Kshama Sawant von der Sozialistischen Alternative tritt gemeinsam mit Bernie Sanders in Seattle auf

Die Gemeinderätin von Seattle City und Vorsitzende der Sozialistischen Alternative (die amerikanische Schwesterorganisation der SAV), Kschama Sawant, trat am 8. August bei einer Veranstaltung der Vorwahlkampagne von Senator Bernie Sanders von der Demokratischen Partei auf.

Sanders gehört der Fraktion der Demokraten im Senat an und beteiligt sich an den Vorwahlen zur Kandidatennominierung für die Präsidentschaftswahlen 2016. Auf dem Podium saßen neben Sanders und Sawant eine Reihe Demokratischer Kongress- und Bundesstaatsabgeordneter und Gewerkschaftsbürokraten.

Sawants Auftritt bei der Veranstaltung lässt keinen Zweifel daran, dass die Sozialistische Alternative eine Agentur der Demokratischen Partei ist.

„Sawant heißt Bernie Sanders mit sozialistischem Gruß willkommen“ war der Titel einer Erklärung, die die Sozialistische Alternative vor dem Treffen herausgab. Angeblich „sozialistische“ Grundsätze des langjährigen amerikanischen Kongressabgeordneten und Senators wurden beschworen und Sawant und Sanders als Gleichgesinnte dargestellt. Die Sozialistische Alternative bezeichnete die Veranstaltung als Ereignis, bei dem „Sozialisten sich die Bühne teilen“.

Sawant wurde mit den Worten zitiert: „Es ist sehr erfreulich, Sanders hier bei uns in Seattle zu haben. Das ist eine gute Voraussetzung für eine sozialistische Bewegung, die es mit den Milliardären aufnehmen kann, die unsere Wirtschaft und unsere Demokratie strangulieren.“

Sie fügte hinzu: „Sanders grenzt sich von den übrigen Präsidentschaftskandidaten ab und lehnt Geldspenden aus dem Wirtschaftsmilieu ab… Ich appelliere an die Tausenden von Unterstützern, die meine Kampagne als Spender oder freiwillige Helfer unterstützten, sich mit mir zusammen Sanders Wahlkampf anzuschließen.“

In ihrer Rede auf der Veranstaltung, die am 50. Jahrestag der Gründung des Gesundheitsprogramms Medicare stattfand, wiederholte Sawant einige Vorschläge aus Sanders Wahlkampf. Sie übernahm seine Floskeln, prangerte die „Milliardärsklasse“ an und rief zu einer „politischen Revolution“ auf.

Ihr einziger konkreter Vorschlag zur Krise des Gesundheitssystems in Amerika war eine bescheidene Reform der sozialen Sicherungssysteme, das „Reichen genau die gleichen Sozialabgaben wie jedermann auferlegen soll“, eine Maßnahme, die sie als „Verschrottung der Beitragsbemessungsgrenze“ (scrap the cap) bezeichnete.

Im gleichen Beitrag, in dem sie Sanders als Sozialist darstellte, und die uneingeschränkte Unterstützung seines Wahlkampfs anbot, verkündete Sawant die Unabdingbarkeit des „Aufbaus einer neuen Art politischer Organisation“, unabhängig von den Republikanern und „auch unabhängig von der Demokratischen Partei, die von der Wall Street beherrscht wird.“

Das ist der Gipfel politischer Doppelzüngigkeit. Im gleichen Atemzug, in dem Sawant Stimmen für den Bewerber für die Demokratische Präsidentschaftskandidatur zu ergattern versucht, ruft sie zur Gründung einer neuen Partei auf, die angeblich unabhängig von der Demokratischen Partei sein soll! Sawant und die Sozialistische Alternative reden mit gespaltener Zunge, wodurch sich auch ihre angebliche Unterstützung für eine Arbeiterpartei als Betrug entpuppt.

Hurra-Rufe der Sozialistischen Alternative für Sanders in der Demokratischen Partei sind kein neues Phänomen. In den vergangenen Monaten hat sich ihr Parteiblatt in eine Wahlkampfbroschüre für Sanders verwandelt.

„Sanders Kampagne bekommt Schwung“ verkündet die Überschrift der August-Ausgabe. Im Untertitel wird gefragt: „Wie können wir verstärkt und entschlossen die politische Herrschaft der Wirtschaft herausfordern?“ Überall werden Zitate von Sanders herausgestellt und mit Fotos des Kandidaten vor großen Menschenansammlungen kombiniert. In dem Artikel wird gefordert, „Sanders' Vorschläge für eine politische Revolution zu unterstützen.“

Mit ihrer Tätigkeit als Wahlhelfer für Sanders reagieren Sawant und die Sozialistische Alternative auf die verschärfte Krise der Demokratischen Partei. Angesichts der wachsenden Unzufriedenheit mit den Demokraten und der Enttäuschung der arbeitenden Menschen über die Betrugsmanöver Obamas wirbt die Sozialistische Alternative für eine Kampagne, deren Hauptzweck die Verhinderung einer unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse ist und die die verbreitete Opposition wieder ins Fahrwasser der Demokratischen Partei zurück lenken soll.

Sanders gab das jedenfalls zu, als er in der Sendung „Meet the Press“ befragt wurde. In seinem Gespräch mit Chuck Todd von NBC erklärte er, dass sich die Demokratische Partei in einer Legitimationskrise befände. „Die Demokraten verlieren, weil die Wahlbeteiligung katastrophal ist“, sagte er und fügte hinzu: „Ich denke, wir können das ändern.“

Dann fuhr er fort: „Wirklich günstig für meinen Sieg bei den Demokratischen Vorwahlen ist, dass wir viele junge Menschen und viele arbeitende Menschen für Politik interessieren, und zum Wählen bekommen können, wie es die etablierten Politiker nicht vermögen.“

In seiner Kampagne zur Wiederbelebung der Demokratischen Partei hat Sanders die volle Unterstützung der Sozialistischen Alternative, die ihre Anpassung an ihn mit der Begründung rechtfertigt, dass sie an die „fortschrittlichen“ und „linken“ Kräfte appelliere, die sich um Sanders Kampagne gruppieren.

Was die Sozialistische Alternative mit „fortschrittlich“ und „links“ meint, ist nicht die Arbeiterklasse, sondern es sind die liberalen und angeblich „linken“ Schichten der oberen Mittelklasse, die sich – wie sie selbst – mit Identitäts- und „Lifestyle“-Politik befassen und die eine oder andere Fraktion der Demokratischen Partei und der Gewerkschaftsbürokratie umkreisen.

Der Vorsitzende der Sozialistischen Alternative, Ty Moore, sagte es im Mai ganz unverblümt auf einer Konferenz der Pseudolinken in Chicago: „Die Hauptsache ist, eine Basis von Aktivisten und Organisationen, d.h. die Linke aus der Demokratischer Partei und den Gewerkschaften herauszubrechen.“ Er fügte hinzu: „Es ist kein Verbrechen an sich, Druck auf die Demokraten auszuüben.“

Solche Aussagen drücken den stumpfsinnigen politischen Bankrott der oberen Mittelschichten aus, die der revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse von Grund auf feindlich gesinnt ist. Sie unterstützen Sanders, weil sie seine Kampagne als nützliches Vehikel für ihr eigenes Streben nach gut bezahlten Posten in der Demokratischen Partei und der Gewerkschaftsbürokratie sehen.

Entsprechend tun sie alles um die Kluft zu überdecken, die Sanders vom Sozialismus trennt und helfen diesem Agenten der amerikanischen herrschenden Klasse und der Demokratischen Partei bei seinen Bemühungen Arbeiter und Jugendliche zu belügen und zu betrügen.

Ein Artikel in der Juni-Ausgabe der Publikation der Sozialistischen Alternative wiederholt ein mittlerweile bekanntes Mantra bürgerlicher Politiker, die sich versuchen als „linke“ oder gar als „sozialistische“ Führer der Arbeiter darzustellen. In dem Artikel heißt es: „Sozialisten müssen mit ihnen durch diese Erfahrung (den Wahlkampf für Sanders) gehen, damit sie die Schlussfolgerung ziehen, dass eine unabhängige politische Alternative zu den Demokraten gebraucht wird.“

„Mit ihnen durch die Erfahrung gehen“ - das sind exakt die gleichen Worte mit denen die Pseudolinken ihre Unterstützung für Syriza und Tsipras rechtfertigen und deren Verschwörung mit der Europäischen Union zu unterstützen, die dazu dient, die Diktatur der Banken gegen die griechischen Massen durchzusetzen.

Eines ist sicher: eine „Erfahrung“ mit Sanders als amerikanischer Präsident wäre genauso katastrophal für die amerikanische Arbeiterklasse wie die „Erfahrung“ mit Syriza in Griechenland.

Die Tatsache, dass Sanders viel Unterstützung gefunden hat, insbesondere unter Arbeitern und Studenten, zeigt, dass sich breite Teile der Bevölkerung von seiner angeblichen Opposition gegen soziale Ungleichheit angezogen fühlen und nach einer linken Alternative zu den Wirtschaftsparteien suchen.

Der vorgebliche Sozialismus von Sanders hat die Wähler keinesfalls abgestoßen, sondern das Interesse an seinem Wahlkampf vergrößert.

Unter solchen Bedingungen sind Sozialisten mehr denn je verpflichtet die unversöhnliche Kluft aufzuzeigen, die Sanders’ im Kern bürgerliches Programm von sozialistischen Prinzipien und Forderungen trennt. Um die aufkommende antikapitalistische Stimmung in der Arbeiterklasse weiter zu entwickeln und sie in eine politisch bewusste, unabhängige und revolutionäre Bewegung für den Sozialismus umzuformen, müssen Marxisten die Arbeiter von jeglicher Illusion in Sanders befreien und die grundlegenden politischen und historischen Fragen zum Aufbau einer wirklich sozialistischen Alternative klären. Die Arbeiter von der Demokratischen Partei zu brechen und nicht sie ihr unterzuordnen, ist dabei der zentrale Punkt.

Im Gegensatz zu Sanders pseudolinken Unterstützern führen die Socialist Equality Party und die World Socialist Web Site genau diesen Kampf. (siehe auch: Ist Bernie Sanders Sozialist?)

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