Israel und Syrien geben Verhandlungen bekannt - Weitere Drohungen der USA und Israels gegen Iran

Israel und Syrien gaben vergangenen Mittwoch die Aufnahme von Gesprächen bekannt: Unter Einschaltung türkischer Vermittler führen sie Verhandlungen über einen umfassenden Friedensvertrag. Doch weit davon entfernt, zur Verminderung der regionalen Spannungen beizutragen, ist dieser Schritt ein durchsichtiger Versuch Israels, einen Keil zwischen Syrien und seinen Verbündeten Iran zu treiben. Die israelischen und amerikanischen Drohungen gegen den Iran werden aufrechterhalten.

Die israelische Außenministerin Tzipi Livni erläuterte am Donnerstag die Bedingungen. Sie erklärte: "Die Syrer müssen auch verstehen, dass sie dafür [für einen Friedensvertrag] jede Unterstützung des Terrorismus einstellen müssen - das gilt für Hisbollah, für Hamas und für ihre problematischen Beziehungen zum Iran." Die unausgesprochene Gegenleistung wäre die Rückgabe der Golanhöhen, die Israel seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 besetzt hält.

Natürlich ist Israel daran interessiert, die Unterstützung für die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon und für die palästinensische Hamas zu blockieren. Sein Hauptziel besteht aber zweifellos darin, die guten Beziehungen Syriens zum Iran zu zerstören. Dem Wall Street Journal zufolge "betonen israelische Sprecher, dass Syriens säkulare Regierung im Grunde ihre strategische Allianz mit den islamischen Herrschern des Iran im Grunde kritisch sieht. Sie sagt, man müsse Damaskus wirtschaftliche und diplomatische Anreize bieten, um die Unterstützung durch den Iran auszugleichen."

Damaskus reagierte mit einem Leitartikel in der staatlichen Zeitung Tishrin. Dort hieß es: "Vorbedingungen für die Verhandlungen sind schädlich", und "Syriens internationale Beziehungen sind nicht verhandelbar". Aber die Erklärung ist wohl nur ein Versuch, den Iran und die öffentliche Meinung im eigenen Land zu beruhigen. Der syrischen Regierung ist klar, dass Israel nach der Zustimmung zu Verhandlungen auf klaren Sicherheitsgarantien als Gegenleistung für die Rückgabe der strategisch wichtigen Golanhöhen bestehen wird.

Die Bekanntgabe der Gespräche ist in Israel bis in hohe Regierungskreise hinein auf Opposition gestoßen. Eli Yishai, Handelsminister und Führer der extremistischen Schas-Partei, wandte sich gegen jede Vereinbarung. "Syrien steht immer noch im Zentrum der Achse des Bösen, und ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, die israelische Nordfront der Achse des Bösen zu übergeben." Eine Umfrage des Fernsehens ergab, dass 70 Prozent der Befragten gegen einen Abzug von den Golanhöhen als Bestandteil einer Vereinbarung mit Syrien wären, und nur 22 Prozent dafür.

Die Kritiker der israelischen Regierung wissen, was Ministerpräsident Ehud Olmert erreichen will, bezweifeln jedoch seine Erfolgsaussichten. "Man muss nüchtern abschätzen, ob Israel wirklich einen Keil zwischen Syrien und den Iran treiben kann", sagte Dore Gold, Präsident des Jerusalemer Zentrums für öffentliche Angelegenheiten, gegenüber der New York Times. "Unglücklicherweise hat der Iran Syrien heute viel stärker im Griff als in den 1990er Jahren, als die letzten Verhandlungen mit Syrien stattfanden."

Einige Kommentatoren äußerten die Vermutung, die Verhandlungen Israels mit Syrien seien ein Rückschlag für die Bush-Regierung, die sich bisher gegen einen solchen Schritt ausgesprochen hatte. Die New York Times berichtete vergangenen Donnerstag: "[Führende amerikanische Politiker] befürchten, diese Verhandlungen könnten als Belohnung Syriens aufgefasst werden, obwohl die Vereinigten Staaten das Land wegen seiner Einmischung im Libanon und wegen seiner Unterstützung für die Hisbollah zu isolieren versuchten." Ein Sprecher der Bush-Regierung bezeichnete die Ankündigung als "Schlag ins Gesicht".

Bei allen taktischen Differenzen zwischen Israel und den USA teilen beide Länder das Ziel, Syrien vom Iran loszureißen. Israel hat kein Problem damit, nicht nur das Zuckerbrot, sondern auch die Peitsche einzusetzen. Im September letzten Jahres bombardierte die Luftwaffe ein Gebäude in der ostsyrischen Wüste und stellte damit die Bereitschaft und Fähigkeit Israels unter Beweis, nach Belieben zuzuschlagen. Die Bush-Regierung hieß diesen Überfall praktisch gut, als sie vergangenen Monat Geheimdienstinformationen freigab, die angeblich beweisen, dass Damaskus dort einen Atomreaktor baute. Das war gleichzeitig eine klare Drohung gegen die Nuklearanlagen im benachbarten Iran.

Die USA versuchen ebenfalls einen Keil zwischen Syrien und den Iran zu treiben. Auf einer internationalen Konferenz, im Mai vergangenen Jahres im ägyptischen Scharm el-Scheich stattfand, führte US-Außenministerin Condoleezza Rice demonstrativ Gespräche mit dem syrischen Außenminister Moallem. Seinen iranischen Amtskollegen hingegen ignorierte sie, obwohl Washington beide Länder beschuldigt, "den Terror fördernde Staaten zu sein". Im vergangenen November lud die Bush-Regierung Syrien sogar zu dem internationalen Gipfel in Annapolis ein, der unter dem Deckmantel der israelisch-palästinensischen Friedenssuche das Ziel verfolgte, den Iran weiter zu isolieren.

Iran stand auch ganz oben auf der Tagesordnung, als Präsident Bush Anfang des Monats Israel besuchte. Er sagte am 15. Mai vor dem israelischen Parlament: "Amerika steht fest an eurer Seite gegen die Atomwaffenambitionen des Iran ... Um des Friedens Willen darf die Welt nicht zulassen, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommt." Auch wenn das Weiße Haus später dementierte, dass ein Angriff auf den Iran diskutiert worden sei, bestätigte Olmerts Sprecher Mark Regew, beide Regierungschefs lägen "auf gleicher Linie" und stimmten darin überein, dass "handfeste Maßnahmen" nötig seien, um Irans angebliches Atomwaffenprogramm zu stoppen.

Die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) wird ihren neuesten Bericht im Laufe der Woche veröffentlichen. Schon vorab verlangten Rice und ihr britischer Kollege, Außenminister David Milliband, vergangene Woche vom Iran, er müsse endlich alles offenlegen. Sie drohten mit einer neuen Runde wirtschaftlicher und diplomatischer Sanktionen. Vergangenen Dezember stand in einem amerikanischen Geheimdienstbericht, dem National Intelligence Estimate, der Iran habe schon 2003 die Entwicklung nuklearer Waffentechnologie eingestellt. Diese Erkenntnis hat Bush praktisch in den Papierkorb geworfen.

In der Öffentlichkeit beteuern die Bush- und die Olmert-Regierung immer noch, im Konflikt mit dem Iran sei eine diplomatische Lösung notwendig. Hinter den Kulissen jedoch wird weiterhin darüber diskutiert, noch vor dem Ende von Bushs Amtzeit militärische Schläge gegen die iranischen Atomanlagen zu führen.

In einem Artikel mit dem Titel "Bombardierung des Iran: Die Forderungen bleiben" kommentierte das Magazin Time : "Wenn man sich die Fragen an General David Petraeus vergangenen Donnerstag im Senat anhörte, konnte man meinen, die USA bewegten sich auf einen neuen Krieg am Golf zu. Die Senatoren beider Fraktionen fragten genauso viel nach dem Iran wie nach Afghanistan und Irak." Petraeus legte in seiner Aussage das Hauptgewicht auf diplomatische Schritte, erklärte jedoch, eine Militäraktion als "letztes Mittel" dürfe nicht vom Tisch genommen werden.

Allen Dementis des Weißen Hauses zum Trotz ist sonnenklar, dass Bush in Israel Gespräche über einen militärischen Angriff auf den Iran geführt hat. Ein hoher israelischer Sprecher sagte der Zeitschrift Time : "Eine militärische Option ist keine gute Option. Aber eines ist mit Sicherheit schlimmer, nämlich, wenn der Iran Nuklearmacht wird." Der Artikel zitierte auch die Bemerkung von Yossi Kuperwasser, einem ehemaligen israelischen Geheimdienstoffizier, der warnte, es sei bald zu spät, gegen Irans Nuklearprogramm vorzugehen. Zu Militärschlägen gegen den Iran sagte er: "Tut es einfach. Um Himmels Willen, tut es und löst unser Problem."

Der Scotsman on Sunday wies darauf hin, dass in israelischen Kreisen über die Notwendigkeit diskutiert wird, Maßnahmen zu ergreifen, falls die Bush-Regierung es nicht tun sollte. Ein israelischer Sprecher sagte der Zeitung: "Das ist sicher eine Option, die wir nicht leicht nehmen können. Aber letztlich müssen wir vielleicht zum Schluss kommen, dass es die einzige Option ist, die wir haben." Der israelische Ex-Sicherheitsberater Giora Eiland drückte sich ähnlich aus: "In einem Jahr wird die israelische Regierung sich zwischen zwei Optionen entscheiden müssen: entweder nichts zu tun und sich mit einem nuklear bewaffneten Iran abzufinden, oder einen Militärschlag zu führen."

Eiland betonte, die Entscheidung, Verhandlungen mit Syrien aufzunehmen, habe damit nichts zu tun. Aber eines ist klar: Wenn es Israel gelänge, Damaskus von Teheran zu trennen, dann stünde der Iran viel isolierter und verwundbarer da, gleichviel, ob ein Angriff von Israel, den USA oder von beiden ausginge.

Siehe auch:
Bereitet Bush eine "Oktoberüberraschung" vor?
(24. Mai 2008)
"Appeasement"- Kontroverse: Ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf zwischen McCain und Obama
(23. Mai 2008)
Erneute US-Drohungen gegen den Iran
(6. Mai 2008)
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