F.A.Z. verteidigt rechtsradikalen Humboldt-Professor Baberowski

Nachdem der Versuch des rechtsextremen Professors Jörg Baberowski kläglich gescheitert ist, an der Berliner Humboldt-Universität ein rechtes Zentrum für Diktaturforschung zu etablieren, war es nur eine Frage der Zeit, bis sein Hausblatt, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, einen wütenden Kommentar dazu veröffentlicht.

In der vergangenen Woche war es soweit. In der Ausgabe vom 8. August prangte auf der Titelseite des Feuilletons ein Artikel mit der Überschrift „Die Feigheit der Wissenschaft“. Darin attackiert die Autorin Hannah Bethke nicht nur die studentische Opposition gegen Baberowskis reaktionäres Projekt. Sie kritisiert auch die Universitätsleitung, vor dieser „feige“ eingeknickt zu sein.

Bethke bezeichnet die Kritik der Studierenden als „eine bewusst vorangetriebene Diffamierung eines politisch unbequemen Professors“ und fragt, ob die Universitätsleitung „in diesem Fall nicht eine Fürsorgepflicht gegenüber ihrem Beamten und Angestellten“ habe. „Es stünde der Universität gut zu Gesicht, für die Freiheit und den Fortschritt der Wissenschaft einzustehen und nicht feige vor dem Zeitgeist zu kapitulieren, der sie in ein politisches Zwangskorsett stecken will,“ tobt sie am Ende ihres Artikels.

Dieses Mantra der Rechten ist zur Genüge bekannt. Während für Bethke militaristische, autoritäre und flüchtlingsfeindliche Standpunkte von der „Freiheit der Wissenschaft“ gedeckt sind und sogar als „fortschrittlich“ gelten, bezeichnet sie jede Kritik daran als „Diffamierung“. Sie beklagt zwar, dass die Universitätsleitung nie erklärt habe, „welche inhaltlichen Erwägungen aus ihrer Sicht für oder gegen die Etablierung eines solchen Forschungszentrums sprechen“, geht aber selbst mit keiner Silbe auf den Inhalt und den Charakter von Baberowskis Diktaturen-Projekt ein.

Bethke kann das genauso wenig tun wie die Unileitung, da sonst das gesamte Lügengebäude in sich zusammenstürzen würde. Entgegen der offiziellen Propaganda, der sich jüngst auch die Bundesregierung angeschlossen hat, ist Baberowski kein Historiker, der von Studierenden an der Ausübung seiner Wissenschaft und Forschung gehindert wird, sondern ein rechter Ideologe, der für seine extrem reaktionären Ansichten und Projekte kritisiert wird.

Die Ausrichtung von Baberowskis „Interdisziplinärem Zentrum für vergleichende Diktaturforschung“ war so unwissenschaftlich und von einer derart reaktionären politischen Zielsetzung geleitet, dass es schon von Fachkollegen in zwei von vier Gutachten zerrissen wurde. Explizit hatte Baberowski in seinem Antrag angekündigt, Diktaturen als legitime und sogar populäre Alternativen zu demokratischen Herrschaftsformen betrachten und „wertfrei“ untersuchen zu wollen.

Er bezeichnete Diktaturen als „Ordnungen, die nicht allein auf Unfreiheit, Gewalt und Unterdrückung beruhen,“ sondern „Konfigurationen des politisch Möglichen“ darstellen, „die verstanden werden müssen“. Sie seien in der Moderne schon immer Alternativen gewesen, „die unter bestimmten Umständen an Attraktivität gewannen“.

Weiter hieß es in Baberowskis Antrag: „In manchen Ländern konnten Bürger tatsächlich ideell oder materiell von ihnen profitieren, weil unter prekären Verhältnissen offene Gesellschaften nicht leisten können, was Diktaturen unter anderen Umständen gelingt.“ Bezeichnenderweise war das Zentrum auch ausdrücklich als „Think-Tank“ geplant und sollte das Ziel verfolgen, „der Politik Angebote zu machen, die im Alltag der Entscheidungsfindung Verwendung finden können“.

Bethke und die F.A.Z. sind außer sich, weil Studierende die Diktatur-Pläne öffentlich gemacht haben und Baberowski mittlerweile als das bekannt ist, was er ist: ein rechtsextremer Ideologe.

„Als ‚rechtsradikaler Professor‘, ‚Nazi-Apologet‘ und ‚Geschichtsrevisionist‘ ist er nicht nur auf der ‚World Socialist Web Site‘ verschrien, die auch Behauptungen enthält, er wolle kritische Studenten von der Uni entfernen und sie mundtot machen“, klagt Bethke. „Angegriffen“ werde Baberowski „vor allem für seinen ‚Antikommunismus‘ und seine Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik.“

Verzweifelt versucht Bethke, die Kritik an Baberowski zu diskreditieren. „Eine vertiefte Auseinandersetzung mit seiner Forschung“ finde „sich in diesen Anfeindungen selten“. „Pauschale Verurteilungen und Häme“ fänden „sich in den sozialen Netzwerken“ hingegen „zuhauf“, und „Argumente und die Stärke, politische Differenzen auszuhalten“, suche „man vergeblich“.

Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Wenn es einer Partei an „Argumenten“ mangelt und an der „Stärke, politische Differenzen auszuhalten“, dann sind es Baberowski und seine Verteidiger in Politik und Medien. Bethkes Kommentar – ein krudes Gebräu aus offenen Lügen, absurden Behauptungen und üblen Verleumdungen – legt davon genauso beredtes Zeugnis ab, wie das dünnhäutige und aggressive Auftreten von Baberowski selbst.

Der rechtsradikale Professor verklagt kritische Studierendenausschüsse, beschimpft politische Gegner wahlweise als „linksextremistische Gewalttäter“, „bösartige Psychopathen“, „widerwärtige Denunzianten“ oder „Geisteskranke“ und hetzt in den sozialen Medien sein rechtsextremes Umfeld – darunter Vertreter der Jungen Alternative und der neonazistischen Identitären Bewegung – gegen seine eigenen Studenten auf.

Facebookeintrag Baberowskis

Nur um ein Beispiel zu nennen: Im Januar verbreitete Baberowski auf Facebook das Foto eines Beitrags der Hochschulgruppe der IYSSE an der HU, der sich kritisch mit seinen Diktatur-Plänen auseinandersetzte. Darüber schrieb er: „An der Humboldt-Universität dürfen Stalinisten tun, was ihnen gefällt, und niemand hindert sie daran. Wer legt diesen Kriminellen das Handwerk?“ Auf Twitter fügt er noch hinzu: „Diese Irren gehören eigentlich in die geschlossene Psychiatrie!“

Die Behauptung, eine „vertiefte Auseinandersetzung“ mit Baberowskis „Forschung“ und politischen Ansichten finde nicht statt, ist eine dreiste Lüge. Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und ihre Jugendorganisation, die International Youth and Students for Social Equality, haben sich intensiv mit Baberowskis theoretischen und politischen Konzeptionen auseinandergesetzt. Allein die beiden Bücher, die dazu im Mehring Verlag erschienen sind – „Wissenschaft oder Kriegspropaganda?“ und „Warum sind sie wieder da?“ – umfassen mehr als 400 Seiten. Der Aufsatz „Jörg Baberowskis Geschichtsfälschung“ von Christoph Vandreier ist eine detaillierte Studie von Baberowskis Werdegang, der von ihm vertretenen reaktionären Geschichts- und Gewalttheorie und der Relativierung der Naziverbrechen, die sich wie ein roter Faden durch seine Schriften zieht.

Mittlerweile ist in einem Bestseller nachzulesen, dass Baberowskis Geschichtsrevisionismus Hand in Hand mit der rechtsextremen Agenda geht, die er politisch verfolgt. Das aktuelle Buch der Zeit-Autoren Christian Fuchs und Paul Middelhof „Das Netzwerk der Neuen Rechten“ listet Baberowski als Initiator eines rechtsradikalen „Salons“, zu dem neben dem sozialdemokratischen Rassisten Thilo Sarrazin auch rechtsradikale Publizisten wie Dieter Stein (Junge Freiheit), Karlheinz Weißmann (Cato) und Frank Böckelmann (Tumult) gehören. „Aus dem Kreis um Baberowski und seine Mitstreiter“ stamme auch „die Idee für die ‚Gemeinsame Erklärung 2018‘“, die eine angebliche „illegale Masseneinwanderung“ geißele und „eine starke autoritäre Führung“ in Deutschland fordere.

Natürlich ist Bethke mit all dem vertraut. Die 1980 geborene Korrespondentin veröffentlichte bereits in der F.A.Z., als der damalige Leiter des Feuilletons und heutige Mitherausgeber Jürgen Kaube die Kritik der SGP an Baberowski als „Diffamierung“ verunglimpfte. Dabei hatte Baberowski im Februar 2014 im Spiegel ein Plädoyer für den mittlerweile verstorbenen Nazi-Apologeten Ernst Nolte gehalten und Adolf Hitler mit den Worten verharmlost: „Er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“

Die SGP warf damals in einer Stellungnahme zu Kaubes Artikel „Mobbing, trotzkistisch“ die Frage auf, „warum niemand Baberowskis empörenden Äußerungen entgegentritt und warum er hochrangige Unterstützung findet. Was hat zu dieser Veränderung geführt?“

Und wir erklärten: „Unserer Meinung nach hängt dies mit der anhaltenden Neuorientierung der deutschen Außenpolitik zusammen. Das ‚Ende der militärischen Zurückhaltung‘ erfordert eine neue, reaktionäre Interpretation der Geschichte. Ansichten, die lange diskreditiert waren und abgelehnt wurden, finden nun Zustimmung und stehen außerhalb jeglicher Kritik. Wer sie angreift, wird der ‚Diffamierung‘ beschuldigt.“

In der F.A.Z. wird dieser Zusammenhang seitdem immer wieder auf besonders abstoßende Art und Weise deutlich. Das Sprachrohr der Frankfurter Börse hat in den vergangenen Jahren nicht nur regelmäßig Baberowski die Seiten geöffnet, sondern auch dem AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, der die Wehrmacht verherrlicht und Hitler und die Nazis als „Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ bezeichnet.

Titelbild des F.A.Z.-Wochenendmagazins

Bethkes Artikel ist Teil dieser Kampagne. Bezeichnenderweise erschien nur einen Tag später das F.A.Z.-Wochenmagazin mit dem Titel „Zaudernde Macht: Wie Deutschland mit seiner Rolle in der Welt hadert“. Das Titelbild zeigt den berüchtigten Stahlhelm des deutschen Militärs auf einer Schildkröte. Die Botschaft ist unmissverständlich: die massive Aufrüstung der Bundeswehr und die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Militär- und Großmachtpolitik schreiten trotz „bedeutender Bekenntnisse“ nicht schnell genug voran.

Nach ihren historischen Verbrechen in zwei Weltkriegen weiß die herrschende Klasse genau, dass sie ihre neuerlichen Kriegspläne nur mit autoritären Herrschaftsformen und gestützt auf faschistische Kräfte gegen die überwältigende soziale und politische Opposition in der Bevölkerung durchsetzen kann. Das ist der wirkliche Grund für die Verteidigung Baberowskis durch die F.A.Z. und Bethkes Hass auf die Studierenden, die sein Diktaturen-Zentrum gestoppt haben.

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