Nordkorea führt fünften Atomwaffentest durch

Nordkorea gab am Freitag bekannt, dass es seinen fünften Atomwaffentest durchgeführt hat. Er fiel mit dem 68. Jahrestag des Bestehens des Regimes zusammen. Die USA und ihre Verbündeten verurteilten Pjöngjang sofort und werden die Explosion zweifellos dazu nutzen, den Druck auf Nordkorea und auch auf China zu erhöhen. Das entspricht Washingtons Konfrontationskurs mit dem „Pivot to Asia“.

Der Test fand acht Monate nach dem vierten Versuch statt. Er wurde unterirdisch auf dem Testgelände von Punggje-ei im Nordosten des Landes durchgeführt. Die bisherigen nordkoreanischen Testversuche fanden 2006, 2009 und 2013 statt. Die Stärke der Explosion wird unterschiedlich auf zehn bis zwanzig Kilotonnen geschätzt. Das ist mehr als die doppelte Stärke der bis dahin stärksten Explosion von sechs bis sieben Kilotonnen von 2013.

„Wir haben erfolgreich einen Atomtest durchgeführt, um die Kraft des Atomsprengkopfs zu bestimmen“, berichtete das nordkoreanische Staatsfernsehen. „Wir werden auch in Zukunft unsere nuklearen Fähigkeiten weiter entwickeln, um unsere Souveränität zu verteidigen. Wir haben atomare Sprengköpfe jetzt standardisiert und miniaturisiert. Wir können jetzt jederzeit kleine Atomsprengköpfe herstellen.“

Pjöngjangs Versuche, einen Atomsprengkopf zu bauen, der auf eine ballistische Rakete montiert werden kann, sind reaktionär und tragen nicht dazu bei, das nordkoreanische Volk zu verteidigen. Tatsächlich spielt der Testversuch direkt in die Hände der Obama-Regierung, die das nordkoreanische Atomwaffenprogramm und die aggressiven aber weitgehend hohlen Drohungen des Regimes immer wieder als Vorwand nimmt, um seine militärische Aufrüstung in Nordostasien zu verstärken und seine militärischen Bindungen an Japan und Südkorea auszubauen.

Der nordkoreanische Atomtest fällt mit zunehmenden geopolitischen Spannungen mit den USA zusammen. Die USA versuchen, ihre Vorherrschaft in der Region zu festigen und China durch eine diplomatische Offensive und eine Ausweitung ihrer militärischen Stärke zu schwächen. Gerade ging der Ostasiengipfel in Laos zu Ende, auf dem Präsident Barack Obama die maritimen Streitigkeiten im Südchinesischen Meer mit seiner Forderung weiter verschärfte, China müsse sich an den Spruch des UN-Schiedsgerichts vom 12. Juli in Den Haag halten. Dieser hatte Chinas territoriale Ansprüche in dem Meer zurückgewiesen.

Nach der Detonation verurteilte Obama Pjönjang „als ernste Gefahr für die regionale Sicherheit und den internationalen Frieden und Stabilität.“ Er forderte ernsthafte Konsequenzen, darunter zusätzliche Sanktionen. Im UN-Sicherheitsrat finden Diskussionen über verschärfte Strafmaßnahmen gegen Pjöngjang statt. Obama hatte zuvor mit der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye und dem japanischen Premierminister Shinzo Abe konferiert.

Am 9. Sept. hielt Abe eine Telekonferenz mit Obama ab, bei der er dem US-Präsidenten gesagt haben soll, die internationale Gemeinschaft müsse „entschlossen reagieren“ und Nordkorea müsse „für sein provokatives Handeln einen Preis bezahlen“. Einem japanischen Vertreter zufolge habe Obama dem „vollkommen zugestimmt“.

Park erklärte: „Solche Provokationen beschleunigen seine [Nordkoreas] Selbstzerstörung.“ Alle drei südkoreanischen parlamentarischen Parteien verurteilten den Testversuch. Eine aggressive Erklärung des militärischen Oberkommandos warnte: „Wir werden unsere Abschreckungsstrategie und die Kampfbereitschaft unserer Raketenabwehr in Zusammenarbeit mit den USA stärken und dabei auch einen Operationsplan für einen Präventivschlag [gegen Nordkorea] entwickeln.

Eine dramatische Eskalation der Spannungen steht auf der Tagesordnung. In einem Artikel in der New York Times hieß es, die Politik der „strategischen Geduld“ der USA, d.h. die schrittweise Eskalation der Sanktionen gegen Nordkorea, sei gescheitert. Obama stehe jetzt vor der „ungemütlichen Alternative“ zwischen einem „harten Embargo…[das] zu Konfrontationen führen könnte, die nach Ansicht asiatischer Verbündeter schnell in einen Krieg münden könnten auf der einen Seite, und Verhandlungen, die dem nordkoreanischen Führer Kim Jong-un zugute kommen würden, auf der anderen.

NBC News ging noch weiter und listete noch mehr Optionen auf, wie zum Beispiel einen Cyber-Angriff oder einen direkten militärischen Angriff auf Nordkoreas Atomanlagen und sein Atomarsenal. Gemeinsame südkoreanisch-amerikanische Manöver probten dieses Jahr schon neue Operationspläne, die letztes Jahr für einen Präventivschlag gegen Nordkorea und Enthauptungsschläge gegen seine obersten Führer bis hin zu Kim Jong-un entwickelt wurden.

Die Obama-Regierung ist dabei, den Druck auf China zu erhöhen. Sie fordert von Beijing, härtere Maßnahmen gegen seinen Verbündeten Nordkorea vorzunehmen. US-Verteidigungsminister Ashton Carter erklärte: „Ich mache China verantwortlich, China ist verantwortlich. China trägt eine große Verantwortung für diese Entwicklung und trägt einen großen Teil der Verantwortung, sie rückgängig zu machen.“

Auf einer Pressekonferenz forderte der chinesische Außenminister Hua Chunying Nordkorea auf, die Verpflichtung zum Einfrieren seines Atomprogramms einzuhalten. Er forderte auch die Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche zwischen den beiden Koreas, den USA, China, Russland und Japan. Er forderte alle Parteien auf, ihre Worte vorsichtig zu wählen und entsprechend zu handeln und die größeren Fragen im Kopf zu behalten. Diese Bemerkung richtete sich genauso an Washington wie an Pjönjang.

Beijing sitzt in der Falle. Einerseits lehnt es Nordkoreas Nuklearwaffenprogramm ab, weil es den USA einen Vorwand für eine Ausweitung seiner militärischen Präsenz in Asien liefert und von militaristischen Teilen der herrschenden Elite Südkoreas und Japans als Vorwand genommen werden könnte, selbst Atomwaffen zu entwickeln. In Südkorea hat der Fraktionsvorsitzende der regierenden Saenuri Partei, Won Yu-cheol, erneut befürwortet, dass das Land Atomwaffen baut.

Andererseits ist die chinesische Regierung sehr besorgt, dass scharfer Druck auf das krisengeschüttelte nordkoreanische Regime seinen Zusammenbruch bewirken könnte. Das ist eine Situation, die die USA und Südkorea ausnützen könnten, ein mit Washington verbündetes Regime an der Nordgrenze Chinas zu installieren. Daher zögert Beijing, die Lieferung grundlegender Versorgungsgüter wie Öl und Nahrungsmittel an Pjöngjang zu stoppen.

Die Hauptverantwortung für die angespannte Situation auf der koreanischen Halbinsel liegt bei Washington. Die Obama-Regierung hat eine Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche systematisch mit der Forderung hintertrieben, dass Nordkorea vor der Aufnahme von Verhandlungen sein Atomprogramm aufgeben müsse.

Die USA werden ihre Militärpräsenz als Bestandteil ihrer Aufrüstung in der ganzen Region gegen China sicher weiter hochfahren. Unmittelbar nach dem vierten Test im Januar hatte Washington Gespräche über die Stationierung „strategischer Waffen“ auf der koreanischen Halbinsel aufgenommen, d.h. von Atomsprengköpfen und Trägersystemen. Washington und Seoul nutzten die Gelegenheit im Juli auch, um sich auf die Stationierung einer hochentwickelten Raketenabwehrbatterie mit der Bezeichnung Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) zu einigen.

Auch der Wahlkampf in den USA trägt zu den Spannungen bei. Der Republikanische Kandidat Donald Trump beschuldigte seine Demokratische Rivalin Hillary Clinton, zugelassen zu haben, dass das nordkoreanische Atomprogramm an Umfang und technischer Finesse zugenommen habe. „Hillary Clintons Nordkoreapolitik ist ein weiteres beklagenswertes Beispiel für das Scheitern einer gescheiterten Außenministerin“, sagte er.

Beide Kandidaten haben sich im Wahlkampf darin übertroffen, als besonders militaristische zu gelten. Das beweist, dass das Risiko von Krieg zunehmen wird, unabhängig davon, wer Präsident wird.

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