UAW-Tarifvertrag mit Ford verkauft Autoarbeiter aus

Am Dienstag verkündeten die United Auto Workers (UAW) und Ford einen vorläufigen Vertragsentwurf, der vorsieht, die Zahl der Niedriglohnarbeiter zu erweitern sowie die Löhne älterer Arbeiter einzufrieren.

Der neue Vier-Jahres-Tarifvertrag, der rund 41.000 Ford-Arbeiter betrifft, wird von der Unternehmensleitung begrüßt. Er verbessert die „Wettbewerbsfähigkeit“ der Firma, das heißt er stellt dem zweitgrößten US-Autohersteller Milliardengewinne sicher.

Zwar stehen die Einzelheiten der Regelung augenblicklich noch nicht zur Verfügung, doch machen die bislang an die Öffentlichkeit gelangten Informationen deutlich, dass die Einigung dem Muster des Vertrags bei General Motors folgt. Ebenso wie die im letzten Monat abgeschlossene Vereinbarung mit GM, leistet der Ford-Deal nichts, um die 7.000 bis 30.000 Dollar an Löhnen und Sozialleistungen pro Arbeiter zurückzuholen, die aufgrund des Kapitulationsverhaltens der UAW seit 2007 verloren gingen. Sowohl die UAW-Bürokraten als auch die Ford-Führungskräfte lobten die Vereinbarung zur Sicherung der Profite des Unternehmens, das für das Jahr 2010 einen rekordverdächtigen Gewinn von 6,6 Milliarden Dollar auswies.

Der Vertrag ist so offensichtlich zum Nachteil der Autoarbeiter, dass in der Wirtschaftspresse vereinzelt besorgte Äußerungen laut wurden, dass er von der Basis abgelehnt werden könnte. Als die UAW zum erzwungenen Konkurs von GM und Chrysler, den die Obama-Regierung verordnet hatte, ihren Teil beitrug und zusätzliche Konzessionen von den Ford-Arbeitern forderte, votierten diese im November 2009 dagegen. Diese damals vorgesehenen Konzessionen enthielten ein Streikverbot und das Einfrieren der Niedriglöhne.

Die vorläufige Einigung, die am Dienstag bekannt wurde, sieht für die Ford-Arbeiter eine Einmalzahlung von 6.000 Dollar sowie eine jährliche Pauschale in Höhe von 1.500 Dollar vor, die die Teuerungszulage ersetzen soll, die an die Kosten für die Lebenshaltung gekoppelt ist. Durch den Wegfall der Teuerungszulage und einer Steigerung des Grundgehalts für ältere Arbeitnehmer spart das Unternehmen Milliarden von Dollar ein, da Renten und andere Leistungen auf der Grundlage der Stundenlöhne berechnet werden.

Die UAW hat Lohnerhöhungen durch Gewinnbeteiligung ersetzt. Das bedeutet, dass die Löhne der Ford-Arbeiter direkt an die zukünftige Profitabilität des Unternehmens gebunden sind. Dieser Plan bindet Gewinnbeteiligung an Qualitäts- und Produktionsziele und öffnet damit brutaler Arbeitsbeschleunigung scheunenbreit Tür und Tor. Zusätzlich sollen zehn Prozent der Gewinnbeteiligungsprämien an den von der UAW kontrollierten Gesundheitsfond für Rentner umgelenkt werden.

Ford bietet qualifizierten Arbeitern angeblich Ausstiegsprämien über 75.000 Dollar. Das Unternehmen will diese besser bezahlten Arbeiter loswerden, um eine ausschließlich aus Niedriglohnarbeitern bestehende Belegschaft zu erhalten.

Bei dem Versuch, den UAW-Mitgliedern den Vertrag schmackhaft zu machen, werben die Gewerkschaftsbürokraten mit Fords Versprechen, 5.750 neue Arbeitsplätze einzurichten. Allerdings werden fast alle dieser neuen Arbeitsplätze mit dem Billiglohntarif vergütet, die derzeit 15,50 Dollar pro Stunde beträgt. Dies ist etwas mehr als die Hälfte der 28 Dollar Stundenlohn, mit der die regulären Arbeiter bezahlt werden. Ford prahlt damit, dass infolge dieser Vereinbarung ein „In-Sourcing“ der Arbeit aus Billiglohnländern wie Mexiko und China begonnen werden könne.

In einer Pressemitteilung, in der er die neue Vereinbarung vorstellte, sagte der für Ford zuständige UAW-Vizepräsident Jimmy Settles, diese würde es Arbeitern ermöglichen, „an Fords Erfolg teilzuhaben.“ Das ist eine Lüge. Die enorme Ausweitung der Zahl der Niedriglohnarbeiter wird den Anstieg der Einstiegslöhne auf 19,28 Dollar zum Ende des Vier-Jahres-Vertrags wieder aufheben. Nicht nur werden Niedriglohnarbeiter der zweiten Stufe weiterhin zu geringeren Stundenlöhnen arbeiten, sie werden außerdem mit deutlich verschlechterter Gesundheits- und Altersvorsorge belastet werden. Das Nettoergebnis für das Unternehmen wird eine geringe bis gar keine Netto-Erhöhung der Lohnkosten sein.

Wie jeder Ford-Arbeiter weiß, hat Alan Mulally, der Vorstandschef des Unternehmens, im Jahr 2010 als Entgelt 26,5 Millionen Dollar erhalten. Ihm wurden darüber hinaus zu Beginn dieses Jahres Aktien von Ford im Wert von 56,6 Millionen Dollar ausgehändigt. Allein die Vergütungssumme der Topmanager von Ford würde ausreichen, um allen Ford-Arbeitern eine stattliche Lohnerhöhung beizumessen.

Die Ratingagentur Standard & Poor's erklärte am 29. September, dass das Ford-Rating wahrscheinlich erhöht werde, falls die Vereinbarung dem Muster von General Motors folgt und von den Ford-Arbeitern ratifiziert wird.

Das Wall Street Journal zitierte einen Equity-Analysten, der erklärte: „Die Einführung des zweistufigen Lohnsystems sowie die Bereitschaft der UAW, die Fixkosten in Zaum zu halten bedeutet Gewinne sowohl für die UAW als auch die Autohersteller. Die UAW erhält weitere Mitglieder, während GM und Ford von billigeren Arbeitskräften profitieren, die ihnen erlauben, ihre US-Werke strategischer zu nutzen.“

Die Ausdehnung der Niedriglohn-Jobs der US-Autohersteller ist zentraler Bestandteil der Pläne der UAW, die die Zahl ihrer Beitragszahler erhöhen will. Sie will die Produktion aus Übersee zurück in die USA bringen und versucht ausländische Autohersteller zu überzeugen, ihre Werke in den Vereinigten Staaten zu belassen, indem sie UAW-Mitglieder als billige Arbeitskräfte anbietet. Das gibt die UAW als „Arbeitsplatzsicherheit“ aus.

Diese Politik spiegelt die Interessen der gutbezahlten Bürokraten wieder, welche die UAW-Büros bevölkern. Sie senken die Arbeitskosten der Autokonzerne und ernten feiste Gewinne aus ihrem Aktienbesitz.

In einer UAW-Pressemitteilung zum Vertragsentwurf identifizierte Settles die Interessen der Gewerkschaft mit denen von Ford. Er erklärte: „Langfristige Arbeitsplatzsicherheit für UAW-Mitglieder ist abhängig von Qualität, Innovation und Effizienz. UAW-Mitglieder bei Ford sind hundertprozentig interessiert an Spitzenqualität und bestverkäuflichen Produkten.“

Seit dem Jahr 2000 half die UAW dem Ford-Konzern dabei, seine Belegschaft von 102.462 auf heute rund 41.000 zu reduzieren. Die Arbeiter haben seit 2003 weder eine Lohnerhöhung noch seit 2009 einen Ausgleich für die steigenden Lebenshaltungskosten erhalten, was einer effektiven Lohnkürzung von 20 Prozent entspricht.

Die Vertragsverhandlungen erweisen sich als wenig mehr denn eine Verschwörung zweier Geschäftspartner – der Ford Motor Company und der UAW – zur Durchsetzung ihres gemeinsames Interesses, nämlich der Intensivierung der Ausbeutung der Autoarbeiter. Der ausgewählte Veranstaltungsort für die Bekanntgabe des Vertragsentwurfs – das UAW-Ford Nationale Programme Center in Detroit – symbolisiert dies anschaulich.

Die Ford-Arbeiter müssen jetzt gegen den Vertrag mobilisieren, um ihn zu vereiteln. Sie brauchen die Unterstützung aller Autoarbeiter, einschließlich der Arbeiter bei Chrysler und GM sowie der nicht gewerkschaftlich organisierten. Alle Zugeständnisse bei Löhnen und Sozialleistungen, die von der UAW gemacht worden sind, müssen rückgängig gemacht werden. Dies bedeutet die Abschaffung des Zwei-Klassen-Lohnsystems und die Wiederherstellung der vollen Teuerungszulage für alle Arbeitnehmer sowie eine substanzielle jährliche Lohnerhöhung. Jedem Auto-Arbeiter in den USA und weltweit muss das Recht auf einen sicheren und anständig bezahlten Job garantiert werden.

Dieser Kampf erfordert eine Rebellion gegen die UAW, die als verlängerter Arm des Managements agiert. Neue Kampforganisationen müssen in den Fabriken aufgebaut werden – von Arbeitern demokratisch gewählte und kontrollierte Basiskomitees. Diese Komitees müssen Streikmaßnahmen für einen anständigen Vertrag vorbereiten und den Kampf auf alle Autoarbeiter in den USA und weltweit ausdehnen.

Dieser Streik muss mit einer neuen politischen Perspektive verbunden werden. Die Verteidigung der Arbeitsplätze, Löhne, Renten, Gesundheitsversorgung und Arbeitsbedingungen erfordert eine Offensive gegen das kapitalistische Profitsystem und seine Verteidiger in den beiden großen Parteien, die Demokraten und Republikaner.

Die Obama-Regierung nutzt im Bündnis mit der UAW die Weltwirtschaftskrise als Stoßkeil für den gravierendsten Angriff auf die Autoarbeiter seit der Gründung der Industriegewerkschaften in den 1930er Jahren. Die Arbeiterklasse braucht eine eigene politische Partei um ihre gesamte Kraft unabhängig zu mobilisieren.

Die Gesellschaft muss auf Grundlage eines rationalen Plans reorganisiert werden, der demokratisch entworfen wird, um die Bedürfnisse der Arbeiterklasse, der großen Mehrheit der Weltbevölkerung, zu befriedigen anstelle dem Profitstreben der Finanz-Elite zu dienen. Ein solcher Plan würde auch die Autoindustrie in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle der Arbeiterklasse überführen.

Die Socialist Equality Party fordert die Autoarbeiter auf, unser Programm zu studieren und in die SEP einzutreten, um beim Aufbau der neuen Führung der Arbeiterklasse zu helfen.

Loading