US-Militär bereitet neue Offensiven in Syrien und im Irak vor

Die Vereinigten Staaten bereiten eine größere militärische Eskalation im Nahen Osten vor, die sich offiziell gegen den Islamischen Staat (IS) richtet. In Nordafrika haben sie einen Krieg gegen Libyen eröffnet. Gleichzeitig steigen die Spannungen mit Russland und China weiter an.

In einem Interview mit USA Today am Donnerstag bestätigte der Air Force Generalleutnant Jeffrey Harrigan, dass die US-geführte Koalition dabei sei, koordinierte Offensiven gegen zwei vom IS kontrollierte Städte zu planen: Mossul im Nordirak und Rakka in Syrien. „Wenn wir in Mossul und in Rakka simultane Operationen führen können – stellen Sie sich vor, welche Probleme das dem IS bereiten wird“, sagte er.

Harrigan hat kürzlich das Kommando über die Luftoperationen im Nahen Osten übernommen. Er erklärte, Flugzeuge der Koalition hätten in den letzten Monaten Ziele in beiden Städten angegriffen. „Das Team konzentriert sich jetzt darauf, genügend Kraft zu sammeln, um diese gleichzeitige Operation zu realisieren, weil wir das für ausgesprochen vorteilhaft halten“, sagte er und betonte, Anti-IS Bodentruppen würden sowohl im Irak als auch in Syrien verstärkt.

Wie USA Today berichtete, operieren US-Truppen schon in weiten Teilen Syriens: „US Special Operation Forces helfen, syrische Rebellengruppen zu identifizieren und zu einer Kraft zu machen, die es mit dem Islamischen Staat aufnehmen kann. Die Einheiten zählen jetzt etwa dreißigtausend Mann und haben gleich überraschende Erfolge errungen, besonders in der Umgebung von Manbidsch.“

Im Irak sind die Vorbereitungen zur Rückeroberung von Mossul, der zweitgrößten Stadt des Landes, schon seit Monaten im Gange. Die Stadt hat trotz eines Massenexodus immer noch bis zu einer Million Einwohner. Irakische Regierungstruppen haben im vergangenen Monat den

Luftwaffenstützpunkt Kajarah sechzig Kilometer südlich von Mossul eingenommen. Jetzt wird der Stützpunkt zu einem wichtigen Drehkreuz für die bevorstehende Offensive ausgebaut.

Die USA haben dort etwa vierhundert Soldaten eingeschleust. Sie führen Reparaturen durch, beraten irakische Bodentruppen und stellen Logistik, Kommunikation und Aufklärung bereit. Die Besetzung von Dörfern und kleinen Städten südlich von Mossul hat schon begonnen. Die Landebahnen des Stützpunkts werden ertüchtigt und verlängert, damit neben amerikanischen und irakischen Kampfflugzeugen und Hubschraubern auch große Militärtransporter landen können.

Die Anti-IS-Kräfte, die sich auf die Offensive gegen Mossul vorbereiten, bestehen aus einer losen Koalition von kurdischen Peschmerga-Milizen, regulären irakischen Truppen und schiitischen Volksmobilisierungskräften. Letztere sind beim Kampf um Falludscha durch ihre Grausamkeiten gegen sunnitische Zivilisten aufgefallen. Es gibt jetzt schon Befürchtungen, dass es nach der Rückeroberung von Mossul wieder zu sektiererischen Kämpfen und Menschenrechtsverletzungen kommen wird.

Generalleutnant Sean McFarland, der US-Oberkommandierende in Syrien und im Irak, erklärte diese Woche: „Wir werden versuchen, Mossul so schnell wie möglich zurückzuerobern. Es leben dort noch eine Million Menschen in Unterdrückung unter schrecklichen Bedingungen … Die irakischen Sicherheitskräfte um Kajarah können jetzt loslegen, und wir werden uns bemühen, die Sache weiter zu beschleunigen, so gut wir können, aber eine genaue Zeitspanne kann ich nicht angeben.“

McFarland, der bald abgelöst werden soll, erklärte, dass die USA den Krieg gegen den IS gewinnen würden und dass sie sein Territorium im Irak schon um mehr als die Hälfte verkleinert hätten. „Obwohl das kein wirklicher Erfolgsmaßstab ist, und es schwierig ist, die Zahlen zu bestätigen, glauben wir, dass wir in den letzten elf Monaten etwa 25.000 feindliche Kämpfer getötet haben.“ Für die Zivilisten, die in den Kämpfen und bei Bombenangriffen ums Leben kamen, gab er keine Zahl an.

Der General spielte auch die Rolle der US-Truppen herunter. Diese hätten nur eine beratende Rolle inne, wie er sagte, und böten lediglich Hilfestellung aus der Entfernung und an besonderen Stellen. Aber es ist klar, dass die Einsätze von US-Soldaten immer näher an die Front heranrücken.

Die Washington Post berichtete Ende Juli: „Die US Special Operations Forces beraten zwar die Antiterror-Elitetruppen und kurdischen Peschmerga-Soldaten schon länger, aber die Kajarah-Mission ist seit 2014 die erste Mission, bei der US-Soldaten Bataillone der irakischen Armee im Feld beraten.“

Ein kleines Team von Kampfpionieren begleitete am 20. Juli irakische Kräfte, um sie beim Bau einer Behelfsbrücke über den Tigris südöstlich von Kajarah zu unterstützen. Der Post zufolge hielten sich die US-Truppen einige Stunden lang bei einem „eng begrenzten Auftrag im Feld mit geringer Feindberührung auf. Das war ein Beispiel für die beschränkte Rolle, die amerikanischen Kommandeuren für die US-Bodentruppen beim Kampf um Mossul vorschwebt.“

Amerikanische Generäle sind offenbar besorgt, dass Bilder amerikanischer Soldaten, die tot auf dem Schlachtfeld zurückbleiben, die Antikriegsstimmung zu Hause verstärken könnten. Dennoch schließen sie nicht aus, dass US-Truppen auch an der Front eingesetzt werden. In der Washington Post heißt es weiter: „Andere hohe Offiziere werden noch deutlicher. Dieses Mal werden sie amerikanische Soldaten nur dann ins offene Gefecht schicken, wenn die Mission insgesamt in Gefahr gerät.“

Das Timing der Offensiven im Irak und in Syrien ist wohl auch von politischen Überlegungen bestimmt. Hillary Clinton und die Demokratische Partei greifen den Republikanischen Kandidaten Donald Trump als ungeeignet an, die Position als Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte zu bekleiden. Ein größerer militärischer Sieg im Nahen Osten könnte Clinton Auftrieb geben. Dabei ist es gleichgültig, wie viele syrische oder irakische Opfer das kosten wird.

Offenbar wird die Frage in amerikanischen Regierungskreisen lebhaft diskutiert. Ein Artikel auf der Website Politico vom 1. August trägt den Titel: „Bereiten Sie sich auf Obamas ‚Oktoberüberraschung‘ im Irak vor“. Darin heißt es: „Die amerikanische Öffentlichkeit sollte sich auf einen bedeutsamen amerikanischen Militärsieg im Irak in diesem Herbst vorbereiten, gerade zu dem Zeitpunkt, an dem die Wähler entscheiden, wer der nächste Präsident des Landes sein wird.“

Der Artikel beruft sich auf anonyme Führungsoffiziere, die betonten, dass das Timing der Mossul-Offensive nichts mit Politik zu tun habe. Gleichzeitig schloss er genau diese Möglichkeit nicht aus. „Sollte Mossul zurückerobert werden, wäre das ein politischer Triumph für Barack Obama, und es würde wahrscheinlich auch der Kandidatin seiner Partei bei der Wahl nützen. Es würde nämlich dem Argument der Republikaner den Boden entziehen, die Obama-Regierung habe den Kampf gegen den Islamischen Staat nicht entschlossen genug geführt“, heißt es dort.

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