Audi und VW kündigen Abbau Tausender Arbeitsplätze an

Letzte Woche hat der Volkswagenkonzern bei seiner Kernmarke VW und bei seiner Tochter Audi den Abbau Tausender Arbeitsplätze angekündigt.

Großaktionär Wolfgang Porsche erklärte am Rande des Genfer Autosalons, dass die Verwaltungskosten im Unternehmen zu hoch seien und die Fertigungstiefe auf den Prüfstand müsse, also Ausgliederungen von Werksbereichen anstehen. Sowohl die Kernmarke VW als auch die Tochter Audi seien nicht flexibel genug.

Am Freitag berichtete dann das Handelsblatt, der Vorstand um VW-Chef Herbert Diess wolle von 2023 an zusätzlich 5,9 Milliarden Euro jährlich einsparen. Dafür könnten bis dahin 5000 Arbeitsplätze in der Verwaltung und 7000 Stellen insgesamt wegfallen.

Das Unternehmen kommentierte diesen Bericht nicht, sondern verwies auf die morgige Jahrespressekonferenz der Marke VW.

Am selben Tag wurde ein Brief von Audi-Chef Bram Schot an die 90.000-köpfige Belegschaft der VW-Tochter bekannt, der tiefgreifende Veränderungen ankündigt. „Audi muss Kosten und Komplexität in den Griff bekommen“, heißt es in dem Schreiben. „Audi muss effizienter entwickeln, produzieren und wirtschaften. Tabuthemen darf es nicht geben.“

Das schließt einen massiven Personalabbau mit ein. „Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir unsere Personalstruktur überdenken“, schreibt Schot. So wolle der Audi-Vorstand „die Zahl der Mitarbeiter unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung genau unter die Lupe“ nehmen. Künftig sollen nicht mehr alle altersbedingt frei werdenden Stellen wiederbesetzt werden. Wolfgang Porsche hatte für die Konzernmutter VW bereits gefordert, nicht mehr alle Auszubildenden zu übernehmen.

Geht es nach dem Audi-Vorstand, sollen bis zum Jahr 2022 rund 15 Milliarden Euro eingespart und jede zehnte Stelle im Management gestrichen werden. „Wir erwarten dabei von allen Audianern, dass sie ihren Beitrag leisten“, schreibt Schot. Außerdem will er „außertarifliche Leistungen auf den Prüfstand stellen“.

Doch es geht nicht nur um Arbeitsplatzabbau und Lohnsenkungen, auch die Schließung ganzer Werke oder Produktionsbereiche ist kein Tabu mehr. „Wir werden Plattformen bündeln, uns die Vergabe der Fahrzeugprojekte und Werkbelegungen genau anschauen, und wir müssen die Produktionskapazitäten standortspezifisch optimieren“, heißt es. Ursprünglich sollte die Elektro-Plattform PPE in Ingolstadt und Neckarsulm aufgebaut werden, das ist nun doch nicht mehr sicher.

Man müsse sich „nachhaltig auf die zukunftsweisenden Kapazitäten“ für Ingolstadt und Neckarsulm verständigen, heißt es in dem Brief. Da dort wohl auch in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge nur zwei Drittel der technisch möglichen Produktionskapazität genutzt wird, ist dies eine dürftig verklausulierte Ankündigung von Produktions- und Personalabbau.

„Wir werden unser Produktionsnetzwerk straffen, optimal sowie flexibel ausrichten und die Produktivität steigern“, heißt es in dem Brief des Vorstands. Wie viele Arbeitsplätze dieses Einsparprogramm konkret kostet, schreibt der Audi-Chef nicht.

Hintergrund dieser tiefgreifenden und immer schneller werdenden Angriffe ist der Umbruch der gesamten Autoindustrie. Die Elektromobilität und das digitalisierte, autonome Fahren erfordern mehrere Hundert Milliarden Euro an Investitionen für Neuentwicklungen.

Erst letzte Woche haben Daimler Benz und BMW angekündigt, dass sie aus Kostengründen ein Bündnis bei der Entwicklung autonomer Autos eingehen. Zuvor hatten sie schon die Fusion ihrer Carsharing-Dienste angekündigt.

Bei Audi und VW verschärfen die Milliarden-Strafzahlungen für den Dieselbetrug, deren Ende noch nicht abzusehen ist, die Lage zusätzlich. Donnerstag wird der Audi-Vorstand in der Bilanzpressekonferenz seine Einschätzung der Lage geben. Während VW bislang 28 Milliarden Euro für die Manipulation von Dieselmotoren zahlen musste, hatte Audi zuletzt ein Bußgeld von 800 Millionen Euro akzeptiert.

Auch der Absatz sinkt, da die Neuwagen nicht den neuen Abgasregeln entsprechen und deren Zertifizierung und damit Zulassung sich verzögert. Allein im Februar sanken die Auslieferungen bei Audi um 8,5 Prozent auf knapp 120.000 Fahrzeuge.

Audi-Chef Schot und VW-Gesamtkonzern-Chef Diess stellen die Milliardeneinsparungen auf Kosten der Belegschaft als Investition in die Zukunft dar. Schot schreibt an die Audi-Arbeiter: „Audi muss massiv investieren, um seine Zukunft zu sichern. Das Geld, das wir dafür brauchen, müssen wir aber selbst erwirtschaften können.“

Tatsächlich hat der Konzern im vergangenen Jahr laut Einschätzung des NordLB-Analysten Frank Schwope bei einem Umsatz von 235 Milliarden Euro ein operatives Ergebnis von 14,2 und einen Überschuss von 11,6 Milliarden Euro erzielt. Das ist mehr als 2017, als der Konzern mit 11,4 Milliarden Euro mehr als doppelt so viel an die Aktionäre auszahlte, wie im Jahr zuvor. Ein großer Teil dieser Summe floss an die Familienclans Porsche und Piëch, die die Grundlage ihres Vermögens unter dem Nazi-Regime gelegt hatten.

Es läuft also bei VW wie bei jeder kapitalistischen Krise. Während die Folgen des Dieselskandals und die Kosten der technischen Umstellung auf die Belegschaft abgewälzt werden, nutzen die Aktionäre diese, um sich weiter zu bereichern.

Ähnlich verlief es auch nach der globalen Finanzkrise von 2009. Die Banker und Spekulanten, die die Krise durch kriminelle Machenschaften verursacht hatten, sind heute dank billionenschwerer Rettungsprogramme und der Geldschwemme der Notenbanken reicher denn je zuvor, während die Arbeiterklasse und ganze Länder wie Griechenland die Zeche zahlen mussten.

Ein Schlüsseltrolle spielen bei VW der Betriebsrat und die IG Metall, die die Angriffe auf die Belegschaft nicht nur durchsetzen, sondern selbst ausarbeiten – und dafür fürstlich bezahlt werden.

Die jetzigen Ankündigen von Schot und Diess sind keine Überraschung. Die beiden waren extra als Sanierer in den Konzern geholt worden, Diess selbst unter Federführung des Betriebsrates, Schot mit dessen Zustimmung.

Schon im Dezember letzten Jahres hatte Bram Schot, der gerade zum Audi-Chef gekürt worden war, gegenüber der Süddeutschen Zeitung Stellenkürzungen ins Spiel gebracht. Wenn er sehe, dass das jetzige Produktionsvolumen mit rund 90.000 Mitarbeitern erstellt werde, würde er sagen, es gebe zu viele Arbeitnehmer bei Audi, bemerkte Schot. Das Manager Magazin bezeichnete Audi im Februar als „Sanierungsfall“ und schrieb von mindestens 14.000 Stellen, die wegfallen könnten.

Die Betriebsräte bereiten sich nun darauf vor, die notwendigen Kürzungen im Interesse des Konzerns durchzusetzen. Der Ingolstädter Audi-Betriebsratschef Peter Mosch fordert vom Vorstand eine gemeinsame Strategie: „Wir brauchen wieder ein gemeinsames Ziel vor Augen: Wir müssen den Audi-Geist wieder wecken.“

Bei der Marke Volkswagen bereiten sich Betriebsrat und Vorstand derweil darauf vor, eine Neuauflage ihres berüchtigten Zukunftspakts von 2016 zu entwerfen, dem weltweit 30.000 Arbeitsplätze zum Opfer gefallen sind, davon 23.000 in Deutschland.

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