Perspektive

Die Logik imperialistischer Aggression:

Führen die Drohungen der USA gegen Nordkorea zur globalen Katastrophe?

US-Präsident Donald Trump und sein Stab bedrohen Nordkorea immer aggressiver. Damit wecken sie weltweit die Befürchtung, dass die Welt auf einen Atomkrieg zutreibt, der Millionen Menschen in den Tod reißen würde.

Vor Tagen hatte der US-Präsident schon mit „Feuer und Zorn“ gedroht, „wie die Welt sie noch nie erlebt hat“. Danach warnte sein nationaler Sicherheitsberater, General H.R. McMaster, die US-Regierung sei zu einem „Präventivkrieg“ bereit und werde Nordkorea daran hindern, „die USA mit Atomwaffen zu bedrohen“. Dabei haben die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse jegliche Doktrin eines Präventivkriegs für illegal erklärt.

Am 3. September sagte nun Trumps Verteidigungsminister, General James „Mad Dog“ Mattis, das Pentagon habe „viele Optionen“, um „ein Land, nämlich Nordkorea, völlig auszulöschen“. Er fügte hinzu, Trump habe sich „über jede einzelne [Option] informieren lassen“.

Zuletzt behauptete die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley am 4. September im Sicherheitsrat, der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un „bettelt um Krieg“. Gleichzeitig rügte Trump die südkoreanische Regierung für ihre angeblichen „Beschwichtigungsversuche“ gegenüber Pjöngjang. Schon mehrfach hat Trump erklärt, die Zeit für Gespräche sei vorbei.

Mit den ständigen Drohungen, die US-Regierung könnte in Nordkorea ein atomares Inferno entfesseln, erhebt sich immer drängender die Frage: Werden die USA ihren Worten tatsächlich Taten folgen lassen und einen Krieg vom Zaun brechen, der das Potential einer atomaren Katastrophe birgt?

Der US-Imperialismus habe unter Obama an Glaubwürdigkeit verloren – das behaupten jedenfalls die Trump-Regierung, die amerikanische Militärführung, einflussreiche Teile des Staatsapparats und die herrschende Oligarchie. Sie verweisen auf Obamas Rückzieher von seiner „roten Linie“ in Syrien, als er auf eine US-Intervention verzichtete. Um diese „Niederlage“ auszugleichen, könnte sich die US-Regierung durchaus für eine völlig wahnsinnige militärische Option auf der koreanischen Halbinsel entscheiden.

In den herrschenden Kreisen wird diese Gefahr durchaus als ernst genommen. Das zeigte sich am 5. September unzweideutig an dem Einbruch der Aktienkurse bei Börsenbeginn und an dem Anstieg des Goldpreises auf den höchsten Stand seit fast

einem Jahr.

Die Kriegsgefahr geht nicht nur von den kriegerischen Tweets des milliardenschweren faschistischen Demagogen im Weißen Haus aus. Es gibt gegen diesen Kurs in der Öffentlichkeit keinen Widerstand. Wo sind die Führungspolitiker der Demokratischen Partei, die ihm entgegentreten? Wann hat eine öffentliche Anhörung die Folgen eines totalen Kriegs auf der koreanischen Halbinsel zur Sprache gebracht?

Die Mainstreammedien sind gefügige Werkzeuge der Kriegspropaganda. Sie behandeln den Konflikt, als hätte er keinen breiteren historischen oder geopolitischen Kontext, und als habe er nichts mit der Geschichte zu tun, die den jüngsten nordkoreanischen Raketenstarts und Bombentests vorausging.

Man käme nicht auf die Idee, dass heute noch Menschen in Nordkorea leben, die den Koreakrieg vor 65 Jahren miterlebt haben. Damals wurden etwa drei Millionen Koreaner getötet, die meisten davon aus dem Norden, und amerikanische Bomben und Granaten haben alle Städte des Landes in rauchende Trümmerhaufen verwandelt. Für sie ist das Gerede von „Feuer und Wut“ nicht nur eine rhetorische Übung. Seit dem Krieg unterhalten die USA eine massive Militärpräsenz an der nordkoreanischen Grenze und bedrohen das Land regelmäßig mit atomar bewaffneten Bombern, U-Booten und Kriegsschiffen.

Die massive Aufrüstung gegen Nordkorea wird (wie jeder US-Angriffskrieg in den letzen 25 Jahren) mit dem Vorwand rechtfertigt, der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un sei „verrückt“. Dasselbe wurde zuvor schon von Noriega, Milosevic, Saddam Hussein und Gaddafi behauptet. Bei allen bisherigen Kriegen, sei es in Afghanistan, Libyen und anderen Ländern, wurde ein Vorwand erfunden: Entweder stellten sie eine schreckliche Bedrohung für die USA durch „Massenvernichtungswaffen“ oder Terrorismus dar, oder es drohte eine „Menschenrechts“-Katastrophe, die angeblich nur das US-Militär verhindern konnte. Beim Streit um das nordkoreanische Atomprogramm ist das nicht anders.

Niemals wird erklärt, warum gerade Nordkoreas Atomwaffenarsenal eine tödliche Bedrohung für die USA darstelle, während andere Länder wie Israel, Pakistan und Indien solche Waffen besitzen dürfen, zum Teil sogar mit US-Unterstützung. Die Gefahr eines atomaren Schlagabtauschs zwischen Indien und Pakistan, beides vorgeblich US-Verbündete, ist wahrscheinlich größer als die auf der koreanischen Halbinsel.

Die kriegerische Eskalation trägt den Stempel „Made in the USA“. Die früheren amerikanischen Angriffskriege wirken sich direkt auf das Verhalten der nordkoreanischen Führung aus. Angesichts des Schicksals von Saddam Hussein und Muammar Gaddafi ist es keineswegs „verrückt“, wenn sie ihr Atomarsenal behalten und ausbauen will. Hussein und Gaddafi haben ihre Waffenprogramme eingestellt, um Washington zu beschwichtigen, und als Gegenzug wurden ihre Länder überfallen und zerstört, und sie selbst wurden ermordet.

Die nordkoreanische Führung ist nicht „verrückt“, aber sie verkennt den Wahnsinn des US-Imperialismus. Um seine Ziele zu erreichen, ist er bereit, seine früheren Skrupel gegenüber einem Atomkrieg fallenzulassen.

Diese Ziele richten sich nicht gegen die Politik des verarmten und isolierten Nordkorea, sondern gegen dessen Nachbarstaaten, die Atommächte China und Russland. Die US-Regierung betrachtet diese beiden Staaten als die wichtigsten Hindernisse für ihr Bestreben, ihre Hegemonie über die eurasische Landmasse und die ganze Welt auszudehnen. Während Washington Nordkorea mit Krieg droht, ist es gleichzeitig dabei, unter dem Schlagwort „Freiheit der Seefahrt“ Provokationen im Südchinesischen Meer gegen China zu lancieren und das Baltikum provokativ gegen Russland aufzurüsten.

Ein neuer Krieg auf der koreanischen Halbinsel würde höchstwahrscheinlich dazu führen, dass auch China intervenierte, wie bereits vor 65 Jahren geschehen. Auch Russland könnte sich zur Intervention gezwungen sehen, sodass ein atomar geführter dritter Weltkrieg droht.

Selbst das „harmloseste“ Szenario, ein konventioneller Krieg gegen Nordkorea, würde zehn- oder hunderttausende Todesopfer fordern. Ein nuklearer Schlagabtausch könnte dutzende oder hunderte Millionen Todesopfer fordern und möglicherweise alles Leben auf der Welt auslöschen.

Ein „Präventivkrieg“ gegen Nordkorea würde nicht die „Glaubwürdigkeit“ des US-Imperialismus wiederherstellen, sondern die USA vor der ganzen Welt zum Außenseiter stempeln. Sie wären weltweit verhasst, weil sie Verbrechen wie zuletzt Nazi-Deutschland begangen hätten. Die für diese Verbrechen verantwortlichen Politiker könnten die USA nicht mehr verlassen, ohne im Ausland mit Verhaftung rechnen zu müssen.

Die politischen, wirtschaftlichen und auch moralischen Folgen eines solchen Krieges würden eine innenpolitische Krise von beispiellosem Ausmaß auslösen und den Fortbestand der USA in Frage stellen.

Die aktuelle Kriegsgefahr geht letzten Endes auf das Versagen des ganzen politischen Systems in den USA zurück. Donald Trump mag die hässliche Fratze der verkommenen politischen Kultur in Amerika verkörpern, doch ihre Wurzeln liegen in der Krise des amerikanischen und des Weltkapitalismus. Sie durchdringen beide Parteien, die Medien und alle Institutionen des kapitalistischen Staates und der herrschenden Elite.

Während des Vierteljahrhunderts nach der Auflösung der Sowjetunion hat der US-Imperialismus versucht, seinen globalen Niedergang durch endlose – und erfolglose – Angriffskriege auszugleichen. Sie haben Millionen Menschen getötet, verstümmelt oder zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen.

Die Kriege im Ausland gingen immer mit wachsender sozialer Ungleichheit im Innern einher. Die Angriffe auf den Lebensstandard und die Grundrechte wurden immer unerbittlicher. Die rücksichtslose und verbrecherische Außenpolitik, die in Asien zum katastrophalen Krieg führt, findet ihren Widerhall in der Unfähigkeit und dem Widerwillen der amerikanischen herrschenden Klasse, auf Katastrophen wie Hurrikan Harvey zu reagieren. Sie ist sogar unfähig, sich gegen künftige Katastrophen zu rüsten, während eine dünne Schicht von Finanzoligarchen gleichzeitig immensen sozialen Reichtum scheffelt.

Die gleiche Krise des Kapitalismus, die den Kurs auf einen Atomkrieg antreibt, schafft auch die objektiven Grundlagen für revolutionäre Kämpfe der Arbeiterklasse. Aber zwischen den weit fortgeschrittenen Vorbereitungen auf einen Weltkrieg und dem Bewusstsein für diese Bedrohung unter breiten Arbeiterschichten existiert eine Kluft, die überwunden werden muss. Nur eine politisch bewusste und unabhängige Intervention der Arbeiterklasse, die in den USA und weltweit für Sozialismus kämpft, kann eine globale Katastrophe verhindern.

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