Die AfD im Bundestag: eine rechtsextreme Partei des Establishments

Seit dem Fall des Dritten Reichs vor 72 Jahren zieht mit der Alternative für Deutschland (AfD) erstmals eine rechtsextreme Partei mit einem zweistelligen Wahlergebnis in den deutschen Bundestag ein. Doch wie der Aufstieg von Hitlers NSDAP ist auch die AfD kein Betriebsunfall. Unter Bedingungen der tiefsten Krise des Kapitalismus seit den 1930er Jahren wurde die neofaschistische Kraft von der herrschenden Klasse bewusst aufgebaut, um ihre Politik des Militarismus, der inneren Aufrüstung und des Sozialabbaus gegen die wachsende Opposition in der Bevölkerung durchzusetzen.

Aus wessen Schoß die AfD gekrochen ist, zeigt sich deutlich an den mehr als 90 Abgeordneten, die am 24. Oktober für die AfD in den Bundestag einziehen werden. Ihr Großteil rekrutiert sich direkt aus dem Staatsapparat – vor allem Militär, Justiz und Polizei – und/oder war zuvor Mitglied in einer der etablierten Parteien.

Kaum jemand verkörpert die enge Verbindung zwischen der AfD und dem kapitalistischen Establishment stärker als ihr Spitzenkandidat Alexander Gauland. Der 76-jährige AfD-Vize war 40 Jahre lang hochrangiger Funktionär der hessischen CDU, bevor er 2013 die AfD mit gründete. In seiner langen politischen Karriere war Gauland im Frankfurter Magistrat und im Bundesumweltministerium tätig. Von 1987 bis 1991 leitete er unter seinem Mentor, Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU), die hessische Staatskanzlei.

Gauland, der im Bundestagswahlkampf offen die Wehrmacht lobte und forderte, die Bundesintegrationsbeauftragte Aydan Özoguz in Anatolien zu „entsorgen“, vertrat dabei schon immer extrem rechte und militaristische Standpunkte. Bereits als CDU-Mitglied attestierte er den Deutschenein „gestörtes Verhältnis zur militärischen Gewalt“ und eine „mangelnde Wertschätzung der Bundeswehr“. Die Deutschen müssten ihren „Ganzkörperpazifismus“ endlich ablegen und verstehen, dass die entscheidenden Fragen der Zeit durch „Eisen und Blut“ entschieden würden.

Auch die zweite AfD-Spitze Alice Weidel ist ein Produkt der Rechtswende der herrschenden Klasse in den vergangenen Jahren. Die Vertreterin eines strikt neoliberalen Kurses wurde von einflussreichen Kreisen gezielt aufgebaut und gefördert. Die „Begabtenförderung“ der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützte ihre Promotion. Vor ihrem Eintritt in die AfD im Jahr 2013 arbeitete sie in der Vermögensverwaltung bei Goldman Sachs und Allianz Global Investors Europe in Frankfurt am Main.

Viele andere AfD-Abgeordnete verfügen ebenfalls über enge Verbindungen zu Politik und Kapital. Etwa ein Fünftel sind als Unternehmer oder Berater bei größeren Betrieben und Konzernen tätig. 21 Abgeordnete sind ehemalige Mitglieder von CDU/CSU, elf waren früher in der FDP und fünf in der SPD. Mit Norbert Kleinwächter (Brandenburg) entstammt ein Abgeordneter auch der Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), die 2007 in der Linkspartei aufging.

Vergleichsweise groß ist der Anteil von Polizisten und Soldaten in der AfD-Fraktion. Dazu gehören militärische Berater wie der ehemalige Oberst Rüdiger Lucassen, der für die Bundeswehr als Berufsoffizier und für die Nato gearbeitet hat und der Soldat René Springer, ein persönlicher Mitarbeiter Gaulands. Ein früherer Offizier ist Peter Felser, der zusammen mit dem Rechtsextremen Verleger Götz Kubitschek ein Buch mit Reportagen über den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Bosnien veröffentlicht hat. Der Bayer Gerald Otten war früher Kampfpilot und Oberst der Reserve und ist heute Eurofighter Sales Director bei Airbus.

Vertreter der Polizei sind der Leipziger Polizeioberkommissar Lars Herrmann, der stellvertretende Landessprecher der AfD in Baden-Württemberg Martin Hess oder der Polizeiausbilder Wilhelm von Gottberg. Das frühere CDU-Mitglied hatte bereits in seiner Zeit als Vorsitzender der Landsmannschaft Ostpreußen den Holocaust 2001 als „wirksames Instrument zur Kriminalisierung der Deutschen und ihrer Geschichte“ bezeichnet und den italienischen Neofaschisten Mario Consoli zustimmend zitiert.

Zu den Richtern unter den AfD-Abgeordneten zählen so berüchtigte Figuren wie Jens Maier. Die Nummer zwei der AfD in Sachsen hatte im Frühjahr auf einer Veranstaltung des rechtsradikalen Magazins Compact die Tat des norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik mit der Aussage entschuldigt, dieser sei aus „Verzweiflung über Kulturfremde“ zum Massenmörder geworden. Zwei extrem rechte Vertreter der Exekutive sind der Staatsanwalt Thomas Seitz (Lahr) und der Oberstaatsanwalt Roman Reusch (Berlin).

Fast die Hälfte aller AfD-Fraktionsmitglieder gehören dem nationalkonservativen und utrarechten Parteiflügel an, der immer offener an die Traditionen des Nationalsozialismus anknüpft. Der Chemnitzer Versicherungsmakler Ulrich Oehme klebte im Wahlkampf Plakate mit dem eigentlich verbotenen Wahlspruch der SA „Alles für Deutschland“. Dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD in Sachsen, Siegbert Droese, gehört nach Aussage von Parteikollegen ein blauer „AfD-Kombi“ mit den Kennzeichen L-AH1818 – das sind die Initialen von Adolf Hitler.

Die Reden von Vertretern der völkisch-nationalistischen AfD-Strömung „Der Flügel“, die mit zahlreichen Abgeordneten im Bundestag vertreten sein wird, klingen wie aus dem Jahr 1933. Jürgen Pohl, ein enger Weggefährte des Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, bezeichnete es im Wahlkampf als eine „biblische Herausforderung“, alle „illegalen Ausländer“ abzuschieben. Auf einem Parteitag der Thüringer AfD drohte er: „Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten. (...) Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk. Dann gnade euch Gott!“

Der Einzug dieses faschistischen Abschaums in den Bundestag ist ein direktes Ergebnis der Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik, die von allen etablierten Parteien aggressiv vorangetrieben wird. Wie in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geht die Vorbereitung der herrschenden Klasse auf Krieg Hand in Hand mit der Verbreitung extrem nationalistischer und rassistischer Hetze und dem Aufbau einer rechtsradikalen Partei.

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