Trump sagt Gipfel mit Nordkorea ab

Das Weiße Haus gab vorgestern bekannt, dass es den für den 12. Juni in Singapur geplanten Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un abgesagt hat. Mit der Annullierung soll der militärische und wirtschaftliche Druck auf Nordkorea erhöht werden.

Ziel ist es, das Kim-Regime zu zwingen, sich der zentralen Bedingung für eine Annäherung zu unterwerfen – der Zerstörung seines geringfügigen Atomwaffenarsenals, der Schließung seiner Nuklearanlagen und der Einstellung seiner entsprechenden Programme.

Trump erklärte, dass das US-Militär mit Unterstützung Südkoreas und Japans vorbereitet sei, falls Nordkorea mit einer „Dummheit“ reagiere.

In dem offiziellen Schreiben, mit dem Trump Kim über die Entscheidung informierte, wurde die Absage mit dem „enormen Hass und der offenen Feindseligkeit“ begründet, die Nordkorea in seinem letzten Statement zum Ausdruck gebracht habe. Trump drohte Nordkorea erneut mit den nuklearen Kapazitäten der USA, die „so groß und mächtig sind, dass ich zu Gott bete, dass sie niemals eingesetzt werden müssen“.

Die fragliche Erklärung Nordkoreas war am 24. Mai im Namen des stellvertretenden Außenministers Choe Son Hui veröffentlicht worden. Es handelte sich um eine Antwort auf Äußerungen von US-Vizepräsident Mike Pence in einem Interview mit Fox News vom 21. Mai.

Pence hatte gedroht, wenn Nordkorea nicht zusagen würde, „sein Atomwaffenprogramm abzubauen“, würde die Sache „so ausgehen wie in Libyen“.

Libyen hatte sich im Dezember 2003 bereit erklärt, im Austausch gegen eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen und ein Ende der Wirtschaftssanktionen seine Kapazitäten auf dem Gebiet atomarer und chemischer Waffen abzubauen. Keine acht Jahre später brachen die USA und die europäischen Mächte das Abkommen und führten einen massiven Luftschlag gegen Libyen, der Tausende Menschen tötete und das Land zerstörte. Von den USA unterstützte Rebellen machten Jagd auf den Staatschef Muammar Gaddafi, bis sie ihn am 20. Oktober 2011 ermordeten.

Diese implizite Drohung von Pence mit Krieg und der Ermordung Kims wurde von Pjöngjang verurteilt. In der Erklärung Huis wurde Pence als „unwissend und dumm“ bezeichnet und behauptet, Nordkorea verfüge über die militärische Fähigkeit, „den USA eine entsetzliche Tragödie zu bereiten“. Washington habe die Wahl zwischen „Dialog oder einem nuklearen Showdown“. Das Außenministerium werde Kim vorschlagen, den Gipfel vom 12. Juni zu „überdenken“.

Trump seinerseits hatte die Absage des Gipfels bereits vor der Erklärung Nordkoreas in Aussicht gestellt. In Gegenwart des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in hatte er am 22. Mai vor Journalisten erklärt:

„Wir machen weiter und werden sehen, was passiert. Wir möchten, dass bestimmte Bedingungen erfüllt werden, und ich denke, diese Bedingungen werden wir durchsetzen. Und wenn nicht, dann gibt es kein Treffen... Wenn es nicht dazu kommt, dann vielleicht später. Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt.“

Laut CNBC erklärten Vertreter des Weißen Hauses gegenüber Journalisten, dass eine nordkoreanische Delegation zu einem vorbereiteten Gipfel in Singapur nicht erschienen und die Kommunikation „im Wesentlichen abgebrochen“ sei.

Mehrfach gab Trump China und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping die Schuld dafür, dass Nordkorea von früheren Zusagen Kims abgerückt sei, sein Atomprogramm zu beenden, wenn es im Gegenzug Sicherheitsgarantien erhalte und ein Friedensvertrag zustande komme, der Koreakrieg von 1950-1953 offiziell beende.

Ein weiterer Bestandteil des Angebots der USA und Südkoreas an Pjöngjang ist die Öffnung des Nordens für große kapitalistische Investitionen, während die Teilung der Halbinsel in zwei Staaten aufrechterhalten werden soll. Nordkorea würde sich in einen Anbieter billiger Arbeitskräfte und eine Steueroase für transnationale Unternehmen verwandeln. Die herrschende Clique um Kim könnte sich als Teilhaber an diversen Joint Ventures bereichern.

Das strategische Ziel des US-Imperialismus besteht darin, Nordkoreas Rolle umzudrehen: von einem Puffer, der Peking vor den amerikanischen Streitkräfte in Ostasien abschirmt, in einen militarisierten Klientelstaat der USA an der Nordgrenze zu China.

Es steht außer Frage, dass das chinesische Regime erheblichen Druck auf Nordkorea – auch in Form substanzieller wirtschaftlicher Hilfsangebote – ausübt, damit es die Avancen der USA ablehnt und im Einflussbereich Pekings verbleibt.

Die nordkoreanische Elite ist möglicherweise tief gespalten. So gab ein nordkoreanischer Regierungsbeamter zu bedenken, dass Länder, die „Abkommen“ mit dem US-Imperialismus anstrebten, ein „elendes Schicksal“ erlitten hätten.

Der Irak wurde 2003 überfallen und Staatschef Saddam Hussein gehenkt. Libyen wurde 2011 zerstört. Im selben Jahr wurde Syrien in einen mörderischen Bürgerkrieg gestürzt, der bis heute andauert. Das nordkoreanische Regime ist womöglich zu dem Schluss gelangt, dass seine beste Überlebenschance darin besteht, chinesische Unterstützung zu suchen und sich den USA zu widersetzen.

Die Trump-Regierung wiederum hat den Versuch, Nordkorea zu einer Annäherung zu bewegen, die das Kräftegleichgewicht in Ostasien drastisch zum Nachteil Chinas verändert, eindeutig noch nicht aufgegeben.

Diese anhaltenden Bemühungen spiegeln sich auch in Trumps Brief an Kim wider. Neben der impliziten Gefahr der atomaren Zerstörung verwies Trump darin auf den „wunderbaren Dialog“, den die beiden Führer aufgenommen hätten. Er freue sich sehr darauf, Kim kennenzulernen. Wenn er es sich anders überlege, solle er „nicht zögern, mich anzurufen oder mir zu schreiben“.

Am 22. Mai hatte Trump in seinem bisher weitreichendsten Angebot an Nordkorea vorgeschlagen, dass die „Denuklearisierung“ auch allmählich, über einen „inkrementellen“ Zeitraum erfolgen könne. Unter bestimmten Bedingungen, wenn z.B. nordkoreanische Raketen auf China statt auf Südkorea, Japan und amerikanische Ziele gerichtet wären, würden die USA die Existenz der Atomraketen nicht unbedingt ablehnen.

Als Alternative stellt das Weiße Haus einen katastrophalen Krieg auf der koreanischen Halbinsel in Aussicht, der mit dem Einsatz von Atomwaffen einhergehen und Millionen von Menschenleben kosten könnte.

Pence polterte am 21. Mai: „Präsident Trump machte deutlich, dass die Vereinigten Staaten von Amerika unter seiner Führung nicht dulden werden, dass das Regime in Nordkorea Atomwaffen und ballistische Raketen besitzt, die die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten bedrohen.“ Die „militärische Option“ zur Entwaffnung Nordkoreas, erklärte der Vizepräsident, „war nie vom Tisch“.

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