzt worden. Seit dem 2. September haben die USA mehr als 22 derartige Angriffe durchgeführt, die laut Völkerrecht Kriegsverbrechen darstellen.

Bei den Angriffen vom 2. September, bei denen elf unbewaffnete Zivilisten getötet wurden, hatte Kriegsminister Pete Hegseth laut der Washington Post einen ausdrücklichen mündlichen Befehl gegeben, „jeden zu töten“. Die Überlebenden des ersten Angriffs, die nach Rettungskräften winkten und nicht wussten, dass sie beschossen worden waren, wurden mit einem zweiten Angriff gezielt getötet. Dabei handelt es sich um einen klaren Verstoß gegen die Verpflichtung zum Schutz von Schiffbrüchigen durch die Genfer Konvention.

Am gleichen Tag, an dem der Tanker gekapert wurde, verabschiedete das Repräsentantenhaus mit 312 zu 112 Stimmen einen Rekord-Verteidigungshaushalt im Umfang von 900 Milliarden Dollar. Das zugehörige Gesetz weitet die Ausgaben für Atomwaffen massiv aus, einschließlich der Finanzierung des Raketenabwehrsystems „Golden Dome“. Weiter sieht es u. a. vor, 25 Prozent von Hegseths Reisebudget einzubehalten, bis er alle Befehle zu Angriffen auf die Boote und die ungekürzten Videos der Operation veröffentlicht hat. Dabei handelt es sich um eine absurde Trivialität, die für einen Mann, der offenkundig Kriegsverbrechen begangen hat, eine geringfügige Unannehmlichkeit darstellt.

Diese zahnlose Maßnahme soll die Tatsache verschleiern,dass beide Parteien angesichts von Trumps Morden auf hoher See vollkommen untätig bleiben. Der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, verweigerte eine Antwort auf die direkte Frage, ob er einen Regimewechsel in Venezuela ablehne, und erklärte nur: „Naja, wenn Maduro einfach von alleine flüchten würde, dann würden das natürlich alle gut finden.“

Der republikanische Senator Rand Paul, einer der wenigen Kongressabgeordneten, die immerhin geringfügige Kritik am Vorgehen der Regierung äußerten, erklärte gegenüber NewsNation, die Kaperung erinnere „sehr stark an den Beginn eines Krieges“. Der demokratische Senator Chris Coons erklärte, er habe keine detaillierten Angaben zu den Plänen der Regierung erhalten, erklärte aber, er sei „sehr besorgt, dass Trump uns schlafwandlerisch in einen Krieg mit Venezuela hineinführt.“

Es geht hier aber nicht um „Schlafwandeln“. Laut einer Analyse von RANE (ehemals Stratfor Center for Applied Geopolitics) würden „die Vereinigten Staaten in den kommenden Wochen wahrscheinlich ihre Militäraktion zu gezielten Angriffen auf venezolanisches Gebiet ausweiten, da sich die Aussichten auf eine Beibehaltung des Status quo oder einen Rückzug abgeschwächt haben.“

Laut der Einschätzung von RANE sei „das wahrscheinlichste Szenario weiterhin eine Eskalation hin zu US-Luftangriffen oder Spezialoperationen auf venezolanischem Territorium, da Washington versucht, Maduro zu schwächen und indirekt die Voraussetzungen für einen langfristigen Regimewechsel zu schaffen“.

Weiter heißt es: „Angesichts der verstärkten Mobilisierung des US-Militärs in der Karibik und Trumps wiederholten Erklärungen, dass Bodenangriffe bevorstünden, sowie der ständigen Kritik seiner Regierung an Maduro, ist ein Szenario unwahrscheinlich, in dem sich die USA nur auf kinetische Angriffe auf Boote oder Flugzeuge beschränken, die angeblich zum Drogenschmuggel benutzt werden.“

Das Pentagon hat mehr als 15.000 Soldaten, ein Dutzend Kriegsschiffe, darunter den Flugzeugträger USS Gerald R. Ford, zahlreiche Flugzeuge und tausende Soldaten in der Karibik und im Pazifik stationiert. Dies ist die größte Mobilisierung von US-Streitkräften in der Karibik seit der Kubakrise 1962.

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