Wie nahe sich die Welt an einem verheerenden Krieg auf der koreanischen Halbinsel befindet, wurde in den vergangenen Tagen durch die unheilvollen Äußerungen ranghoher amerikanischer Militärvertreter unterstrichen. Ein offener Konflikt in Korea könnte zum ersten Mal seit 1945 zum Einsatz von Atomwaffen führen.
Der Vorwand für den Krieg ist die Behauptung des US-Imperialismus und seiner Verbündeten, das isolierte nordkoreanische Regime stehe kurz davor, eine ballistische Interkontinentalrakete (inter-continental ballistic missile, ICBM) zu entwickeln, die in der Lage sei, Großstädte auf dem amerikanischen Festland mit Atomsprengköpfen zu zerstören.
General Mark Milley, der Generalstabschef der Armee, erklärte am Donnerstag auf einer Konferenz des National Press Club in Washington: „Ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel wäre schrecklich. Eine Atombombe, die in Los Angeles detoniert, wäre jedoch auch schrecklich.“
Mit Verweis auf Vorbereitungen für einen Präventivschlag erklärte Milley, dass die Zeit für eine „nichtmilitärische Lösung“ für die Forderungen der USA, Nordkorea solle sein Atom- und Raketenprogramm beenden, „knapp wird“. Die Regierung, erklärte er, befinde sich „an einem Punkt, wo [die] Entscheidung in die eine oder andere Richtung gefällt werden muss“.
Der General brüstete sich, die USA „würden das nordkoreanische Militär völlig vernichten“. „Was Menschenleben und Infrastruktur anbetrifft“ sei dafür mit „einem hohen Preis“ zu rechnen.
Milleys Äußerungen folgen auf ähnliche Kommentare von General Joseph Dunford, dem Vorsitzenden des Generalstabs, am letzten Wochenende. Dunford hatte vor einem Sicherheitsforum erklärt, ein Krieg mit Nordkorea sei „nicht unvorstellbar“. Er gab ein Bild von den Folgen eines solchen Kriegs und erklärte, dieser hätte „einen Verlust an Menschenleben“ zur Folge „der mit nichts vergleichbar wäre, was wir zu unseren Lebzeiten erlebt haben“. Er betonte, „Verhandlungen“ werde es nur noch „ein paar Monate lang“ geben.
Die Leitmedien, die ständig hektisch über solche Äußerungen berichten, übergehen die offensichtliche Frage, warum Nordkorea – ein wirtschaftlich rückständiges Land mit einem Bruttoinlandsprodukt von kaum 25 Milliarden Dollar – in einem Krieg mit der größten Militärmacht des Planeten seine Auslöschung riskieren sollte.
Das nordkoreanische Regime in Pjöngjang unter der Führung von Kim Jong-un ist ohne Zweifel eine brutale und reaktionäre Diktatur, aber es verhält sich nicht irrational. Seine hochrangigen Vertreter haben wiederholt erklärt, ihre Weigerung, die Waffenprogramme zu beenden, sei eine Reaktion auf das, was mit dem Irak und Libyen passiert ist, nachdem deren Regierungen sich den Diktaten der USA unterworfen hatten.
Der Irak wurde 2003 überfallen und die oberste Führung des Landes sowie Hunderttausende seiner Einwohner abgeschlachtet. In Libyen inszenierten die USA und ihre Verbündeten 2011 einen Bürgerkrieg, der als Rechtfertigung für die anschließende Bombardierung des Landes benutzt wurde. Bei schweren Luftangriffen, bei denen die USA an der Spitze standen, wurden tausende Zivilisten getötet. Der libysche Führer, Muammar al-Gaddafi, wurde von einem islamistischen Lynchmob umgebracht.
Das koreanische Volk weiß nur allzu gut, welches Gemetzel der US-Imperialismus bei der Verfolgung seiner geostrategischen Ziele anrichten kann und wird. An dem Tag, an dem Milley seine Erklärung abgab, dem 27. Juli, jährte sich das Ende des Korea-Kriegs von 1950 bis 1953 zum 64. Mal. Die vorsichtigste Schätzung geht davon aus, dass drei Millionen Menschen getötet oder verletzt wurden, zwei Millionen davon im heutigen Nordkorea.
Die amerikanischen Luftangriffe auf den Norden waren mörderisch. Die US-Luftwaffe erklärte: „Achtzehn der zweiundzwanzig größeren Städte Nordkoreas wurden zumindest zur Hälfte ausradiert.“ Der US-General Curtis LeMay erinnerte sich später: „Wir haben so gut wie alle Städte in Nord- und Südkorea niedergebrannt. Wir haben mehr als eine Million Koreaner getötet und mehrere Millionen weitere in die Flucht getrieben.“ Am Ende des Konflikts warfen die Piloten laut Berichten ihre Ladungen über dem Meer ab, weil es keine Gebäude mehr gab, die sie einäschern konnten.
Der amerikanische Imperialismus hat das Ergebnis des Korea-Kriegs nie akzeptiert. Nordkorea existierte weiterhin als Pufferstaat zwischen den US-Streitkräften in Südkorea auf der einen und China und Russland auf der anderen Seite. Sowohl China als auch Russland grenzen an die Halbinsel an. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991, die Nordkoreas wichtigster Wirtschaftspartner war, haben sich mehrere aufeinander folgende US-Regierungen kaum Mühe gegeben, ihre Politik für einen Regimewechsel in Pjöngjang zu verstecken. Das Ziel besteht darin, den Norden an Südkorea anzugliedern und damit das strategische Gleichgewicht der Kräfte in Nordost-Asien grundsätzlich zu ändern.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die aggressive Rhetorik und die Kriegsdrohungen gegenüber Nordkorea wegen seines Atomprogramms entwickeln sich vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen den USA und China. Wegen der Entwicklung Chinas zur zweitgrößten Wirtschaft der Welt und seines wachsenden strategischen Einflusses betrachtet Washington das Land als inakzeptable Bedrohung der amerikanischen Vorherrschaft. In den herrschenden Kreisen Amerikas besteht die größte Sorge darin, dass die Logik der globalen wirtschaftlichen Integration zu einer Festigung der geopolitischen Partnerschaft auf der riesigen eurasischen Landmasse führen könnte. Zu einer solchen Allianz würde der von Deutschland dominierte europäische Block sowie Russland und China gehören, die dann wiederum Japan und andere wichtige Verbündete der USA an sich ziehen würden.
Die imperialistische Strategie der USA wird überall auf der Welt von der Entschlossenheit angetrieben, diesen Prozess zu unterbrechen und zu verhindern, dass er Realität wird. Die Androhung eines Kriegs gegen Nordkorea sorgt für gewaltige Instabilität. China und Russland haben die von den USA angeführten Versuche, Nordkorea wirtschaftlich völlig zu isolieren, zurückgewiesen und widersetzen sich jeglicher Militäraktion auf der Halbinsel. Es gibt Berichte darüber, dass das chinesische Militär erhebliche Kräfte an der Grenze zu Korea stationiert. Es kommt täglich zu Zwischenfällen zwischen chinesischen oder russischen und amerikanischen oder japanischen Flugzeugen. Während sie sich um engere Handelsbeziehungen mit China bemühen, stehen die Verbündeten der USA in Europa und Asien unter Druck, sich hinter den USA aufzustellen.
Durch den anhaltenden Belagerungszustand, in dem sich die Trump-Regierung befindet, wird die Situation noch instabiler und gefährlicher. Aufgrund der Untersuchungen, die gegenwärtig wegen der Behauptung der Geheimdienste, Trump sei aufgrund russischer „Einmischung“ an die Regierung gekommen, durchgeführt werden, versinkt die Regierung in einem inneren Kampf und heftigen Erschütterungen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Regierung Trump auf ihre Krise mit dem Versuch reagiert, die Spannungen durch einen großen Krieg nach außen zu lenken.
Das US-Militär hält das für absolut möglich. Daher rührt auch ihre Reaktion auf eine Twitter-Nachricht von Trump vor zwei Tagen, in der zu lesen war: „Nach Beratung mit meinen Generälen und Militärexperten beachten Sie bitte, dass die Regierung der Vereinigten Staaten nicht akzeptieren oder erlauben kann“.
Bis Trump neun Minuten später den zweiten Teil seiner Nachricht schickte, in der er erklärte, er untersage Transgendern im Militär zu dienen, glaubte das Pentagon angeblich, der Präsident sei dabei, Feindseligkeiten per Twitter anzukündigen. Wenn das wahr ist, dann ist es nicht schwer, sich die Telefongespräche vorzustellen, die mit den Befehlshabern des amerikanischen Militärs in Südkorea, Japan und überall auf der Welt geführt wurden. Man kann annehmen, dass sich auch unter den Militärs in Nordkorea, China und Russland höchste Nervosität breit machte.
Mehr als ein Jahrzehnt lang hat das amerikanische Militär aktiv einen Krieg gegen China geplant und vorbereitet, der durch einen Angriff auf Nordkorea ausgelöst werden und sehr schnell eskalieren könnte. Als Admiral Scott Swift, der Befehlshaber der siebten US-Flotte, gestern in Australien gefragt wurde, ob er Atomwaffen gegen China einsetzen würde, wenn Trump ihm dies befehle, antwortete er unverblümt: „Die Antwort wäre: ja.“