Springer-Presse fordert Demontage von sowjetischem Ehrenmal

Am Montag reichten die Springer-Blätter Bild und B.Z. eine Petition beim Bundestag ein, die die Demontage des sowjetischen Ehrenmals in Berlin-Tiergarten fordert. „In einer Zeit, in der russische Panzer das freie, demokratische Europa bedrohen, wollen wir keine Russen-Panzer am Brandenburger Tor!“ heißt es in der Petition. Bestandteil des Ehrenmals sind zwei originale T-34-Panzer.

Der B.Z.-Chefredakteur und Vize-Chef der Bild-Zeitung, Peter Huth, erklärte, durch die Ereignisse in der Ukraine kehre „die Angst vor den russischen Panzern, die Hitlers Regime stürzten und wenige Jahre später gegen deutsche Demonstranten fuhren“, zurück. „An der Grenze zur Ukraine sind russische Militäreinheiten aufmarschiert und bedrohen die Freiheit eines souveränen Staates“, schrieb er. „Die letzten Russenpanzer in Berlin müssen weg!“

Das Denkmal in Berlin Tiergarten war 1945 zu Ehren der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten der Roten Armee errichtet worden. Es soll insbesondere der etwa 80.000 Soldaten gedenken, die bei der Befreiung Berlins ums Leben kamen und die teilweise am Ehrenmal beigesetzt sind.

Huths ungeheuerliche Argumentation geht über die bisherige Medienkampagne hinaus, die den faschistischen Putsch in der Ukraine und den Truppenaufmarsch der Nato in Osteuropa unterstützt und Russland als Aggressor bezeichnet. Sie ist ein Versuch, den deutschen Faschismus zu rehabilitieren.

Mit der Einnahme Berlins am 2. Mai 1945 versetzte die Rote Armee der Nazi-Diktatur den Todesstoß, die die deutsche Arbeiterkasse terrorisiert, sechs Millionen Juden ermordet und ganz Europa in Blut getränkt hatte. Sie beendete einen Krieg, der von Anfang an mit dem Ziel geführt wurde, große Teile der sowjetischen Bevölkerung und alle europäischen Juden physisch zu liquidieren.

Es ist eine unwiderlegbare historische Tatsache, dass die Sowjetunion im Kampf gegen den deutschen Imperialismus von allen Alliierten mit großem Abstand die Hauptlast trug. Das Nazi-Regime wurde im Wesentlichen von der Roten Armee, den Arbeitern und Bauern der Sowjetunion, besiegt. In heroischen Kämpfen verloren 14 Millionen Soldaten ihr Leben. Hinzu kommen mindestens ebenso viele sowjetische Zivilisten, die den Nazis zum Opfer fielen.

Die T-34-Panzer, die Huth vom Ehrenmal entfernen möchte, spielten beim Sieg der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland eine zentrale Rolle. Trotz der stalinistischen Degeneration des jungen Arbeiterstaats war die Sowjetunion dank der Planwirtschaft zu einer historisch beispiellosen Industrialisierung fähig. Der T-34 wurde ab 1942 zu Tausenden gebaut und übertraf die damaligen deutschen Panzer bei weitem.

Schon die Diffamierung des sowjetischen T-34 als „Russen-Panzer“ ist eine historische Unverschämtheit. Das Putin-Regime hat nicht das Geringste mit dem einstigen Arbeiterstaat gemein, und die Sowjetunion beschränkte sich auch nicht auf das heutige Russland. In der Schlacht um Berlin fielen nicht nur Russen, sondern auch Ukrainer, Weißrussen und Angehörige vieler anderer Nationalitäten.

Hinter der Forderung nach der Demontage eines antifaschistischen Denkmals steht der Versuch, die Geschichte umzuschreiben und den Nationalsozialismus zu rehabilitieren. Bisher waren es ausschließlich faschistische Banden und Rechtsradikale, die sowjetische Ehrenmäler schändeten und ihre Zerstörung forderten. Nun wird die Kampagne von einem der mächtigsten Medienkonzerne Deutschlands angeführt.

Der Springer-Verlag ist dabei in bester Gesellschaft. Bereits im Februar dieses Jahres hatte der Spiegel einen langen Artikel veröffentlicht, in dem rechte Historiker zu Wort kommen, die für eine grundlegende Revision der deutschen Geschichte eintraten. Völlig unkommentiert spricht sich darin Ernst Nolte dafür aus, die Schuld für den Zweiten Weltkrieg bei Polen und Großbritannien zu suchen. Der Historiker Jörg Baberowski von der HU Berlin wird mit dem Satz zitiert: „Hitler war nicht grausam.“

Baberowski hat in den letzten Jahren systematisch daran gearbeitet, die Sowjetunion als den eigentlichen Aggressor des Zweiten Weltkriegs darzustellen. In seinem 2012 veröffentlichten Buch „Verbrannte Erde“ behauptet er, dass Stalin Krieg gegen Deutschland führen wollte. „Stalin gefiel der Vernichtungskrieg“, schreibt Baberowski und gelangt zum Schluss: „Hitler war schlecht beraten, Krieg gegen ein Regime zu führen, dem die Massengewalt zur zweiten Natur geworden war und dessen Soldaten mit dieser Gewalt umzugehen verstanden.“

Die Revision der Geschichte und die Verharmlosung des Nationalsozialismus, die in der Forderung nach Demontage des sowjetischen Ehrenmals ihren bisher schärfsten Ausdruck finden, stehen in direktem Zusammenhang zur Wiederbelebung des deutschen Militarismus.

Um wieder Kriege führen zu können, muss die herrschende Klasse ihre Verbrechen im Zweiten Weltkrieg bagatellisieren. Seit Bundespräsident Gauck, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen Anfang des Jahres das Ende der „Politik der militärischen Zurückhaltung“ verkündet haben, findet ein systematischer Angriff auf die antifaschistischen und antimilitaristischen Überzeugungen statt, die in breiten Teilen der Bevölkerung tief verwurzelt sind.

Um Russland einzukreisen und zu destabilisieren, hat die deutsche Regierung beim Putsch in der Ukraine bereits mit den Erben des Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera in der faschistischen Partei Swoboda zusammengearbeitet. Der Springer-Verlag, einst das aggressivste Sprachrohr des Kalten Krieges, hat diese Zusammenarbeit unterstützt und dem von der Konrad-Adenauer-Stiftung aufgebauten Oppositionspolitiker Vitali Klitschko in der Bild-Zeitung eine regelmäßige Kolumne zur Verfügung gestellt. B.Z., Bild und Welt übertrafen sich in ihrer Kriegshetze gegen Russland.

Doch die Kriegspropaganda verfing bisher kaum. Eine überwältigende Mehrheit der deutschen Bevölkerung spricht sich gegen das Vorgehen der Bundesregierung in der Ukraine und gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr aus.

Anfang des Monats klagte der Vize-Chef des Politik-Ressorts der Welt-Gruppe, Claus Christian Malzahn, in der Welt am Sonntag, die Nato werde immer unbeliebter. „Eine Mehrheit von 53 Prozent spricht sich dagegen aus, dass die Nato zum Schutz vor möglichen Übergriffen aus Russland den Luftraum der osteuropäischen Partnerländer überwacht und sichert“, berichtet Malzahn, um anschließend über diese Mehrheit herzufallen. „Offenbar glauben viele deutsche Michel daran“, so Malzahn, dass die Bundesrepublik „ohne Out-of-area-Einsätze der Bundeswehr oder lästige Nato-Aufgaben“ dauerhaft existieren könne.

Die Springer-Kampagne gegen das sowjetische Ehrenmal steht in diesem Zusammenhang. Die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit faschistischen Banden, die in der Ukraine von Stadt zu Stadt ziehen, Lenin-Denkmäler zerstören und Arbeiter terrorisieren, hat den Damm gebrochen. Mit dem Aufruf zur Demontage des sowjetischen Ehrenmals versucht die Bild-Zeitung, die rückständigsten Elemente gegen die Anti-Kriegs-Haltung der Bevölkerungsmehrheit zu mobilisieren.

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