Perspektive

Eine internationale Strategie für Autoarbeiter

Die Tarifabkommen, die in den letzten vier Jahren für 140.000 Arbeiter bei General Motors, Ford und Fiat Chrysler in den USA gültig waren, werden in einem Monat, am 14. September, auslaufen. Die Autoarbeiter, die ihren Lebensstandard nach mehr als zehn Jahren sinkender Reallöhne zu verbessern suchen, sind mit dem gesamten wirtschaftlichen und politische Establishment konfrontiert. Dieses ist entschlossen, die Reallöhne weiter zu senken, um die USA in ein Billiglohnparadies zu verwandeln.

Die Arbeiter befinden sich in einem Kampf von nationaler und internationaler Bedeutung. An der Finanzierung, dem Modelldesign und der Produktion von Autos und Lastwagen sind Dutzende Millionen Arbeiter international beteiligt. Die Autoindustrie gehört zu den global am meisten integrierten Industrien der Welt. Transnationale Konzerne wie Toyota, VW, GM, Nissan und Ford sind auf sechs Kontinenten aktiv. Sie werden vom internationalen Finanzkapital dazu gedrängt, die Lohnkosten zu senken, die Ausbeutung zu verschärfen und die Rendite zu steigern, um dessen unstillbare Profitgier zu befriedigen.

Daraus ergibt sich für Autoarbeiter die Notwendigkeit einer internationale Strategie in ihrem Kampf gegen die globalen Autokonzerne. Es bedeutet auch, gegen die Gewerkschaften zu kämpfen, die Nationalismus propagieren und mit den Unternehmen zusammenarbeiten, um Arbeiter in einem Konkurrenzkampf um Arbeitsplätze gegeneinander aufzuhetzen.

Als die Verhandlungen zwischen den drei großen Autoherstellern (Ford, Chrysler, GM) und der Gewerkschaft United Autoworkers (UAW) begannen, kündigte Ford an, die Produktion von zwei kleineren Automodellen aus einer Fabrik im Vorortgürtel von Detroit in ein Werk „außerhalb der USA“ zu verlagern. Industrieanalysten wiesen darauf hin, dass die Ausweitung der Investitionen in Mexiko - wo die Löhne in der Autoindustrie mittlerweile niedriger liegen als in China - ein mächtiges Druckmittel sei, mit dem sich amerikanische Autoarbeiter zu noch weiteren Zugeständnissen erpressen ließen.

Wie auf ein Signal versuchte die UAW die Erwartungen der Arbeiter auf deutliche Lohnerhöhungen zu dämpfen und erklärte, das wichtigste Thema bei den Tarifverhandlungen sei die „Sicherheit der Arbeitsplätze“. Dies ist schon seit langem der Tarnbegriff der UAW-Bürokratie für weitere Zugeständnisse, obwohl seit 1979 in der amerikanischen Autoindustrie trotz aller Zugeständnisse fast eine Million Stellen ausgelöscht wurden.

UAW-Vizepräsident Jimmy Settles, der Chefunterhändler bei Ford, erklärte, ganz der Lakai der Unternehmer: „Wir müssen intelligent verhandeln. Wir wollen sie damit nicht aus dem Geschäft drängen.“ Damit meinte er ein Unternehmen, das seit 2010 53 Milliarden Dollar Gewinn gemacht hat.

Die UAW ist der oberste Vollstrecker von Lohnsenkungen, die sie als entscheidenden Faktor betrachtet, um Investitionen aus China, Mexiko und anderen Billiglohnländern in die USA zurückzulocken und damit die Zahl der beitragszahlenden Gewerkschaftsmitglieder zu erhöhen. Letzte Woche kündigte Ford an, die Produktion von mehreren LKW-Modellen aus seinem Werk im mexikanischen Escobedo in ein Werk in Avon Lake nahe Cleveland, Ohio, zurückzuverlagern.

Der Präsident von Ford Amerika, Joe Hinrichs, erklärte: „Wir haben zusammen mit unseren Partnern in der UAW eine Möglichkeit gefunden, die Lohnkosten wettbewerbsfähig genug zu machen, um in Ohio eine ganze Generation von neuen Gabelstaplern zu produzieren.“

Nach dem Finanzcrash von 2008 organisierte die Obama-Regierung gemeinsam mit der Wall Street die Umstrukturierung der Autoindustrie. Mithilfe der UAW wurden Zehntausende von Arbeitsplätzen zerstört, die Einkommensabsicherung für entlassene Arbeiter wurde abgeschafft, und die Konzerne von allen Verpflichtungen entbunden, die Kosten für medizinische Versorgung für pensionierte Arbeiter zu übernehmen. Zudem wurde das Zweiklassen-Lohnsystem ausgeweitet, nach dem Arbeiter, die nach 2007 eingestellt wurden, kaum mehr als halb so viel Lohn erhalten wie länger beschäftigte Arbeiter.

Die Löhne in den USA sind so tief gesunken, dass die Autohersteller sogar gedroht haben, die Produktion im benachbarten Kanada ganz einzustellen. Fiat Chrysler Chef Sergio Marchionne erklärte wörtlich, Kanada sei „nicht, was ich den billigsten Produktionsstandort nennen würde.“ In Oshawa, Ontario, droht mehr als 1.000 GM-Arbeitern der Verlust ihrer Stellen, nachdem GM angekündigt hat, das dortige Werk zu schließen und die Produktion des Sportwagens Camaro nach Lansing, Michigan, zu verlagern. Als Reaktion darauf appellierte der örtliche Gewerkschaftspräsident an GM, es sich noch einmal zu überlegen und erklärte, der Konzern könne von der kanadischen Variante der Zweiklassenregelung profitieren, die vorsieht, dass neu eingestellte Arbeiter erst nach zehn Jahren Anspruch auf die Endlohnstufe haben.

Jedes Zugeständnis der Gewerkschaften bei Löhnen und Zusatzleistungen erhöht nur die internationale Ausbeutung der Arbeiter. Weil sich internationale Investoren über die eine zu niedrige Rendite von drei Prozent bei VW beklagen, dem drittgrößten Autobauer der Welt, während GM und Ford zehn Prozent erwirtschaften, beginnt das Unternehmen eine brutale Kostensenkungskampagne zu Lasten seiner weltweit 600.000 Beschäftigten. Diese Kampagne wird angeführt vom neuen Vorsitzenden des VW-Aufsichtsrats, dem ehemaligen Vorsitzenden der IG Metall Berthold Huber, der jährlich umgerechnet 1,04 Millionen Dollar erhält.

Mit der Verschärfung der Weltwirtschaftskrise, dem Konjunkturabschwung in China, der anhaltenden Stagnation in Europa und dem Zusammenbruch der Autoverkäufe in Brasilien und Russland werden die Vorstände und Geldgeber der Autokonzerne ihren Krieg gegen die Autoarbeiter weiter verschärfen.

Seit dem Börsenkrach vor sieben Jahren nimmt der Widerstand der Autoarbeiter weltweit zu. Es kam zu Streiks in China, Brasilien, der Türkei, Indien, Mexiko, Südkorea und vielen weiteren Ländern. Die Gewerkschaften blockieren allerdings eine vereinten Kampf. Sie sind national beschränkt und fordern von den Arbeitern endlose Opfer, um die Stellung „ihrer“ eigenen Kapitalisten auf dem Weltmarkt zu stärken.

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale, die trotzkistische Weltbewegung, wies schon 1988 auf die Bedeutung der Globalisierung der Produktion hin und erklärte eine Strategie für die Arbeiterklasse.

In einen Perspektivdokumentvon 1988 schrieb das IKVI: „Tiefgehende wirtschaftliche Prozesse stärken die objektive Einheit der internationalen Arbeiterklasse. Dass der Klassenkampf nur in seiner Form national, aber im Wesentlichen ein internationaler Kampf ist, gilt seit langem als grundlegende These des Marxismus. Angesichts der neuen Merkmale der Entwicklung des Kapitalismus muss selbst die Form des Klassenkampfes einen internationalen Charakter annehmen. Selbst die elementarsten Kämpfe der Arbeiterklasse erfordern die Koordinierung ihrer Aktionen im internationalen Ausmaß.“

Die Arbeiter aller Länder müssen vereint gegen ihren gemeinsamen Feind kämpfen -- gegen das kapitalistische System.

Die Kampagne der Socialist Equality Party zum Aufbau einer internationalen Widerstandsbewegung unter den Autoarbeitern ist bereits auf großen Anklang gestoßen. Arbeiter aus dem ganzen Land abonnieren den Autoworkers Newsletter der WSWS. In den nächsten Wochen werden die SEP und ihre internationalen Schwesterparteien alles in ihrer Macht Stehende tun, um die amerikanischen Arbeiter mit den Arbeitern in Kanada, Mexiko und Lateinamerika, Europa, Asien und Australien zu verbinden.

Die SEP ruft Arbeiter dazu auf, in allen Fabriken Aktionskomitees der Belegschaften zu gründen, die die Arbeiter selbst demokratisch leiten und die nicht unter der Kontrolle der amerikanischen UAW oder der entsprechenden Gewerkschaften in anderen Ländern stehen. Eine derartige Initiative ist von grundlegender Bedeutung beim Aufbau der wirtschaftlichen und politischen Gegenoffensive der Arbeiterklasse gegen das weltweite kapitalistische System, der Ursache von Ungleichheit, Kürzungspolitik und Krieg.

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