Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale
Wie die Workers Revolutionary Party den Trotzkismus verraten hat 1973 – 1985

Die Perspektiven des Vierten Kongresses der WRP (März 1979)

Der Vierte Kongress der WRP, der sich fast zwei Wochen lang hinzog, fand kaum einen Monat nach dem Sturz der imperialistischen Marionette Bakhtiar und dem Sieg der iranischen nationalen Revolution unter Khomeinis Führung statt. In einer langen, von Michael Banda verfassten Programmresolution fasste die WRP ihre grundlegenden Revisionen des Marxismus und der Theorie der Permanenten Revolution in Worte. Dieses Dokument spielte bei der Verwandlung der WRP in eine Agentur bürgerlich-nationaler Regime eine wichtige Rolle und muss von daher gründlich analysiert werden.

Zwei Aspekte, die in engem Zusammenhang stehen, kennzeichnen diese eklektische Resolution. Erstens sind ihre Analysen zurechtgeschustert, um im Nachhinein so gut wie möglich die opportunistischen Beziehungen zu rechtfertigen, die die WRP bereits zu verschiedenen bürgerlichen Regimen und der PLO geknüpft hatte. Dementsprechend vertritt sie die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution nur für diejenigen Länder, in denen die WRP noch kein Bündnis mit bürgerlichen Nationalisten geschlossen hatte, wie zum Beispiel (noch!) den Iran. Zweitens vertritt diese Resolution zum ersten Mal eine Perspektive, in der die Klassenunterschiede in den halbkolonialen Ländern buchstäblich unter den Teppich gefegt werden, während im Gegenzug der bewaffnete Kampf zu einer Strategie erhoben und zum entscheidenden Maßstab für die Glaubwürdigkeit antiimperialistischer nationaler Führer gemacht wird. Diese Resolution ist ein klarer Beleg dafür, dass Banda bei der politischen Degeneration der ehemaligen britischen Sektion eine Schlüsselrolle spielte. Den Kernpunkt der Theorie der Permanenten Revolution, dass sie eine Strategie für das internationale Proletariat ist, hatte er nicht begriffen. Stattdessen schlug er eine kleinbürgerliche Linie ein, die nichts weiter war als Pablismus in pseudo-maoistischem Gewand.

In einem Abschnitt der Resolution, der sich mit dem Kampf in Simbabwe und den Versuchen des britischen Imperialismus befasste, eine Verhandlungslösung zu erzwingen, wurde verkündet, dass die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise „die nach Millionen zählenden Massen in Asien, Afrika, Lateinamerika und dem Nahen Osten zu bewaffneten Aufständen treiben.“ (Perspektiven des Vierten Kongresses der WRP, S. 14)

An dieser Aussage gäbe es nichts auszusetzen, wenn in der folgenden Analyse klargestellt würde, aus welchen gegensätzlichen gesellschaftlichen Kräften diese „nach Millionen zählenden Massen“ bestehen, und welche Klassen die politischen Tendenzen in der Führung der „bewaffneten Aufstände“ vertreten. Aber die Resolution erwähnte mit keinem Wort die unabhängigen

Klasseninteressen und Aufgaben des Proletariats bei der Eroberung der Führung des antiimperialistischen Kampfes. Stattdessen rechtfertigte Banda die Unterordnung des Proletariats und der Bauernschaft unter die nationale Bourgeoisie.

Die Rollen von Nkomo und Mugabe werden in der Resolution in leuchtenden Farben geschildert:

Die machtvollen Schläge der Guerillas von der Patriotischen Front gegen die Armee des Smith-Regimes haben die Verschwörung von Muzorewa, Sithole und Chirau zerschlagen und dem Volk von Simbabwe in seinem Kampf für die völlige Befreiung des Landes neue Kraft und neuen Mut gegeben.

Dieses schwärmerische Bild an Stelle einer Analyse diente ausschließlich dazu, die Mitgliedschaft der WRP und die Arbeiter und Bauern von Simbabwe zu entwaffnen, was durch die folgenden Ereignisse bald bestätigt wurde. Die Schilderung von Mugabes und Nkomos Opposition gegen Muzorewa, Sithole und Chirau war stark übertrieben. Diese drei waren die feigsten Lakaien des Imperialismus in Simbabwe, während Mugabe und Nkomo, mit denen Vertreter der WRP in regelmäßigem Kontakt standen, eine einflussreichere Schicht der simbabwischen Bourgeoisie vertraten und die Massenbewegung geschickt ausnutzten, um in den Verhandlungen mit Großbritannien und den USA für sich selbst möglichst viele Vorteile herauszuschlagen.

Banda fand ebenso gerissene wie betrügerische Formulierungen, um zu rechtfertigen, warum die WRP vor den Agenten des britischen Imperialismus in Simbabwe kapitulierte. Das klang so:

Die Workers Revolutionary Party steht bedingungslos auf Seiten der afrikanischen Arbeiter und Bauern und wendet sich gegen die herrschenden Regimes und ihre Agenten in der nationalen Befreiungsbewegung. Wir unterstützen die Patriotische Front von Mugabe und Nkomo, soweit sie den bewaffneten Kampf gegen Smith fortsetzt und sich nicht darauf einlässt, als Kompromisslösung eine bürgerliche Verfassung auszuhandeln. Nur der bewaffnete Sturz des kapitalistischen Staates in Süd- und Zentralafrika und die Errichtung einer Arbeiter- und Bauernregierung kann der Apartheid ein Ende setzen, den Bauern das Land zurückgeben und die Bergwerke, den Großgrundbesitz und die Fabriken verstaatlichen. (ebd. S. 15)

Dieser Standpunkt basierte auf einem Betrug: der Versöhnung von unversöhnlichen Klassengegensätzen. Das WRP-Programm verletzte alle marxistischen Prinzipien, wenn es den bewaffneten Kampf, und nicht ein Klassenprogramm, zum Kriterium für die Haltung der Vierten Internationale zu einer nationalen bürgerlichen Führung machte. Der bewaffnete Kampf wurde von seinem politischen Inhalt getrennt und diente als Brücke, um in den unterentwickelten Ländern das Programm der Volksfront zu rechtfertigen. Anstatt unmissverständlich festzustellen, dass die Bourgeoisie in Simbabwe nicht für wirkliche nationale Unabhängigkeit sorgen könne und den bewaffneten Kampf nur so weit führen werde, wie er ihren eigenen Klasseninteressen dient, machte die Resolution das Schicksal der Arbeiterklasse von der Politik der Bourgeoisie abhängig. Bandas Formulierung „soweit“ war ein Betrug, der den Eindruck erweckte, der bewaffnete Kampf unter Mugabes und Nkomos Führung werde automatisch zum Sturz des kapitalistischen Staates und zur sozialistischen Revolution führen – ohne den Aufbau einer unabhängigen revolutionären Führung der Arbeiterklasse.

Die Bedingung, die Banda, Slaughter und Healy der Patriotischen Front stellten – dass sie „sich nicht darauf einlässt, als Kompromisslösung eine bürgerliche Verfassung auszuhandeln“ war politisch wertlos und lief auf ein Vertrauen in die afrikanische Bourgeoisie hinaus. Geleugnet wurde die Verantwortung der trotzkistischen Bewegung, die Arbeiterklasse unabhängig von der Bourgeoisie politisch zu organisieren, bevor diese unweigerlich den antiimperialistischen Kampf verrät.

Außerdem war es politisch ein Hohn, so zu tun, als könne unter der Führung der Patriotischen Front je eine Arbeiter- und Bauernregierung gebildet werden, ganz egal, wie lange der bewaffnete Kampf dauerte. Dieser Hinweis auf eine Arbeiter- und Bauernregierung – die als Ergebnis eines bewaffneten Kampfes unter Führung der von der WRP kritiklos unterstützten nationalen Bourgeoisie zustande kommen sollte – war eine pablistische Irreführung der Arbeiterklasse, trug zur Fehlorientierung der Massen in Simbabwe bei und lieferte sie dem Verrat der Führer der Patriotischen Front aus.

Die politische Grundlage dieser tief greifenden Revisionen des Trotzkismus liegt in Bandas kleinbürgerlicher Auffassung, der „bewaffnete Kampf“ sei eine über den Klassen stehende Strategie des antiimperialistischen Kampfes, und nicht eine Taktik, die bestimmte gesellschaftliche Kräfte anwenden, um ihre Klasseninteressen zu verfolgen. Dieser Standpunkt verwirft sämtlich Lehren aus dem Kampf, den Trotzki 1927 gegen den Verrat der Komintern in China führte. Trotzki wandte sich dagegen, dass Stalin dem bürgerlichen Tschiang Kai-Schek seine Unterstützung zusagte, „soweit sie (die Bourgeoisie) den revolutionären Zusammenschluss der Arbeiter und Bauern nicht behindert und einen tatsächlichen Kampf gegen den Imperialismus führt.“ Trotzki schrieb dazu:

Die einzige ‚Bedingung‛ einer jeden praktischen und sachlichen, einem bestimmten Zweck anpassten Verständigung mit der Bourgeoisie besteht darin, dass man weder direkt noch indirekt, weder für einen Tag, noch für eine Stunde, weder die Organisation noch die Fahnen vermischen darf, stets das Rote vom Blauen unterscheiden muss, und nicht im geringsten Maße glauben soll, dass die Bourgeoisie fähig oder bereit wäre, einen wirklichen Kampf gegen den Imperialismus zu führen und die Arbeiter und Bauern nicht zubehindern. Für rein praktische und sachliche Verständigung brauchen wir eine solche Bedingung nicht. Im Gegenteil, diese könnte nur schaden und unsere allgemeine Linie gegen die Bourgeoisie verwirren, denn der Kampf gegen die Bourgeoisie wird selbst für die kurze Frist einer ‚Verständigung‛ nicht unterbrochen. (China – die erwürgte Revolution, Bd. 2, Verlag Neuer Kurs, S. 201-202).

Es verging kein Jahr und die verräterische Rolle von Bandas menschewistischen und pablistischen Formulierungen trat offen ans Licht. Die WRP zog ihre eigene Bedingung – dass die Patriotische Front sich nicht auf einen Kompromiss in Form einer bürgerlichen Verfassung einließe – zurück, um ihr feiges Bündnis mit der Bourgeoisie von Simbabwe aufrechtzuerhalten.