China und Russland stärken ihre Beziehungen gegen Drohungen der USA

Am Dienstag trafen sich der chinesische Präsident Xi Jinping und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin in Wladiwostik. Bei dem Treffen sagten sie eine engere Zusammenarbeit bei der Abwehr der USA in strategischen und wirtschaftlichen Fragen zu.

Die Trump-Regierung forciert ihre Handelskriegsmaßnahmen gegen China und bereitet weitere Zölle auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar vor. Gleichzeitig verhängt sie weitere Sanktionen gegen Russland.

Darüber hinaus heißt es in der Nationalen Verteidigungsstrategie des Pentagon, die Anfang des Jahres vorgestellt wurde, dass nicht länger der Terrorismus im Mittelpunkt der amerikanischen Militärstrategie stehe, sondern die Konkurrenz zwischen Großmächten. Russland und China werden in dem Dokument als „revisionistische Mächte“ gebrandmarkt, d.h. als Länder, die eine Bedrohung für die bestehende und vom US-Imperialismus dominierte „regelbasierte, internationale Ordnung“ darstellen.

Weder Xi noch Putin erwähnten die USA oder Trump, doch beide ließen keinen Zweifel daran, dass die Stärkung der Beziehungen zwischen Russland und China eine Reaktion auf die Strafmaßnahmen der USA ist. In einer offensichtlichen Anspielung an Washingtons Adresse erklärte Xi, dass beide Länder zusammenarbeiten würden, um „sich der Politik einseitiger Maßnahmen und des Handelsprotektionismus entgegenzustellen.“

Der chinesische Präsident erklärte, er habe sich dieses Jahr dreimal mit Putin getroffen und die beiden Länder verträten in internationalen Angelegenheiten „ähnliche oder identische Positionen“. Xi sagte weiter, die Zusammenarbeit zwischen Russland und China werde „angesichts der weltweit wachsenden Instabilität und Unberechenbarkeit immer wichtiger.“

Putin erklärte, seine Gespräche mit Xi bildeten die Grundlage für den Ausbau der „umfassenden Partnerschaft und der strategischen Kooperation zwischen Russland und China“. Er wies darauf hin, dass die beiden Präsidenten über „militärisch-technische Zusammenarbeit“ diskutiert hätten und hob ihre identische Haltung bezüglich der Notwendigkeit einer „politischen und diplomatischen Lösung der Lage auf der koreanischen Halbinsel“ besonders hervor. Er drängte Washington dazu, die Beziehungen zu Nordkorea zu normalisieren.

Bezeichnenderweise beteiligten sich während des Treffens zwischen Xi und Putin mehr als 3.000 chinesische Soldaten sowie 30 Starrflügelflugzeuge an den russischen Militärübungen, die unter dem Namen „Wostok“ in Sibirien stattfinden. China und Russland haben in der Vergangenheit regelmäßig gemeinsame Militärübungen abgehalten, doch die Teilnahme an diesem jährlichen Manöver war bisher Russlands engsten Verbündete aus der ehemaligen Sowjetunion vorbehalten. In der Vergangenheit fanden gerade diese Übungen als Vorbereitung auf einen Krieg gegen China statt.

Das russische Militär bezeichnet die diesjährige einwöchige Militärübung Wostok als die größte seit 1981. An ihr nehmen rund 300.000 Soldaten, mehr als eintausend Flugzeuge, 36.000 Panzer und zahlreiche Schiffe teil.

Der Analyst Wasili Kaschin von der Higher School of Economics in Moskau erklärte gegenüber dem Wall Street Journal, Chinas gemeinsame Übungen mit Russland seien „dringend benötigte Erfahrungen im Ausland, die von entscheidender Bedeutung sind, wenn Peking international konkurrenzfähige Streitkräfte aufbauen will.“

Xi nahm in Wladiwostok am Ostasienforum teil, das von Putin im Jahr 2015 ins Leben gerufen wurde, um ausländische Investoren in den russischen Fernen Osten zu locken. Dass Xi erstmals daran teilnahm und zusammen mit einer Delegation von fast 1.000 chinesischen Geschäftsleuten und Regierungsvertretern eintraf, sollte die enger werdenden Beziehungen zwischen den beiden Ländern verdeutlichen.

Angesichts des Drucks und der Drohungen aus Washington haben Peking und Moskau trotz ihrer Interessenkonflikte ihre Zusammenarbeit intensiviert. Im Jahr 2014 unterzeichneten die beiden Staaten ein wegweisendes Abkommen über Öl- und Gaslieferungen nach China, die sich zuvor lange Zeit wegen Verhandlungen um den Preis verzögert hatten.

Russland hatte auch gezögert, Hightech-Waffen an China zu verkaufen, da Moskau befürchtete, dass China potenziell noch immer zu einem Gegner werden könnte. In den letzten Jahren hat Moskau jedoch begonnen, einige seiner modernsten Waffen an Peking zu verkaufen, darunter das Boden-Luft-Raketensystem S-400 und Kampfflugzeuge der vierten Generation vom Typ SU-35.

Putin ging es offensichtlich darum, die wirtschaftlichen Beziehungen zu China auszuweiten, um die Sanktionen der USA und ihrer Verbündeten gegen Russland auszugleichen. Der russische Präsident erklärte gegenüber Medienvertretern, er und Xi hätten „ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die Zusammenarbeit in Handels- und Wirtschaftsfragen“ gerichtet.

Putin sagte: „Wir konnten mit Zufriedenheit feststellen, dass sich das bilaterale Handelsvolumen in den ersten sechs Monaten des Jahres um fast ein Drittel auf 50 Milliarden Dollar erhöht hat. Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass das Handelsvolumen bis zum Ende des Jahres ein Rekordhoch von 100 Milliarden Dollar erreicht haben wird.“

Am Rande des Ostasienforums unterzeichnete der chinesische E-Commerce-Konzern Alibaba einen Deal mit dem staatlichen russischen Direktinvestitionsfonds, dem russischen Internetkonzern Mail.ru und dem Telekommunikationsunternehmen MegaFon zum Aufbau eines russischen Onlineshopping-Portals.

China und Russland unterzeichneten Abkommen, die die „Kooperation zwischen Russland und China im Fernen Osten bei Produktions-, Investitions- sowie regionalen Projekten“ festigen soll. Sie skizzierten ein Programm, das für die nächsten sechs Jahre den Aufbau „bilateraler Kooperation in Handels-, Wirtschafts- und Investitionsfragen“ im östlichen Russland vorsieht. Die beiden Länder bekräftigten zudem „ihr Interesse, bei gegenseitigen Zahlungen vermehrt ihre jeweiligen nationalen Währungen zu nutzen“, um im Handel auf Dollar als Zahlungsmittel zu verzichten.

Xi erklärte vor der Presse: „Wir machen Fortschritte beim Handel. Beide Seiten arbeiten aktiv an einer Annäherung bei den Projekten One Belt, One Road [„Neue Seidenstraße“] und der EAEU [Eurasische Wirtschaftsunion]. Wir fördern große strategische Projekte im Energie-, Luft- und Raumfahrtsektor sowie bei Verkehrsverbindungen und bauen auch die Zusammenarbeit in neuen Bereichen aus, u.a. in der Finanz-, Landwirtschaft und dem E-Commerce.“

Der Hinweis auf das gewaltige chinesische Infrastrukturprojekt One Belt, One Road, das Eurasien verbinden soll, und auf die von Russland vorgeschlagene EAEU, die die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den ehemaligen Sowjetrepubliken stärken soll, ist von Bedeutung. Dabei handelt es sich um potenziell rivalisierende Pläne, die eurasische Landmasse unter die Vorherrschaft entweder Moskaus oder Pekings zu bringen. Dass Xi bei diesem Kernthema eine „Annäherung“ anbietet, deutet darauf hin, dass die beiden Länder zumindest vorübergehend ihre Differenzen darüber beilegen.

Russland und China sind keine offiziellen militärischen Verbündeten. Beide Seiten sind sich durchaus bewusst, dass zwischen ihnen nach wie vor beträchtliche Differenzen in strategischen und Wirtschaftsfragen bestehen. Obwohl Moskau und Peking ihre Beziehungen intensivieren wollen, um die Bedrohung durch die USA abzuwehren, sind beide Staaten bereit, sich auf Kosten des jeweils anderen mit Washington zu einigen, sollte sich die Gelegenheit dazu ergeben.

Die Unnachgiebigkeit der Trump-Regierung treibt die beiden Staaten jedoch einander in die Arme. Gleichzeitig werden dadurch die seit langem etablierten Bündnisse der USA mit den europäischen Mächten sowie mit Japan destabilisiert.

Diese Instabilität ist nicht einfach das Ergebnis der launenhaften und rücksichtslosen Politik der Trump-Regierung. Die Unbeständigkeit ist Ausdruck der Bestrebungen des US-Imperialismus, seinem historischen Niedergang mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln entgegenzuwirken. Wie schon vor den Weltkriegen im zwanzigsten Jahrhundert entstehen rivalisierende Wirtschaftsblöcke und politische Lager.

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