US-Medien und #MeToo schweigen über massiven sexuellen Missbrauch inhaftierter Immigranten

Laut einem aktuellen Bericht hat die amerikanische Einwanderungs- und Zollbehörde ICE alleine von 2013 bis 2017 1.310 Meldungen über Vergewaltigungen und sexuelle Misshandlungen von inhaftierten Immigranten durch ICE-Beamte erhalten. Allerdings ging diese Enthüllung in der allumfassenden Berichterstattung über die angebliche Einmischung Russlands in die amerikanische Politik völlig unter.

Am 17. Juli veröffentlichte Emily Kassie von der New York Times eine kurze Dokumentation, in der sie zwei Frauen interviewte, die in Hafteinrichtungen für Immigranten in Texas und Pennsylvania von Wachpersonal sexuell missbraucht worden waren.

Kassie schrieb über einen Vorfall, bei dem ein ICE-Agent eine Frau sexuell misshandelt hatte, nachdem sie auf Kaution aus dem T. Don Hutto-Haftzentrum in Texas entlassen worden war: „Nachdem sie ihre Habseligkeiten zusammengesucht hatte, wurde sie in einen stacheldrahtumzäunten Verladebereich gebracht und in einen Käfig in einem Transporter gesteckt. Der Fahrer war ein Wachmann namens Donald Dunn. Kurz nach dem Verlassen des Don Hutto Zentrums hielt der Fahrer am Straßenrand an.

„Die Frau erzählte: ‚Er fasste mir an die Brüste… Er steckte seine Hände in meine Hose und berührte mein Geschlechtsteil. Er fasste mich im Fahrzeug noch mal an, meine Hände waren gefesselt. Und dann begann er zu masturbieren.‘“

Viele Frauen, die in den USA Asyl beantragen, fliehen vor sexueller Misshandlung und Vergewaltigung durch ihre Verfolger. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Polizeieinheiten und paramilitärische Streitkräfte in Mittelamerika, die von den USA unterstützt werden.

Die zweite Asylsuchende, die von Kassie interviewt wurde, war neunzehn Jahre alt, als sie in einem Haftzentrum von Wachen vergewaltigt wurde. „Sie erzählte: ‚Ich wusste nicht, wie ich mich wehren sollte. Die Wache sagte mir, ich würde abgeschoben werden. Ich war im Gefängnis, und er war Einwanderungsbeamter. Sie können einem sagen, man soll etwas tun, und man muss es tun.‘“

Cristina Parker, die Öffentlichkeitssprecherin der texanischen Einwanderrechtsorganisation Grassroots Leadership, erklärte der World Socialist Web Site: „Es hört sich zwar schrecklich an, aber dieser Bericht überrascht mich nicht. Diejenigen von uns, die diese Einrichtungen kennen, dachten sich: ‚Hört sich wahr an.‘ Wir hören das immer wieder. Es ist ein Problem geworden, nicht nur im [Haftzentrum T. Don] Hutto, sondern es ist endemisch und im System weit verbreitet.“

Die Mainstreammedien ignorieren die zahllosen Berichte über Vergewaltigungen und sexuelle Misshandlungen durch Einwanderungsbeamte weitgehend. Die New York Times ließ Kassies Video kurz nach der Veröffentlichung verschwinden; die Washington Post erwähnte es nur kurz am Ende eines zusammenfassenden Artikels über die Nachrichten des Tages. Ansonsten berichtete die bürgerliche Presse überhaupt nicht darüber. Die faschistoide Misshandlung von Immigranten wurde in den Medien völlig von der hysterischen Kampagne gegen Russland verdrängt.

Parker erklärte: „Es ist befremdlich, dass darüber nicht mehr berichtet wird, und dass es nicht mehr Empörung auslöst. Die Medien interessieren sich für die Reality-Show, die unsere derzeitige Regierung inszeniert, aber nicht für die Folgen, die sie für Personen und Menschen an der Grenze hat. Obwohl das Thema Einwanderung aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten ist, wurde nur ein kleiner Teil der getrennten Eltern und Kinder wieder zusammengeführt. Das Haftsystem arbeitet immer noch in massivem Umfang.“

Die meisten Berichte über Vergewaltigungen und Misshandlungen stammen aus den Jahren 2013 bis 2017, d.h. überwiegend aus den Jahren der Obama-Regierung. Die ICE versuchte, das Ausmaß der Misshandlungen mit der Behauptung zu vertuschen, 60 Prozent der Missbrauchsvorwürfe seien „unbegründet“.

Der ehemalige stellvertretende leitende Direktor der ICE Philip Miller erklärte gegenüber Kassie: „Ich glaube nicht, dass man von einer Misshandlungskultur sprechen kann. In den letzten sechs Jahren hat weniger als ein Prozent unserer Insassen einen Vorfall gemeldet“.

In den letzten Jahren kamen hunderttausende von Immigranten in Haftzentren, sodass vermutlich zehntausende vergewaltigt oder missbraucht wurden. Aufgrund der juristischen Doktrin der „qualifizierten Immunität“ ist es für Häftlinge, vor allem für Immigranten, äußerst schwierig, Wachpersonal zu verklagen.

Da die meisten Inhaftierten zu viel Angst vor Vergeltung haben, um sie zu melden, ist die Gesamtzahl der Übergriffe viel höher als die gemeldete Zahl.

Nur einen Monat vor der Veröffentlichung des Berichts hatte der Mexican American Legal Defense and Educational Fund (MALDEF) in einem Brief an die ICE die internen Aufzeichnungen über zwei Immigrantinnen angefordert, die im Jahr 2017 von einem Aufseher der Hafteinrichtung T. Don Hutto sexuell missbraucht wurden.

Weiter heißt es in dem Brief, vier Häftlinge hätten gesehen, dass der Aufseher „mehrfach im Schlafbereich masturbiert hat, während er die Inhaftierten mit anzüglichen Blicken betrachtete.“

Die ACLU veröffentlichte im Mai einen Bericht über häufige körperliche und sexuelle Misshandlungen von minderjährigen Immigranten in den Jahren 2009 bis 2014. Agenten der Zoll- und Grenzschutzbehörde CBP hatten ein sechzehnjähriges Mädchen gezwungen, sich nackt auszuziehen, danach „spreizten sie ihr mit Gewalt die Beine und berührten ihre Geschlechtsteile so brutal, dass sie schrie.“

Eine andere Minderjährige wurde in einen Raum gebracht und in der verkommenen und brutalen Sprache faschistischer Schläger bedroht: „Wir machen jetzt die Tür zu, wir vergewaltigen und f***** dich“, drohten sie. Ein anderer Agent und eine Agentin zwangen eine Minderjährige, sich nackt auszuziehen, beobachteten sie eine Viertelstunde lang und drohten, sie in einen Raum mit einem großen männlichen Insassen zu sperren und sie zu zwingen, „seine Frau“ zu werden.

Kassies Dokumentation umfasst Beschwerden von Erwachsenen und Minderjährigen und zeigt, dass die Misshandlungen nicht im Jahr 2014 aufgehört haben. Der Bericht der ACLU hat u.a. enthüllt, dass die Obama-Regierung die Misshandlung von minderjährigen Immigranten aktiv vertuscht hat.

Ein Inspektor der Obama-Regierung schrieb als Reaktion auf eine Beschwerde eines minderjährigen Immigranten im Jahr 2014: „Sollten wir das wirklich untersuchen? Schließlich haben wir massenweise viel schwerwiegendere Beschwerden vorliegen.“

Die CBP bezeichnete die im Bericht der ACLU erhobenen Vorwürfe des Missbrauchs als „unbegründet und haltlos“. Weiter erklärte die Behörde, in Berichten über sexuelle Misshandlungen würden „Vorwürfe mit Tatsachen gleichgesetzt.“

Keines der führenden Mitglieder der #MeToo-Bewegung hat sich öffentlich darüber geäußert, dass die US-Regierung Vergewaltigungen und den Missbrauch ihrer ärmsten und am meisten unterdrückten Menschen zulässt. Personen wie die Schauspielerinnen Rose McGowan, Asia Argento, Ashley Judd und die ehemalige Beamtin des Außenministeriums Ronan Farrow betreiben zwar auf Twitter pausenlos Selbstdarstellung, schweigen aber über Kassies Bericht.

Die #MeToo-Kampagne interessiert sich nicht für das Schicksal von Flüchtlingen, die Opfer der Kriege des US-Imperialismus in Mittelamerika, Afrika und dem Nahen Osten sind. Den wohlhabenden Initiatoren dieser undemokratischen Kampagne geht es nicht darum, „Machtmissbrauch“ zu beenden, sondern hauptsächlich um die Förderung ihrer eigenen Karrieren und die Aufblähung ihrer Bankkonten.

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