Perspektive

Kapitalismus und die Mobilisierung von Polizei und Militär in Ferguson, Missouri

Die Ereignisse der letzten Tage in Ferguson, Missouri, stellen einen politischen Wendepunkt für das ganze Land dar. Das immense Ausmaß der sozialen Ungleichheit, die Rücksichtslosigkeit der Finanzaristokratie, die Auflösung der amerikanischen Demokratie - all das haben die an eine Hinrichtung erinnernde Ermordung des unbewaffneten achtzehnjährigen Michael Brown und das brutale Vorgehen gegen die Proteste, die daraufhin ausbrachen, offengelegt.

Der Kern aller sozialen und demokratischen Fragen, die in Ferguson aufgeworfen werden, ist der Charakter des kapitalistischen Systems. Der Kampf gegen Ungleichheit und den Polizeistaatsapparat kann nur erfolgreich sein, wenn er auf der Grundlage der Erkenntnis geführt wird, dass er ein Kampf gegen die ganze soziale und gesellschaftliche Ordnung ist.

Die Ereignisse der letzten Tage enthüllen, dass alle Fraktionen des politischen Establishments gegen die Arbeiterklasse eingestellt sind. Letzte Woche schockierten die Bilder von gepanzerten Fahrzeugen und Bereitschaftspolizei in militärischer Tarnkleidung, die automatische Waffen, Tränengas und Gummigeschosse einsetzten, um Proteste in den Straßen von Ferguson niederzuschlagen, Millionen Menschen in den USA und auf der ganzen Welt. Die Obama-Regierung und der Demokratische Gouverneur Jay Nixon schritten mit einem Manöver ein, um Zeit zu gewinnen und den Widerstand der Bevölkerung abzuschwächen.

Nixon unterstellte den Polizeieinsatz der Kontrolle der Highway Patrol von Missouri. Funktionäre der Demokratischen Partei wie Al Sharpton organisierten daraufhin eine Gebetsveranstaltung und riefen zur "Einigkeit" mit der Polizei auf.

Diese zynischen Gesten sollten die Bedingungen für ein noch aggressiveres Vorgehen schaffen, darunter die Ausrufung eines "Notstands" durch den Gouverneur und die Entsendung der Nationalgarde. Bei der bisher umfassendsten Polizeiaktion schossen Polizisten am Sonntag- und Montagabend mit Tränengas und Gummigeschossen auf friedliche Demonstranten.

In der ganzen Stadt wurden Kontrollpunkte aufgebaut, die Polizei forderte von allen, die sie passierten, sich auszuweisen. Die Polizei hat Reporter festgenommen und bedroht und Einwohner willkürlich für das angebliche Verbrechen festgenommen, eine "Versammlung" zu bilden.

Ferguson wurde unter Kriegsrecht gestellt, auch wenn es nicht so genannt wird.

Unter diesen Bedingungen schritt Präsident Obama am Montag wieder einmal mit Äußerungen auf einer Pressekonferenz ein. Er versuchte, sich als unparteiisch und vorurteilsfrei zu inszenieren und gab den Demonstranten die Hauptschuld an der Gewalt in Ferguson. Er versuchte, die Polizeistaatsmaßnahmen zu rechtfertigen und sprach von "denjenigen, die den tragischen Tod als Vorwand für kriminelles Verhalten benutzen," "plündern oder Waffen tragen und sogar die Polizei angreifen."

Das sind Lügen. Das ursprüngliche "kriminelle Verhalten" waren die Ermordung von Michael Brown und die illegale und verfassungswidrige Polizeioperation, die darauf folgte. Am Montag erschien ein unabhängiger Autopsiebericht, der zeigte, dass der tödliche Schuss Brown von oben in den Kopf getroffen hatte, was darauf hindeutet, dass der junge Mann am Boden lag und sich zu ergeben versuchte - wie Augenzeugen behaupten -, als er von dem Polizeibeamten Darren Wilson getötet wurde. Trotz klarer Beweise für die Ermordung eines unbewaffneten Jugendlichen ist Wilson noch immer frei.

Danach gab Obama etwas widerwillig zu, dass die Bevölkerung gewisse verfassungsmäßige Rechte hat, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Pressefreiheit. "Diese Rechte müssen wachsam gehütet werden“, erklärte er. "Unsere Nation ist ein Rechtsstaat für Bürger, die nach den Gesetzen leben, und Bürger, die sie durchsetzen."

Was für ein Betrug! Mit Obamas Unterstützung wurden die verfassungsmäßigen Rechte in den Straßen von Ferguson zu toten Buchstaben. Kurz vor Obamas Rede begann die Polizei, Demonstranten von zentralen Plätzen der Stadt zu vertreiben, nachdem Gouverneur Nixon angeordnet hatte, dass sich niemand in diesen Bereichen aufhalten dürfe. Das ist Verstoß gegen den ersten Zusatzartikel der Verfassung, der das Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert.

Obamas mittlerweile rituelle Beschwörungen einer "vereinten amerikanischen Familie" mit einer "gemeinsamen Menschlichkeit“, die er am Montag wiederholte, können nicht die Realität des Lebens in den USA verbergen. Diese Plattitüden kommen von einem Präsidenten, der dafür gesorgt hat, dass die Wirtschafts- und Finanzaristokratie durch eine Umverteilung von unten nach oben von historisch beispiellosem Ausmaß noch reicher geworden ist. Was die "Menschlichkeit" angeht, so war es Obama, der auf einer Pressekonferenz Anfang des Monats die unsterblichen Worte aussprach: "wir haben ein paar Leute gefoltert" und dabei klarstellte, dass er nichts tun werde, um diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die die Folter angeordnet haben.

Trotz Obamas Demagogie und Lügen spiegelt sich die soziale und politische Realität im Bewusstsein der Bevölkerung wider. Die Wut in den Straßen von Ferguson ist ein Ausdruck von Stimmungen, die im ganzen Land tief empfunden werden. Die Wut richtet sich nicht nur gegen Polizeigewalt, sondern auch gegen Arbeitslosigkeit, Armut, Ungleichheit und den unablässigen Angriff auf die sozialen Bedingungen der ganzen Arbeiterklasse.

In der Arbeiterklasse setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die Probleme, denen die arbeitende Bevölkerung gegenübersteht, im System begründet sind. In Videointerviews, die auf der WSWS veröffentlicht wurden, sprechen Arbeiter und Jugendliche in Ferguson über den Charakter des Kapitalismus und weisen auf die riesigen Mittel hin, die für das Militär und die Polizei bereitgestellt werden, während die herrschende Klasse behauptet, es sei kein Geld für Bildung und Arbeitsplätze da. Sie bemerken die Heuchelei des amerikanischen Imperialismus, der Kriege für "Demokratie" im Ausland führt und im eigenen Land gepanzerte Fahrzeuge in amerikanische Städte schickt.

Dieses wachsende Bewusstsein in der Arbeiterklasse muss mit einem klaren politischen Programm verbunden werden, auf dessen Grundlage ein erfolgreicher Kampf geführt werden kann. Das zentrale Ziel der Socialist Equality Party in den USA und ihrer Schwesterparteien auf der ganzen Welt ist es, die revolutionäre Führung aufzubauen - in St. Louis, im ganzen Land und weltweit - die notwendig ist, um die Arbeiterklasse mit solch einem sozialistischen Programm zu bewaffnen.

Die SEP ruft zur Mobilisierung der ganzen Arbeiterklasse hinter den Arbeitern und Jugendlichen in Ferguson, Missouri, auf. Im ganzen Land sollten Demonstrationen und Versammlungen stattfinden, auf denen die Verhaftung und Anklage gegen den Mörder von Michael Brown, der Abzug der Nationalgarde und die Demobilisierung der Polizei, sowie die Aufhebung des Notstands gefordert wird. Diese demokratischen Forderungen sollten mit der Verteidigung von sozialen Rechten der Arbeiterklasse verbunden werden - der Bereitstellung von hunderten Milliarden Dollar für anständig bezahlte Arbeitsplätze, das Bildungs- und Gesundheitswesen und Wohnungen für alle.

Was in Ferguson stattfindet, ist Teil eines Angriffs auf alle Arbeiter. Die Polizeistaatsmaßnahmen, die in der Stadt zum Einsatz kommen, und der riesige Geheimdienst- und Militärapparat richten sich gegen jeden Widerstand gegen die Wirtschafts- und Finanzaristokratie.

Die SEP betont, dass die Verteidigung der demokratischen und sozialen Rechte der Bevölkerung der Vereinigten Staaten mit dem Kampf gegen imperialistischen Krieg verbunden werden muss. Die Nationalgardisten, die in Ferguson eingesetzt werden, sind die gleichen Kräfte, die ausgeschickt wurden, um die Bevölkerung im Irak und in Afghanistan brutal zu unterdrücken. Das Interesse der amerikanischen Arbeiterklasse an der Demontage der amerikanischen Kriegsmaschinerie ist untrennbar mit dem Kampf der Arbeiter in der ganzen Welt gegen die Machenschaften der amerikanischen herrschenden Klasse verbunden, die die Menschheit in einen neuen Weltkrieg zu treiben droht.

Ohne einen direkten Angriff auf die Herrschaft der Kapitalistenklasse über die Gesellschaft, die gezeigt hat, dass sich vor nichts halt macht, um ihre Herrschaft zu verteidigen, kann nichts erreicht werden.

Die grundlegende Frage ist: wer wird herrschen? Werden die herrschende Klasse und ihre Unterdrückungswerkzeuge weiterhin noch brutalere Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse durchsetzen, während sie die Menschheit in die Katastrophe führen? Oder wird die Arbeiterklasse, die große Mehrheit der Bevölkerung, die politische Macht übernehmen und die Gesellschaft auf der Grundlage von Gleichheit, einer radikalen Umverteilung des Reichtums und demokratischer Kontrolle über die riesigen Produktivkräfte der Menschheit verwandeln? Diese Alternative stellt sich immer unmittelbarer und drängender.

Es reicht nicht aus, zuzusehen, wie sich die Ereignisse entwickeln. Wir fordern unsere Leser auf, sich dafür zu entscheiden, den Kampf für den Sozialismus aufzunehmen - indem sie der Socialist Equality Party beitreten und sie als Führung der Arbeiterklasse aufbauen.

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