Perspektive

Trumps Drohungen gegen Nordkorea verdeutlichen das Ausmaß der Kriegsgefahr

Der US-Präsident Trump hat am Wochenende seine Hetzkampagne gegen Nordkorea fortgesetzt und dem Land mit einem Krieg gedroht, der eine nukleare Katastrophe auslösen könnte.

Am Samstagnachmittag twitterte Trump, seine Vorgängerregierungen hätten „25 Jahre lang mit Nordkorea verhandelt“. Dies habe jedoch „nicht funktioniert“. Weiter schrieb er: „Sorry, aber es gibt nur eine Sache, die funktionieren wird!“ Als Antwort auf die Bitte, diese Aussage näher zu erläutern, antwortete er: „Das werden Sie bald herausfinden.“

Nur drei Wochen vor diesen Drohungen, am 19. September, hatte Trump in einer Brandrede vor der UN-Vollversammlung erklärt, die USA seien „bereit, gewillt und in der Lage“, Nordkorea und seine 25 Millionen Bewohner „vollständig zu zerstören“. Vier Tage später drohte Trump die Ermordung des nordkoreanischen Staatschefs an. Er erklärte, wenn die Rede des nordkoreanischen Außenministers vor den UN „die Gedanken des kleinen Rocket-Man [Kim Jong-Un] widerspiegeln sollten, werden sie nicht mehr sehr lange unter uns sein!“

Am Donnerstag organisierte Trump im Weißen Haus ein Abendessen mit der US-Militärführung, welches alle Merkmale eines Kriegskabinetts aufwies. Während eines Fototermins vor dem Essen mit den uniformierten Generälen verglich Trump den Moment mit der „Ruhe vor dem Sturm“. Auf die Frage, von welchem Sturm er spreche, antwortete er nur: „Das werden Sie bald herausfinden.“

Sofern man Trumps Worte als ernsthaften Ausdruck der Politik und der Pläne der US-Regierung auslegen kann, muss man aus ihnen unweigerlich den Schluss ziehen, dass die Welt am Rande des zerstörerischsten militärischen Konflikts seit dem Zweiten Weltkrieg steht. Will man die Wirklichkeit politisch korrekt ausdrücken, müsste man zweifelsfrei sagen, dass eine „unmittelbare Kriegsgefahr“ besteht.

Senator Bob Corker (Republikaner, Tennessee), der einen politischen Konflikt gegen Trump führt, warnte, die rücksichtslosen Drohungen des Präsidenten würden die USA „auf den Weg zum Dritten Weltkrieg führen“. Doch trotz Corkers Äußerungen vom Sonntag existiert innerhalb der herrschenden Elite und deren Medien ein erschütterndes Missverhältnis zwischen Bewusstsein und Wirklichkeit. Die Medien berichten über die öffentlichen Äußerungen des US-Präsidenten, als hätten sie keine Folgen. Sie glauben offenbar, Trump würde es nicht ernst meinen. Ein solcher Krieg hätte derart katastrophale Folgen, dass die Äußerungen Trumps wohl nur als Bluff gemeint sein können.

Aber was passiert, wenn er es ernst meint? Was passiert, wenn die nordkoreanische Regierung die Drohungen des amerikanischen Präsidenten so ernst nimmt, wie sie es müsste. Trump hat öffentlich erklärt, er werde Nordkorea zerstören, und die Stunde seines Untergangs rücke immer näher. Wie wird die Regierung in Pjöngjang Bewegungen des amerikanischen Militärs vor diesem Hintergrund interpretieren? Wenn dem Regime nur wenige Minuten für eine Entscheidung bleiben, wird es dann den Anflug eines amerikanischen Bombers auf den nordkoreanischen Luftraum als Beginn eines umfassenden Angriffs sehen? Wird es sich gezwungen sehen, das Schlimmste zu erwarten und einen Militärschlag gegen Südkorea einleiten? Wird es, wie bereits angedroht, Raketen auf Japan, Guam, Australien oder sogar die USA abfeuern?

Vom rein juristischen Standpunkt könnte Nordkorea angesichts der Drohungen Trumps behaupten, derartige Handlungen wären Notwehr und eine legitime Reaktion auf eine unmittelbare militärische Bedrohung.

Neben Pjöngjangs Berechnungen muss man auch davon ausgehen, dass die Regime in Peking und Moskau zunehmend beunruhigt über die Ereignisse sind. Während die amerikanischen Medien auf Trumps Drohungen mit ihrer üblichen Selbstzufriedenheit und Gedankenlosigkeit reagieren, betrachtet das chinesische Regime sie gezwungenermaßen als todernst. Schließlich ist Trump der Oberbefehlshaber des amerikanischen Militärs und damit befugt, Militärschläge zu befehlen. Und der Kongress hat kein Interesse daran, ihm diese Befugnis streitig zu machen.

Ein Angriff der USA auf Nordkorea wäre für China eine gewaltige Bedrohung. Genau wie 1950 würden die USA in einem Krieg gegen Nordkorea unweigerlich den 38. Breitengrad überschreiten, auch wenn es noch nicht unmittelbar zu einem atomaren Schlagabtausch käme. Als das US-Militär im Koreakrieg die Grenze zu Nordkorea überschritt, reagierte China mit einem massiven Gegenangriff. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass das heutige Regime in Peking passiv bleiben würde. Die Invasion Nordkoreas würde China als unannehmbaren Verstoß gegen das geopolitische Übereinkommen für die koreanische Halbinsel betrachten, das seit fast 65 Jahren Bestand hat.

Pekings Reaktion wäre zudem von der ohnehin angespannten Lage in der asiatischen Pazifikregion beeinflusst. Die USA haben im Rahmen des unter Obama begonnenen „Pivot to Asia“ seit Jahren systematisch ihre Streitkräfte ins Südchinesischen Meer verlagert. Das Ziel dieser Kampagne war es, China militärisch einzukreisen, da es von weiten Teilen der herrschenden Klasse als wichtigster Konkurrent für die Interessen der USA angesehen wird. Am Wochenende erklärte Japan, Chinas Hauptkonkurrent in der Region, es unterstütze die Drohungen der Trump-Regierung gegen Nordkorea.

Folglich würde China unweigerlich in einen Krieg zwischen Nordkorea und den USA einbezogen werden. Diese Entwicklung würde wiederum ganz Asien und Australien in die blutigen Auseinandersetzungen hineinziehen. Auch Europa und Lateinamerika verfolgen eigene Interessen in Asien und könnten deshalb nicht untätig zusehen.

Die Folgen eines Krieges gegen Nordkorea werden in den amerikanischen Medien kaum thematisiert. Im April erschien in dem Wochenmagazin Newsweek ein Artikel, laut dem ein Krieg mit Nordkorea eine Million Todesopfer fordern würde – selbst wenn keine Atomwaffen zum Einsatz kämen oder dritte Parteien eingreifen würden. Der ehemalige Air Force-Brigadegeneral Rob Givens erklärte letzten Monat in einem Kommentar in der Los Angeles Times, ein Krieg auf der Halbinsel würde auch ohne den Einsatz von Atomwaffen täglich 20.000 südkoreanische Todesopfer fordern.

Sollte sich der Krieg zu einem nuklearen Schlagabtausch verschärfen, wie es die Trump-Regierung angedroht hat, wären die Folgen katastrophal. Neben den Dutzenden Millionen Menschen, die unmittelbar sterben würden, warnten Klimaexperten, dass ein regionaler Atomkrieg das Weltklima um bis zu zehn Grad Celsius abkühlen und einen nuklearen Winter auslösen könnte. Das würde auch die landwirtschaftliche Produktion vollständig zerstören.

Trotz aller Beweise, dass jederzeit ein Krieg ausbrechen könnte, weigern sich die amerikanischen Medien, diese Entwicklungen ernst zu nehmen.

Die New York Times veröffentlichte am 6. Oktober einen Artikel über Trumps Äußerungen vor den Generälen, der beispielhaft für die Versuche der Medien ist, die Bevölkerung im Unklaren zu lassen. Darin hieß es, Trump habe „eine Schwäche für provokante Äußerungen“ und „offensichtlich Vergnügen daran, die Leute raten zu lassen“. Die Times stellte die Aussage über die „Ruhe vor dem Sturm“ als einfachen Klatsch oder Intrige im Weißen Haus dar und erklärte, das „Timing“ sei „besonders reizvoll“.

Zum Schluss hieß es: „Es ist jedoch genauso gut möglich, dass Trump lediglich theatralisch sein wollte und die Anwesenheit der Offiziere für einen dramatischen Effekt nutzte.“

Die Versuche der Medien, die Gefahr herunterzuspielen, werden von den Anzeichen ernsthafter Streitigkeiten innerhalb der Trump-Regierung konterkariert. Gerüchten zufolge wird Außenminister Rex Tillerson zum Rücktritt gezwungen oder tritt freiwillig zurück. Im letzten Monat hatte Trump mit seinen Äußerungen Tillersons Versuche sabotiert, die Verhandlungen mit der nordkoreanischen Regierung wieder aufzunehmen. Das Treffen der höchsten Berater des Weißen Hauses in Uniform am Dienstag könnte der Versuch Trumps gewesen sein, sich im Vorfeld eines Krieges die Unterstützung des Militärs zu sichern.

Die Konflikte sind jedoch nur taktischer Natur. Letzten Endes spricht Trump nicht nur für sich selbst, sondern für die herrschende Klasse der USA. Die Mehrheit innerhalb der herrschenden Oligarchie ist sich einig, ihre Hegemonialstellung im Ausland durch den Einsatz ihrer militärischen Stärke zu verteidigen.

Trump nutzt zwar eine besonders grobe und brutale Sprache, um die amerikanische Außenpolitik zu rechtfertigen. Die von ihm verfolgte Hegemonialstrategie hat er jedoch nicht erfunden. In den letzten 25 Jahren befanden sich die USA fast ausschließlich im Kriegszustand. Am Wochenende jährte sich der Einmarsch in Afghanistan zum 16. Mal. Das US-Militär ist weltweit aktiv, meist ohne dass die amerikanische Bevölkerung über die Entsendung von Militärpersonal informiert wird. Die Tatsache, dass in der letzten Woche vier amerikanische Soldaten in Niger im Kampf getötet wurden, war für die Öffentlichkeit eine große Überraschung.

Die Wahrheit über die derzeitige Lage ist, dass ein Krieg mit Nordkorea jederzeit ausbrechen könnte. Anstatt müßig darüber zu spekulieren, ob Trump nur blufft, ist es heute die wichtigste Aufgabe, eine mächtige Bewegung der Arbeiterklasse gegen diesen Kriegskurs aufzubauen. Dass der amerikanische Präsident feixend und lachend mit der Vernichtung von Millionen Menschen droht, ist bereits Beweis genug, dass das politische System in den USA unheilbar krank und zu jedem Verbrechen fähig ist.

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