Angesichts von Enthüllungen über faschistisches Netzwerk

Grenzschutzpolizei bedroht Ocasio-Cortez und andere Kongressabgeordnete

Am Montag berichtete eine Delegation von mehr als einem Dutzend Mitgliedern des Congressional Hispanic Caucus, sie hätten sich während des Besuchs eines Internierungslagers für Immigranten in Texas bedroht gefühlt und seien von Agenten der Grenzschutzbehörde beschimpft und verhöhnt worden.

Zu den Abgeordneten der Demokraten gehörte auch Alexandria Ocasio-Cortez. Wie das Nachrichtenportal ProPublica am Montag in einem Exposé enthüllte, hat ein Beamter der Zoll- und Grenzschutzbehörde (Customs and Border Protection, CBP) sie auf seiner geheimen Facebook-Seite mit sexuell obszönen und gewalttätigen Äußerungen beschimpft.

Im Verlauf ihres Besuchs in den Einrichtungen berichteten die Abgeordneten über schreckliche Bedingungen und die Misshandlung weiblicher Insassen in den Grenzschutz-Einrichtungen in El Paso und Clint (Texas). Das provokante Verhalten der Grenzschutzbeamten in den Einrichtungen gegenüber den Abgeordneten zeigt, dass die faschistischen Ansichten der aktuellen und früheren CBP-Agenten, wie sie in den Facebook-Posts zum Ausdruck kommen, in den Einwanderungsbehörden allgegenwärtig sind. Präsident Trump, in Komplizenschaft mit der Demokratischen Partei, kultiviert und ermutigt diese Kräfte im Rahmen seiner Versuche, Millionen von Immigranten zu terrorisieren und zu verfolgen.

Gleichzeitig herrscht in der Bevölkerung große Anteilnahme für die Immigranten und Widerstand gegen den Aufbau von Konzentrationslagern. Die landesweiten Demonstrationen für die Schließung der Immigrantenlager mit Tausenden Teilnehmern am Dienstag waren nur ein kleiner Abglanz der weit verbreiteten Ablehnung gegenüber Trumps immigrantenfeindlichen und autoritären Maßnahmen.

Immigrantenfamilien in dem überfüllten Grenzschutz-Internierungslager in McAllen (Texas) [Quelle: OIG]

Die Demokraten sind vor allem von der Angst getrieben, die Entstehung von massivem sozialen Widerstand könnte die geopolitischen Interessen des US-Imperialismus gefährden und der Kontrolle der wirtschaftshörigen Parteien entgleiten. Sie haben nichts getan, um den noch weitgehend passiven Widerstand gegen den Krieg gegen die Immigranten zu mobilisieren, auch so genannte „Progressive“ wie Ocasio-Cortez nicht.

Nur wenige Tage vor den Ereignissen an der Grenze hatte die Demokratische Partei die Verabschiedung einer parteiübergreifenden Maßnahme ermöglicht, durch die der Trump-Regierung weitere 4,9 Milliarden Dollar für ihren Grenzkrieg bewilligt wurde. Sie rechtfertigten dies mit dem „humanitären“ Wunsch, die Bedingungen für Immigranten in den Internierungslagern zu verbessern. Ocasio-Cortez war nach einem Treffen mit der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, einverstanden, für eine Abstimmung über den entsprechenden Gesetzesentwurf zu stimmen und stellte so seine Verabschiedung sicher.

Die vorgeschobenen humanitären Gründe der Demokraten wurden am Montag durch das bedrohliche Verhalten der Grenzagenten und Trumps eigene Erklärung sofort widerlegt. Bei der Unterzeichnung des Finanzierungsgesetzes hatte er erklärt, er wolle die geplanten militärischen Razzien in Großstädten, bei denen Tausende von Immigranten verhaftet und abgeschoben werden sollen, nach dem 4. Juli umsetzen. Das soll nach dem amerikanischen Unabhängigkeitstag passieren, bei dem dieses Jahr eine Zurschaustellung von Militarismus vor dem Lincoln Memorial geplant ist.

Gleichzeitig fliehen immer mehr Arbeiter vor der Armut und Gewalt in Mittelamerika. Am Montagabend erklärte die Einwanderungs- und Zollbehörde (Immgration and Customs Enforcement, ICE), dass der 30-jährige Honduraner Yimi Alexis Balderramos-Torres am Sonntag in einem Krankenhaus im Raum Houston gestorben ist. Er ist das sechste Todesopfer im Gewahrsam der ICE seit dem 1. Oktober.

Immigranten in dem überfüllten Grenzschutz-Internierungslager in McAllen (Texas) [Quelle: OIG]

Ocasio-Cortez twitterte am Montag nach ihrem Besuch in der Grenzschutz-Einrichtung in El Paso: „Gerade aus der 1. CBP-Einrichtung herausgekommen. Ich verstehe, warum sich die CBP-Beamten so körperlich und sexuell bedrohlich mir gegenüber benommen haben. Die Beamten halten Frauen in Zellen ohne Wasser fest, und sagen ihnen, sie sollen aus den Toiletten trinken. Das galt noch als GUTES Benehmen vor Kongressabgeordneten.“

Sie erklärte vor der Presse: „Ich fühlte mich von den Beamten in dieser Einrichtung bedroht.“ Andere Mitglieder der Kongressdelegation schilderten, dass CBP- und Grenzschutz-Beamten über die Abgeordneten lachten und Selfies mit den Abgeordneten im Hintergrund machten.

Trump weigerte sich, die faschistischen Facebook-Posts und das provokante Verhalten der Grenzschutzbeamten zu verurteilen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Hogan Gidley, erklärte gegenüber Fox Business Network: „Ich weiß nicht, wovon Alexandria Ocasio-Cortez redet.“ Er bezeichnete die CBP-Agenten als „einige der tapfersten Männer und Frauen der Welt“ und fügte hinzu: „Sie geben Leuten, die illegal und rechtswidrig hier sind, drei Mahlzeiten am Tag und dazwischen zwei Imbisse.“

Fox News warf der Abgeordneten vor, sie habe die Grenzschutzagenten in „bedrohlicher Weise angeschrien“.

Am Dienstag twitterte Ocasio-Cortez zu diesen Vorwürfen: „Was diese CBP-Beamten angeht, die sich angeblich von mir ,bedroht‘ fühlten – die haben ernsthaft über eine Spendenkampagne für einen Beamten geredet, der mich während meiner Besichtigung angegriffen hat.“

Wie ProPublica in seinem Exposé berichtete, hat die CBP-Facebook-Gruppe „I’m 10-15“ (nach dem Polizeicode für „Ausländer in Gewahrsam“) etwa 9.500 Mitglieder, davon mindestens ein Vorgesetzter. Auf der Seite der Gruppe finden sich sadistische und rassistische Witze über Todesfälle von Immigranten und sexuell anstößige Fotos, auf einem davon ist Ocasio-Cortez’ Gesicht in den Schritt eines lächelnden Trump montiert. In anderen Posts werden weibliche demokratische Abgeordnete „Huren“ genannt und Agenten aufgefordert, die Abgeordneten des Hispanic Caucus mit Burritos zu bewerfen.

Während der Besichtigung der Grenzschutzstationen twitterte der Vorsitzende des Hispanic Caucus, Joaquin Castro, ein Video von einer Station in El Paso, auf dem mehrere inhaftierte Frauen zu sehen sind, die auf dem Boden sitzen. Eine von ihnen behauptete, man würde ihr Medikamente verweigern. Er schrieb, die Frauen würden für bis zu 50 Tage in überfüllten Zellen festgehalten und hätten wochenlang keinen Zugang zu Duschen oder fließendem Wasser.

Ocasio-Cortez twitterte, die Frauen in einer Zelle hätten „alle angefangen zu weinen – aus Angst vor Strafe, weil sie krank waren, aus Verzweiflung, Schlafmangel, Trauma oder aus Verzweiflung“. Die Abgeordnete Madeleine Dean schilderte, dass 15 Frauen zwischen 50 und 60 Jahren, die alle von ihren Familien getrennt wurden, in einer kleinen Betonzelle schliefen.

Von inhaftierten Frauen erfuhren die Abgeordneten, dass sie rund um die Uhr geweckt und als „Huren“ beschimpft werden.

Diese Bedingungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Der Generalinspekteur des Heimatschutzministeriums, dem die CBP und die ICE unterstellt sind, veröffentlichte am Montag einen Bericht über den Besuch einer Grenzschutzstation im Raum El Paso am 7. Mai. Bei dieser Inspektion zeigte sich, dass es nur vier Duschen für 756 Immigranten gab. Die Hälfte der Insassen musste in der texanischen Hitze außerhalb des Gebäudes bleiben, diejenigen im Inneren lebten in Zellen, deren Kapazität um das Fünffache überschritten wurde.

Die Insassen mussten wochenlang die gleiche verdreckte Kleidung tragen. Unter ihnen breiteten sich Läuse aus, und es gab Fälle von Grippe, Windpocken und Krätze. Es hieß außerdem, die Grenzschutzbeamten würden sich für den Fall von möglichen Unruhen bewaffnen.

Der Bericht macht deutlich, dass in den Einrichtungen bewusst grauenvolle Bedingungen geschaffen werden, um Immigranten abzuschrecken: „[Die Border Patrol] erkennt, dass es ein humanitäres Problem ist, einzelne Erwachsene so lange Zeit festzuhalten. Sie glaubt aber, wenn keine Konsequenzen aufgezeigt werden, entweder durch Verfolgung oder durch Inhaftierung durch die ICE, würde sich die Zahl der Immigranten erhöhen.“

Am Dienstag wurde eine aktualisierte Version des Berichts des Generalinspekteurs veröffentlicht. Sie enthält Fotos von Hunderten von Migranten, die in CBP-Einrichtungen hinter Maschendrahtzaun zusammengepfercht sind. Er nennt diese Situation eine „tickende Zeitbombe“.

Die Förderung von faschistischen Elementen in den Einwanderungsbehörden geht auf das Weiße Haus zurück. Trumps Chefberater zum Thema Immigration, Stephen Miller, entlässt in den Einwanderungsbehörden Beamte, die als nicht aggressiv genug gelten und ersetzt sie durch Befürworter von Massenverhaftungen, Abschiebungen und einem harten Vorgehen gegen legale Immigration.

Mark Morgan wurde letzte Woche zum Nachfolger des amtierenden CBP-Oberkommissars John Sanders ernannt, nachdem dieser wegen Drucks von oben zurückgetreten war. In seiner Zeit als amtierender Chef der ICE hatte Morgan die Pläne für Massenrazzien in amerikanischen Städten ausgearbeitet. Er hat die Bürgerwehren verteidigt, die an der Grenze in Selbstjustiz rechtswidrig Immigranten verhaften, und erklärte, er könne an einem Blick in die Augen von Immigrantenkindern feststellen, dass sie „bald Mitglieder der [Straßengang] MS-13 sein werden“.

Morgan verkörpert den parteiübergreifenden Charakter der immigrantenfeindlichen Politik. Er war stellvertretender Chef der CBP unter Barack Obama, dessen Regierung drei Millionen Menschen abgeschoben hat – so viele wie unter keinem anderen Präsidenten in der Geschichte des Landes.

Die Zeitung Politico berichtete letzten Monat, Millers Verbündeter, John Zadrozny, werde vermutlich zum stellvertretenden Stabschef der US Citizenship and Immigration Services (USCIS) ernannt, die für legale Einwanderung und Asylpolitik zuständig ist. Er wird sich dem Team des neu ernannten USCIS-Direktor Ken Cuccinelli anschließen.

Als Justizminister von Virginia Anfang der 2010er hatte Cuccinelli die Abschaffung der Staatsbürgerschaft durch die Geburt unterstützt und wollte Arbeitern, die der englischen Sprache nicht mächtig sind, die Auszahlung von Arbeitslosenhilfe verweigern.

Zadrozny ist ein Beamter des Außenministeriums, der zuvor in Trumps Domestic Policy Council tätig war. Im Jahr 2009 war er Rechtsberater der Federation for American Immigration Reform (FAIR), die vom Southern Poverty Law Center wegen ihrer „bösartigen und falschen Angriffe auf farbige Immigranten“ als Hassvereinigung eingestuft wurde.

Diese Entwicklungen müssen als nachdrückliche Warnung an die ganze Arbeiterklasse verstanden werden. Der Krieg gegen Immigranten ist Teil eines allgemeinen Angriffs auf demokratische Rechte, zu der auch die Vorbereitung von staatlicher Gewalt gegen Arbeiter gehört, falls sie gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen streiken oder protestieren. Auch der bewusste Kurs auf die Errichtung einer Präsidialdiktatur ist Teil dieses Angriffs. Niemand in der Demokratischen Partei wird jedoch demokratische Rechte verteidigen, weil dies einen Kampf gegen das kapitalistische System erfordern würde.

Keiner der Demokraten, die gegen Trumps faschistische Maßnahmen protestieren, fordert die Befreiung aller Insassen von Internierungszentren und das Recht aller Arbeiter, in jedem Land ihrer Wahl zu leben und zu arbeiten. Für genau diese Politik kämpfen die Socialist Equality Party und ihre Schwesterparteien weltweit. Sie ist Bestandteil des dringend notwendigen Kampfs zur Vereinigung der ganzen Arbeiterklasse, um die demokratischen und sozialen Rechte zu verteidigen.

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