Hamburg: SPD und Grüne betreiben brutale Abschreckungspolitik gegen Flüchtlinge

Der Senat, d. h. die Regierung der Stadt Hamburg rechtfertigt die menschenunwürdige Unterbringung von Flüchtlingen mit der Behauptung, sie sei aufgrund des großen Andrangs zu Notmaßnahmen gezwungen und könne nicht mehr als das „Wesentliche“ tun. Gleichzeitig werden jedoch die zur Verfügung stehenden Wohnungen und die Unterstützung von fachkundigen Hilfsorganisationen nicht in Anspruch genommen.

Flüchtlingszelt im Jenfelder Moorpark

Dem organisierten Chaos und der katastrophalen Lage der Flüchtlinge kann bei genauerer Betrachtung nur eine bewusste Absicht unterstellt werden: die Flüchtlinge abzuschrecken, sie in ein schlechtes Licht zu rücken, die Solidarität der Bevölkerung zu unterbinden und ein Bild der Überforderung entstehen zu lassen.

Die verfügbaren Ressourcen der Stadt werden für andere Projekte freigehalten. Der Erste Bürgermeister, Olaf Scholz (SPD), beschrieb die desolate Lage am 14. Oktober in einer Regierungserklärung mit den Worten: „Wir sind hier gut vorbereitet“, um dann im nächsten Satz auf die Bewerbung Hamburgs um ein Milliarden verschlingendes Großprojekt zu verweisen: „Weil das so ist, gehen wir auch weitere große Projekte für die Stadt an: Dazu gehört die Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024.“

Flüchtlinge müssen auf der Straße schlafen

Obwohl also reichhaltige Mittel verfügbar sind, wurden wiederholt Unterkünfte nicht oder nicht ausreichend vorbereitet, so dass Hunderte Flüchtlinge, auch Kinder, auf der Straße schlafen mussten: auf Pappen, Zeitungen oder alten Wolldecken.

Als 1000 Flüchtlinge aus den zentral gelegenen Messehallen in einen leerstehenden Baumarkt umgesiedelt wurden, konnten nicht einmal alle in diesem untergebracht werden, obwohl der Umzug wegen einer anstehenden Messe lange Zeit zuvor bekannt war. Björn Domroese, Büroleiter von Innensenator Michael Neumann (SPD), meinte dazu nur lapidar: „Die Kapazitäten sind leider erschöpft.“

Wohnangebote werden ignoriert

Trotz der prekären Unterbringungssituation der Flüchtlinge ignoriert der Senat offenbar Tausende Wohnraumangebote von Privatpersonen. Was aus diesen Angeboten wurde bzw. warum sie abgelehnt wurden, dazu konnten sich die Behörden nicht äußern. „Die genaue Anzahl der Immobilienangebote für die Flüchtlingsunterbringung in den Jahren 2012-2015 wird statistisch nicht erfasst und kann daher nicht angegeben werden“, heißt es in der Antwort des Senats vom 2. Oktober auf eine diesbezügliche kleine Anfrage der FDP.

Ähnliche Vorwürfe äußerte Heinrich Stüven vom Grundeigentümerverband Hamburg in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt vom 13. Oktober. Er ergänzte: „Leider hat die Verwaltung derartige Initiativen der Eigentümer nicht ernst genommen und viele Angebote stattdessen mit Formschreiben abgelehnt. Man hat sich die Immobilien nicht einmal genauer angeschaut. Damit wird Willkommenskultur kaputt gemacht.“

Zudem nutzen die Behörden laut Stüven auch nicht „Hilfsorganisationen wie das Technische Hilfswerk oder das Rote Kreuz, um die Unterbringung der Flüchtlinge“ zu organisieren. „Diese Organisationen kennen derartige Notsituationen und können damit gut umgehen.“

Der Senat schafft auf diese Weise die Voraussetzungen für zunehmende, zum Teil auch gewalttätige Auseinandersetzungen und Verteilungskämpfe unter den Lagerbewohnern (u. a. wegen der mangelnder Ausstattung, z. B. zum Wäschetrocknen in den feuchten Zeltlagern). Er ignoriert die Warnungen von Experten, dass die „Unterbringung in Großunterkünften unweigerlich zu Konflikten führt“. (Heinrich Stüven)

Mangelnde Vorbereitung und Planung

Seit Jahren, spätestens seit mehreren Monaten ist die kriegsbedingt steigende Anzahl der Flüchtlinge bekannt. Dennoch unterließ die Stadtverwaltung die für eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge und Wohnungslosen erforderlichen Maßnahmen. Auch die Versorgung der Flüchtlinge wurde nicht an das kälter werdende Wetter im Herbst angepasst.

Ebenso wie die freiwilligen Helfer fühlen sich auch die leitenden Mitarbeiter von „Fördern und Wohnen“ (f & w), einem städtischen Wohnungsunternehmen, von der Politik allein gelassen. Sie äußerten ihren Unmut in einem offenen Brief. Darin prangern sie die untragbare Situation in den Unterkünften an.

Das Elend der Flüchtlinge, so f & w, sei jahrelang ignoriert worden. Nun bestehe die Gefahr, dass die Errungenschaften für eine ordentliche Unterbringung Hilfsbedürftiger insgesamt zerstört werden.

In dem Anstieg der Flüchtlingszahlen sehen sie nur einen Teil der jetzigen Notmaßnahmen begründet: „Die Versäumnisse der FHH [Freie Hansestadt Hamburg] sind ein anderer Grund. In Hamburg fehlt ein an die Erfahrungen der neunziger Jahre angelehntes strategisch angelegtes Gesamtkonzept für die öffentliche Unterbringung von der Aufnahme bis zur Integration in Mietwohnraum.“

Zudem gab es laut f & w keine vorausschauenden Planungen, sondern wurden durch Sparvorgaben Kapazitäten radikal abgebaut.

Die Autoren des Brandbriefes kommen zu dem Schluss: „Notmaßnahmen, die darin gipfeln, dass alle bisherigen Standards der öffentlichen Unterbringung über Bord geworfen werden, stören den sozialen Frieden in den Unterkünften und senken dramatisch die Akzeptanz dieser Einrichtungen und ihrer Nutzer.“ Sie warnen: „Werden Notstandorte mit einer großen Zahl verzweifelter Flüchtlinge das Stadtbild dominieren, dann droht der Stimmungsumschwung in unserer Stadt zu Gunsten von mehr Fremdenfeindlichkeit.“

Auch verweisen sie auf die Gefahren drohender Verteilungskämpfe: „Der soziale Frieden in unserer Stadt verlangt auch, dass die auf preiswerten Wohnraum angewiesene Hamburger Bevölkerung nicht mit Flüchtlingen und Wohnungslosen in eine Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum eintritt und Bedarfsgruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Deswegen ist auch das reguläre öffentliche Wohnungsbauprogramm drastisch zu steigern.“ Notwendig seien 10.000 zusätzlicher Wohnungen, so die Verfasser.

Die Stadt kündigte jetzt den Bau von nur bis zu 5.600 einfachen Wohnungen für 28.000 Flüchtlinge bis Ende 2017 an. Die drohenden Konflikte infolge der Ghettoisierung sind den politisch Verantwortlichen sehr wohl bewusst, denn neben Managern und Bildungseinrichtungen ist in den „Flüchtlingsquartieren“ laut Hamburger Abendblatt „ausreichend Polizei vorgesehen“.

Die lange Tatenlosigkeit und unzureichenden Maßnahmen können nur bedeuten, dass die politisch Verantwortlichen die Flüchtlinge ihrem Schicksal überlassen wollten. Die solidarische Reaktion der Bevölkerung hat sie offenbar völlig überrascht und ist ihnen ein Dorn im Auge. Denn die freiwilligen Helfer bekommen nach mehrfacher Aussage auch nach Monaten keine Unterstützung von der Stadt und sind mit Einschränkungen oder Behinderungen konfrontiert.

Fehlender Wohnraum und massive Geldverschwendung

Ausreichend günstiger Wohnraum ist in Hamburg ein generelles Problem. Allerdings stehen über 1,2 Millionen Quadratmeter Bürofläche zur Verfügung und Tausende Wohnungen stehen leer. Auch ist genug Geld vorhanden, welches für völlig überteuerte Prestigeprojekte ausgegeben bzw. veranschlagt wird: Die Elbphilharmonie (865 Millionen Euro) oder die geplante Bewerbung für Olympia 2024 (geschätzte Gesamtkosten 11,2 Milliarden Euro). Auch für die Verluste der HSH-Nordbank (6,2 Milliarden Euro für Hamburg und Schleswig-Holstein) soll die öffentliche Hand aufkommen.

Dennoch kündigt Olaf Scholz den Flüchtlingen eine fortgesetzte unmenschliche Unterbringung an: „Wir werden vielen vieles abverlangen. Auch den Flüchtlingen. Sie werden sich darauf einstellen müssen, noch längere Zeit in den großen Massenunterkünften zu bleiben.“

Außerdem versucht der Erste Bürgermeister die Kritiker seiner Politik mundtot zu machen: „Aber wer den Umstand der Massenunterkünfte pauschal beklagt, der wird der humanitären Aufgabe nicht gerecht, vor der wir stehen.“

Weiter schwadroniert er: „Das römische Recht kennt die sehr grundsätzliche Idee, dass niemand mehr leisten muss, als er leisten kann (...). Diese richtige Idee wird heutzutage oftmals missbraucht.“ In der Tat, und zwar durch Herrn Scholz selbst, denn er unterlässt das Mögliche und Machbare. Auch die Behauptungen des Senats, nicht mehr „leisten zu können“, wird durch die Fakten widerlegt.

Wenn es um die Bestrafung der Konflikte der Flüchtlinge in Folge der selbst geschaffenen „wesentlichen“ Umstände geht, dann entdeckt Herr Scholz das Mögliche und Machbare: „Wer gewalttätig wird, der muss mit der Härte des Gesetzes rechnen. Das werden wir nicht hinnehmen.“

Wie brenzlig die Situation bereits ist, beschreibt die Leiterin einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft: „Wir sitzen hier auf einem Pulverfass. Wir vermuten, dass das bald hochgehen wird. Wir können das hier nicht mehr verantworten“.

Loading