Perspektive

Gewerkschaften

Korruptionsskandal erschüttert United Auto Workers in den USA

Die US-amerikanische Gewerkschaft United Auto Workers wird von einem Korruptionsskandal erschüttert. Norwood Jewell, der die Tarifverhandlungen der United Auto Workers (UAW) mit Fiat Chrysler (FCA) im Jahr 2015 führte, wurde am Montag angeklagt, Bestechungsgeldern in fünfstelliger Höhe von der FCA-Geschäftsführung angenommen zu haben.

Jewell ist die höchste UAW-Funktionär, der in den laufenden Korruptionsermittlungen bislang angeklagt wurde. Offenbar flossen systematisch Millionensummen an UAW-Vertreter, um Deals zum Vorteil der Unternehmensführung durchzusetzen, mit denen Arbeitsplätze vernichtet, Löhne angegriffen und die Arbeitsbedingungen insgesamt verschlechtert wurden.

Die Anklage straft die früheren Behauptungen des ehemaligen UAW-Präsidenten Dennis Williams Lügen, nachdem der Korruptionsskandal nichts mit dem Tarifvertrag zu tun hat, den die UAW 2015 gegen eine Massenopposition durchsetzte.

Die Anklage gegen Jewell beweist, dass die Verträge von 2015 rechtswidrig sind und für null und nichtig erklärt werden müssen. Auf welcher Rechtsgrundlage kann ein Vertrag, der offensichtlich von einer bestochenen Person ausgehandelt wurde, als gültig und verbindlich angesehen werden?

Der Korruptionsskandal zeigt zudem nicht nur das individuelle Fehlverhalten von Jewell, sondern spricht Bände über die UAW und andere Gewerkschaften, die als Instrumente der Unternehmensführung und des Staates fungieren. Es unterstreicht die dringende Notwendigkeit für Autoarbeiter und alle Werktätige, unabhängige Kampforganisationen in Form von Fabrikkomitees zu bilden, um die eigenen Interessen zu vertreten.

Im Korruptionsskandal geht es nicht nur um einen Vertrag. Jewells Vorgänger an der Spitze der UAW-Vertretung bei Crysler, General Holiefield, und seine Frau waren die ersten, die wegen der Annahme von Bestechungsgeldern zwischen 2007 und 2011 angeklagt wurden. Ein Vertreter des Konzerns sagte dazu, die Gelder sollten die Gewerkschafter „fett, stumm und glücklich“ machen. Die von Holiefield ausgehandelten Deals, auch während Obamas Umstrukturierung von Chrysler und GM im Jahr 2009, führten das verhasste zweistufige Lohnsystem ein und schafften den Acht-Stunden-Tag ab, nahmen den Rentnern die Krankenversicherung weg und waren das Ende weiterer Errungenschaften.

Jewell, so heißt es in der Anklageschrift, „schloss sich wissentlich der Verschwörung an, in deren Rahmen Funktionären und Mitarbeiter der UAW wissentlich Geschenke im Wert von über 40.000 US-Dollar von Personen, die im Interesse des Konzerns handeln, anforderten, in Empfang nahmen und akzeptierten“, darunter „Reisen, Hotelaufenthalte und Restaurantbesuche“.

Die Zahlungen erfolgten über das UAW-Chrysler National Training Center (NTC), das zwischen 2009 und 2015 jedes Jahr zwischen 13 Millionen und 31 Millionen Dollar an Firmengeldern erhielt, sagen die Staatsanwälte.

Laut Anklage nutzte Jewell Kreditkarten des Schulungszentrums, um eine Restaurantrechnung über 7.569 Dollar für eine Person im LG Prime Steak House in Palm Springs in Kalifornien zu begleichen, ebenso eine Rechnung von mehr als 8.000 Dollar im Indian Canyons Golf Resort in Palm Springs. Er gestattete auch andere UAW-Funktionären über 43.370 Dollar in Restaurants in Palm Springs und Detroit auszugeben. Jewell brachte 2014 und 2015 „Zehntausende“ für Partys im gemeinsamen Zentrum in einer Vorstadt von Detroit durch.

In früheren Gerichtsprozessen wurde Jewell, der kurz nachdem sein Haus Ende 2017 von Bundesermittlern durchsucht wurde abrupt in den Ruhestand ging, als „UAW-3“ identifiziert. „UAW-2“ und „UAW-1“ werden zwar in der Anklageschrift nicht genannt, doch die Schlinge zieht sich um die Spitze der Organisation zusammen. Möglich ist, dass es sich um den ehemaligen UAW-Vorsitzenden Dennis Williams handelt, um die UAW-General Motors-Funktionäre Joe Ashton und Cindy Estrada oder den derzeitigen UAW-Chef Gary Jones.

Was sich in dem Skandal zeigt, ist nicht nur die persönliche Korruption hochbezahlter Führungskräfte, sondern auch das Wesen der UAW selbst, die eine systematische Verschwörung gegen die Arbeiterklasse betreibt. Korrupte Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den UAW-Funktionären sind so natürlich, weil beide auf der gleichen Seite stehen. Die UAW ist keine Arbeiterorganisation, sondern ein korruptes Instrument der Unternehmensführung, ein billiger Arbeitsvermittler und die Werkspolizei.

Der gegenwärtige Charakter des UAW ist das Ergebnis eines langwierigen Prozesses. Die nationalistische und prokapitalistische UAW war nicht in der Lage, auf den Niedergang der US-Industrie und die Globalisierung der Produktion progressiv zu reagieren. Sie gab jeden Widerstand gegen die Automobilkonzerne auf und wurde im Namen der „Bekämpfung ausländischer Wettbewerber“ zum Partner, wenn es um die gesteigerte Ausbeutung der Autoarbeiter ging.

Die gemeinsamen Schulungsprogramme wurden erstmals Anfang der 80er Jahre ins Leben gerufen, als die UAW den Klassenkampf öffentlich ad acta legte und das korporatistische Programm der „Partnerschaft zwischen Arbeitnehmervertretern und Management“ als Leitprinzip übernahm.

Bereits 1984 warnte die Workers League, die Vorgängerin der Socialist Equality Party, davor, dass die im Vertrag von 1984 festgeschriebene Politik der Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Management „einen erheblichen Beitrag zur Verwandlung der UAW in eine Betriebsgewerkschaft leisten wird“. In der Erklärung „Korporatismus und die Gewerkschaften“ heißt es weiter: „Die Politik der Bürokratie ist Korporatismus – das meint eine Doktrin der Identität von Interessen zwischen Arbeitern und Management, die zu einer unbegrenzten Zusammenarbeit zwischen Bürokraten und dem kapitalistischen Staat führt, um das Profitsystem zu verteidigen, egal wie schwer die Folgen für die Arbeiterklasse sind.“

In den letzten vier Jahrzehnten, während die UAW-Mitgliedschaft seit 1979 von 1,5 Millionen auf etwas mehr als 430.000 sank und die Arbeiter gezwungen waren, endlose Lohn- und Leistungskürzungen hinzunehmen, sind die Vermögenswerte der UAW und ihrer verschiedenen Tochterfirmen, einschließlich einer Krankenversicherung für Rentner, auf viele Milliarden Dollar angewachsen.

Im Jahr 2015 rebellierten Autoarbeiter gegen die UAW: die Arbeiter von Fiat Chrysler lehnten zunächst mit einer Zweidrittelmehrheit den Vertrag ab, den der verhasste Jewell ausgehandelt hatte. Der WSWS Autoworker Newsletter entstand 2015 im Zentrum der Opposition und veranlasste die UAW-Funktionäre, den Newsletter als „externe Agitation“ zu verdammen, der „Fake News“ verbreite. Der endgültige Ausverkauf bei Fiat Crysler und anderen Unternehmen wurde mit einer Kombination aus Drohungen und schlichtem Betrug durchgesetzt.

Die Arbeiter wissen, dass UAW einen weiteren Ausverkauf vorbereitet, da in diesem Sommer Tarifverträge für 150.000 Arbeiter bei GM, Ford und FCA ausgehandelt werden. Deshalb müssen die Arbeiter jetzt damit beginnen, Fabrikkomitees zu bilden, um einen Kampf gegen die Verschwörung zwischen Unternehmen und UAW vorzubereiten.

Im Gegensatz zum antimexikanischen und antichinesischen Nationalismus der UAW müssen Autoarbeiter für die Einheit der Arbeiter in ganz Amerika, Europa, Asien und Afrika kämpfen. Der Angriff von GM und Ford auf die Arbeitsplätze ist Teil einer globalen Umstrukturierung der Automobilindustrie, die eine globale Reaktion der Arbeitnehmer erfordert. Die Revolte der Autoteilearbeiter im mexikanischen Matamoros zeigt, dass diese Arbeiter nicht Feinde sind, sondern die Klassenbrüder der US-amerikanischen und kanadischen Autoarbeiter.

Bei der Vorbereitung einer Gegenoffensive durch Autoarbeiter muss eine Warnung ausgesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft verfolgt diesen Fall nicht, um die Arbeiter gegen die Autokonzerne zu stärken. Im Gegenteil, aus Angst vor einer Revolte gegen die UAW kann die Trump-Regierung eine Übernahme der UAW durch Bundesstellen oder andere Mittel, so das verbindliche Einsetzen eines Schiedsgerichts, in Betracht ziehen, um die Hände von Autoarbeitern zu fesseln. Trump hat bereits die sofortige Revision der Verträge gefordert, um GM davon zu überzeugen, die Fabrik in Ohio wieder zu öffnen oder an einen neuen Eigentümer zu verkaufen. Dieser Vorschlag, der zu massiven Lohn- und Leistungskürzungen führen würde, wurde von den UAW begrüßt.

Die Autoarbeiter müssen ihre eigene unabhängige Position finden. Eine Gegenoffensive in den Betrieben, die Arbeiter mit allen anderen Teilen der Arbeiterklasse vereint, muss verbunden werden mit einer politischen Gegenoffensive, die unabhängig ist von den beiden großen Parteien in den USA, welche selbst von den Unternehmen kontrolliert werden. Das bedeutet, für ein sozialistisches Programm zu kämpfen und damit auch für die Umwandlung der Autogiganten und Banken in öffentliche Unternehmen, die sich kollektiv im Besitz und demokratisch unter der Kontrolle der Arbeiter befinden und zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse und nicht auf der Grundlage des privaten Profits geführt werden.

Autoarbeiter wissen, dass die World Socialist Web Site die einzige Publikation ist, die ihnen die Wahrheit über das Wesen der UAW und die Verschwörung der Gewerkschaften gegen die Arbeiterklasse sagt. Der WSWS Autoworker Newsletter und die Socialist Equality Party werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Gründung unabhängiger Arbeitnehmerorganisationen zu fördern und zu unterstützen. Wir fordern die Mitarbeiter, die am Aufbau solcher Komitees interessiert sind, auf, noch heute aktiv zu werden und uns zu kontaktieren.

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