Großbritannien: „Fake News“-Bericht des Parlaments fordert umfassende Internetzensur

Nach fast achtzehn Monaten Sitzungen und Befragungen von Zeugen hat der Sonderausschuss für Kultur, Medien und Sport (Department of Culture, Media and Sport Select Committee, kurz DCMS) des britischen Parlaments endlich seinen vorläufigen Bericht über „Fake News“ veröffentlicht.

Der Ausschuss hat seine „Beweise“ so ausgewählt und manipuliert, dass sie ihm als Rechtfertigung dienen, um eine verschärfte Kampagne gegen Russland zu fordern.

Der Bericht benutzt den Kampf gegen russische „Fake News“ als Vorwand, um sofortige Maßnahmen zur Unterdrückung der demokratischen Rechte von Einzelpersonen und politischen Organisationen, zur Zensur von sozialen Netzwerken und zum Verbot alternativer Medienquellen, die die Pläne der imperialistischen Mächte enthüllen, zu fordern.

Der Ausschuss nutzt außerdem den Vorwurf der russischen Einflussnahme auf das Brexit-Votum, um den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) aufzuhalten oder das Brexit-Referendum zu revidieren.

Der Sonderausschuss nahm seine Arbeit im Januar 2017 auf. Seine Aufgabe war es, „Fake News“ zu untersuchen, wobei der Vorwurf „ausländischer Beeinflussung“ des Referendums über die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens im Juni 2016 und der Parlamentswahl 2017 im Mittelpunkt standen. Zeitgleich begann die Demokratische Partei in den USA ihre Kampagne gegen den Sieg von Donald Trump in der US-Präsidentschaftswahl, die sich ebenfalls auf den Vorwurf einer angeblichen russischen Einflussnahme konzentriert.

Im Resümee des DCMS heißt es: „Es gibt viele potenzielle Bedrohungen für unsere Demokratie und unsere Werte, darunter ,Fake News‘, die aus Profitgründen oder wegen sonstiger Vorteile erstellt und durch staatlich finanzierte Programme oder durch bewusste Verzerrung der Tatsachen verbreitet wurden. Verantwortlich dafür sind Gruppen mit einer bestimmten Agenda, die u. a. politische Wahlen beeinflussen wollen.“

„Diese Agenda hat so bedeutende Auswirkungen, dass sich der Fokus unserer Untersuchung von einer Analyse des Phänomens ,Fake News‘, die größtenteils durch soziale Medien verbreitet werden, auf Themen verlagert hat, die die Zukunft der Demokratie betreffen. Vermutlich noch gefährlicher als offensichtlich falsche Informationen ist die unablässige Einflussnahme extrem parteiischer Ansichten, die mit den Ängsten und Vorurteilen der Menschen spielen, um deren Wahl- und sonstiges Verhalten zu beeinflussen.“

Der DCMS stellt Russland als Drahtzieher dar, der Denken und Handeln von Millionen Menschen auf der ganzen Welt beeinflussen kann:

„Vor allem haben wir Beweismittel über vom russischen Staat finanzierte Versuche, die Wahlen in den USA und Großbritannien durch soziale Medien zu beeinflussen, über ähnliche Versuche von Privatunternehmen sowie über Rechtsbrüche beim Umgang mit sozialen Medien, die von einigen Austrittsbefürwortern im britischen EU-Referendum begangen wurden.“

Der DCMS fordert, dass die Regierung den Begriff „Fake News“ nicht mehr verwendet, da „nicht klar ist, was er bedeutet, und es keine einheitliche Definition gibt“. Stattdessen solle die Regierung „eine einheitliche Definition der Worte ,Fehlinformation‘ und ,Desinformation‘ einführen“, die „als Grundlage für Verordnungen und deren Durchsetzung benutzt werden kann“.

Warum der DMCS, das aus fünf Vertretern der konservativen Tories, fünf Vertretern der Labour Party und einem Vertreter der Scottish National Party besteht, den Begriff „Fake News“ ausrangieren will, ist eindeutig. Sie sind Vertreter eines rechten Systems, das mehrheitlich verachtet wird. Das gleiche Parlament hatte Lügen über Saddam Husseins angebliche „Massenvernichtungswaffen“ benutzt, um für die britische Teilnahme am Irakkrieg zu stimmen. Das berüchtigtste „Fake News“-Dokument des 21. Jahrhunderts war das „dubiose Dossier“ von 2003, das als Rechtfertigung für die amerikanisch-britische Invasion im Irak benutzt wurde, die über eine Million Todesopfer forderte.

Die Worte „Russland“ und „russisch“ werden in dem Bericht 134-mal erwähnt, d.h. im Durchschnitt 1,5-mal pro Seite. Im Text heißt es: „Die Beweise zeigten uns vor allem die Rolle Russlands, das Organisationen dabei unterstützt hat, Desinformationen sowie falsche und extrem parteiliche Inhalte zu erstellen und zu verbreiten, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu untergraben und demokratische Staaten zu destabilisieren. Diese von uns als ,Desinformation‘ bezeichnete Aktivität ist eine aktive Bedrohung.“

Was die Quantifizierung der „aktiven Bedrohung“ angeht, hat der DCMS jedoch nichts Nennenswertes zu bieten. Es kritisiert Facebook, das „uns erklärt hat, dass die St. Petersburger Internet Research Agency (IRA) in den Tagen vor dem Brexit-Votum nur drei Werbeanzeigen für 0,97 Dollar gekauft hat“. Weiter heißt es: „Laut den Beweisen, die Facebook dem Kongress vorgelegt und später veröffentlicht hat, wurden im Oktober 2015 russische Werbeanzeigen gegen Immigranten geschaltet, die sich gegen Großbritannien, Deutschland und Frankreich richteten. Der Wert dieser Anzeigen betrug 5.514,85 Rubel [etwa 74 Euro].“

Anfang Juni antwortete Facebook auf die Forderung des DMCS, Details über alle politischen Werbeanzeigen zu liefern, die seit Oktober 2015 von russischen Agenturen bezahlt wurden und sich an britische Facebook-Nutzer richteten: „Wenn wir bis Januar 2015 auf die Aktivitäten der Konten der IRA zurückblicken (d.h. über ein Jahr vor dem Start des festgelegten Referendumsablaufs), beläuft sich der Gesamtbetrag für Anzeigen, die nach Großbritannien geliefert wurden, auf etwa 463 Dollar.“

Mit anderen Worten, die „Einmischung“ Russlands in die britische Politik seit 2015 besteht aus Facebook-Werbeanzeigen im Wert von 463 Dollar!

Dies passte jedoch nicht zur Zielsetzung des DCMS. Daher bezeichnet er Facebooks Reaktion als „Vertuschung“.

Es erklärte, es habe „beunruhigende Beweise“ für Hackerangriffe, Desinformation und Wählerunterdrückung bei Wahlen seit dem Jahr 2010, stellte allerdings fest, dass es einiges davon nicht veröffentlichen wird.

Der Bericht versucht, der Kampagne der Austrittsbefürworter russische Beeinflussung nachzuweisen. In Fettdruck heißt es, der Geschäftsmann und Geldgeber der UK Independence Party, Arron Banks, soll „8,4 Millionen Pfund für die Kampagne der Austrittsbefürworter gespendet haben, was die größte politische Spende in der britischen Politik wäre. Allerdings ist unklar, woher er diesen Geldbetrag hat.“

Banks’ Vermögen wird auf bis zu 250 Millionen Pfund geschätzt. Der Bericht erwähnt dies jedoch nicht, sondern erklärt: „Wir haben Beweise ... dass Banks mit Kontakten aus der russischen Botschaft, u.a. dem russischen Botschafter, über potenzielle Gold- und Diamantengeschäfte diskutiert hat und vertrauliche Informationen weitergegeben hat.“

Die Kampagne des DCMS erhielt Zustimmung vom Guardian, dem Sprachrohr der Austrittsgegner und dem wichtigsten Werkzeug der anti-russischen Agenda. Er lobte den „mutigen kleinen Ausschuss“ und erklärte in seinem Leitartikel, der Bericht habe das Potenzial, „die politische Landschaft umzugestalten“, da er sich „mit Themen befasst, die ein entschiedenes Handeln erfordern. Es geht hier um Themen, bei denen es keine Neutralität geben kann.“

Die Zeitung spricht von „Russlands schmutzigen Tricks und Destabilisierungsversuchen, Facebooks ständiger Weigerung, seine praktische, moralische und juristische Verantwortung wahrzunehmen und die rücksichtslose Dreistigkeit und Verachtung, mit der Gruppen wie SCL Elections, Cambridge Analytica, Global Science Research und Aggregate IQ sowie die Kampagnen Vote Leave und Leave.EU sich den Regulierungsbehörden und der Vorstellung des Rechtsstaats in der Politik widersetzt haben“. Er beschwert sich weiter: „Es ist nicht unmöglich, dass diese enorme Rücksichtslosigkeit, Dreistigkeit und Missachtung den Sieg der Austrittsbefürworter ermöglicht haben ...“

Dies muss mit einem massiven Angriff auf demokratische Rechte bekämpft werden, wie der DCMS erklärt: „In dieser sich schnell verändernden digitalen Welt ist unser bestehender juristischer Rahmen diesem Zweck nicht mehr angemessen.“

Um eine Zensur von Websites zu rechtfertigen, die offizielle Lügen in Frage stellen, heißt es, die Regierung sollte „eine Arbeitsgruppe bilden, die eine glaubwürdige Standardkennzeichnung schafft, damit die Menschen auf einen Blick sehen können, wie glaubwürdig eine Seite ist“.

Weiter heißt es, man solle „eine neue Kategorie von Technologieunternehmen“ entwickeln, die „nicht notwendigerweise eine ,Plattform‘ oder ein ,Herausgeber‘ sind“. Diese Unternehmen sollten eine „eindeutige juristische Verpflichtung“ haben, gegen „schädliche und illegale Inhalte vorzugehen“.

Dies wäre die Grundlage für eine groß angelegte Löschung von Inhalten in sozialen Medien.

Diese Verpflichtung soll sich „auf Inhalte beziehen, deren Löschung von Nutzern beantragt wurde, und andere Inhalte, die Technologieunternehmen leicht selbst identifizieren können. In diesen Fällen könnten bei Untätigkeit juristische Verfahren gegen diese Technologieunternehmen eröffnet werden, entweder durch eine öffentliche Regulierungsbehörde und/oder durch Individuen oder Organisationen, die aufgrund dieser frei auf einer Social-Media-Plattform verbreiteten Inhalte Schaden erlitten haben.“

Der DCMS empfiehlt, dass „bezahlte politische Werbung auf Social-Media-Plattformen, vor allem politische Anzeigen“, ihre „Quelle identifizieren sollten: Wer sie hochgeladen hat, wer sie gesponsert hat, und aus welchem Land sie kommen.“

Ein Verbot gezielter politischer Kleinstwerbung für ein ähnliches Publikum und „eine Mindestgrenze für Wählerzahlen, die individuelle politische Nachrichten erhalten, sollte auf nationaler Ebene eingeführt werden“.

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