Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

USA wollen 262.000 Einwanderer aus El Salvador abschieben

Das Heimatschutzministerium der USA verkündete am Montag, dass es mehr als einer Viertel Million Einwanderern aus El Salvador den vorübergehenden Schutzstatus (Temporary Protected Status, TPS) entzieht. Die Einwanderer, in ihrer überwiegender Mehrheit ärmere Arbeiter, haben 18 Monate bzw. bis zum 19. September 2019 Zeit, um die USA zu verlassen oder verhaftet und abgeschoben zu werden.

Zusammen mit den 262.000 durch TPS geschützten Menschen aus El Salvador werden ihre rund 190.000 Kinder abgeschoben – eine Größenordnung, die der Einwohnerzahl einer Stadt wie New Orleans, Den Haag oder Danzig entspricht. Gestapo-ähnlich Methoden werden nötig sein, um diese großen Gruppe von Menschen mit TPS-Status zu sammeln und abzuschieben. Im Großraum Washington DC leben beispielsweise 50.000 TPS-Betroffene aus El Salvador, in Los Angeles 40.000, in Houston und New York City zusammen 50.000.

Die Menschen aus El Salvador sind die größte einzelne Einwanderergruppe, für die der TPS-Schutzstatus gilt. Unter dem TPS-Programm kann das Heimatschutzministerium Menschen, die vor Naturkatastrophen oder Bürgerkriegen fliehen, den Aufenthalt in den Vereinigten Staaten für eine längere Zeit erlauben als unter dem herkömmlichen Flüchtlingsstatus.

Die salvadorianischen TPS-Begünstigten stellen einen wichtigen Teil der Arbeiterklasse in den USA dar, wo die meisten mittlerweile tief verwurzelt sind. Salvadorianer mit TPS-Schutzstatus leben durchschnittlich seit 21 Jahren in den USA. Diejenigen, die von der Abschiebung betroffen sind, haben hier fast ihr gesamtes erwachsenes Leben verbracht. Einer Schätzung zufolge wird die Abschiebung dieser Arbeiter das Bruttosozialprodukt der USA im Verlauf der nächsten zehn Jahre um fast 110 Milliarden Dollar verringern.

Cirka 190.000 wurden vor 1994 aufgenommen und alle 262.000 sind vor 2001 ins Land gekommen, als mehrere große Erdbeben El Salvador heimsuchten. Zehntausende sind aus dem Bürgerkrieg geflohen, der das Land von 1980 bis 1992 verwüstet hat. Damals rissen von den USA unterstützte Todesschwadronen Dörfer nieder und massakrierten die Bewohner, darunter vor 37 Jahren etwa 1.200 Bauern im Dorf El Mozote, was als El Salvadors My Lai bekannt wurde.

Die Maßnahme ist ein Todesurteil für Hunderte oder sogar Tausende. Sie werden in ein Land mit einer der höchsten Mordraten auf der Welt zurückgeschickt, das von kriminellen Drogenbanden beherrscht wird. Hinter den Narcos steht ein korruptes Militär, das Geld aus dem Drogenhandel und aus der Militärhilfe der USA einstreicht. Laut einem Bericht des Guardian von 2015 wurden alleine in den Jahren 2014/15 Dutzende Salvadorianer ermordet, nachdem sie von Obama abgeschoben worden waren.

Die Entscheidung, den TPS-Schutzstatus für Salvadorianer aufzuheben, signalisiert die Entschlossenheit der Trump-Regierung, das Programm vollständig zu beenden. Zuvor hatte die amtierende Ministerin für Heimatschutz Elaine Duke den TPS-Schutzstatus für 2.500 Einwanderer aus Nicaragua beendet und ihnen eine Frist bis zum 5. Januar 2019 eingeräumt, um die USA zu verlassen, außerdem für 57.000 Einwanderer aus Haiti, deren TPS-Schutzstatus am 22. Juli 2019 endet.

Allerdings trägt die Demokratische Partei genauso viel Verantwortung für diese Maßnahmen. Sie hat während der Zeit der Obama-Regierung den Weg für Trumps jetzige Massenabschiebungen geebnet. Obama hat 2,7 Millionen Einwanderer abgeschoben, Hunderttausende auch in der Zeit, als die Demokratische Partei in den ersten Jahren seiner Regierung noch den Kongress kontrollierte.

Deshalb sind die heuchlerischen Unterstützungsbekundungen für Einwanderer durch führende Demokraten umso zynischer. Barack Obama hat zehntausende salvadorianische Kinder und ihre Mütter ins Gefängnis gesteckt, die 2014 in die USA kamen, als die Gewalt in Mittelamerika einmal mehr aufflammte.

Was Trumps Forderung nach weiteren 15 Milliarden Dollar für die „Grenzsicherheit“ angeht, so vertritt die Demokratische Partei schon seit langem die Militarisierung der Grenze. Die Demokraten haben deutlich gemacht, dass sie die Genehmigung von zusätzlichen Milliarden unterstützen, um die bereits existierende kleine Armee aus Grenzpolizei und Einwanderungs- sowie Zollbeamten weiter auszubauen.

Dass die Demokraten Trump nicht die 18 Milliarden Dollar für den Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko genehmigen wollen, ist ein politisches Manöver. Sie lenken davon ab, dass sie im Grunde den Krieg gegen Arbeiter ohne Papiere intensivieren.

Als der Vorläufer von Trumps Mauer im Jahr 2006 mit dem Gesetzesvorhaben Secure Fence Act zum ersten Mal vorgeschlagen wurde, haben führende Demokraten im Senat ihn unterstützt. Dazu gehörten Barack Obama, Hillary Clinton und Joseph Biden genauso wie Charles Schumer, der jetzt der Führer der Demokraten im Senat ist. Mit der Unterschrift von Präsident George W. Bush trat das Gesetz dann in Kraft. In Folge dieses Gesetzes und anderer von beiden Parteien getragenen Maßnahmen zur Militarisierung der Grenze sind in den letzten 20 Jahren bis zu 27.000 Einwanderer bei der Durchquerung der Wüste ums Leben gekommen.

Im Jahr 2013 haben die Demokraten beschlossen, 40 Milliarden Dollar für die Grenzsicherheit auszugeben. Damit wurde die Zahl der Grenzschutzbeamten auf 40.000 verdoppelt und der Einsatz von High-Tech-Überwachungsausrüstung wie Sensoren und Drohnen ausgeweitet. Nach dem Willen der Demokraten sollte die GreenCard-Lotterie abgeschafft und Angehörigen von US-Bürgern die Visa zum Zwecke der Familienzusammenführung verweigert werden. Im Gegenzug sollte eine Einwanderung auf Basis von Ausbildungsniveau und Qualifikation gefördert werden, wie es die US-Konzerne mit Bedarf an hochqualifiziertem Personal wünschen. Das Gesetz wurde damals von den Republikanern gekippt.

Heute wird diese einwandererfeindliche Politik noch in den Schatten gestellt. Während die Abschiebung von Menschen mit TPS-Schutzstatus läuft, verhandeln Demokraten und Republikaner noch über das Schicksal von 800.000 Jugendlichen. Diese jungen Leute kamen als Kinder illegal in die USA und haben sich im Rahmen des Obama-Programms „Deferred Action for Childhood Arrivals“ (DACA) registrieren lassen und dabei gehofft, auf längere Sicht einen legalen Status zu erlangen. Trump hat die DACA-Verfügung mit Wirkung zum 5. März außer Kraft gesetzt. Zu diesem Termin könnten die Massenverhaftungen von DACA-Registrierten beginnen, indem man die Informationen benutzt, die sie der Regierung bei ihrem DACA-Antrag zur Verfügung gestellt haben.

Das Weiße Haus fordert außerdem Einschränkungen bei der legalen Einwanderung als Teil eines „Kompromisses“ in Bezug auf DACA, darunter die Abschaffung des Visums-Lotterieprogramms und der sogenannten „Kettenmigration“, die es US-Bürgern und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt erlaubt, eine Einreise zwecks Familienzusammenführung zu ermöglichen.

In der letzten Woche hat Senator Schumer noch vor den Verhandlungen über DACA deutlich gemacht, dass er weitere Maßnahmen zur Militarisierung der Grenze zwischen den USA und Mexiko unterstützt. Senator Bernie Sanders hat am Sonntag bei seinem Auftritt in der ABC-Sendung „This Week“ seine Unterstützung für verstärkte Angriffe auf Arbeiter ohne Papiere bekräftigt. Sanders erklärte, er sei zwar gegen Trumps Grenzmauer, aber: „Ich glaube, wir sind alle der Meinung, dass wir eine starke Grenzsicherheit brauchen. Wenn der Präsident mit uns zusammenarbeiten will, um sicherzustellen, dass wir eine starke Grenzsicherheit haben, dann lass uns das tun.“

Sanders wiederholt ebenso wie die Gewerkschaftsbürokratie Trumps wirtschaftsnationalistische Phrasen und seine pseudopopulistischen Versuche, die amerikanischen Arbeiter gegen ihre Klassenbrüder und -schwestern in anderen Ländern auszuspielen.

Die große Mehrheit der Amerikaner ist nicht einverstanden mit Trumps fremdenfeindlichem Nationalismus. Neun von zehn Amerikanern sind der Meinung, die Regierung solle Einwanderern, die eine Reihe von Jahren in den USA gelebt haben, die Staatsangehörigkeit verleihen. Im Januar und Februar 2017 gab es an den Flughäfen überall im Land Massenproteste, nachdem Trump sein erstes Einreiseverbot verkündet hatte. Seit damals hat die Demokratische Partei systematisch daran gearbeitet, die Opposition in der Bevölkerung gegen Trumps fremdenfeindliches, unternehmerfreundliches und auf Krieg ausgerichtetes Programm abzulenken und zu unterdrücken. Stattdessen hat sie reaktionäre, antidemokratische Kampagnen unterstützt und ins Leben gerufen.

Dazu gehört auch die sogenannte „MeToo“-Bewegung, die im Namen des Feminismus privilegierter, kleinbürgerlicher Schichten grundlegende demokratische Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und eine faires Verfahren abschaffen will. Zu nennen ist außerdem die gegen Russland gerichtete Kampagne, mit der die amerikanische Außenpolitik in Richtung einer aggressiveren militärischen Haltung gegen Russland gedrückt werden soll sowie die Kampagne gegen „fake news“, die dazu benutzt wird, die Zensur des Internets und der sozialen Medien zu rechtfertigen.

Im Dezember hat der Oberste Gerichtshof erlaubt, dass eine überarbeitete Fassung von Trumps Einreiseverbot wirksam wird. Dies geschah kurz nachdem zwei Drittel der Demokraten im Repräsentantenhaus gegen den Antrag eines demokratischen Kongressabgeordneten gestimmt hatten, der ein Amtsenthebungsverfahrens gegen den Präsidenten aufgrund von Trumps Massenabschiebungs-Programm anstrengen wollte.

Sozialisten lehnen den gesamten reaktionären Rahmen der sogenannten „Debatte“ über die „Einwanderungsreform“ ab. Die Socialist Equality Party (SEP) weist die Position der Demokraten und Republikaner gleichermaßen zurück, dass die Arbeiter ohne Papiere eines Verbrechens schuldig sind und deshalb in der einen oder anderen Weise für ihre angeblichen Missetat büßen müssen.

Die SEP verteidigt das Recht der Arbeiter aus jedem Winkel der Erde im Land ihrer Wahl mit vollen Bürgerrechten zu leben und zu arbeiten. Hierzu gehört auch das Recht, in ein Land zurückzukehren ohne Drohung, dass dann die Wiedereinreise in die USA verwehrt wird und man von der Familien getrennt wird.

Die Gesamtzahl der Menschen, die in denselben Fabriken, auf denselben Baustellen und in anderen Industrien neben den 262.000 TPS-Begünstigten aus El Salvador arbeiten, umfasst Millionen und zig Millionen. Ein Angriff auf sie ist ein Angriff auf die gesamte Arbeiterklasse.

Nur die Stärke der Arbeiterklasse – vereinigt über Hautfarbe und Nationalitäten hinweg – kann verhindern, dass das Leben von Hunderttausenden salvadorianischen Arbeitern zerstört wird, die in den USA leben.

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