Perspektive

Präsident Frankreichs rehabilitiert faschistischen Diktator

Macron huldigt Pétain

Am Sonntag fanden in Paris Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren statt. Im Vorfeld bereiste Macron Schauplätze des Ersten Weltkriegs. Dabei äußerte er sich vergangenen Mittwoch lobend über den späteren faschistischen Diktator Marschall Philippe Pétain.

Macron erklärte, es sei „legitim“, Pétain zu ehren: „Er war ein großer Soldat, das ist Tatsache. Das politische Leben ist, ebenso wie die menschliche Natur, manchmal komplexer, als es scheinen mag.“

Nachdem diese Aussagen einen Sturm der Entrüstung in der Bevölkerung hervorgerufen hatten, bekräftigte Macron: „Ich werde keine Seite der Geschichte verheimlichen. Marschall Pétain war auch ein großer Soldat während des Ersten Weltkriegs. Das gehört zur Wahrheit über unser Land.“

Diese Äußerungen sind ein gezielter Versuch, die Galionsfigur des französischen Faschismus und mit ihm das blutigste und reaktionärste Regime in der Geschichte Frankreichs zu rehabilitieren.

Als Führer des Vichy-Regimes, das mit den Nazi-Besatzern kollaborierte, war Pétain an allen Verbrechen des europäischen Faschismus beteiligt. Er ließ mehr als 75.000 Juden aus Frankreich in die Vernichtungslager deportieren. Sein Regime rekrutierte Franzosen für die Armeen der Achsenmächte, die einen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion führten, und für die Milice française, die den bewaffneten Widerstand gegen die deutsche Besatzung niederschlug.

Auch die Linke wurde vom Vichy-Regime gewaltsam unterdrückt. Kommunistische Parteien wurden verboten, die Gewerkschaften wurden aufgelöst und der Klassenkampf wurde für illegal erklärt.

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg stellte die Provisorische Regierung der Französischen Republik Pétain wegen Hochverrat und Kollaboration mit dem Feind vor Gericht. Am 15. August 1945 wurde Pétain schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt, später wurde das Todesurteil in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Außerdem wurde er aus der Armee ausgeschlossen und verlor alle Ränge und Ehrungen.

Seither wurde Pétain ausschließlich von Neofaschisten geehrt. Macrons Lobreden auf Pétains Leistungen im Ersten Weltkrieg ähneln deren Versuchen, das Urteil vom 15. August 1945 für ungültig zu erklären.

Macrons Lob für Pétain ist ein unverhohlener Appell an die extreme Rechte. In der Arbeiterklasse ist Macron als „Präsident der Reichen“ verhasst. Wo immer er vor Arbeitern auftritt, wird er ausgebuht. So auch, als er am Donnerstag im Rahmen der Gedenkveranstaltungen zum Ersten Weltkrieg in einem Renault-Werk in Maubeuge auftauchte. Ein Gewerkschaftsfunktionär sagte ihm, er sei „hier nicht willkommen“.

Als Reaktion umwirbt Macron die Neofaschisten als Unterstützer für seine reaktionäre Politik des Militarismus und der Sozialkürzungen. Damit knüpft er an die Politik seiner deutschen Verbündeten an, der Großen Koalition aus CDU und SPD.

Die Regierung in Berlin, die sich 2014 zum Ziel gesetzt hat, erstmals seit der Niederlage Nazideutschlands wieder zur militärischen „Großmacht“ aufzusteigen, findet in der breiten Masse der Bevölkerung keinen Rückhalt. Deshalb baut die Große Koalition bewusst rechtsextreme Kräfte auf. Was als Propagandakampagne einer Kabale unter der Führung des rechtsextremen Professors Jörg Baberowski zur Verharmlosung von Hitlers Verbrechen begann, hat sich zu einer Kampagne des gesamten politischen Establishments zur Förderung der extremen Rechten entwickelt.

Während Hunderttausende gegen den Neofaschismus demonstrieren, genießt die AfD in Militär- und Geheimdienstkreisen immer größere Unterstützung. Der ehemalige BND-Chef Hans-Georg Maaßen hat in enger Zusammenarbeit mit der AfD einen Bericht herausgegeben, der jeden Widerstand gegen den Kapitalismus als „Linksextremismus“ brandmarkt. Die Arbeiter werden vom Staat mit faschistischer Propaganda überhäuft, u.a. erklärte Innenminister Horst Seehofer, wenn er nicht Innenminister wäre, hätte er sich an dem rechtsextremen Marsch in Chemnitz beteiligt.

Solche Äußerungen von Macrons deutschen Verbündeten machen deutlich, was hinter den Versuchen steckt, Pétain zu rehabilitieren. Es geht Macron nicht um ein neutrales historisches Gedenken, durch das Pétains Fähigkeiten auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs gewürdigt werden sollen. Vielmehr handelt es sich um eine politische Provokation, um die extreme Rechte zu stärken und mit ihrer Unterstützung die diskreditierte Spar- und Kriegspolitik gegen den wachsenden Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen.

Am Sonntag versammelten sich die Staatsoberhäupter in Paris, um den 100. Jahrestag des Waffenstillstands am Ende des Ersten Weltkriegs zu feiern. Doch zugleich stecken der Kapitalismus und die amerikanisch-europäischen Beziehungen in der tiefsten Krise seit der Großen Depression in den 1930er Jahren. Auf der einen Seite tritt Trump aus dem INF-Vertrag aus und bereitet einen Atomkrieg gegen China und Russland vor. Auf der anderen fordert Macron die Schaffung einer europäischen Armee, die nicht nur gegen Russland und China eingesetzt werden soll, sondern auch gegen die USA.

Die Bestrebungen der europäischen imperialistischen Mächte, sich zusammenzutun, um Anspruch auf die Weltherrschaft erheben zu können, setzen eine tiefgreifende Änderung der Klassenbeziehungen voraus. Sie müssen alle sozialen und demokratischen Zugeständnisse zurücknehmen, die sie der Arbeiterklasse nach dem Untergang des Faschismus machen mussten. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres erklärten Vertreter der Macron-Regierung, Frankreich werde bis 2023 300 Mrd. Euro für sein Militär ausgeben. Da Macron gleichzeitig die Superreichen durch Steuersenkungen um zweistellige Milliardenbeträge entlastet, sind solche Ausgaben nur durch brutale Sozialkürzungen auf Kosten der Arbeiter möglich.

Um Militarismus zu propagieren und die sozialen Rechte zu schleifen, die auf den Kampf gegen den Faschismus zurückgehen, ist die französische Bourgeoisie bemüht, die Vichy-Diktatur zu legitimieren.

1943 hatten die stalinistischen, sozialdemokratischen und bürgerlichen Kräfte im Nationalen Widerstandsrat behauptet, sie würden den „großen wirtschaftlichen und finanziellen Feudalherrschern die Kontrolle über die Wirtschaft entreißen“.

Wie die trotzkistische Bewegung erklärte, kamen sie damit einer Revolution zuvor – mit verheerenden langfristigen Folgen. Sie verhinderten eine Machtübernahme der Arbeiterklasse, erhielten den Kapitalismus am Leben und schützten die faschistische herrschende Klasse. Als es 1943-1944 in ganz Europa zu bewaffneten Aufständen, und 1946-1947 zu Massenstreiks kam, sahen sich die Herrschenden in Frankreich zu beträchtlichen Zugeständnissen an die Arbeiter gezwungen. Die Eisenbahnen und die Elektrizitätswerke wurden verstaatlicht, Gesundheitsversorgung und Bildung kostenlos zur Verfügung gestellt. Ähnliche Zugeständnisse gab es in weiten Teilen Westeuropas.

Jahrzehnte später will Macron die Reste dieser Errungenschaften zerschlagen, um die Kriegsmaschinerie in Gang zu halten. Dieses Frühjahr privatisierte er per Dekret die staatliche Eisenbahngesellschaft, obwohl 95 Prozent der Bahnarbeiter dies ablehnten und mit Streiks dagegen protestierten. Während seine Umfragewerte in den Keller sinken und seine Minister das Handtuch werfen, forciert er Kürzungen bei der Rente, im Gesundheitswesen und bei der Arbeitslosenversicherung, und stärkt gleichzeitig die Befugnisse der Polizei.

Macrons Lob für Pétain verdeutlicht die faschistische Stoßrichtung dieser Politik. Alle kleinbürgerlichen Organisationen und Parteien, die Macron im Wahlkampf 2017 als das „kleinere Übel“ im Vergleich zur neofaschistischen Kandidatin Marine Le Pen propagiert haben, erweisen sich als bankrott und reaktionär. Mittlerweile handeln sie über die Gewerkschaftsbürokratie Macrons Sozialkürzungen aus.

Macrons Versuche, den faschistischen Diktator Pétain zu rehabilitieren, bestätigen unverkennbar die Warnungen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale. Die herrschenden Eliten propagieren in ihrem Kriegs- und Austeritätskurs aktiv die Wiederkehr des Faschismus. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass der Menschheit eine Rückkehr zur Barbarei der 1930er nur erspart bleiben wird, wenn sie ein sozialistisches Programm zum Sturz des kapitalistischen Systems entwickelt, der Ursache von Krieg und Diktatur.

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