Perspektive

USA verschärfen Konfrontationskurs mit Iran

Nächste Woche finden in Bagdad Verhandlungen zwischen dem Iran und den P5+1 statt – d.h. den USA, Frankreich, Großbritannien, Russland, China und Deutschland. Diese werden ein Wendepunkt in dem gefährlichen Konflikt über Irans Atomprogramm sein. Washington übt schweren Druck auf Teheran aus, Zugeständnisse zu machen, obwohl die USA schmerzhafte Sanktionen und einen Krieg androhen.

Der amerikanische Atom-Unterhändler Robert Wood forderte letzte Woche in Wien vom Iran „schnelle praktische Schritte“, um „seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen“. Er kritisierte den Iran, weil er der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nicht Zugang zu allen relevanten Standorten, Dokumenten und Personen gegeben habe, die erforderlich wären, um Fragen über sein Atomprogramm zu klären.

Der Iran hat immer wieder erklärt, er habe nicht die Absicht, Atomwaffen zu bauen. Seine Atomanlagen, darunter auch die Anreicherungswerke in Natanz und Fordo, sowie die Reserven, werden von der IAEA inspiziert und überwacht, wie es der Atomwaffensperrvertrag (NPT) fordert. Aber die USA und ihre Verbündeten beharren darauf, dass der Iran seine Urananreicherung, die gemäß dem NPT erlaubt ist, beendet und seine Reserven an 20 Prozent angereichertem Uran außer Landes schafft.

Die Wahrscheinlichkeit, dass bei den Gesprächen in Bagdad etwas herauskommt, ist gering. Die USA fordern für die IAEA Zugang zu Anlagen und Personal, um den Iran dauerhaft damit beschäftigt zu halten, beweisen zu müssen, dass nirgendwo auf seinem Staatsgebiet ein Atomwaffenprogramm läuft. Die IAEA wird sich diese Woche mit iranischen Regierungsvertretern treffen und fordert Zugang zum iranischen Parchin-Komplex – einer Militärbasis, auf der angeblich vor fast zehn Jahren Versuche mit hochexplosivem Sprengstoff stattfanden, wie man ihn für eine Atomwaffe braucht. Die „Hinweise“ der IAEA kommen, wie in ähnlichen Fällen, von ausländischen Geheimdiensten, vermutlich von den USA oder von Israel.

Israel droht mit einem Präventivschlag gegen den Iran und hat mit der Forderung nach einem vollständigen Abbruch des Urananreicherungsprogramms zusätzlich Druck auf die Verhandlungen ausgeübt. Laut Associated Press hatte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu der EU-Außenpolitikerin Catherine Ashton letzte Woche erklärt, der Iran müsse sich an einen Zeitplan zur Beendigung seiner Anreicherung halten und die Anlage bei Fordo demontieren, wenn Israel das Ergebnis akzeptieren solle – diese Forderungen hat Teheran bereits abgelehnt.

Ashton war in Israel, um die Haltung der neuen Koalition mit der bisherigen Oppositionspartei Kadima herauszufinden. Kadima-Chef Shaul Mofaz, ein ehemaliger Chef des Inlandsgeheimdienstes, hatte die Drohungen Netanjahus kritisiert, den Iran anzugreifen. Aber seine Beteiligung an der Regierung macht einen Angriff Israels auf den Iran wahrscheinlicher und nicht unwahrscheinlicher. Durch die Koalition hat die Regierung eine eindeutige Parlamentsmehrheit und Mofaz‘ Beteiligung wird benutzt werden, um den Widerstand gegen einen Krieg gegen den Iran abzuwürgen.

Letzten Donnerstag meldete der israelische Nachrichtensender Channel 10 News, amerikanische Regierungsvertreter befänden sich in Dauergesprächen, weil sie fürchteten, dass der Weg für israelische Luftschläge gegen den Iran jetzt frei sei. Netanjahu bildete die Koalition mit Mofaz in einer überraschenden nächtlichen Aktion, durch die Neuwahlen verhindert wurden, die ein Hindernis für einen Angriff gewesen wären. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten beide, sie seien sich in einer Reihe von Fragen einig, unter anderem auch in der Frage des Irans.

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und Israel sind taktischer Natur. Während Netanjahu Verhandlungen und Sanktionen ablehnt, versucht die Obama-Regierung, das Regime in Teheran vor einem Angriff zu schwächen und zu untergraben. Der Iran versucht verzweifelt, amerikanische und europäische Sanktionen zu verhindern, die praktisch eine Blockade seiner Ölexporte bedeuten würden – was bereits ein wirtschaftlicher Akt der Kriegsführung ist – und Ende Juni in Kraft treten sollen.

In den letzten zwei Wochen hat US-Außenministerin Hillary Clinton Druck auf China und Indien gemacht, ihre Ölimporte aus dem Iran zurückzufahren. Die amerikanischen Sanktionen werden ausländische Banken und Konzerne einseitig bestrafen, die Geschäfte mit der iranischen Zentralbank machen, sofern Präsident Obama keine Verzichtserklärung abgibt. Dass die USA selektiv Strafen verhängen, zeigt, dass die USA die Konfrontation mit dem Iran ausnutzen, um die Position ihrer Rivalen, besonders Chinas, zu untergraben.

Die Obama-Regierung beschränkt sich nicht auf Wirtschaftssanktionen. Seit Anfang des Jahres hat die US-Marine die Anzahl der Flugzeugträgerkampfgruppen im oder nahe dem Persischen Golf auf zwei erhöht. Anfang des Monats meldeten amerikanische Regierungsvertreter, dass das Pentagon seine fortschrittlichsten Kampfflugzeuge – die F-22 Raptor – auf den Luftwaffenstützpunkt Al-Dhafra in den Vereinigten Arabischen Emiraten verlegt habe. Der Truppenaufbau gibt dem US-Militär die Möglichkeit, massive Luftschläge gegen die wichtigsten Atomanlagen des Irans zu fliegen.

Washington hat außerdem die Militärkapazität der autokratischen monarchistischen Regimes, mit denen es am Golf verbündet ist, erhöht. Als neuesten Zug kündigte die Obama-Regierung am Freitag an, sie werde ihre Waffengeschäfte mit Bahrain wiederaufnehmen, obwohl in dem Golfstaat Proteste gewaltsam unterdrückt werden. Laut der Washington Post erhält Bahrain unter anderem Kriegsschiffe, Luft-Luft- und Boden-Luft-Raketensysteme und verbesserte Motoren für seine F-16-Jäger. In Bahrain ist die amerikanische 5. Flotte stationiert.

Bei der eskalierenden amerikanischen Konfrontation mit Teheran geht es nicht primär um das Atomprogramm. Hinter dem amerikanischen Kriegsdrang stecken der historische Niedergang des US-Imperialismus und seine Entschlossenheit, mittels seiner militärischen Überlegenheit die uneingeschränkte Kontrolle über die energiereichen Regionen des Nahen Ostens und Zentralasiens zu bewahren. Nach den Kriegen in Afghanistan und dem Irak drohen die USA jetzt mit einem weiteren Krieg, der die ganze Region in Brand setzen und noch größere Konflikte verursachen könnte.

Wenn nächste Woche die Verhandlungen in Bagdad scheitern, wird sich die Gefahr, dass Israel oder die USA einen militärischen Konflikt beginnen, dramatisch erhöhen. Arbeiter und Jugendliche in aller Welt müssen sich gegen die Kriegstreiberei der Obama-Regierung stellen. Die einzige Möglichkeit, einen Krieg zu verhindern, ist die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse auf Grundlage einer sozialistischen, internationalistischen Strategie, um die grundlegende Quelle von Kriegen zu beseitigen – das krisengeschüttelte Profitsystem.

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