Entlassungswelle bei Ford und GM

Ford kündigt 1.000 Entlassungen an, General Motors beginnt massiven Stellenabbau

Am Montag hat eine große Entlassungswelle in der amerikanischen Autoindustrie begonnen. Bei General Motors wurden 4.250 Ingenieure, Techniker, Manager und andere Angestellten entlassen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Ford zum 1. April die zweite Schicht in seinem Werk in Flat Rock (Michigan) streichen und dabei mehr als 1.000 Stellen in der Produktion abbauen will.

GM plant die Schließung von fünf Werken in den USA und Kanada, darunter drei große Montagewerke in Detroit, Lordstown (Ohio) und Oshawa (Ontario), sowie den Abbau von 14.000 Stellen im Produktions- und Verwaltungsbereich.

Ford-Arbeiter verlassen das Werk in Chicago nach dem Schichtwechsel

Als Reaktion darauf bereiten Autoarbeiter und ihre Unterstützer am kommenden Samstag eine Demonstration vor der GM-Zentrale in der Innenstadt von Detroit vor. Der Herausgeber des WSWS Autoworker Newsletter Jerry White reagierte auf die Bekanntgabe der Entlassungen: „Wir wollen entschlossen dafür sorgen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter nicht die Vergessenen sind.“

Er fügte hinzu: „Egal ob Angestellte oder Produktionsarbeiter, alle Arbeiter sind Teil der 90 Prozent der Gesellschaft, die Opfer des entfesselten Kapitalismus sind.“

Arbeiter tragen ihr persönliches Eigentum aus dem GM-Technologiezentrum in Warren (Michigan). Die Arbeiterin mit der Zimmerpflanze erklärte, sie sei am Montag entlassen worden.

White sagte: „Die jüngsten Massenentlassungen sind ein weiteres Zeugnis für den Verrat der Konzernmarionetten in der Autogewerkschaft United Auto Workers. In den 40 Jahren seit den ersten Zugeständnissen, die UAW in einem Tarifvertrag mit Chrysler gemacht hat, zeigte sich deutlich, dass ihr Handeln keine zufällige Häufung von Fehlern ist. Sie haben den Arbeitern bewusst die Diktate des Managements aufgezwungen.“

„Der Aufruf zu dieser Demonstration soll der erste Schritt sein zur Mobilisierung der Arbeiterklasse in den USA, Nordamerika und der ganzen Welt zur Verteidigung der sozialen Rechte der Arbeiter.“

Am Montag wurden die Angestellten des GM-Technologiezentrum im Detroiter Vorort Warren und an anderen Standorten zu Gesprächen einbestellt, bei denen sie erfuhren, ob es ihr letzter Arbeitstag wäre. Die Arbeiter verließen das Haupttor des Komplexes mit ihrer persönlichen Habe, u.a. Büromaterial und Zimmerpflanzen. Man hörte immer wieder dieselben Worte: „I lost my job.“

Ein Beschäftigter erklärte der WSWS: „Die Lage drinnen war angespannt. Wir haben in der Detroit Free Press von den Entlassungen erfahren, aber niemand wusste, wen es trifft.“ Ein anderer sagte: „Es war schrecklich, und morgen werden es noch mehr sein.“

Arbeiter verlassen das GM-Technologiezentrum in Warren

Den ganzen Tag über posteten Beschäftigte anonyme Kommentare auf der Website thelayoff.com, darunter die folgenden: „Ich bin einer von denen, die rausgeschmissen wurden, und ich fragte warum. Es gab keine Antwort außer der vagen Aussage: ,Es ist eine schwere Entscheidung, geschäftliche Gründe, nichts Persönliches, usw.‘ Ich hatte immer gute Beurteilungen. Ich wusste, dass niemand sicher war, aber das habe ich nicht erwartet. Einige von denen, die heute entlassen wurden, haben mehr als 20 Jahre bei General Motors gearbeitet. Es ist traurig. Das ist jetzt die Endstation.“

In einem anderen Post heißt es: „Wir haben in den letzten 20 Jahren immer wieder erlebt, wie Leute wie Verbrecher rausgebracht wurden. Man wird mit der Lunchbox in der Hand zum Auto gebracht. Ich glaube, die Realität trifft einige Leute früher als andere.“

Letzten November hatte GM den Abbau von mehr als 6.000 Arbeitsplätzen in der Produktion und von weiteren 8.000 Bürostellen für dieses Jahr angekündigt, um die Kosten bis 2020 um sechs Milliarden Dollar zu senken. Nachdem sich mehr als die Hälfte nicht zu „freiwilligen Kündigungen“ drängen ließen, ging das Unternehmen zu Massenentlassungen über.

Die Entlassungen in dieser Woche erfolgten noch bevor GM am Mittwoch seinen Jahresbericht für 2018 veröffentlicht. Man erwartet, dass die Profite niedriger ausfallen werden als die 11,9 Milliarden Dollar, die das Unternehmen im Jahr 2017 erwirtschaftet hat. Die Entlassungen sollen der Wall Street signalisieren, dass die Konzernführung entschlossen ist, die brutalen Kostensenkungen zu forcieren. Zudem dienen die angedrohten Werksschließungen als Druckmittel, damit die 154.000 Arbeiter bei GM, Ford und Chrysler, deren Tarifabkommen im September auslaufen, zu weitgehenden Zugeständnissen bereit sind.

Noch während die GM-Angestellten aus dem Technologiezentrum und anderen Standorten geführt wurden, berichtete ein Detroiter Lokalsender von ABC News, dass Ford am 25. Januar bei der Regierung des Bundesstaats Michigan für den 1. April die „Massenentlassung“ von 1.012 Arbeitern im Montagewerk Flat Rock in einem Vorort von Detroit angekündigt hat. In diesem Werk bauen momentan mehr als 3.500 Arbeiter den Luxus-SUV Lincoln Navigator und den Sportwagen Mustang.

Das Unternehmen hatte letzten Monat berichtet, im Jahr 2018 in Nordamerika 3,7 Milliarden Dollar Profit gemacht zu haben. Dennoch strukturiert es seine globalen Tätigkeiten um. Davon könnten in Europa, Lateinamerika und den USA 25.000 oder mehr Arbeiter betroffen sein. Geplant sind u.a. Werksschließungen und Massenentlassungen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland. Letzten Monat hatte die Entlassung von 12 Arbeitern in einem brasilianischen Ford-Werk einen wilden Streik ausgelöst, was das Unternehmen dazu zwang, die Arbeiter wieder einzustellen.

Laut einer Mitteilung werden die Entlassungen in Flat Rock „dauerhaft“ sein und 560 ungelernte festangestellte Arbeiter, 440 ungelernte befristete Arbeiter und 12 Angestellte betreffen. Ein Sprecher von Ford sagte, man werde den Festangestellten andere Arbeitsplätze anbieten, vermutlich im Getriebewerk in Livonia. Arbeitskräfte mit befristeten Verträgen haben diesen Anspruch nicht, obwohl einige von ihnen ebenfalls jahrelang im Werk beschäftigt sind.

Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) hat deutlich gemacht, dass sie nichts gegen die Abschaffung der zweiten Schicht im Werk Flat Rock unternehmen wird. UAW-Vizepräsident Rory Gamble erklärte gegenüber der Free Press: „Ford hat uns mitgeteilt, dass aufgrund der Umsätze die Arbeit in den Werken Flat Rock (Michigan) und Louisville (Kentucky) verringert wird. Unser Tarifvertrag sieht vor, dass alle von der Reduzierung der Schichten betroffenen Mitglieder alternative Stellen angeboten bekommen. Nach unserem Treffen mit Ford sind wir zuversichtlich, dass alle betroffenen Angestellten die Gelegenheit bekommen, eine Stelle in nahegelegenen Fabriken zu finden.“

Gamble sagte nichts über das Schicksal von Hunderten befristeter Teilzeitarbeiter, die zwar Beiträge an die UAW zahlen müssen, aber keinerlei Rechte haben. Im letzten Tarifvertrag zwischen der UAW und Ford bewilligte die Gewerkschaft eine deutliche Ausweitung dieser schlecht bezahlten und frei verfügbaren Arbeiter.

Die WSWS sprach mit Arbeitern in Flat Rock, die sich skeptisch zeigten, ob sie tatsächlich in andere Werke versetzt werden können. Es gab auch Bedenken, ob sie ihre Rechte aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit behalten werden, wenn sie in das Getriebewerk wechseln. Arbeiter äußerten außerdem Bedenken wegen der befristeten Teilzeitkräfte im Werk in Livonia, die vermutlich entlassen würden, um Platz für die Unbefristeten zu schaffen.

Die Massenentlassungen unterstreichen den Bankrott und den Verrat der UAW sowie der kanadischen Unifor. Sie haben jahrzehntelang behauptet, die endlosen Zugeständnisse bei Löhnen und Zusatzleistungen würden Arbeitsplätze „retten“. Die Gewerkschaften agieren als Betriebspolizei der Autokonzerne und lehnen jeden echten Kampf gegen die Werksschließungen und Massenentlassungen ab. Stattdessen propagieren sie Wirtschaftsnationalismus und machen die mexikanischen und chinesischen Arbeiter für die Entlassungen verantwortlich, obwohl im mexikanischen Matamoros Zehntausende von Arbeitern gegen die gleichen international organisierten Konzerne kämpfen.

Der World Socialist Web Site Autoworker Newsletter und das Leitungskomitee des Bündnisses der Aktionskomitees organisiert am 9. Februar eine Demonstration. Sie wird zum Aufbau von Werkskomitees aufrufen, die unabhängig von den United Auto Workers und der kanadischen Unifor die Arbeiterinnen und Arbeiter in den USA, Kanada, Mexiko und im Rest der Welt zum Kampf gegen Werksschließungen und Massenentlassungen vereinigen.

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