Lehrer in Detroit und Chicago kämpfen für das öffentliche Bildungswesen

Im vergangenen Monat haben tausende von Lehrern den offenen Kampf gegen den Angriff der Obama-Regierung und der beiden großen Parteien in den USA auf das öffentliche Bildungswesen aufgenommen. Nach jahrzehntelangen unablässigen Haushaltskürzungen, Entlassungen und Schulschließungen, die sich nach dem Finanzcrash von 2008 noch verschärft haben, haben die Lehrer in Detroit und Chicago einen Kampf begonnen, der von immenser Bedeutung für die gesamte Arbeiterklasse ist.

Der Kampf zur Verteidigung des demokratischen Grundrechts auf eine angemessene Bildung zwang die Lehrer in einen Konflikt mit allen Teilen des politischen Establishments, von den beiden Parteien des Großkapitals und den kapitalistischen Gerichten bis hin zu den Mainstream-Medien und der Lehrergewerkschaft, die fälschlicherweise behauptet, ihre Interessen zu verteidigen.

Letzten Monat veranstalteten Tausende von Detroiter Lehrern eine Reihe von sogenannten „Sickouts“ oder „Krankschreibungsstreiks“. Auf dem Höhepunkt dieser Kampagne, parallel zu Obamas Besuch in der Stadt am 20. Januar, lag fast das gesamte Schulsystem auf Eis. Diese Aktionen wurden von der Basis der Lehrer unter Einsatz der sozialen Netzwerke organisiert und unabhängig von und gegen den Willen ihrer Gewerkschaft, der Detroit Federation of Teachers (DFT) und ihrer Dachorganisation, der American Federation of Teachers (AFT), durchgeführt.

Detroit wurde von Obamas ehemaligem Bildungsminister als „Ground Zero“ der Bildungspolitik der Regierung bezeichnet. Die Lehrer der Stadt forderten angemessene Mittel und Personal, um ungeheizte und gesundheitsschädigende Schulgebäude zu reparieren, eine Reduzierung der Klassengröße und Sozialleistungen, um das alarmierende Ausmaß der Armut unter Schülern zu bekämpfen. Sie verlangten außerdem die Rücknahme der Verschlechterungen, die die DFT bei Löhnen und Sozialleistungen durchgesetzt hatte.

Die Versuche der Medien und des staatlichen Zwangsverwalters des Schulsystems, die Lehrer als gierig und gleichgültig gegenüber den Bedürfnissen der Schüler darzustellen, gingen nach hinten los. Eltern stellten sich hinter die „Sickouts“ und Hunderte von Schülern traten aus Protest gegen die Hetzkampagne gegen ihre Lehrer und deren angeblich „illegale Streiks“ in einen Bildungsstreik.

In Chicago, dem drittgrößten Schulbezirk in den USA, widersetzen sich Zehntausende von Schulbeschäftigten den Forderungen von Bürgermeister Rahm Emanuel. Der ehemalige Investmentbanker und Stabschef im Weißen Haus unter Obama fordert massive Etatkürzungen bei den öffentlichen Schulen, bei Löhnen und Zusatzleistungen und noch mehr Geld für Großaktionäre und kommerzielle Privatschulbetreiber.

Mehr als drei Jahre nach dem Verrat der Chicago Teachers Union (CTU) an dem Streik im Jahr 2012, der zur Schließung von 50 Schulen und der Entlassung von mehr als 1.000 Lehrern führte, rebelliert die Basis gegen die Gewerkschaft und ihre angeblich linken Führer. Diese haben versucht, im Auftrag von Emanuel einen Tarifvertrag durchzusetzen, durch den die Lehrer höhere Kosten für Renten- und Krankenversicherung zahlen müssten und der den Schulbehörden freie Hand gäbe, die Zahl der privat betriebenen Charter Schools zu erhöhen.

Am Montag vergangener Woche lehnte die Tarifkommission der CTU den Tarifvertrag einstimmig ab, nachdem die Basis der Lehrer in sozialen Netzwerken Details über den Verrat verbreiteten, die die CTU eigentlich geheim halten wollte.

Einen Tag nach der Entscheidung der Tarifkommission beklagten sich die Schulbehörden, die CTU hätte eine Vereinbarung mit ihnen gebrochen, und kündigten Kürzungen des Schuletats von 100 Millionen Dollar und die Entlassung weiterer 1.000 Lehrer an. Trotz dieses Erpressungsversuches demonstrierten am Donnerstagabend 2.000 Lehrer. Tausende Bürokräfte, öffentlich Bedienstete, Jugendliche und andere Einwohner erklärten sich solidarisch.

Der soziale Widerstand von Lehrern und Schülern ist Teil einer allgemeinen Radikalisierung der Arbeiterklasse und signalisiert eine Rückkehr zu großen Klassenkämpfen in den USA. Letzten Herbst lehnten die Autoarbeiter in einer ersten Rebellion gegen die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) zum ersten Mal seit 33 Jahren einen landesweiten Tarifvertrag ab. Die UAW musste auf Lügen, Drohungen und offenen Betrug zurückgreifen, um ihr nachteiliges Tarifabkommen mit General Motors, Ford und Fiat Chrysler durchzusetzen.

In Flint, der Heimat von General Motors und Schauplatz des Sitzstreiks von 1936-37, der zur Gründung der UAW führte, protestieren die Bewohner gegen die Vergiftung des städtischen Wassers mit Blei durch staatliche und kommunale Stellen mit Unterstützung durch die Umweltschutzbehörde der Obama-Regierung.

Diese Erhebungen der amerikanischen Arbeiterklasse sind Teil des weltweiten Wiederauflebens des Klassenkampfes. Von Griechenland und Brasilien bis nach China und Südafrika gerät die Arbeiterklasse in Konflikt mit den kapitalistischen Regierungen – vom pseudolinken Syriza-Regime in Griechenland bis hin zur Tory-Regierung in Großbritannien – die den Arbeitern seit dem Finanzcrash 2008 brutale Sparmaßnahmen aufgezwungen und gleichzeitig riesige Reichtümer an die Milliardäre der Welt verteilt haben.

Der Kampf der Lehrer wirft grundlegende politische Fragen auf. Die AFT und ihre lokalen Niederlassungen, die lange Zeit mit den Feinden des öffentlichen Bildungswesens zusammengearbeitet haben, versuchen die Bewegung abzuwürgen, indem sie Werbung für die Demokratische Partei machen und den Republikanern die alleinige Verantwortung für den Angriff auf das Bildungswesen zuschieben.

Das ist Betrug. Die Obama-Regierung ist weit über die reaktionäre Politik ihrer republikanischen Vorgänger hinausgegangen. Sie benutzt „Rechenschaftspflicht“-Programme auf der Grundlage von Tests, um Lehrer zu Sündenböcken zu machen, so genannte „scheiternde Schulen“ zu schließen und das öffentliche Schulwesen zu unterwandern. Damit will sie Bildung zu einer neuen Profitquelle für die Konzerne und Banken machen. Unter Obama wurden mehr als 300.000 Lehrer und andere Schulbeschäftigte entlassen. Die Zahl der Schüler an den privaten Charter Schools hat sich seit George W. Bushs Rücktritt fast verdoppelt.

Das Weiße Haus unter Obama hat den Etat, der für verarmte Schulbezirke wie Detroit und Chicago vorgemerkt war, um elf Prozent gekürzt, den Etat für Förderunterricht um neun Prozent. Das parteiübergreifend unterstützte Gesetz „Every Student Succeeds Act“ (ESSA), das Obama letztes Jahr als Ersatz für Bushs „No Child Left Behind Act“ unterzeichnet hat, beinhaltet ein Programm namens „Pay for Success“. Reiche Investoren aus dem profitorientierten Privatschulwesen können durch dieses Programm in Bereiche eindringen, die bisher in der Verantwortung der öffentlichen Schulen lagen, u.a. den Förderunterricht, und können die Standards für die Ausbildung von Lehrern in ärmeren Bezirken verringern.

Die Lehrergewerkschaften lehnen die Angriffe auf Lehrer und das öffentliche Bildungswesen nicht ab. Sie wollen nur ein Mitspracherecht, um sich neue Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen schlecht bezahlter Charter-School-Lehrer zu sichern. Die Gewerkschaften, darunter die CTU, deren Vizepräsident Mitglied der pseudolinken International Socialist Organization (ISO) ist, verteidigen das kapitalistische System und beharren darauf, dass Lehrer und Schüler für die Folgen seiner Krise zahlen müssen.

Das öffentliche Bildungswesen trägt demokratische und egalitäre Prinzipien in sich. Diese sind unvereinbar mit einer Gesellschaft, die von einer derartigen sozialen Ungleichheit geprägt ist, dass 28 Milliardäre so viel Vermögen besitzen wie die 152 Millionen Menschen, die die ärmere Hälfte der amerikanischen Bevölkerung ausmachen. Die amerikanische herrschende Klasse hat schon vor langer Zeit das Prinzip aufgegeben, dass alle Kinder unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund das Recht auf qualitativ hochwertige Bildung haben.

Die Wirtschafts- und Finanzelite hat der Arbeiterjugend nichts anderes anzubieten als Arbeitsplätze zu Hungerlöhnen und Krieg. Genau wie die Sklavenhalter einer früheren Periode wollen die Finanzoligarchen die Opfer ihrer Ausbeutung unwissend halten. Sie fürchten die Ausbreitung von Wissen und Kultur in einer Generation, die mit den derzeitigen Verhältnissen zunehmend unzufrieden und entschlossen ist, sich für eine Zukunft ohne Unterdrückung und Krieg einzusetzen.

Während die Chicagoer Lehrer letzte Woche Massenproteste veranstalteten, erklärten hochrangige Offiziere der Armee und des Marine Corps während einer Kongressanhörung, junge Frauen sollten sich für den Wehrdienst melden. Einerseits werden den Schulen die Mittel gekürzt und Schüler aus der Arbeiterklasse müssen in verfallenen und verdreckten Gebäuden in überfüllten Klassenzimmern lernen. Andererseits plant das Weiße Haus eine neue Generation von Atom-U-Booten zu einem Stückpreis von 100 Millionen Dollar anzuschaffen.

Der Kampf zur Verteidigung des Rechts auf ein hochwertiges öffentliches Bildungswesen ist ein politischer Kampf gegen die beiden Parteien des Großkapitals und das kapitalistische System, das sie verteidigen. In diesem Kampf müssen sich Lehrer und Schüler an ihre wahren Verbündeten wenden: die breite Masse der arbeitenden Bevölkerung. Die immense soziale Kraft der Arbeiterklasse muss mobilisiert werden, um den Würgegriff der Wirtschafts- und Finanzelite zu durchbrechen und die Wirtschaft auf der Grundlage von öffentlichem Eigentum und demokratischer Kontrolle über die Konzerne und Banken neu zu gestalten. Nur auf dieser sozialistischen Grundlage können die sozialen Grundrechte der arbeitenden Bevölkerung, inklusive des Rechts auf Bildung, gesichert werden.

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