Rot-rot-grün besorgt über sozialen Zusammenhalt

Demonstration in Dresden

Am Mittwoch den 16. Juni fand in Dresden eine Großdemonstration statt, an der 10.000 Menschen teilnahmen. Sie stand unter dem Motto: "Wir sind mehr wert, wer heute kürzt, zahlt morgen drauf."

Demonstration in Dresden Die Demonstration in Dresden

Die Demonstration fand im Zuge der von der sächsischen Landesregierung aus CDU und FDP geplanten Kürzungen des Doppelhaushaltes 2011/2012 um 1,7 Milliarden Euro statt. Dies entspricht 10 Prozent des gesamten sächsischen Landeshaushaltes, wobei die Kürzungen vor allem bei Schulen und Hochschulen, im Jugend- und Sozialbereich sowie bei der Kultur vorgenommen werden.

Zu der Demonstration hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften (u.a. GEW und GdP) und SPD, den Grünen, der Linkspartei und deren Jugendverbänden aufgerufen. Im Rahmen der Demo waren zunächst drei Protestzüge durch die Dresdner Innenstadt gezogen. Plakate mit der Aufschrift "Wer hier kürzt, wird gestürzt" und eine selbst gebastelte Guillotine mit der Aufforderung "Bei den Richtigen kürzen" zeigten die Wut der Demonstrationsteilnehmer.

Dass die Empörung der Protestierenden jedoch nicht ausreicht, um die Kürzungen zu verhindern, solange die Demonstrationen in den Händen von SPD, Linkspartei, den Grünen und den Gewerkschaften bleiben, zeigte die Abschlusskundgebung vor dem sächsischen Landtag.

Auf ihr kamen Abgeordnete aus allen Landtagsfraktionen zu Wort. Zunächst wurden Vertreter von CDU und FDP vorgeschickt, die versuchten, die heftigen Kürzungen zu verteidigen, wofür sie ein heftiges Pfeifkonzert ernteten. Danach traten Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei nach vorne und versuchten, sich im Gegensatz dazu als Parteien des sozialen Ausgleichs aufzuspielen. So wurde der rot-rot-grünen "Opposition" eine Plattform geboten, sich als soziale Alternative zur schwarz-gelben Koalition aufzuspielen.

Zwischen vielen polemischen Phrasen machten jedoch die Vertreter aller Parteien klar, dass sie nicht prinzipiell gegen Kürzungen sind. Sie wollen diese lediglich "geschickter" durchführen, um die Wut der Bevölkerung nicht auf die Spitze zu treiben.

So beschwerte sich Martin Dulig, der Vorsitzende der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, dies sei "kein Sparpaket, sondern eine Dampfwalze. Soziale und gesellschaftliche Strukturen werden zerstört, die sich über Jahre entwickelt haben und die wichtige Dienste tun."

Michael Moschke, der Sprecher der Konferenz sächsischer Studierendenschaften, warnte ebenfalls: "An der Basis gärt es enorm. Wir sehen die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Gefahr."

Und auch der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, André Hahn, äußerte sich besorgt über den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft und forderte die CDU/FDP-Regierung auf, "ihre Kürzungsorgien zu überdenken". Gleichzeitig machte Hahn deutlich, dass die Linkspartei genauso bereit sei, Kürzungen durchzusetzen: "Wir haben immer versucht, beispielsweise bei unseren Initiativen für mehr Investitionen in Bildung, an anderer Stelle Einsparvorschläge zu machen."

Aufgrund ihrer engen Beziehungen zu den Gewerkschaften halten sich SPD, Grüne und Linkspartei für besser geeignet als CDU und FDP, die Kürzungen durchzusetzen und den Widerstand dagegen zu kontrollieren. Den Beweis dafür hatte schon die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder mit der Agenda 2010 erbracht, als sie ihre drastischen Sparpakete gegen massiven Protest von der Straße mit aller Härte durchdrückte.

In Sachsen hat die SPD in der großen Koalition unter Ministerpräsident Georg Milbrandt (CDU) Milliarden zur Rettung der Sachsen LB ausgegeben und den Landeshaushalt geplündert. Auch die Linkspartei hat auf Landesebene längst klar gestellt, wes Geistes Kind sie wirklich ist. Überall wo sie gebraucht wird, steht sie bereit, um Privatisierungen zu verwirklichen, Löhne zu senken, Arbeitsplätze abzubauen und - wie in Berlin - einen Kahlschlag bei der Bildung durchzusetzen.

Vielen Teilnehmern der Demo war die Rolle, die SPD, Grüne und Linkspartei bei den Kürzungen spielen, bewusst.

Christoph Christoph

Christoph, ein 22-jähriger Student, sah einen Zusammenhang zwischen der Weltwirtschaftskrise, den Rettungspaketen für die Banken und den nun geschnürten Sparpaketen, die die ganze Last der Krise auf Kosten der Schwächsten der Gesellschaft abwälzen. Die Milliarden schweren Rettungspakete habe die SPD noch in der Großen Koalition selbst auf den Weg gebracht, und auch "die Linke" habe mit ihrer Zustimmung zu den Eilverfahren im Bundestag sowohl die "Rettung" der Banken als auch die des Euros erst ermöglicht. Deshalb habe er keine allzu großen Hoffnungen in das Bündnis, das zur Demonstration in Dresden aufgerufen hat.

Klara, eine 25-jährige Lehramtsstudentin, hatte ebenfalls kein Vertrauen in das Demonstrationsbündnis, da ihr nicht deutlich wurde, wie dieses die aufgestellten Forderungen umsetzen wolle. Sie war vor allem erzürnt über Kürzungen im Bildungsbereich und stimmte nach einer Diskussion mit Reportern der WSWS zu, dass die Frage einer freien und gleichen Bildung nicht isoliert von anderen gesellschaftlichen Entwicklungen betrachtet werden könne und letztlich eine Klassenfrage sei.

Vertreter der WSWS verteilten auf der Demo die Erklärung "Wie kann die Bildung verteidigt werden?" Darin heißt es: "Der Linke.SDS, die Jusos, die Grüne Jugend und ihre Mutterparteien sind für die Misere im Bildungsbereich verantwortlich und haben auf den Demonstrationen nichts verloren. Sie setzen den Sozialabbau durch und stehen auf Seiten der Banken, der Manager und der Spekulanten. Studenten können die umfassenden Angriffe nur abwehren, wenn sie mit diesen politischen Heuchlern ein für allemal brechen und sich als Teil der internationalen Arbeiterklasse verstehen."

Darüber hinaus heißt es im Aufruf: "Eine Bildung, die an den Bedürfnissen der Menschen orientiert ist und der persönlichen Entfaltung jedes Einzelnen dient, kann nur etabliert werden, wenn sie wie alle anderen gesellschaftlichen Bereiche dem Marktgeschehen entzogen und demokratisch kontrolliert wird. Eine umfassende und freie Bildung ist deshalb eng mit dem Kampf für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft verbunden."

Siehe auch:
Wie kann die Bildung verteidigt werden?
(5. Juni 2010)
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