USA: Technologiekonzerne diskutieren mit Geheimdiensten über Internetzensur

Die New York Times und die Washington Post veröffentlichten diese Woche Berichte über ein privates Treffen zwischen acht großen Technologie- und Social-Media-Konzernen und den amerikanischen Geheimdiensten, das letzten Monat stattfand. Dabei wurde über die gemeinsamen Zensurbestrebungen im Vorfeld der kommenden Zwischenwahlen im November 2018 diskutiert.

Das Treffen fand am 23. Mai im Hauptsitz von Facebook in Menlo Park (Kalifornien) statt. Unter den Teilnehmern waren Vertreter von Facebook, Amazon, Apple, Google, Microsoft, Snap, Twitter und Oath, ein 2017 gegründetes Unternehmen, zu dem auch Yahoo und der Telekommunikationskonzern Verizon gehören, sowie Agenten des FBI und des Heimatschutzministeriums.

Die Post beschrieb das Treffen, das auf die Initiative von Facebook hin organisiert wurde, als „neuen Versuch der Technologiebranche, engere Beziehungen zu den Strafverfolgungsbehörden zu entwickeln“. Beide Artikel basierten auf anonymen Äußerungen von Teilnehmern. Einer von ihnen erklärte der Post, die Unterhaltung sei ein „Hin und Her“ gewesen, „beide Seiten haben darüber geredet, was sie zu der Frage denken und wie wir nach Gelegenheiten zur Zusammenarbeit suchen“.

Diese Zusammenkunft beweist erneut, dass die Technologiekonzerne immer stärker in den amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparat eingebunden sind. Die Unternehmen ermöglichen dem staatlichen Unterdrückungsapparat Zugriff auf einen immer größeren Teil der technischen Infrastruktur und betrachten die Zensur linker, Antikriegs- und progressiver Ansichten als integralen Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie.

Amazon, Microsoft und Google konkurrieren miteinander, um sich einen Auftrag im Wert von zehn Milliarden Dollar zu sichern, bei dem es um die Speicherung der Cloud-Infrastruktur des Pentagon geht. Dabei geht es darum, die Kommunikation der Militäreinheiten zu hosten, die sich im Gefecht befinden. Beschäftigte der drei Unternehmen haben in den letzten Monaten Briefe geschrieben, in denen sie die Bereitstellung von Technologie der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Verbesserung der Zielgenauigkeit von Drohnenangriffen (Google), die Gesichtserkennung von Zivilisten durch Polizeibehörden (Amazon) und Microsofts Zusammenarbeit mit der Einwanderungs- und Zollbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) verurteilten.

Die Times und die Post sind die wichtigsten medialen Sprachrohre für die Internetzensur-Kampagne der Demokratischen Partei und der Geheimdienste, die unter dem Vorwand des Kampfs gegen die Verbreitung von „Fehlinformationen“ durch die russische Regierung vorangetrieben wird. Diese Kampagne im Stile der McCarthy-Ära basiert auf dem völlig haltlosen Vorwurf, russische „Fake News“ seien der Grund für die verbreitete Desillusionierung über Hillary Clinton und für den Sieg von Donald Trump in den US-Wahlen von 2016. Deshalb stellen die aufeinander abgestimmten Berichte der Zeitungen das jüngste Zensur-Treffen als Versuch dar, eine Einflussnahme Russlands auf die Zwischenwahlen zu verhindern.

Doch in Wirklichkeit richtet sich die Zensur gegen den Zugang der Bevölkerung zu linken Nachrichtenquellen, die nicht von den Mainstream-Medien kontrolliert werden, und gegen die Verbreitung von oppositionellen Inhalten in den sozialen Netzwerken. Dazu gehören Videos von Polizeimorden, die Massenverhaftung von Immigranten, Militärinterventionen, Proteste und die Enthüllung der Verbrechen von Unternehmen und Regierungen.

Facebook hat seit Beginn des Jahres eine Reihe von Veränderungen an seinem Newsfeed eingeführt. Unter anderem werden sogenannte „persönliche Momente“ gegenüber politischen Inhalten bevorzugt; außerdem erhalten Inhalte von angeblich „vertrauenswürdigen Quellen“ höhere Priorität. Bei Letzteren handelt es sich in Wirklichkeit um etablierte Propagandakanäle wie die Times und das Wall Street Journal. Der Social-Media-Konzern hat zudem seine Algorithmen geändert, um die Verbreitung von „viralen Videos“ zu verringern, die Vorstandschef Mark Zuckerberg als „schlecht für das Wohlergehen der Bevölkerung und der Gesellschaft“ bezeichnete.

Tessa Lyons, Leiterin der Facebook-Abteilung für die Integrität von Nachrichten, kündigte letzten Donnerstag in einer Mitteilung an, die genannten Maßnahmen noch auszuweiten. Geplant ist u.a. die Einführung von „Faktenchecks“ für Videos und Bilder. In dem Post erklärte Lyons außerdem, Facebook führe „maschinelles Lernen ein, um ausländische Seiten zu identifizieren und herabzustufen, die möglicherweise finanziell motivierte Falschmeldungen in anderen Ländern verbreiten“. Diese werden mit Facebooks Heer von „Faktenprüfern“ (d.h. Zensoren) zusammenarbeiten, von denen viele selbst aus dem Sicherheitsapparat und den Geheimdiensten kommen. Die „Sicherheits“- und „Moderations“-Abteilung von Facebook beschäftigt mittlerweile 20.000 Mitarbeiter.

Die „Herabstufung“ von „falschen Nachrichten“, wie Facebook sie bezeichnet, wurde im April in den neuen „Community-Richtlinien“ festgelegt. Darin heißt es, die Unterdrückung von „falschen Nachrichten“ sei eine „delikate Angelegenheit“. Deshalb entferne das Unternehmen nicht offen Nachrichten, was von den Herausgebern und ihren Followern leicht zu erkennen wäre, sondern tut dies im Geheimen: „Ihre Verbreitung wird drastisch reduziert, indem wir sie weiter unten im Newsfeed anzeigen.“ (Siehe: „Facebook legt Zensurmaßnahmen fest“)

Lyons wiederholte diese Argumentation am 16. Mai in einem Interview mit Miles O’Brien vom Fernsehsender PBS. Sie räumte ein, dass „unsere Community nicht erwartet, dass wir Informationen zensieren und vollständig entfernen, solange sie nicht gegen unsere Community-Standards verstoßen“. Stattdessen „arbeiten wir daran, den Schaden zu verringern, den sie anrichten können“, indem ihre Verbreitung eingeschränkt wird. Die Washington Post berichtete am Dienstag, Lyons habe letzte Woche in einer Rede auf dem Kongress des International Fact Checkers-Netzwerks erklärt, dass Facebook „schon bald maschinelles Lernen einsetzen wird, um vorauszusagen, welche Seiten vermutlich Falschinformationen verbreiten“.

Mit der offiziellen Abschaffung der Netzneutralität in diesem Monat hat die Finanzoligarchie, die sowohl die Suchmaschinen- und Social-Media-Monopolisten als auch die Internetprovider kontrolliert, ihre Attacken auf die Meinungsfreiheit im Internet noch weiter verschärft. Provider haben jetzt das Vorrecht, Inhalte im Internet nach eigenem Ermessen zu blockieren und zu unterdrücken.

Während die Internetzensur ausgeweitet wird, wächst der Druck auf den Whistleblower und WikiLeaks-Gründer Julian Assange, der seit 2012 faktisch ein Gefangener in der ecuadorianischen Botschaft in London ist. Damals musste er dort Zuflucht suchen, um einer Auslieferung an die USA zu entgehen, wo ihm ein Prozess wegen der Enthüllung von Verbrechen der US-Regierung droht. Die Verfolgung von Assange, weil er das „Verbrechen“ begangen hat, die Wahrheit zu veröffentlichen, soll Whistleblower und ehrliche Journalisten auf der ganzen Welt einschüchtern.

Google, das letzten Monat ebenfalls an dem Treffen mit dem FBI und dem Heimatschutzministerium teilnahm, hat im April 2017 den Algorithmus seiner Suchmaschine verändert, um linke und Antikriegs-Websites wie die World Socialist Web Site zu zensieren. Aufgrund dieser Veränderungen ist der Suchtraffic über Google auf die WSWS seither um drei Viertel zurückgegangen. Anscheinend hat Google seine Zensur der World Socialist Web Site jüngst noch weiter verschärft, denn im letzten Monat sind die Suchimpressionen um bis zu einem Drittel zurückgegangen.

Im August 2017 veröffentlichte die World Socialist Web Site einen offenen Brief an Google, in dem sie den Konzern zur Einstellung seiner Internetzensurmaßnahmen aufforderte und erklärte: „Zensur in diesem Ausmaß kommt der Erstellung politischer schwarzer Listen gleich. Google verfolgt mit seinem Zensuralgorithmus offensichtlich die Absicht, Nachrichten zu blockieren, deren Verbreitung Ihrem Unternehmen nicht genehm ist, und Meinungen zu unterdrücken, mit denen Sie nicht übereinstimmen.“

Wir rufen alle Leser der World Socialist Web Site, die die Meinungsfreiheit im Internet verteidigen wollen, auf, uns zu kontaktieren und den Kampf gegen Internetzensur zu unterstützen.

Loading