USA: Der Verrat am Lehrerstreik in Oklahoma und die Lehren für die kommenden Kämpfe

Am Montag endete der Streik von zehntausenden Lehrern in Oklahoma. Die öffentlichen Schulen im ganzen Südwesten der USA waren zehn Schultage lang geschlossen blieben. Trotz ihrer Tapferkeit und Entschlossenheit konnten die Lehrer ihre Forderungen nach deutlich höheren Gehältern und einer Erhöhung des Schuletats, der in den letzten zehn Jahren um fast 30 Prozent gekürzt wurde, nicht durchsetzen.

Das lag nicht daran, dass die Lehrer in einer geschwächten Position gewesen wären. Im Gegenteil: Ihr Kampf gegen die republikanische Gouverneurin und die Bundesstaatsregierung hatte großen Rückhalt in der Bevölkerung. Doch genau wie der neuntägige Streik in West Virginia wurde auch der Arbeitskampf in Oklahoma von der National Education Association (NEA), der American Federation of Teachers (AFT) und ihren Ablegern in Oklahoma verraten.

Letzten Donnerstag verkündete die Präsidentin der Oklahoma Education Association (OEA) Alicia Priest überraschend das Ende des Arbeitskampfs. Sie behauptete, man könne nicht mehr herausholen und die Lehrer könnten nur mehr Geld für die Schulen durchsetzen, wenn sie bei der Zwischenwahl im November für die Demokraten stimmten.

Obwohl die große Mehrheit der Lehrer den Streik fortsetzen wollte, gab die OEA den Schulbehörden mit ihrer Ankündigung grünes Licht, den Unterricht wiederaufzunehmen und die Lehrer zur Rückkehr an die Arbeit zu drängen. Wie zum Hohn lassen die Behörden sie außerdem bis zu eine Stunde länger arbeiten, um die versäumte Arbeit nachzuholen. Mindestens ein Lehrer wurde bereits entlassen, weil er sich am vergangenen Freitag weigerte, wieder zur Arbeit zu erscheinen.

Die Anweisung, den Streik zu beenden, kam aus den Büros der NEA und der AFT in Washington, D.C., die versucht haben, die Ausbreitung der Lehrerstreiks im ganzen Land zu verhindern. NEA-Präsidentin Lily Garcia, die jährlich fast 400.000 Dollar verdient, wurde während des Streiks in West Virginia von einem Reporter gefragt, ob sie wolle, dass sich die Bewegung auf die anderen 49 Staaten ausbreitet. Ihre unerbittliche Antwort war „Nein“.

Der Kampf in Oklahoma ist noch nicht vorbei. Die Lehrer kehren in dem Bewusstsein an die Arbeit zurück, dass keines der Probleme, die sie zum Streik bewegt hatten, gelöst ist – seien es Armutslöhne, Einsparungen bei Lehrplänen und Schulmaterialien oder die soziale Krise der Schüler und ihrer Familien.

Der Streik in Oklahoma ist Teil eines allgemeinen Auflebens der Klassenkämpfe in den USA und der ganzen Welt. In Kentucky, Arizona und Dutzenden weiteren Bundesstaaten und Städten organisieren sich Lehrer über soziale Netzwerke und sind kampfbereit. In diesem Jahr findet ein Aufschwung des Klassenkampfs in ganz Europa, Asien, Lateinamerika und Afrika statt.

Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Arbeiter die Lehren aus diesem Streik ziehen, damit sie dieses Wissen in den nächsten Kämpfen, die unweigerlich kommen werden, einsetzen können.

Zuerst ist es notwendig, die politische Funktion der Gewerkschaften zu verstehen. Die AFT und die NEA haben den Streik von Anfang an abgelehnt. Monatelang hörten Lehrer, die sich für einen Ausstand aussprachen, von Gewerkschaftsfunktionären, sie würden keine Unterstützung erhalten. Der Streik wurde letztlich nur möglich, weil die Lehrer in Facebook-Gruppen wilde Sick-outs organisierten.

Die Gewerkschaften versuchten, einen landesweiten Streik so lange wie möglich hinauszuzögern. Zuerst riefen sie für den 23. April zum Ausstand auf. Doch die empörte Reaktion der Arbeiter zwang die Gewerkschaften, ihn vorzuziehen. Allerdings sorgten sie dafür, dass er auf einen einzigen Tag beschränkt blieb und sabotierten den Streik. Ein Lehrer erklärte gegenüber der WSWS: „Die OEA hat sich an die Spitze unseres Zuges gestellt, als er an Fahrt nahm, und so getan, als ob sie den Zug anführen würden und dann sagten sie, dass sie ihn stoppen würden.“

Die Gewerkschaften wollten den Streik darauf beschränken, Druck auf die Politiker des Großkapitals auszuüben. Diese wussten, dass die Gewerkschaftsfunktionäre selbst Angst vor einer Ausweitung der Kämpfe hatten, und waren deshalb noch unnachgiebiger. Die Gewerkschaften erklärten, die Lehrer sollten sich „im November daran erinnern“, die Kandidaten der Demokraten wählen. Diese hatten unter Brad Henry, Demokrat und Amtsvorgänger der republikanischen Gouverneurin Mary Fallins, umfassende Kürzungen der Kapitalertrags- und Einkommenssteuer für die Reichen durchgesetzt und die Sozialausgaben gekürzt, u.a. für das Bildungswesen.

Vor allem haben die Gewerkschaften die Lehrer isoliert und verhindert, dass sie sich mit anderen Arbeitern im Bundesstaat oder mit Lehrern im Rest des Landes verbünden. Während des Streiks sprachen sich Gewerkschaftsfunktionäre in Florida, Iowa, Kentucky, Arizona, North Carolina und weiteren Staaten gegen die Forderungen der Lehrer nach weiteren Streiks aus.

Indem die Gewerkschaften die Streiks der Lehrer ablehnen oder abwürgen, wenn sie sie nicht verhindern können, erfüllen sie ihre wesentliche Funktion. Sie sind keine Arbeiterorganisationen, sondern korporatistische Instrumente des Managements und des Staates. Momentan läuft vor dem Obersten Gerichtshof das Verfahren Janus vs. AFSCME, das in einigen Bundesstaaten zum Wegfall der „Mittlergebühren“ führen könnte (d.h. Gebühren in Höhe der Gewerkschaftsbeiträge, die auch von Nichtmitgliedern gezahlt werden müssen). Vor diesem Hintergrund waren die Lehrergewerkschaften besonders entschlossen, ihre Effektivität zu demonstrieren. Wie der Anwalt der Gewerkschaft AFSCME vor Gericht erklärt hatte: „Die Gebühren sind eine Gegenleistung. Die Absicherung der Gewerkschaften gewährleistet, dass es keine Streiks gibt.“

Dabei unterscheiden sich die Lehrergewerkschaften nicht von anderen Gewerkschaften wie den United Auto Workers, die sogar nachweislich direkt Bestechungsgelder von den Konzernen als Gegenleistung für die Durchsetzung unternehmensfreundlicher Tarifverträge erhalten haben. Ihre Vorstände, die zur oberen Mittelschicht gehören, „verdienen“ ihre üppigen Gehälter, indem sie den Arbeitern, die sie angeblich repräsentieren, Armutslöhne aufzwingen.

Die Gewerkschaften konnten den Streik abwürgen, weil die Arbeiter keine anderen Organisationen, unabhängig von den Gewerkschaften, aufgebaut hatten, die den Kampf hätten fortführen können.

Die World Socialist Web Site hatte die Lehrer in ihrem Teacher Newsletter davor gewarnt, dass die Gewerkschaft alles versuchen wird, um den Streik zu verraten. Wir riefen die Lehrer dazu auf, in allen Schulen und Kommunen Basiskomitees zu wählen, die völlig unabhängig von den Gewerkschaften sind. Wir betonten, dass die Lehrer sich nur durchsetzen würden, wenn sie für die breitestmögliche Mobilisierung der Arbeiterklasse kämpfen und zusammen mit den Lehrern in anderen Bundesstaaten einen Generalstreik vorbereiten, um das öffentliche Bildungswesen zu verteidigen.

Viele Lehrer haben ihren Kampf über Facebook organisiert. Doch die Administratoren dieser Seiten, u.a. Larry Cagle von Oklahoma Teachers United und Alberto Morejon von Oklahoma Teachers Walkout — The Time is Now haben den Gewerkschaften die Kontrolle über den Streik überlassen und die unabhängige Organisation und politische Mobilisierung der Lehrer abgelehnt.

Nachdem die Gewerkschaft den Streik abgewürgt hatte, riet Morejon dazu, dass die Lehrer einen Tag lang ihre Vertreter zur Bundesstaatsregierung schicken sollten, um dort „Lobbyarbeit“ zu betreiben. Er erklärte, es gehe nur darum, „wie viele Lehrer im Regierungsgebäude sind“. Damit wiederholte er die Behauptungen der Gewerkschaften, die Lehrer könnten einen Sieg davon tragen, wenn sie sinnlose Appelle an Abgeordnete der Demokraten und Republikaner richten, die ihnen in Wirklichkeit feindlich gesonnen sind.

Larry Cagle von der Facebook-Seite Oklahoma Teachers United gab vor kurzem in einem Interview zu, er sei „erleichtert“ und „ermutigt“ gewesen, als die OEA ihre Unterstützung für den Kampf anbot, obwohl sie ihn so lange verhindert hatte. Cagle, der Verbindungen zur pseudolinken International Socialist Organization hat, kritisierte zwar die OEA für ihre Sabotage am Streik, verteidigte aber die organisatorische Kontrolle der Gewerkschaften über die Arbeiter.

Dass Cagle die Gewerkschaften propagiert, steht in direktem Zusammenhang mit seiner Behauptung, der Kampf für das öffentliche Bildungswesen sei „keine politische Sache“. Eine solche Haltung ist für den Streik der Lehrer absolut verhängnisvoll.

In erster Linie befinden sich die Lehrer in direkter Konfrontation mit der Regierung, die schließlich ihr Arbeitgeber ist. Die Katastrophe im öffentlichen Bildungswesen ist das Ergebnis der Politik beider Parteien auf bundesstaatlicher und föderaler Ebene, die in den letzten drei Jahrzehnten die Etats für das Bildungswesen und andere Sozialausgaben zusammengestrichen haben. Die rechte Politik der Obama-Regierung bildete die Grundlage für Trumps Angriff auf das öffentliche Bildungswesen.

Der Standpunkt, der Arbeitskampf solle nicht von „Politik“ verdorben werden, läuft darauf hinaus, dass die Lehrer die Politik der Wirtschaftselite und die Unterordnung des Streiks unter die Demokratische Partei nicht herausfordern sollen. Cagles „Keine Politik“-Position meint in Wirklichkeit: keine sozialistische oder revolutionäre Politik. Am deutlichsten zeigte sich das in der Entscheidung von Oklahoma Teachers United, alle WSWS-Artikel auf ihrer Facebook-Seite zu blockieren. Die Lehrer sollten keine Möglichkeit haben, die einzige Publikation zu lesen, die vor der Rolle der Gewerkschaften und der Demokraten warnte.

Der Kampf zur Verteidigung und umfassenden Entwicklung des öffentlichen Bildungswesens läuft letztlich auf die Frage hinaus, wer darüber entscheiden soll, wie die Ressourcen der Gesellschaft verteilt werden. Die Lehrer sagen häufig, die Regierung setze die „falschen Prioritäten“. Doch das ist nur ein Ausdruck der Tatsache, dass die politische Macht in den Händen der herrschenden Klasse bleibt, egal welche Partei die Regierung stellt.

Beide Parteien verteidigen die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Banken und des Großkapitals. Deshalb behaupten sie unaufhörlich, es sei kein Geld für das öffentliche Bildungswesen und andere wichtige Dienstleistungen vorhanden, während sie gleichzeitig unbegrenzte Summen aufbringen, um die Wall Street zu retten, Steuersenkungen für Energiekonzerne zu finanzieren, neue Gefängnisse zu bauen und endlose Kriege zu führen.

Wenn die Lehrer fordern, dass alle Kinder unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund das Recht auf qualitativ hochwertige öffentliche Schulbildung haben, stellen sie implizit die gegenwärtige Verteilung des Reichtums infrage. Doch um soziale Bedürfnisse wirklich über die Profite der Konzerne zu stellen, muss die Arbeiterklasse mit den beiden Parteien des Großkapitals brechen, eine Bewegung aufbauen, die politisch unabhängig ist und die Macht in die eigene Hand nimmt. Nur so kann der Reichtum, den die Arbeiterklasse in kollektiver Arbeit geschaffen hat, für das allgemeine Wohl eingesetzt werden.

In West Virginia und Oklahoma wollten die Lehrer aus dem Korsett der Gewerkschaften ausbrechen. Die wachsende Bewegung der Lehrer ist nicht nur auf die Sympathien, sondern die aktive Unterstützung aller Teile der Arbeiterklasse angewiesen. In allen Fabriken und Arbeitsstätten müssen Basiskomitees aufgebaut werden, um die Grundlagen für einen Generalstreik zur Verteidigung aller Rechte der Arbeiterklasse zu schaffen. Gleichzeitig ist der Kampf gegen Ungleichheit untrennbar mit der Mobilisierung der Arbeiter und der Jugend gegen imperialistischen Krieg und Autoritarismus verbunden.

Die Entwicklung neuer Kampforganisationen der Arbeiterklasse muss mit dem Aufbau einer sozialistischen Führung verbunden sein, die die wachsenden Kämpfe der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische Profitsystem, die Wurzel von Ungleichheit und Krieg, richtet. Ohne einen Frontalangriff auf den Reichtum und die Vorrechte der kapitalistischen Elite kann nichts erreicht werden. Die immensen Summen, die eine winzige Schicht der Bevölkerung für sich beansprucht, müssen beschlagnahmt werden. Die riesigen Banken und Konzerne müssen in öffentliche Versorgungsbetriebe umgewandelt werden, die sozialen Bedürfnissen, nicht privatem Profitstreben dienen.

Das ist die Perspektive der Socialist Equality Party. Wir rufen alle Lehrer, die dieses Programm unterstützen, auf, unserer Partei beizutreten und den Kampf für Sozialismus und echte Gleichheit aufzunehmen.

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