Am Abend des 14. Dezember wurden am Bondi Beach in Sydney mindestens 15 Menschen bei einem Amoklauf gegen ein jüdisches religiöses Fest getötet und weitere 42 verwundet, einige davon lebensbedrohlich. Unter den Toten befindet sich auch einer der beiden mutmaßlichen Attentäter.
Laut den bisherigen Berichten der Polizei und der Geheimdienste wurden die Schüsse von Sajid Akram (50) und seinem Sohn Naveed Akram (24), beide aus einem westlichen Arbeitervororten von Sydney, abgegeben. Die Tatwaffen waren Gewehre, für die der Vater seit zehn Jahren Waffenscheine besaß. Berichten zufolge erschoss die Polizei den Vater, und der Sohn liegt in kritischem Zustand im Krankenhaus. Die Polizei hat keine Beweise für weitere Beteiligte vorgelegt.
Die Todesopfer waren zwischen zehn und 87 Jahren alt, darunter ein junges Mädchen, ein Holocaust-Überlebender und ein Rabbiner. Das Anschlagsziel war offenbar die Veranstaltung „Chanukah by the Sea“, ein Kinderfest, das ab 17 Uhr auf einem Spielplatz am Strand stattfinden sollte und bereits begonnen hatte. Es war als Auftakt zum achttägigen rabbinisch-jüdischen Lichterfest geplant.
Die Motive der mutmaßlichen Täter sind zwar noch nicht geklärt, doch es handelt sich um einen reaktionären und tragischen Vorfall. Jüdische Familien in Australien sind nicht für das anhaltende Massaker des israelisch-zionistischen Regimes in Gaza und dem besetzten Westjordanland verantwortlich. Vielmehr sind viele Juden angewidert und empört von dem Völkermord und haben sich in Australien und auf der ganzen Welt an Demonstrationen dagegen beteiligt.
Die Polizei schweigt sich über die beiden Verdächtigen aus und hat jegliche Auskunft über deren Motive verweigert. Sie erklärte nur, einer von beiden sei der Polizei und dem australischen Inlandsgeheimdienst (Australian Security and Intelligence Organisation, ASIO) bekannt, und man habe schon früher Verbindungen zu einer Gruppe des Islamischen Staats vermutet.
Wie auf den weit verbreiteten Videoaufnahmen zu sehen ist, wurden weitere Todesfälle unter anderem durch den 43-jährigen Ahmed al Ahmed, Besitzer eines Obststands, verhindert, der sich an einen der Schützen anschleichen und ihm die Waffe entreißen konnte.
Der Polizeichef von New South Wales (NSW), Mal Lanyon, erklärte, in einem Auto nahe dem Schauplatz am Bondi Beach seien zwei „einfache“ Sprengsätze gefunden und von Spezialisten des Entschärfungskommandos entfernt worden.
Doch noch ehe über die Motive der zwei Männer irgendetwas bekannt ist oder von der Polizei berichtet wurde, nutzten die australische Labor-Regierung, die internationalen Regierungen und die Mainstreammedien den Anschlag, um ihn mit den oft wöchentlich stattfindenden Massenprotesten in Australien gegen den Völkermord in Gaza in Zusammenhang zu bringen. Schnell wurden weitere Maßnahmen zur Unterdrückung von Protesten gegen Völkermord und anderer politischer Opposition gefordert.
Der Anschlag spielt nur den Verantwortlichen für die historischen Verbrechen in Palästina in die Hände, darunter der australischen und anderen westlichen Regierungen, die das Netanjahu-Regime bewaffnet und unterstützt, sowie Proteste gegen den Völkermord verleumdet und unterdrückt und fälschlicherweise des Antisemitismus beschuldigt haben. In Wirklichkeit spricht Israel keineswegs für das ganze jüdische Volk. Diese Lüge wird von der israelischen Regierung und den imperialistischen Mächten propagiert, die den Völkermord in Gaza unterstützt haben.
Premierminister Anthony Albanese und der Premier von NSW, Chris Minns, kündigten am Samstagabend ihre Absicht an, mit „massiven“ Maßnahmen (wie Minns es nannte) auf die Schießerei zu reagieren. Dazu gehören eine umfangreiche Mobilisierung der Polizei und neue Gesetze zusätzlich zu den bereits umfangreichen Gesetzen gegen „Hassverbrechen“ und „Terrorismus“.
Die Labor-Regierung von NSW hat seit mehr als zwei Jahren mehrfach versucht, friedliche pro-palästinensische Demonstrationen zu verbieten.
Albanese beschrieb den Anschlag als „Akt von bösartigem Antisemitismus und Terrorismus, der unsere Nation ins Herz getroffen hat“. Er berief ein Treffen des Nationalen Sicherheitsrats ein, dem führende Kabinettsmitglieder und die Leiter der Polizei, der Geheimdienste und des Militärs angehören.
Danach hielt er eine Pressekonferenz ab, flankiert von ASIO-Chef Mike Burgess und dem amtierenden Deputy Commissioner for National Security der Australischen Bundespolizei, Nigel Ryan. Dort kündigte er an, er werde diese Art von „Hass, Gewalt und Terrorismus“ ausrotten. Albanese erklärte: „Das ist ein gezielter Angriff auf jüdische Australier.“
Bei einer weiteren Pressekonferenz am Sonntagmorgen ging Albanese noch weiter und schwor, die „Geißel“ des Antisemitismus „auszumerzen“ und „alles Notwendige“ zu unternehmen, einschließlich einer gesetzgeberischen Reaktion: „In unserer Nation ist kein Platz für diese Art von Hassgewalt und Terrorismus. Ich möchte ganz klar machen, dass wir sie ausrotten werden.“
Am Samstagabend gab die Labor-Regierung von Minns eine Terror-Warnung heraus. Damit erhält die Polizei und der ASIO umfassende Vollmachten, u.a. zum Anhalten, Durchsuchen und Festsetzen von Personen und Fahrzeugen in bestimmten Gebieten, zum Einsatz tödlicher Gewalt, zur Verhaftung und zum Verhören von Personen ohne Anklage und zur Durchführung verdeckter Operationen zur Durchsuchung und Überwachung.
Einen Eindruck davon, wie die Polizei diese Befugnisse nutzen wird, gaben zwei gewaltsame Razzien in zwei Wohnhäusern im Südwesten von Sydney, die mit den beiden Verdächtigen in Verbindung standen. Im Haus der Familie in Bonnyrigg zwangen schwer bewaffnete Polizisten mehrere Personen, mit erhobenen Armen herauszukommen und sich auf den Boden zu setzen. Die Aktion wurde von einem Bearcat-Panzerfahrzeug und einem Polizeihubschrauber unterstützt und mithilfe von Flutlichtern ausgeleuchtet.
Jillian Segal, die Sonderbeauftragte der Albanese-Regierung für die Bekämpfung von Antisemitismus, eine zionistische Lobbyistin, versuchte die Schießerei mit den Massenprotesten gegen den Völkermord in Verbindung zu bringen. Diese Proteste dauern seit der ersten Kundgebung am Sydney Opera House am 9. Oktober 2023 wöchentlich an und haben u.a. bereits einen Massenmarsch von etwa 300.000 Menschen über die Sydney Harbour Bridge am 3. August in diesem Jahr umfasst.
Segals Behauptungen verleumden hunderttausende Menschen, die sich an den Demonstrationen gegen israelische Gräueltaten und Massenmorde in Gaza beteiligt haben. Sie werden jetzt für den Anschlag verantwortlich gemacht. Segal forderte von den Labor-Regierungen noch umfassendere Unterdrückungsmaßnahmen, obwohl sie die Proteste bereits mehrfach verurteilt und versucht haben, sie zu unterbinden.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Segals Tirade lag auf einer Linie mit der des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag warf dieser der Albanese-Regierung vor, nichts gegen die angebliche Ausbreitung von Antisemitismus in Australien zu unternehmen. Sie habe „Schwäche durch Schwäche ersetzt“.
Netanjahu ist ein Kriegsverbrecher, dessen Regime in den letzten zwei Jahren mehr als 60.000 Menschen in Gaza ermordet und systematisch gegen humanitäres Völkerrecht verstoßen hat. Es begeht Verbrechen gegen die Menschlichkeit, unterstützt und geschützt von den USA und den kapitalistischen Großmächten.
US-Präsident Donald Trump und die europäischen Regierungschefs wie der britische Premierminister Keir Starmer, die Israels Vorgehen mit Waffen, Geldern, politischem Schutz unterstützt und diplomatisch normalisiert haben, versuchten ebenfalls, den Anschlag mit dem Widerstand gegen den Völkermord gleichzusetzen. Trump erklärte vor der Presse: „Das war offensichtlich ein antisemitischer Angriff.“
Auch internationale Medien stellten Australien jetzt als Hochburg des Antisemitismus dar. Beispielhaft dafür war der Australian des Murdoch-Medienimperiums. Der Chefkorrespondent für internationale Angelegenheiten der Zeitung, Cameron Stewart, behauptete, pro-palästinensische Aktivisten sollten „beschämt den Kopf senken“ und betonte: „Wir wissen noch nichts über die Motive oder Details der Täter dieses schrecklichen Verbrechens, doch dieses Massaker wird Australien auf der Weltkarte als Brutstätte von antisemitischem Terror verzeichnen.“
Es muss daran erinnert werden, dass die australischen Regierungen und Behörden in den letzten zwei Jahren Vorfälle, darunter friedliche Proteste gegen den Völkermord, aufgebauscht und fälschlich als „antisemitisch“ eingestuft haben, um pro-palästinensische Opposition zu kriminalisieren und zu unterdrücken sowie die Befugnisse der Polizei auszuweiten. Die Polizei von NSW gab später zu, dass diese Zahlen falsche oder irreführende Angaben enthielten.
Viele Menschen in Australien sind schockiert und bestürzt über die Ereignisse am Bondi Beach, dem als Touristenattraktion bekannten Strand, der Besucher aus der ganzen Welt anzieht. Es ist das schlimmste Massaker in Australien seit dem Anschlag eines psychisch kranken Manns, der 1996 in Port Arthur südlich von Hobart 35 Menschen tötete.
Es wird jedoch versucht, diese Gefühle zu verdrehen und zu manipulieren, um Widerstand gegen die Massenmorde, Vertreibung und Unterdrückung der Palästinenser zu dämonisieren. Außerdem sollen Polizeistaatsmaßnahmen unterstützt werden, die unter Bedingungen atemberaubender sozialer Ungleichheit, von Sparmaßnahmen und der von den USA angeführten Kriegsvorbereitungen in größerem Umfang gegen alle Formen von abweichender politischer Meinung eingesetzt werden sollen.
Unter diesen Bedingungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass Arbeiter und junge Menschen ethnische Spaltung und die Suche nach Sündenböcken zurückweisen, jüdische, islamische und andere gefährdete Gemeinden verteidigen und sich dem Angriff auf demokratische Grundrechte und dem Kriegskurs widersetzen.
Die Krise des globalen Kapitalismus und die imperialistischen Interventionen wie der Völkermord in Gaza und die zugrunde liegenden Bestrebungen der USA, den Nahen Osten zu dominieren, schaffen und verschärfen reaktionäre Gegensätze. Die einzige Lösung ist der Aufbau einer vereinten internationalen Bewegung der Arbeiterklasse für den Sozialismus zur Enteignung der Oligarchen und herrschenden Eliten, die von Krieg, Unterdrückung und Spaltung profitieren.
