„Kommando Spezialkräfte“ – Deutsche Kriegspropaganda auf YouTube und WhatsApp

Vor wenigen Tagen strahlte die Bundeswehr die letzte der insgesamt 20 Episoden ihrer neuen YouTube-Serie „KSK - Kämpfe nie für dich allein“ über das „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) aus. Das KSK ist die geheim agierende Eliteeinheit des deutschen Militärs und zuständig für Kampfeinsätze im Ausland, die, laut ihrer offiziellen Webseite, „einzigartige Fähigkeiten“ erfordern. Sie entspricht damit in etwa den amerikanischen Navy SEALS oder dem britischen SAS, die ebenfalls für ihre „einzigartigen Fähigkeiten“, wie etwa gezielte Tötungen, berüchtigt sind. Bei der Serie handelt es sich nach „Die Rekruten“ und „Mali“ um das dritte große Social-Media-Projekt des deutschen Heeres.

Ziel der Serie ist es, einen „umfassenden Einblick“ in die geheim agierende Kampftruppe zu geben, die Eliteeinheit zu bewerben und die Bundeswehr insgesamt als attraktiven Arbeitgeber darzustellen. „Genau wie andere Einheiten der Bundeswehr sucht das KSK nach geeignetem Nachwuchs. Und um junge Menschen für die geheime Truppe zu begeistern, drehen wir eine Video-Serie die bei YouTube laufen soll“, erklärt der Projektleiter der Serie Major Marcel Bohnert.

Während in den früheren Serien die Bundeswehrsoldaten selbst im Mittelpunkt standen, begleitet der Zuschauer diesmal einen zivilen Reporter (Robert Marc Lehmann) dabei, wie er in Deutschland, Dänemark und im südamerikanischen Urwald von Belize verschiedene Aspekte der Ausbildung und der Einsätze der Kommandosoldaten durchläuft. Die Serie ist wesentlich brutaler als ihre Vorgänger. „Es gibt keine Tabuthemen. Nur die Gesichter, Klarnamen und Taktiken werden nicht verraten. Wichtig ist, dass nichts geschönt oder gestellt wird“, so Bohnert.

Die YouTube-Serie wird flankiert von einem 24-Stunden Live-Podcast auf der Messaging-App WhatsApp. Rund um die Uhr erhalten Abonnenten Nachrichten, Bilder und Videos des aktuellen Geschehens direkt aufs Handy, so, als ob sie Teil der Truppe wären. Das Resultat dieser Kooperation von WhatsApp mit der Bundeswehr ist die erste deutsche Serie in dem Messaging-Dienst. Auch über den Facebook-Messenger soll man mit dem Kommando in Kontakt treten können und zum Beispiel Fragen zum Alltag eines Berufssoldaten stellen können.

Ergänzt wird dieses Angebot von einem Fitnessprogramm auf Amazons Plattform „Alexa“, sowie verschiedenen Audioangeboten bei Deezer, Spotify und anderen. Man wolle damit ein multimediales und „einzigartiges 24-Stunden-Serienerlebnis“ schaffen, kündigte die Bundeswehr zum Start der Serie an.

Was zunächst als eine Kreuzung von Dschungelcamp und Pfadfinderlager daherkommt, entwickelt sich im Verlauf der Serie rasch zu einer martialischen Verherrlichung der deutschen Spezialkräfte. Zu den Etappen der „Ausbildung“ des Reporters gehören unter anderem Schießübungen mit verschiedenen hochentwickelten Waffen, Sprengstoffschulungen, Nahkampf- und Überlebenstraining im Dschungel, sowie Fahrausbildungen an Spezialfahrzeugen, Flüge im Kampfhubschrauber und der Einsatz zu Wasser. Außerdem nimmt der Reporter an verschiedenen Einsatzübungen teil, etwa der „Evakuierung“ eines unter Beschuss stehenden Bundeswehrkonvois in Belize und der Operation „Night Hawk“ in Dänemark – laut Bundeswehr „eine der größten internationalen Special-Forces-Übungen der Welt“. Dort wird der Zuschauer Zeuge einer großangelegten simulierten „Geiselbefreiung“, inklusive nächtlicher Infiltration aus der Luft, der Erstürmung besetzter Gebäude, Feuergefecht und „Verhör“ der feindlichen Kämpfer.

Verschiedene Specials beleuchten zudem weitere Themenfelder wie die besonderen Aufklärungs- und Waffentechnologien des KSK, sein anspruchsvolles Aufnahmeverfahren und die Aufgabengebiete der verschiedenen spezialisierten Untereinheiten des Kommandos. Im Zentrum stehen dabei stets die Faszination für Kampf und Kriegswaffen, die „Härte“ und Unnachgiebigkeit der Truppe und ihr Dienst für Deutschland. Beispielhaft dafür ist das Abschlussfoto, das der Reporter und die stolzen Soldaten nach Beendigung ihrer Regenwaldmission schießen lassen. Es zeigt die knapp 20 vermummten Männer in Tarnkleidung und mit Sturmgewehren in den Armen vor einer großen Deutschlandfahne. Im Hintergrund steigen die Schwaden mehrerer Rauchbomben gen Himmel.

Der dumpfe Nationalismus und Militarismus der Serie sind ein direkter Appell an rechtsextreme Elemente, die sich bereits zuhauf im KSK tummeln. Nur vier Tage nach dem Start der Serie deckte das Nachrichtenmagazin Focus gestützt auf Ermittlungen des Bundeskriminalamtes auf, dass die Terrorzelle um den Bundeswehr-Oberleutnant Franco A. aus etwa 200 ehemaligen und aktiven Bundeswehrsoldaten besteht. „Zahlreiche Angehörige der angeblich konspirativen Schwadron sind Elitesoldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK), ausgebildet für Terrorbekämpfung und Geiselbefreiungen“, schreibt der Focus. Eine „zentrale Figur im Ermittlungskomplex der Bundesanwaltschaft“ sei der Hauptfeldwebel André S., „ein strenger KSK-Ausbilder und verantwortlich für die militärische Sicherheit der Truppe“.

Dass sich im Kommando Spezialkräfte Rechtsextreme tummeln, ist seit langem bekannt. Schon 2003 wurde der damalige KSK-Chef, Brigadegeneral Reinhard Günzel, suspendiert, weil er sich mit antisemitischen Äußerungen des damaligen CDU-Abgeordneten Martin Hohmann solidarisiert hatte. Mittlerweile sitzt Hohmann für die AfD im Bundestag. Im April 2017 versammelten sich dann über 70 KSK-Mitglieder auf einem Schießstand, um den Abschied des Oberstleutnants Pascal D. zu feiern. Eine dazugeholte Escort-Dame enthüllte später, die Soldaten hätten sich miteinander im Schweinekopf-Weitwerfen gemessen und laut Rechtsrock gehört. Vor allem Pascal D. soll mehrmals den Hitlergruß gezeigt haben. Das Barettabzeichen des KSK, ein senkrechtes Schwert auf einem deutschen Wappen, umkränzt von Lorbeeren, erinnert an die Symbolik der Nazis.

Dass die Bundeswehr nun fieberhaft nach Nachwuchs für diese Truppe sucht, ist eine Warnung. Um ihre imperialistischen Interessen weltweit militärisch durchzusetzen, verstärkt die herrschende Klasse ihre brutalsten Kampfverbände. Die internationalen Einsätze des 1996 ins Leben gerufenen Kommandos sind so geheim, dass selbst der Bundestag kaum über sie unterrichtet wird, nur hin und wieder dringen Informationen darüber an die Öffentlichkeit. In Afghanistan wurde das Kommando eingesetzt, um die Taliban „gezielt zu jagen und auszuschalten“, wie es der ehemalige Sprecher der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) und Brigadegeneral der Bundeswehr, Dieter Blotz, im Jahr 2010 formulierte.

Das KSK wurde in dieser Zeit offenbar so stark beansprucht, dass in den Jahren 2014 und 2015 gleich zwei verschiedene KSK-Kämpfer an die Presse gingen und sich beklagten, sie würden „verheizt“ und „verschlissen“. Im Mai 2013 hatte die deutsche Regierung zum ersten Mal bekanntgegeben, dass ein KSK-Soldat im Kampf in Afghanistan getötet worden sei. Bereits 2010 hatte der mittlerweile verstorbene damalige Außenminister Guido Westerwelle (FDP) das gezielte Töten durch die Nato-Truppen in Afghanistan als rechtmäßig bezeichnet.

Die menschenverachtende Kriegstreiberei der herrschenden Klasse führt dazu, dass sich die weit verbreitete Opposition unter jungen Arbeitern und Studierenden gegen Militarismus und Krieg immer deutlicher artikuliert. Das zeigen besonders eindrücklich die Top-Kommentare unter dem Teaservideo zur KSK-Serie auf YouTube. Dieses Video wurde vom Bundeswehrkanal stark beworben und hat im Gegensatz zur eigentlichen Serie ein Millionenpublikum erreicht. „Das Ende des 1. Weltkrieg ist gerade mal 100 Jahre und ein paar Stunden her und heute werde ich mit dieser Scheiße hier belästigt“, schreibt ein Nutzer. Und ein anderer: „Den Disslikes zufolge verliert ihr den Kampf ebenso an der social media Front.“

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